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LAG Hamm, Ur­teil vom 12.06.2014, 11 Sa 1566/13

   
Schlagworte: Kurzarbeit, Betriebsvereinbarung, Annahmeverzug
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Aktenzeichen: 11 Sa 1566/13
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 12.06.2014
   
Leitsätze:

1. Durch eine Betriebsvereinbarung zur Einführung der Kurzarbeit kann die vertraglich festgelegte Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nur dann ohne dessen Zustimmung herabgesetzt werden, wenn in der Betriebsvereinbarung selbst festgelegt ist, in welchem konkreten Zeitraum für welche betroffenen Arbeitnehmer in welchem konkreten Umfang die Arbeit wegen Kurzarbeit ausfallen soll (Gebot der Normenklarheit). In der Betriebsvereinbarung müssen Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit, die Auswahl der von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer oder die betroffene Abteilung sowie die Zeiträume, in denen die Arbeit ganz ausfallen soll, festgelegt sein (so bereits LAG Hamm 01.08.2012 - 5 Sa 27/12 -).

2. Im zu entscheidenden Fall setzte der Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt wegen unwirksam verfügter Kurzarbeit ein wörtliches Angebot der Arbeitsleistung voraus. Ob ein Angebot nach § 296 BGB entbehrlich ist, wenn der Arbeitgeber durchgängig „Kurzarbeit Null“ anordnet, konnte dahingestellt bleiben, weil der Arbeitgeber hier lediglich von einem vermeintlichen Recht Gebrauch gemacht hatte, die Arbeitszeitdauer flexibel zu bestimmen, und jeweils nur für einen Teil der monatlich anfallenden Arbeitsstunden Kurzarbeit angeordnet hatte - weshalb nach § 295 BGB ein wörtliches Angebot erforderlich war (vgl. BAG 25.04.2007 - 5 AZR 504/06 - AP BGB § 615 Nr. 121 Rn.19).

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Herford, Urteil vom 31.10.2013, 3 Ca 1287/12
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.11.2015, 5 AZR 491/14
   

Ak­ten­zei­chen:
11 Sa 1566/13
3 Ca 1287/12
ArbG Her­ford
Ent­schei­dung vom 12.06.2014

Te­nor:

Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Her­ford vom 31.10.2013 - 3 Ca 1287/12 - un­ter Zurück­wei­sung der Be­ru­fung im Übri­gen teil­wei­se ab­geändert und zur Klar­stel­lung ins­ge­samt wie folgt neu ge­fasst.

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger
a) für den Mo­nat Ok­to­ber 2011 wei­te­re 731,10 € brut­to abzüglich ge­zahl­ter 256,23 € net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.11.2011 zu zah­len,
b) für den Mo­nat No­vem­ber 2011 wei­te­re 1.613,39 € brut­to abzüglich ge­zahl­ter 566,70 € net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.12.2011 zu zah­len,
c) für den Mo­nat De­zem­ber 2011 wei­te­re 1.613,39 € brut­to abzüglich ge­zahl­ter 566,70 € net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.01.2012 zu zah­len.

Im Übri­gen wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Von den Kos­ten des Rechts­streits trägt der Kläger 47 %, die Be­klag­te trägt 53 % der Kos­ten des Rechts­streits.

Für bei­de Par­tei­en wird die Re­vi­si­on zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten, ob der Kläger für die Mo­na­te März 2011 bis De­zem­ber 2011 trotz ar­beit­ge­ber­seits an­ge­ord­ne­ter Kurz­ar­beit das un­gekürz­te Ar­beits­ent­gelt be­an­spru­chen kann.

Der Kläger steht seit 1988 in ei­nem Ar­beits­verhält­nis zu der Be­klag­ten. Bei der Be­klag­ten ist ein Be­triebs­rat gewählt. Der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de und die Be­klag­te un­ter­zeich­ne­ten un­ter dem 07.03.2011 ei­ne „Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur Einführung von Kurz­ar­beit“ (im Fol­gen­den „BV Kurz­ar­beit“). Strei­tig ist, ob der Ab­schluss der Be­triebs­ver­ein­ba­rung durch ei­nen wirk­sa­men Be­schluss des Be­triebs­rats ge­deckt ist. In der BV Kurz­ar­beit heißt es u.a.:

§ 1 Be­ginn und Dau­er

In der Zeit vom 11.03.2011 bis zum 31.12.2011 wird Kurz­ar­beit im gan­zen Be­trieb ein­geführt.

§ 2 Gel­tungs­be­reich

Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung gilt für al­le Beschäftig­ten im Sin­ne des Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes. Von der Kurz­ar­beit aus­ge­nom­men wer­den:

1. Aus­zu­bil­den­de und Stu­die­ren­de in dua­len Stu­di­engängen

2. Beschäftig­te, de­ren Ar­beits­verhält­nis während des Kurz­ar­beits­zeit­raums auf­grund Kündi­gung oder Auf­he­bungs­ver­trag en­det

3. Schwan­ge­re Frau­en und wer­den­de Väter, die El­tern­geld in An­spruch neh­men wer­den, und bei de­nen der Be­zug von Kurz­ar­bei­ter­geld in den Be­mes­sungs­zeit­raum des El­tern­gel­des gem. § 2 BEEG fal­len wird

4. Ge­ringfügi­ge Beschäftig­te

5. Ar­beit­neh­mer, bei de­nen die persönli­chen Vor­aus­set­zun­gen für den Be­zug von Kurz­ar­bei­ter­geld nicht vor­lie­gen (ver­glei­che § 172 SGB III).

6. Die Beschäftig­ten, die von der Geschäftsführung auf­grund ih­rer Auf­ga­ben­stel­lung aus­ge­nom­men wer­den müssen.

§ 3 Aus­fall­zei­ten

1. Die Kurz­ar­beit er­folgt fle­xi­bel und wird an den Ar­beits­an­fall in den je­wei­li­gen Ar­beits­be­rei­chen an­ge­passt. Die Pla­nung er­folgt in den Ab­tei­lun­gen mit dem Vor­ge­setz­ten.

