Update Arbeitsrecht 24|2020 vom 25.11.2020
Leitsatzreport
Arbeitsgericht Stuttgart: Fristlose Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 22.10.2020, 11 Ca 2950/20
§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); §§ 2, 4, 7, 13 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Leitsätze des Gerichts:
1. Eine fristlose Änderungskündigung mit dem Ziel, eine Einführung von Kurzarbeit zu ermöglichen, kann im Einzelfall als betriebsbedingte Änderungskündigung nach § 626 BGB gerechtfertigt sein.
2. Die Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts zur reinen Entgeltreduzierung durch Änderungskündigung sind auf eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit nicht übertragbar.
3. Für die Frage der Verhältnismäßigkeit der Kündigung sind insbesondere eine entsprechende Ankündigungsfrist und eine Begrenzung der Dauer der (möglichen) Kurzarbeit von Bedeutung sowie der Umstand, dass Kurzarbeit nur dann eingeführt werden kann, wenn die entsprechenden Voraussetzungen zur Gewährung von Kurzarbeitergeld auch in der Person des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin vorliegen.
Hintergrund:
Eine Personaldisponentin, die seit knapp zehn Jahren bei einem Zeitarbeitsunternehmen mit mehr als zehn Arbeitnehmern arbeitete, war von Anfang April bis Anfang Juli 2020 krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Etwa zeitgleich mit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit beantragte das Zeitarbeitsunternehmen Kurzarbeit, da einige seiner Kunden - Kindergärten und Kindertagesstätten - wegen der Corona-Pandemie schließen mussten und daher keine Leiharbeitnehmer mehr nachfragten, so dass auch für die Personaldisponenten weniger zu tun war. Nachdem die Personaldisponentin die Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit abgelehnt hatte, sprach der Arbeitgeber eine außerordentliche und fristlose, hilfsweise eine ordentliche Änderungskündigung aus und bot der Personaldisponentin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an mit der Maßgabe, dass der Arbeitgeber künftig zur einseitigen Anordnung von Kurzarbeit vom 18.05.2020 bis voraussichtlich dem 31.12.2020 berechtigt sein sollte, und zwar unter Beachtung einer Ankündigungsfrist von drei Wochen. Die Personaldisponentin nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der Sozialwidrigkeit an und erhob Änderungsschutzklage (§ 2 Kündigungsschutzgesetz - KSchG). Das Arbeitsgericht Stuttgart wies die Änderungsschutzklage ab. Seiner Meinung nach war die außerordentliche und fristlose Änderungskündigung zum Zwecke der Ergänzung des Arbeitsvertrags um eine Berechtigung zur Anordnung von Kurzarbeit rechtens.
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 22.10.2020, 11 Ca 2950/20
Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Änderungskündigung
Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
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