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Fehlerhafte Massenentlassungsanzeige
29.06.2012. Arbeitgeber sind gemäß § 17 Abs.1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verpflichtet, bevorstehende Massenentlassungen bei der Arbeitsagentur vorab schriftlich anzuzeigen. Welche Kündigungswellen als Massenentlassungen anzusehen sind, ist in § 17 KSchG festgelegt.
Bevor der Arbeitgeber eine Massenentlassung durchführen kann, muss er den Betriebsrat über die geplante Entlassungswelle informieren und sie mit ihm besprechen (sog. "Konsultationsverfahren" gemäß § 17 Abs.2 KSchG). Die korrekte Konsultation des Betriebsrats hat der Arbeitgeber der Arbeitsagentur zusammen mit der Massenentlassungsanzeige nachzuweisen.
Daher müssen Arbeitgeber gemäß § 17 Abs. 3 KSchG ihren Massenentlassungsanzeigen Unterlagen beifügen, nämlich die Mitteilung an den Betriebsrat über die geplante Massenentlassung und die Stellungnahme des Betriebsrats zu der Massenentlassung. Anstatt einer Stellungnahme des Betriebsrats kann der Arbeitgeber auch einen Interessenausgleich bei der Arbeitsagentur vorlegen. Denn in § 1 Abs.5 Satz 4 KSchG und in § 125 Abs.2 Insolvenzordnung (InsO) ist vorgesehen, dass ein Interessenausgleich in bestimmten Fällen die Stellungnahme des Betriebsrats ersetzt.
Aber was ist, wenn der Arbeitgeber seiner Massenentlassungsanzeige weder eine Stellungnahme des Betriebsrats noch einen Interessenausgleich beigefügt hat, die Arbeitsagentur dem Arbeitgeber aber trotzdem per Bescheid erlaubt, vor Ablauf der gesetzlichen Wartefrist von einem Monat ab Massenentlassungsanzeige ("Sperrfrist") Kündigungen auszusprechen? Kann ein solcher Sperrfristverkürzungsbescheid die Formfehler der Massenentlassungsanzeige nachträglich beseitigen ("heilen")?
Nein, das geht nicht, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom gestrigen Donnerstag: BAG, Urteil vom 28.06.2012, 6 AZR 780/10.
- Massenentlassungsanzeige ohne Stellungnahme des Betriebsrats und ohne Interessenausgleich - aber trotzdem akzeptiert von der Arbeitsagentur
- Der Streitfall: Anzeige einer Massenentlassung von 40 Arbeitnehmern ohne beigefügte Stellungnahme des Betriebsrats hat eine Sperrzeitverkürzung durch Bescheid zur Folge
- BAG: Keine Heilung von Fehlern bei der Massenentlassungsanzeige durch Sperrzeitverkürzungsbescheid der Arbeitsagentur
Massenentlassungsanzeige ohne Stellungnahme des Betriebsrats und ohne Interessenausgleich - aber trotzdem akzeptiert von der Arbeitsagentur
Die Pflicht des Arbeitgebers, der Arbeitsagentur zusammen mit der Massenentlassungsanzeige eine Stellungnahme des Betriebsrats oder einen Interessenausgleich mit einer Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer zu überlassen, ist kein Selbstzweck. Diese Unterlagen sollen es der Agentur für Arbeit ermöglichen, die Voraussetzungen für eine Abkürzung der einmonatigen Sperrfrist zu prüfen. Dazu muss sich die Arbeitsagentur ein eigenes Bild von der geplanten Kündigungswelle machen.
Vor diesem Hintergrund kann man die Meinung vertreten, dass formelle Fehler bei der Massenentlassungsanzeige nachträglich geheilt werden, wenn die Agentur für Arbeit trotz dieser Fehler einen für den Arbeitgeber günstigen Bescheid erlässt, mit dem die einmonatige Sperrfrist verkürzt wird. In diese Richtung hatte sich auch das BAG einmal geäußert, ohne sich endgültig festzulegen (BAG, Urteil vom 28.05.2009, 8 AZR 273/08, Rn. 63 f.).
Andererseits ist eine korrekte Massenentlassungsanzeige eine der notwendigen Voraussetzungen, die betriebsbedingte Kündigungen bei einer größeren Entlassungswelle erfüllen müssen, um wirksam zu sein: Ist die Massenentlassungsanzeige nicht in Ordnung, sind spätere Kündigungen unwirksam.