2. Die Kurz­ar­bei­ter­ta­ge der Mit­ar­bei­ter wer­den von den Vor­ge­setz­ten in die Ur­laubs­pla­nungs­da­tei min­des­tens ei­ne Wo­che im Vor­aus ein­ge­tra­gen, so dass Geschäfts­lei­tung und Be­triebs­rat zeit­nah Ein­sicht neh­men können.“

We­gen des vollständi­gen Wort­lauts der BV Kurz­ar­beit wird auf die An­la­ge K 1 zur Kla­ge­schrift Be­zug ge­nom­men (Bl. 4 – 6 GA). Ei­ne ein­zel­ver­trag­li­che Ab­re­de zu Durchführung von Kurz­ar­beit wur­de mit dem Kläger nicht ge­trof­fen. In der Zeit vom 11.03.2011 bis zum 31.12.2011 wur­de bei der Be­klag­ten während ei­nes Teils der re­gulären Ar­beits­zeit Kurz­ar­beit ge­fah­ren. Für den Kläger ent­fie­len in den ein­zel­nen Mo­na­ten 21 St­un­den, 21 St­un­den, 14 St­un­den, 14 St­un­den, 35 St­un­den, 35 St­un­den, 21 St­un­den, 70 St­un­den, 77 St­un­den und 77 St­un­den (Bl. 8 – 17 GA). Der Kläger er­hielt für die aus­ge­fal­le­nen Zei­ten Kurz­ar­bei­ter­geld. Mit Schrei­ben vom 12.10.2011 kündig­te der Be­triebs­rat die BV Kurz­ar­beit „frist­los aus wich­ti­gem Grund“ (An­la­ge K 2, Bl. 7 GA):

„Nach­dem am 06.10.2011 be­schlos­sen und verkündet wur­de, den Be­trieb Löhne zum 31.12.2012 vollständig still zu le­gen, ist die Geschäfts­grund­la­ge zur Durchführung von Kurz­ar­beit ent­fal­len. Es kann kei­ne Re­de mehr da­von sein, dass Kurz­ar­beit zur Über­brückung ei­nes vorüber­ge­hen­den Eng­pas­ses er­for­der­lich ist.

Zu­dem wi­der­spricht es der Geschäfts­grund­la­ge für Kurz­ar­beit, wenn noch im Be­trieb vor­han­de­ne Ar­beit (Schalt­schrank­bau) fremd ver­ge­ben wird oder wer­den soll.

Es stellt außer­dem ei­ne Störung der Be­triebs­rats­ar­beit dar, wenn die Ab­sicht der Fremd­ver­ga­be von Ar­bei­ten da­mit be­gründet wird, dass ein Be­triebs­rats­mit­glied auf­grund sei­ner Be­triebs­rats­sit­zungs­teil­nah­me die be­trieb­li­chen Ar­bei­ten nicht ver­rich­tet.“

Der Kläger über­mit­tel­te der Be­klag­ten am 18.10.2011 ein Schrei­ben mit dem Be­treff „Weg­fall der Kurz­ar­beit“ mit fol­gen­dem Wort­laut (Bl. 43 GA):

„Wie ich ges­tern vom Be­triebs­rat er­fuhr, ist die Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur Durchführung von Kurz­ar­beit bei der Fir­ma U GmbH, we­gen Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge, die beim Ab­schluss der­sel­bi­gen be­stand, vom Be­triebs­rat frist­los auf­gekündigt wor­den.

Ich ma­che Sie hier­mit dar­auf auf­merk­sam, dass ich, un­abhängig von der je­wei­li­gen Wei­sungs­la­ge durch mei­nen Vor­ge­setz­ten mei­ne Ar­beits­kraft bei der U GmbH voll umfäng­lich per so­fort an­bie­te und in­so­fern auch ei­nen Ent­loh­nungs­an­spruch zu Voll­zeit­be­din­gun­gen er­wer­be.

Soll­ten Sie al­so, trotz ab­wei­chen­der Wei­sungs­la­ge durch mei­nen di­rek­ten Vor­ge­setz­ten, ein In­ter­es­se an mei­ner Ar­beits­kraft ha­ben, so tei­len Sie mir das mit.“

Die Ent­gelt­ein­bußen, die der Kläger we­gen der ver­fah­re­nen Kurz­ar­beit in den ein­zel­nen Mo­na­ten er­litt, er­ge­ben sich aus den Ab­rech­nun­gen des Klägers für die Mo­na­te März 2011 bis De­zem­ber 2011. Auf die An­la­ge K 3 zur Kla­ge­schrift wird Be­zug ge­nom­men (Bl. 8 – 17 GA). Die mo­nat­li­chen Brut­to­dif­fe­ren­zen und die An­zahl der aus­ge­fal­le­nen St­un­den (s.o.) sind in den Ab­rech­nun­gen je­weils un­ter der Be­zeich­nung „Dif­fe­renz KUG Soll/Ist“ aus­ge­wie­sen. In der nächs­ten Zei­le sind un­ter „KuG Leis­tung“ die Mo­nats­beträge des je­weils be­zo­ge­nen Kurz­ar­bei­ter­gel­des an­ge­ge­ben. Die Beträge ent­spre­chen den Beträgen in den Kla­ge­anträgen und sind zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig. Die an­tei­li­ge Ein­buße, die der Kläger im Mo­nat Ok­to­ber 2011 ab Aushändi­gung sei­nes Gel­tend­ma­chungs­schrei­bens hin­zu­neh­men hat­te, beläuft sich un­strei­tig auf 731,10 € brut­to abzüglich 256,23 € be­zo­ge­nen Kurz­ar­bei­ter­gel­des (Pro­to­kollerklärun­gen vom 12.06.2014).

