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Unterrichtung des Betriebsrats bei Massenentlassungen
18.06.2016. Plant der Arbeitgeber eine sog. Massenentlassung, muss er dem Betriebsrat vorab sehr genaue Informationen über die betroffenen Arbeitnehmer geben und mit ihm darüber Verhandlungen führen.
Unter anderem muss der Arbeitgeber den Betriebsrat gemäß § 17 Abs.2 Satz 1 Nr.2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schriftlich über die "Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer" informieren.
Nicht eindeutig im Gesetz geregelt ist die Frage, welche Folgen es hat, wenn diese berufsgruppenbezogenen Informationen des Arbeitgebers unvollständig sind, er aber ohnehin den gesamten Betrieb schließen will.
Zu dieser Frage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Donnerstag letzter Woche Stellung genommen: BAG, Urteil vom 09.06.2016, 6 AZR 405/15 (Pressemeldung Nr. 30/16).
- Unter welchen Umständen kann der Betriebsrat einen Informationsmangel heilen?
- Der Fall des BAG: Insolvenzverwalter will den Betrieb schließen und nennt dem Betriebsrat die betroffenen Arbeitnehmergruppen nicht, doch der Betriebsrat bestätigt, vollständig informiert worden zu sein
- BAG: Wird der Betriebsrat bei einer geplanten Betriebsschließung über die betroffenen Berufsgruppen nicht informiert, kann dieser Fehler durch eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats geheilt werden
Unter welchen Umständen kann der Betriebsrat einen Informationsmangel heilen?
§ 17 Abs.1 KSchG legt fest, wie groß eine geplante Kündigungswelle sein muss, um als "Massenentlassung" zu gelten. Sind die gesetzlichen Schwellenwerte erreicht, muss der Arbeitgeber gemäß § 17 Abs.2 KSchG den Betriebsrat über die Gründe und Auswirkungen der geplanten Kündigungen informieren und mit ihm darüber ergebnisoffen verhandeln.
Neben dieser Pflicht zur Information und "Konsultation" des Betriebsrats gemäß § 17 Abs.2 KSchG steht die (ziemlich ähnlich gestrickte) gesetzliche Pflicht zur Information und zu Gesprächen über einen möglichen Interessenausgleich, denn Massenentlassungen sind Betriebsänderungen im Sinne von § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
Wie erwähnt, beziehen sich die Informationspflichten des Arbeitgebers auch auf die "Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer" (§ 17 Abs.2 Satz 1 Nr.2 KSchG). Bekommt der Betriebsrat diese Information nicht, hat der Arbeitgeber einen Fehler gemacht, der sich möglicherweise auf die Wirksamkeit der später ausgesprochenen Kündigungen auswirkt.
An diesem Punkt kann man allerdings fragen, ob der Arbeitgeber bei einer geplanten Stilllegung des gesamten Betriebs dem Betriebsrat wirklich die Berufsgruppen der von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer aufschlüsseln muss, denn wenn alle Arbeitnehmer entlassen werden sollen, sind eben auch alle Berufsgruppen der Belegschaft in gleicher Weise betroffen. Für die Meinungsbildung des Betriebsrats und seine Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan ist diese Information , so könnte man argumentieren, unerheblich, und daher sollte sie auch keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der vom Arbeitgeber später ausgesprochenen Kündigungen haben.
Aber auch dann, wenn man berufsgruppenbezogene Informationen auch bei geplanten Betriebsstillegungen für unverzichtbar hält, fragt sich weiterhin, ob der Betriebsrat eine hier bestehende Informationslücke nicht beseitigen bzw. "heilen" kann, indem er rechtsverbindlich erklärt, vollständig informiert worden zu sein.
Der Fall des BAG: Insolvenzverwalter will den Betrieb schließen und nennt dem Betriebsrat die betroffenen Arbeitnehmergruppen nicht, doch der Betriebsrat bestätigt, vollständig informiert worden zu sein
Im Streitfall ging es um eine Massenentlassung, die ein Insolvenzverwalter im Rahmen einer geplanten Betriebsstilllegung durchführte. Er unterrichtete den Betriebsrat vorab zwar über die geplante Kündigung aller Arbeitnehmer des Betriebs, dröselte dabei aber die betroffenen Berufsgruppen der Belegschaft nicht auf.
Kurz darauf vereinbarten Verwalter und Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Sozialplan. Im Interessenausgleich bestätigte der Betriebsrat, dass er "rechtzeitig und vollständig" nach § 17 Abs.2 KSchG unterrichtet worden sei und dass er mit dem Verwalter über die mögliche Vermeidung oder Einschränkung von Entlassungen beraten habe. In diesem Zusammenhang bestätigte der Betriebsrat "die Beendigung des Konsultationsverfahrens".
Eine der daraufhin vom Verwalter gekündigten Produktionsmitarbeiterinnen erhob Kündigungsschutzklage. Ihrer Meinung nach war die Kündigung unwirksam, da der Betriebsrat nicht vollständig informiert worden war und das Konsultationsverfahren nicht korrekt war. Damit hatte sie vor dem Arbeitsgericht Lingen (Urteil vom 23.10.2014, 3 Ca 18/14) und dem Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen keinen Erfolg (LAG Niedersachsen, Urteil vom 29.06.2015, 8 Sa 1534/14).
BAG: Wird der Betriebsrat bei einer geplanten Betriebsschließung über die betroffenen Berufsgruppen nicht informiert, kann dieser Fehler durch eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats geheilt werden
Auch das BAG hielt die Einwände der Klägerin gegen das Konsultationsverfahren für unbegründet.
Ob eine fehlende Information über die Berufsgruppen bei einer Betriebsstillegung überhaupt zu einer Unwirksamkeit der später ausgesprochenen Kündigungen führt, ließen die Erfurter Richter ihrer der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung offen. Jedenfalls kann eine fehlerhafte Unterrichtung in solchen Fällen „geheilt“ werden, wenn der Betriebsrat in einem Interessenausgleich eine abschließende Stellungnahme abgibt, der zufolge er vollständig unterrichtet und das Konsultationsverfahren nach abschließender Beratung beendet wurde.
Fazit: Bei Massenentlassungen sollten Arbeitgeber und Betriebsrat sorgfältig arbeiten. Hier ist natürlich zuerst der Arbeitgeber an der Reihe, d.h. er muss zunächst einmal seine Informationspflichten gemäß § 17 Abs.2 KSchG vollständig erfüllen. Kommt dann aber ein Interessenausgleich und ein Sozialplan zustande, sollte es selbstverständlich sein, dass der Betriebsrat bei der schriftlichen Ausarbeitung dieser Vereinbarungen bestätigt, vollständig im Sinne von § 17 Abs.2 KSchG unterrichtet worden zu sein.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.06.2016, 6 AZR 405/15 (Pressemeldung Nr. 30/16)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.06.2016, 6 AZR 405/15
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 2. Juli 2018
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