Demzufolge geht eine nachträgliche Heilung von Formfehlern zulasten des gekündigten Arbeitnehmers, indem sie seinen Kündigungsschutz verringert. Und so etwas ist rechtlich bedenklich, da der Arbeitnehmer an dem Verfahren der Massenentlassungsanzeige nicht beteiligt ist und daher auch keinen Einfluss auf die Entscheidung der Arbeitsagentur hat, die diese auf der Grundlage einer Massenentlassungsanzeige trifft.
Der Streitfall: Anzeige einer Massenentlassung von 40 Arbeitnehmern ohne beigefügte Stellungnahme des Betriebsrats hat eine Sperrzeitverkürzung durch Bescheid zur Folge
In dem vom BAG entschiedenen Fall ging es um eine Massenentlassung von knapp 40 Arbeitnehmern infolge einer insolvenzbedingten Betriebsänderung. Hier hatten sich Arbeitgeber und Betriebsrat am 24.02.2009 auf einen Interessenausgleich mit Namensliste geeinigt.
Zwei Tage später, am 26.02.2009, erstattete der Arbeitgeber der Arbeitsagentur eine Massenentlassungsanzeige, ohne den Interessenausgleich beizufügen. Auch eine Stellungnahme des Betriebsrats zu der geplanten Massenentlassung war der Anzeige nicht beigefügt. Allerdings erklärte der Betriebsrat selbst am 26.02.2009 schriftlich gegenüber der Arbeitsagentur, er sei darüber informiert worden, dass eine Massenentlassungsanzeige abgesandt worden sei. Die Arbeitsagentur verkürzte daraufhin die Sperrfrist.
Nachdem am 01.03.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter eingesetzt worden war, kündigte der Verwalter am 11.03.2009 einem Arbeitnehmer ordentlich zum 30.06.2009. Der erhob Kündigungsschutzklage und hatte damit vor dem Arbeitsgericht Solingen (Urteil vom 24.06.2010, 1 Ca 649/09 lev) und vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf Erfolg (LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.11.2010, 12 Sa 1321/10). Beide Gerichte meinten nämlich, dass die Massenentlassungsanzeige nicht in Ordnung war. Der für den Verwalter positive Bescheid der Agentur für Arbeit half ihm dabei nicht.
BAG: Keine Heilung von Fehlern bei der Massenentlassungsanzeige durch Sperrzeitverkürzungsbescheid der Arbeitsagentur
Dieser Meinung hat sich auch das BAG angeschlossen. In der derzeit allein vorliegenden BAG-Pressemitteilung heißt es dazu, dass ein Bescheid der Agentur für Arbeit über die Verkürzung der Sperrfrist vorherige Formfehler bei der Massenentlassungsanzeige nicht heilen kann. Denn dass die Massenentlassungsanzeige in Ordnung bzw. für nachfolgende Kündigungn wirksam ist, stellt die Agentur für Arbeit in ihrem Bescheid nicht fest. Daher ist die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige von der Bindungswirkung eines Sperrfristverkürzungsbescheids gar nicht umfasst, so das BAG.
Fazit: Begeht der Arbeitgeber einen Fehler bei der Massenentlassungsanzeige, indem er der Anzeige weder eine Stellungnahme des Betriebsrats zu der Massenentlassung noch einen Interessenausgleich mit Namensliste beifügt, sind Massenentlassungsanzeige und später ausgesprochene Kündigungen unwirksam. Dabei hilft es dem Arbeitgeber nicht, wenn die Arbeitsagentur dem Arbeitgeber auf der Grundlage einer solchen (fehlerhaften) Massenentlassungsanzeige per Bescheid erlaubt, vor Ablauf der Sperrfrist Kündigungen auszusprechen.
Arbeitnehmern, die im Rahmen einer größeren Kündigungswelle betriebsbedingt gekündigt werden, ist daher zu raten, sich auf Formfehler bei der Massenentlassungsanzeige zu berufen, wenn dieser weder eine Stellungnahme des Betriebsrats noch ein Interessenausgleich beigefügt ist.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.06.2012, 6 AZR 780/10 (Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.06.2012, 6 AZR 780/10
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.11.2010, 12 Sa 1321/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsänderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Interessenausgleich
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Massenentlassung
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Arbeitsrecht aktuell: 16/304 Dauer der Konsultation bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/192 Unterrichtung des Betriebsrats bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 12/314 Massenentlassung und Unterrichtung des Betriebsrats
- Arbeitsrecht aktuell: 12/129 Massenentlassung und Stellungnahme des Betriebsrats
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 2. Oktober 2016
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