Zum 31.12.2012 stell­te die Be­klag­te den Geschäfts­be­trieb in Löhne ein.

Mit sei­ner am 26.10.2012 bei Ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat der Kläger die Dif­fe­renz­vergütung zwi­schen der ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Vergütung und den tatsächlich be­zo­ge­nen Ent­gel­ten für die Mo­na­te März bis De­zem­ber 2011 be­gehrt. Er hat be­haup­tet, der BV Kurz­ar­beit lie­ge kein or­dent­li­cher Be­schluss des Be­triebs­ra­tes zu Grun­de. Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung sei nicht Ge­gen­stand ei­ner Be­triebs­rats­sit­zung ge­we­sen. Der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de ha­be oh­ne Ver­tre­tungs­macht ge­han­delt. Es lie­ge kein ord­nungs­gemäßes Pro­to­koll ei­ner Be­triebs­rats­sit­zung vor. Die BV Kurz­ar­beit vom 07.03.2011 sei be­reits for­mell nicht wirk­sam ge­schlos­sen wor­den. Sie sei aber auch aus ma­te­ri­ell­recht­li­chen Gründen un­wirk­sam. Dies er­ge­be sich dar­aus, dass für die ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer aus der BV Kurz­ar­beit nicht er­kenn­bar sei, in wel­chem Um­fang sie von der Kurz­ar­beit be­trof­fen sei­en. Es sei auch kein Ver­fah­ren ge­re­gelt, nach dem die Kurz­ar­beit fest­ge­legt wer­den könne. Die BV Kurz­ar­beit genüge nicht dem Be­stimmt­heits­er­for­der­nis. Fer­ner er­ge­be sich aus dem In­halt der Be­triebs­ver­ein­ba­rung, dass der Be­triebs­rat auf sein Mit­be­stim­mungs­recht aus § 87 Be­trVG für den frag­li­chen Zeit­raum vollständig ver­zich­tet ha­be. Der Be­triebs­rat sei an ei­ner Aus­wahl der Ar­beit­neh­mer, die von der Kurz­ar­beit be­trof­fen sein soll­ten, so­wie an der Fest­le­gung des kon­kre­ten Um­fangs nicht be­tei­ligt ge­we­sen. Auch dies führe zur Un­wirk­sam­keit der An­ord­nung der Kurz­ar­beit. Je­den­falls sei die Rechts­grund­la­ge für die Durchführung von Kurz­ar­beit aber ab Ok­to­ber 2011 ent­fal­len, da der Be­triebs­rat die Be­triebs­ver­ein­ba­rung aus wich­ti­gem Grund frist­los gekündigt ha­be. Die Un­wirk­sam­keit sei nicht durch ei­ne Ge­neh­mi­gung des Be­triebs­ra­tes be­sei­tigt ge­wor­den. Ihm, dem Kläger, ste­he da­her für die in den Mo­na­ten März bis De­zem­ber 2011 aus­ge­fal­le­nen Ar­beits­stun­den der vol­le Ar­beits­lohn abzüglich des er­hal­te­nen Kurz­ar­bei­ter­gel­des zu. Die Be­klag­te ha­be sich im An­nah­me­ver­zug be­fun­den. Ein tatsächli­ches oder wört­li­ches An­ge­bot der Ar­beits­leis­tung sei ent­behr­lich ge­we­sen. Je­den­falls aber ha­be die schrift­li­che Gel­tend­ma­chung vom 18.10.2011 aus­ge­reicht, um die Be­klag­te zu­min­dest ab die­sem Zeit­punkt in An­nah­me­ver­zug zu set­zen.

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn

1. für den Mo­nat März 2011 wei­te­re 410,01 EUR brut­to abzüglich 141,13 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.04.2011 zu zah­len,

2. für den Mo­nat April 2011 wei­te­re 449,06 EUR brut­to abzüglich 154,88 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.05.2011 zu zah­len,

3. für den Mo­nat Mai 2011 wei­te­re 293,35 EUR brut­to abzüglich 99,58 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.06.2011 zu zah­len,

4. für den Mo­nat Ju­ni 2011 wei­te­re 293,35 EUR brut­to abzüglich 99,58 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.07.2011 zu zah­len,

5. für den Mo­nat Ju­li 2011 wei­te­re 268,30 EUR brut­to abzüglich 264,34 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.08.2011 zu zah­len,

6. für den Mo­nat Au­gust 2011 wei­te­re 701,48 EUR brut­to abzüglich 236,43 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.09.2011 zu zah­len,

7. für den Mo­nat Sep­tem­ber 2011 wei­te­re 440,02 EUR brut­to abzüglich 146,94 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.10.2011 zu zah­len,

8. für den Mo­nat Ok­to­ber 2011 wei­te­re 1.536,58 EUR brut­to abzüglich 538,09 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.11.2011 zu zah­len,

9. für den Mo­nat No­vem­ber 2011 wei­te­re 1.613,39 EUR brut­to abzüglich 566,70 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.12.2011 zu zah­len,

10. für den Mo­nat De­zem­ber 2011 wei­te­re 1.613,39 EUR brut­to abzüglich 566,70 EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 10.01.2012 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat be­haup­tet, am 07.03.2011 ha­be ei­ne ord­nungs­gemäße Sit­zung des Be­triebs­rats zur Einführung von Kurz­ar­beit statt­ge­fun­den. Das Gre­mi­um sei zu die­sem Zeit­punkt be­schlussfähig ge­we­sen. Die BV Kurz­ar­beit vom 07.03.2011 sei wirk­sam zu­stan­de ge­kom­men. Die Wirk­sam­keit des Be­triebs­rats­be­schlus­ses zum Ab­schluss der BV Kurz­ar­beit er­ge­be sich auch des­halb, weil der Be­triebs­rat später auch nach an­walt­li­cher Be­ra­tung kei­ne Möglich­keit ge­se­hen ha­be, sich auf die Un­wirk­sam­keit der Be­triebs­ver­ein­ba­rung zu be­ru­fen, wes­halb der Be­triebs­rat die BV Kurz­ar­beit dann frist­los aus wich­ti­gem Grund gekündigt ha­be. Ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung könne nur dann gekündigt wer­den, wenn sie recht­lich exis­tent sei. Je­den­falls sei in der frist­lo­sen Kündi­gung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung ei­ne nachträgli­che Ge­neh­mi­gung ei­nes mögli­cher­wei­se feh­ler­haf­ten Be­triebs­rats­be­schlus­ses gemäß § 184 BGB zu se­hen. Ei­nen Grund für ei­ne frist­lo­se Kündi­gung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung ha­be es nicht ge­ge­ben. Die Be­triebs­still­le­gung sei erst zum 31.12.2012 er­folgt, so dass es mehr als ein Jahr zu­vor kei­nen An­lass ge­ge­ben ha­be, an der In­ten­ti­on der Kurz­ar­beit, nämlich der Ver­mei­dung von be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen, zu zwei­feln. Aus der Rück­schau er­ge­be sich, dass es im Jahr 2011 während der Lauf­zeit der BV Kurz­ar­beit kei­ne be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen ge­ge­ben ha­be. Darüber hin­aus ha­be sie im Jahr 2011 auch kei­ner­lei Maßnah­men zur Um­set­zung der Kon­zer­n­ent­schei­dung zur Be­triebs­still­le­gung um­ge­setzt. Selbst wenn ei­ne wirk­sa­me Rechts­grund­la­ge für die Kurz­ar­beit feh­len soll­te, be­ste­he kein Zah­lungs­an­spruch des Klägers. Sie ha­be sich nicht im An­nah­me­ver­zug be­fun­den.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge mit Ur­teil vom 31.10.2013 ins­ge­samt statt­ge­ge­ben. Gemäß §§ 611 Abs. 1, 615 Satz 1, 293 ff. BGB ha­be der Kläger An­spruch auf Zah­lung der Dif­fe­renz zwi­schen dem ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ent­gelt und dem er­hal­te­nen Kurz­ar­bei­ter­geld für die Zeit vom 11.03.2011 bis zum 31.12.2011. Die Be­klag­te sei nicht be­rech­tigt ge­we­sen, die Kurz­ar­beit an­zu­ord­nen. Ein An­ge­bot des Klägers zur Ar­beits­leis­tung sei nach § 296 BGB ent­behr­lich ge­we­sen, weil es sei­tens der Be­klag­ten ei­ner Mit­wir­kungs­hand­lung be­durft hätte, de­ren Zeit nach dem Ka­len­der be­stimmt ge­we­sen sei, nämlich der Ein­rich­tung ei­nes funk­ti­onsfähi­gen Ar­beits­plat­zes und der Zu­wei­sung von Ar­beit, da­mit der Kläger die ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung hätte er­brin­gen können. Für die Einführung der Kurz­ar­beit ha­be es an ei­ner wirk­sa­men Rechts­grund­la­ge ge­fehlt. Die BV Kurz­ar­beit genüge nicht den An­for­de­run­gen an ei­ne wirk­sa­me Be­triebs­ver­ein­ba­rung im Sin­ne der §§ 87 Abs. 1 Nr. 3, 77 Abs. 4 Be­trVG. Nach ak­tu­el­ler Recht­spre­chung des LAG Hamm (Ur­teil 01.08.2012 – 5 Sa 27/12 -) sei für die wirk­sa­me Ver­ein­ba­rung von Kurz­ar­beit er­for­der­lich, dass in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung über die Einführung von Kurz­ar­beit, die nor­ma­ti­ve Wir­kung für die be­trof­fe­nen Ar­beits­verhält­nis­se ent­fal­ten sol­le, Be­ginn und Dau­er der Kurz­ar­beit, die La­ge und Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit, die Aus­wahl der von der Kurz­ar­beit be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer oder die Ab­tei­lung so­wie die Zeiträume, in de­nen die Ar­beit ganz aus­fal­len sol­le, fest­ge­legt wer­de, um den für Rechts­nor­men gel­ten­den Be­stimmt­heits­grund­satz zu genügen. Die­sen An­for­de­run­gen wer­de die un­ter dem 07.03.2011 ver­ein­bar­te BV Kurz­ar­beit nicht ge­recht. Es sei nicht fest­ge­legt, wel­che Per­so­nen in wel­chem Um­fang nach wel­chen Kri­te­ri­en in die Kurz­ar­beit ein­be­zo­gen wer­den soll­ten. Hin­sicht­lich Dau­er und In­halt der Kurz­ar­beit blei­be die Fest­le­gung der BV Kurz­ar­beit völlig of­fen. Für die ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer sei nicht er­kenn­bar, ob und in wel­chem Um­fang sie von der Kurz­ar­beit be­trof­fen sein würden. Auf die Wirk­sam­keit des der BV Kurz­ar­beit zu­grun­de­lie­gen­den Be­triebs­rats­be­schluss kom­me es da­her nicht an. Der Zah­lungs­an­spruch sei der Höhe nach un­strei­tig. Der An­spruch sei nicht ver­fal­len. Im Kam­mer­ter­min ha­be die Be­klag­te klar­ge­stellt, dass Ver­fall­klau­seln kei­ne An­wen­dung fänden.

Das Ur­teil ist der Be­klag­ten am 08.11.2013 zu­ge­stellt wor­den. Die Be­klag­te hat am 21.11.2013 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se nach Verlänge­rung der Be­gründungs­frist bis zum 10.02.2014 am 10.02.2014 be­gründet.

Die Be­klag­te wen­det ein, das Ar­beits­ge­richt ha­be ver­kannt, dass An­nah­me­ver­zug nicht ge­ge­ben sei. Der Kläger hätte sei­ne Ar­beits­leis­tung gemäß den §§ 293 ff. BGB tatsächlich an­bie­ten müssen. Es sei kei­ne Si­tua­ti­on ge­ge­ben, in der ein wört­li­ches An­ge­bot gemäß § 295 BGB aus­ge­reicht hätte. Die Dar­stel­lung des Ar­beits­ge­richts, sie – die Be­klag­te – ha­be dem Kläger die Ar­beitsmöglich­keit ver­wei­gert, sei nicht durch Sach­vor­trag der Par­tei­en be­legt und un­zu­tref­fend. Die Kurz­ar­beit sei nicht mit der Maßga­be „Kurz­ar­beit Null“ er­folgt, son­dern sei gemäß dem ent­spre­chen­den Ar­beits­an­fall in der Vor­wo­che je­weils ge­plant wor­den, in­dem fest­ge­legt wor­den sei, wie vie­le Mit­ar­bei­ter in wel­chen Ab­tei­lun­gen an­we­send sein müss­ten bzw. erübrigt wer­den könn­ten. Ar­beits­be­darf ha­be je­doch ge­ne­rell bis En­de De­zem­ber 2011 durch­ge­hend in al­len Ab­tei­lun­gen be­stan­den. Da al­le Mit­ar­bei­ter während der ge­sam­ten Zeit Zu­tritt zum Be­trieb ge­habt hätten, wäre es für den Kläger ein Leich­tes ge­we­sen, sei­ne Ar­beits­leis­tung ord­nungs­gemäß im Sin­ne des § 294 BGB an­zu­bie­ten. Un­zu­tref­fend sei auch die recht­li­che Würdi­gung des Ar­beits­ge­richts, die Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 07.03.2011 sei zu un­be­stimmt und des­halb un­wirk­sam. In der Präam­bel ste­he zu le­sen, dass die Pro­duk­ti­ons­men­ge an den ver­rin­ger­ten Ab­satz, der im Übri­gen zwi­schen den Be­triebs­par­tei­en un­strei­tig ge­we­sen sei, an­ge­passt wer­den müsse. Das Ar­beits­ge­richt ha­be nicht berück­sich­tigt, dass es sich bei der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 07.03.2011 nicht um ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur Einführung von „Kurz­ar­beit Null“ han­de­le son­dern um ein fle­xi­bles In­stru­ment zur Ab­si­che­rung der Ar­beits­zeit. Es sei für sie im März 2011 nicht er­kenn­bar ge­we­sen, in wel­chem Rah­men die Kurz­ar­beit in den ein­zel­nen Ab­tei­lun­gen bis De­zem­ber 2011 zur An­wen­dung kom­men wer­de. Des­halb ha­be man sich zu der fle­xi­blen Re­ge­lung in § 3 der Be­triebs­ver­ein­ba­rung ent­schlos­sen. Die vom Ar­beits­ge­richt zi­tier­te Ent­schei­dung des LAG Hamm pas­se nicht auf den hier zu ent­schei­den­den Sach­ver­halt, da dort of­fen­sicht­lich die An­ord­nung ei­ner „Kurz­ar­beit Null“ streit­ge­genständ­lich ge­we­sen sei. Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 07.03.2011 bie­te ei­ne aus­rei­chen­de Grund­la­ge zur Abände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen des Klägers.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Her­ford vom 31.10.2013, AZ: 3 Ca 1287/12, ab­geändert. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Der Kläger ver­tei­digt das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts. Zu Recht ha­be das Ar­beits­ge­richt ent­schie­den, dass die BV Kurz­ar­beit nicht den An­for­de­run­gen an ei­ne nor­ma­tiv wir­ken­de Be­triebs­ver­ein­ba­rung genüge und da­mit die ver­trag­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen nicht wirk­sam ha­be abändern können. Wei­ter­hin ver­blei­be es da­bei, dass die Be­triebs­ver­ein­ba­rung nicht auf der Grund­la­ge ei­nes Be­schlus­ses des Be­triebs­ra­tes ab­ge­schlos­sen wor­den sei und auch nicht nachträglich ge­neh­migt wor­den sei. Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung sei je­den­falls for­mell un­wirk­sam. Ma­te­ri­ell sei zu be­an­stan­den, dass die Be­triebs­ver­ein­ba­rung nicht ge­nau ge­nug be­stim­me, für wen und wann und in wel­chem Um­fang Kurz­ar­beit an­fal­len sol­le. Für die ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer sei auf der Grund­la­ge der Be­triebs­ver­ein­ba­rung nicht er­kenn­bar ge­we­sen, in wel­chem Um­fang sie von der Kurz­ar­beit be­trof­fen sein soll­ten. Es ver­blei­be bei der Auf­fas­sung, dass ein wört­li­ches An­ge­bot der Ar­beits­kraft nicht er­for­der­lich ge­we­sen sei. Die Not­wen­dig­keit ei­nes sol­chen An­ge­bo­tes sei für die Ar­beit­neh­mer nicht er­kenn­bar. Ei­ne sol­che An­for­de­rung er­schei­ne un­rea­lis­tisch. Im Übri­gen ha­be er am 18.10.2011 nach Aus­spruch der frist­lo­sen Kündi­gung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung durch den Be­triebs­rat sei­ne Ar­beits­kraft voll umfäng­lich an­ge­bo­ten.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist statt­haft und zulässig gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 b) ArbGG. Die Be­ru­fung ist form- und frist­ge­recht ent­spre­chend den An­for­de­run­gen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Die Be­ru­fung hat je­doch nur zu ei­nem Teil Er­folg.

Für den Zeit­raum vom 18.10.2011 bis zum 31.12.2011 hat das Ar­beits­ge­richt die Be­klag­te zu Recht zur Zah­lung der Dif­fe­renz­beträge ver­ur­teilt. Die Be­klag­te be­fand sich in die­sem Zeit­raum im An­nah­me­ver­zug gemäß §§ 615, 293 ff BGB. In­so­weit war die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­zu­wei­sen (I.). Er­folg­reich ist die Be­ru­fung da­ge­gen für die vor­aus­ge­gan­ge­ne Zeit­span­ne vom 11.03.2011 bis zum 17.10.2011. Für die­se Zeit be­steht kein An­spruch auf An­nah­me­ver­zug­s­ent­gelt, weil der Kläger sei­ne Ar­beits­leis­tung nicht in ei­ner den §§ 293 ff BGB genügen­den Wei­se an­ge­bo­ten hat. In­so­weit war das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen (II.).

I. Für den Zeit­raum vom 18.10.2011 bis zum 31.12.2011 ste­hen dem Kläger die ein­ge­klag­ten Beträge zu. Dies folgt aus §§ 615 Satz 1, 611, 293, 295 BGB. Die Be­klag­te be­fand sich im An­nah­me­ver­zug. Die BV Kurz­ar­beit war kei­ne ge­eig­ne­te Grund­la­ge für die An­ord­nung von Kurz­ar­beit. Die dor­ti­ge Re­ge­lung ist zu un­be­stimmt. Der Kläger hat sei­ne Ar­beits­kraft durch das Schrei­ben vom 18.10.2011 zu­rei­chend an­ge­bo­ten.

1. Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Ar­beit­neh­mer für nicht ge­leis­te­te Diens­te die ver­ein­bar­te Vergütung ver­lan­gen, oh­ne zur Nach­leis­tung ver­pflich­tet zu sein, wenn sich der Ar­beit­ge­ber mit der An­nah­me der Diens­te in Ver­zug be­fin­det. Die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Norm sind für den Zeit­raum vom 18.10.2011 bis zum 31.12.2011 erfüllt.

a) Un­strei­tig be­stand in die­sem Zeit­raum zwi­schen den Par­tei­en ein Ar­beits­verhält­nis.

b) Un­strei­tig hat die Be­klag­te in der Zeit vom 18.10.2011 bis zum 31.12.2011 die Ar­beits­leis­tung des Klägers nicht für al­le St­un­den der re­gulären Ar­beits­zeit ent­ge­gen­ge­nom­men. Ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung der Be­klag­ten hat­te der Kläger während die­ses Zeit­raums An­spruch auf Leis­tung und Vergütung im Um­fang der un­gekürz­ten ver­trag­li­chen Ar­beits­zeit. Das Zeit­vo­lu­men ist durch die An­ord­nung von Kurz­ar­beit für den frag­li­chen Zeit­raum nicht wirk­sam ver­min­dert wor­den. Die BV Kurz­ar­beit ermäch­tig­te die Be­klag­te nicht, die Ar­beits­zeit des Klägers oh­ne des­sen Zu­stim­mung her­ab­zu­set­zen.

aa) Kurz­ar­beit im vergütungs­recht­li­chen Sin­ne ist die vorüber­ge­hen­de Kürzung des Vo­lu­mens der re­gelmäßig ge­schul­de­ten Ar­beits­zeit bei an­sch­ließen­der Rück­kehr zum ver­ein­bar­ten Zeit­um­fang. Die Einführung von Kurz­ar­beit be­darf ei­ner be­son­de­ren nor­ma­ti­ven oder ein­zel­ver­trag­li­chen Rechts­grund­la­ge. Das Di­rek­ti­ons­recht des Ar­beit­ge­bers ist kein ge­eig­ne­tes In­stru­ment, um die ver­trag­lich ein­ge­gan­ge­ne Beschäfti­gungs- und Vergütungs­pflicht ein­zu­schränken (BAG 10.10.2006 AP BPers­VG § 75 Nr. 85; BAG 18.10.1994 AP BGB § 615 Kurz­ar­beit Nr. 11; BAG 14.02.1991 AP BGB § 615 Kurz­ar­beit Nr. 4).

bb) Ei­ne ein­ver­nehm­li­che oder durch Ände­rungskündi­gung her­bei­geführ­te ver­trag­li­che Ab­re­de der Par­tei­en über ei­ne Verkürzung des Um­fangs der re­gelmäßig ge­schul­de­ten Ar­beits­zeit des Klägers liegt nicht vor.

cc) Ent­ge­gen der Ar­gu­men­ta­ti­on der Be­klag­ten bie­tet die BV Kurz­ar­beit kei­ne rechts­wirk­sa­me Grund­la­ge für ei­ne Verkürzung der re­gulären ver­trag­li­chen Ar­beits­zeit. Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung ist zu un­be­stimmt. Wie be­reits die 5. Kam­mer des er­ken­nen­den Ge­richts un­ter dem 01.08.2012 ent­schie­den hat, kann die ver­trag­lich fest­ge­leg­te Ar­beits­zeit durch ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur Einführung der Kurz­ar­beit nur dann oh­ne Zu­stim­mung des be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mers her­ab­ge­setzt wer­den, wenn in der Be­triebs­ver­ein­ba­rung selbst fest­ge­legt ist, in wel­chem kon­kre­ten Zeit­raum für wel­che be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer in wel­chem kon­kre­ten Um­fang die Ar­beit we­gen Kurz­ar­beit aus­fal­len soll. Nur so ist dem Ge­bot der Nor­men­klar­heit genügt (hier­zu: BAG 21.09.2011 AP Be­trVG 1972 § 3 Nr. 9 Rn. 36). Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung muss den Be­ginn und die Dau­er der Kurz­ar­beit, die La­ge und Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit, die Aus­wahl der von Kurz­ar­beit be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer oder die be­trof­fe­ne Ab­tei­lung so­wie die Zeiträume, in de­nen die Ar­beit ganz aus­fal­len soll, fest­le­gen (LAG Hamm 01.08.2012 – 5 Sa 27/12 – rechts­kräftig [die zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on ist nicht ein­ge­legt wor­den]; eben­so: LAG Ba­den-Würt­tem­berg 25.11.2005 – 20 Sa 112/04 -; Hess. LAG 14.03.1997 NZA-RR 1997,479; ArbG Ha­gen 09.10.2012 – 1 Ca 1420/12 – m. zust. An­mer­kung Ko­the/Pasch­ke ju­ris­PR-ArbR 25/2013 Anm. 4; Fit­ting, Be­trVG, 27.Aufl.2014, § 87 Be­trVG Rn. 158; GK-Wie­se, Be­trVG, 10.Aufl. 2014, § 87 Be­trVG Rn. 363 – a.A.: Thür. LAG 07.10.1999 – 2 Sa 404/98 -; LAG Bran­den­burg 10.08.1994 – 5 Sa 286/94 -). Die er­for­der­li­chen Fest­le­gun­gen feh­len in der BV Kurz­ar­beit. Es wird nicht be­stimmt, zu wel­chen kon­kre­ten Zei­ten und in wel­chem kon­kre­ten Um­fang die Ar­beits­zeit wel­cher ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer re­du­ziert wird. Wenn es in § 3 BV Kurz­ar­beit le­dig­lich heißt, die Kurz­ar­beit er­fol­ge fle­xi­bel in An­pas­sung an den Ar­beits­an­fall in den ein­zel­nen Ar­beits­be­rei­chen und nach Pla­nung in den Ab­tei­lun­gen mit dem Vor­ge­setz­ten, so fehlt jeg­li­che Fest­le­gung zum Um­fang der Ab­sen­kung der Ar­beits­zeit. Mit dem Wort­laut des § 3 BV Kurz­ar­beit lässt sich Kurz­ar­beit in je­dem be­lie­bi­gen Um­fang ver­ein­ba­ren, von ei­ner Bei­be­hal­tung der vol­len re­gulären Ar­beits­zeit über den ge­sam­ten Zeit­raum bis hin zu ei­nem To­tal­aus­fall sämt­li­cher Ar­beits­stun­den über die ge­sam­te Zeit­span­ne vom 11.03.2011 bis zum 31.12.2011 („Kurz­ar­beit Null“). Die Ar­beit­neh­mer des Be­trie­bes konn­ten durch ei­ne Lektüre der BV Kurz­ar­beit nicht fest­stel­len, ob und in wel­chem Um­fang sie von Kurz­ar­beit be­trof­fen sein würden. Ein so weit­ge­hen­der Spiel­raum ist mit dem Ge­bot der Nor­men­klar­heit nicht ver­ein­bar. Ob der Be­triebs­rat nach­fol­gend den wöchent­li­chen Pla­nun­gen je­weils im Ein­zel­fall zu­ge­stimmt hat - was zwi­schen den Par­tei­en strei­tig ist -, ist für die Fra­ge der recht­li­chen Wirk­sam­keit der Her­ab­set­zung der Ar­beits­zeit oh­ne Be­lang. Ei­ne form­lo­se Re­ge­lungs­ab­re­de über die Rea­li­sie­rung von Kurz­ar­beit wahrt zwar das Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Be­trVG, kann aber we­gen ih­rer feh­len­den nor­ma­ti­ven Wir­kung nicht die ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Ar­beits­be­din­gun­gen der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer abändern (Fit­ting aaO; GK-Wie­se, aaO, Rn. 364 – vgl. auch BAG 16.12.2008 – 9 AZR 164/08 – AP BurlG § 7 Nr. 40).

c) Das nach §§ 615 Satz, 293 ff BGB er­for­der­li­che An­ge­bot der Ar­beits­leis­tung ist er­folgt. Mit Schrei­ben vom 18.10.2011 hat der Kläger der Be­klag­ten sei­ne Ar­beits­leis­tung im ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Um­fang an­ge­bo­ten („…mei­ne Ar­beits­kraft … voll umfäng­lich per so­fort an­bie­te und in­so­fern auch ei­nen Ent­loh­nungs­an­spruch zu Voll­zeit­be­din­gun­gen er­wer­be.“). Die­ses wört­li­che An­ge­bot reich­te aus. Mit der An­ord­nung der Kurz­ar­beit hat­te die Be­klag­te erklärt, dass sie ei­ne wei­ter­ge­hen­de Leis­tung des Klägers nicht an­neh­men wer­de. Da­mit sind die Vor­aus­set­zun­gen des § 295 BGB erfüllt (vgl. BAG 10.10.2006 AP BPers­VG § 75 Nr. 85; LAG Hamm 01.08.2012 – 5 Sa 27/12 – un­ter II. a.E./Rn.51).

2. Die rech­ne­ri­sche Höhe der Kla­ge­for­de­rung steht zwi­schen den Par­tei­en außer Streit. Der Zins­an­spruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

II. Un­be­gründet ist die Kla­ge­for­de­rung für den Zeit­ab­schnitt vom 11.03.2011 bis zum 17.10.2011. Die Vor­aus­set­zun­gen der §§ 293 ff BGB sind für die­sen Zeit­raum nicht erfüllt. Es fehlt das An­ge­bot der ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung. In­so­weit war das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

1. Nach § 293 kommt der Gläubi­ger in Ver­zug, wenn er die ihm an­ge­bo­te­ne Leis­tung nicht an­nimmt. Nach § 294 BGB muss die Leis­tung dem Gläubi­ger so, wie sie zu be­wir­ken ist, tatsächlich an­ge­bo­ten wer­den. Gemäß § 295 BGB genügt ein wört­li­ches An­ge­bot des Schuld­ners, wenn der Gläubi­ger dem Schuld­ner erklärt hat, dass er die Leis­tung nicht an­neh­men wer­de, oder wenn zur Be­wir­kung der Leis­tung ei­ne Hand­lung des Gläubi­gers er­for­der­lich ist, ins­be­son­de­re wenn der Gläubi­ger die ge­schul­de­te Sa­che ab­zu­ho­len hat. Dem An­ge­bot der Leis­tung steht da­bei die Auf­for­de­rung an den Gläubi­ger gleich, die er­for­der­li­che Hand­lung vor­zu­neh­men. Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind für die Zeit bis zum 17.10.2011 nicht erfüllt. Un­strei­tig hat der Kläger ei­ne wei­ter­ge­hen­de Ar­beits­leis­tung im Zeit­raum vor dem 18.10.2011 we­der tatsächlich noch wört­lich an­ge­bo­ten. Auch der Kläger be­haup­tet nicht, dass er der Be­klag­ten zu ir­gend­ei­nem Zeit­punkt vor dem 18.10.2011 deut­lich ge­macht hätte, dass er Ar­beits­leis­tun­gen über die an­ge­ord­ne­te Kurz­ar­beit hin­aus er­brin­gen wol­le.

2. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts war ein wört­li­ches An­ge­bot der Ar­beits­leis­tung nicht nach § 296 BGB ent­behr­lich. Nach § 296 BGB be­darf es in Fällen, in de­nen für die von dem Gläubi­ger vor­zu­neh­men­de Hand­lung ei­ne Zeit nach dem Ka­len­der be­stimmt ist, ei­nes An­ge­bo­tes durch den Schuld­ner nur, wenn der Gläubi­ger die Hand­lung recht­zei­tig vor­nimmt. Nach der neue­ren Recht­spre­chung des BAG fin­det § 296 BGB im un­gekündigt be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis re­gelmäßig kei­ne An­wen­dung (BAG 15.05.2013 – 5 AZR 130/12 – NZA 2013,1076; BAG 16.04.2013 – 9 AZR 554/11 – NZA 2013,849; BAG 27.08.2008 – 5 AZR 16/08 – AP BGB § 615 Nr. 124; BAG 25.04.2007 – 5 AZR 504/06 – AP BGB § 615 Nr. 121). Nur bei ei­ner un­wirk­sa­men Ar­beit­ge­berkündi­gung bleibt nach die­ser Recht­spre­chung Raum für § 296 BGB, weil der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer dann kei­nen funk­ti­onsfähi­gen Ar­beits­platz zu­weist (BAG 15.05.2013 – 5 AZR 130/12 – NZA 2013,1076; BAG 16.04.2013 – 9 AZR 554/11 – NZA 2013,849; BAG 22.02.2012 – 5 AZR 249/11 -). Al­ler­dings hat der Sechs­te Se­nat des BAG in ei­nem Ur­teil vom 27.01.1994 die An­wen­dung des § 296 BGB auch im be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis in ei­nem Fall der un­wirk­sa­men An­ord­nung von Kurz­ar­beit be­jaht, nach­dem der Ar­beit­ge­ber ei­ner Grup­pe von Ar­beit­neh­mern die Ar­beitsmöglich­keit ver­wei­gert hat­te (BAG 27.01.1994 – 6 AZR 541/93 – AP BAT-O § 15 Nr. 1). Der vor­lie­gen­de Fall un­ter­schei­det sich vom Sach­ver­halt des letzt­ge­nann­ten Ur­teils je­doch da­durch, dass die hie­si­ge Be­klag­te dem Kläger nicht jeg­li­che Ar­beitsmöglich­keit ver­wei­gert hat son­dern le­dig­lich von ei­nem ver­meint­li­chen Recht Ge­brauch ge­macht hat, die Ar­beits­zeit­dau­er fle­xi­bel zu be­stim­men. In ei­ner sol­chen Fall­ge­stal­tung bleibt es da­bei, dass der Ar­beit­neh­mer sei­ne Ar­beits­kraft an­bie­ten muss (BAG 25.04.2007 – 5 AZR 504/06 – AP BGB § 615 Nr. 121 Rn. 19). In die­sem Zu­sam­men­hang hat be­reits das Ar­beits­ge­richt in sei­nem ausführ­li­chen recht­li­chen Hin­weis vom 29.11.2012 aus­geführt, dass ein An­ge­bot nicht ent­behr­lich sein dürf­te, weil es sich [nur] um ei­ne teil­wei­se be­triebs­be­ding­te Su­s­pen­die­rung oh­ne ei­nen ver­hal­tens- oder per­so­nen­be­zo­ge­nen Vor­wurf han­de­le und nach den ge­ge­be­nen Umständen nicht aus­zu­sch­ließen ge­we­sen sei, dass die Be­klag­te den Kläger im Fall ei­nes An­ge­bo­tes „aus der Kurz­ar­beit ge­nom­men hätte“; mögli­cher­wei­se hätte es Ar­beit­neh­mer ge­ge­ben, die gern mit der kla­gen­den Par­tei ge­tauscht hätten und (wei­te­re) Kurz­ar­beit ge­leis­tet hätten (kei­ne evi­den­te Nutz­lo­sig­keit ei­nes An­ge­bots) (Pro­to­koll des Güte­ter­mins vom 29.11.2012, Bl. 23ff, 25 GA). Die­sen Hin­wei­sen ist der Kläger nicht mit be­acht­li­chem Tat­sa­chen­vor­trag ent­ge­gen ge­tre­ten. Von ei­ner evi­den­ten Nutz­lo­sig­keit ei­nes Ar­beits­kraft­an­ge­bo­tes kann für den Zeit­raum bis zum 17.10.2011 nicht aus­ge­gan­gen wer­den.

III. We­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der un­ter I. und II. be­han­del­ten Rechts­fra­gen hat die Kam­mer gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für bei­de Par­tei­en die Re­vi­si­on zum Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­sen.

IV. Die Kos­ten­ent­schei­dung fußt auf § 92 Abs. 1 Satz 1 2.Alt. ZPO.

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