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Massenentlassungsrichtlinie und Arbeitnehmerbegriff
28.12.2015. Stellt eine geplante Kündigungswelle wegen ihrer Größe eine Massenentlassung dar, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat konsultieren und der Arbeitsagentur eine Massenentlassungsanzeige übermitteln.
Grundlage ist in Deutschland § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), der wiederum die Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20.07.1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen ("Massenentlassungsrichtlinie") in deutsches Recht umsetzt.
In einem letzten Monat ergangenen Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt, dass auch befristet beschäftigte Arbeitnehmer zur Belegschaft im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie gehören und daher bei der Prüfung der Schwellenwerte mitzählen: EuGH, Urteil vom 11.11.2015, C-422/14 (Rivera).
- Zählen befristet beschäftigte Arbeitnehmer bei der Feststellung der Betriebsgröße im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie mit?
- Der spanische Streitfall: Arbeitgeber beschäftigt 114 Arbeitnehmer auf Grundlage unbefristeter und weitere zwölf Arbeitnehmer auf Grundlage befristeter Arbeitsverträge
- EuGH: Auch befristet beschäftigte Arbeitnehmer zählen zur Belegschaft im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie
Zählen befristet beschäftigte Arbeitnehmer bei der Feststellung der Betriebsgröße im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie mit?
In Art.2 Abs.1 der Massenentlassungsrichtlinie ist vorgesehen, dass Arbeitgeber die betrieblichen Arbeitnehmervertretungen vor einer geplanten Massenentlassung rechtzeitig und umfassend informieren und die Maßnahmen mit ihnen beraten müssen.
Weiterhin legt die Richtlinie in ihrem Art.1 Abs.1 Buchstabe a) den Begriff der Massenentlassung fest und definiert damit ihren Anwendungsbereich. Dabei können die EU-Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie
- entweder auf die Entlassungen innerhalb eines (kürzeren) 30-Tages-Zeitraums abstellen, wobei je nach Betriebsgröße gestaffelte und eher geringe Entlassungszahlen vorgeschrieben sind bzw. als Massenentlassung gelten (Art.1 Abs.1 Buchstabe a) (i)),
- oder auf die Entlassungen innerhalb eines (längeren) 90-Tages-Zeitraums abstellen, wobei es auf die Betriebsgröße nicht ankommt, sondern nur auf eine einheitliche Zahl von mindestens 20 betriebsbedingten Entlassungen (Art.1 Abs.1 Buchstabe a) (ii)).
Einige EU-Länder wie Deutschland oder Spanien haben sich für die erstgenannte Regelungsmöglichkeit entschieden (wobei das spanische Recht zugunsten der Arbeitnehmer den 30-Tageszeitraum auf 90 Tage verlängert), so dass es im spanischen und deutschen Arbeitsrecht entscheidend darauf ankommt, wie groß der Betrieb "in der Regel" vor der geplanten Entlassungswelle ist, d.h. wie viele Arbeitnehmer normaler Weise in dem Betrieb beschäftigt sind.
Hier wiederum fragt sich, ob auch befristet beschäftigte Arbeitnehmer zu den "in der Regel" beschäftigten Arbeitnehmern des Betriebs zählen oder nicht. Eine ausdrückliche Definition des Arbeitnehmerbegriffs enthält die Massenentlassungsrichtlinie nicht.
Der spanische Streitfall: Arbeitgeber beschäftigt 114 Arbeitnehmer auf Grundlage unbefristeter und weitere zwölf Arbeitnehmer auf Grundlage befristeter Arbeitsverträge
In dem aus Spanien stammenden Vorlagefall geht es um einen Arbeitnehmer, Herrn Rivera, der seit Mai 2008 bei dem Unternehmen Gestora tätig war. Das Unternehmen beschäftigte Mitte 2013 insgesamt 126 Arbeitnehmer, davon 114 auf Grundlage unbefristeter und zwölf auf Grundlage zeitlich befristeter Arbeitsverträge.
Um den September 2013 herum trennte sich Gestora innerhalb kurzer Zeit von mehreren Arbeitnehmern, teilweise durch Kündigung, teilweise durch Nichtverlängerung befristeter Verträge, teilweise durch freiwillige Aufhebungsverträge.
Herr Rivera war der Ansicht, dass der Arbeitgeber gegen die Bestimmungen des spanischen Arbeitsrechts zur Massenentlassung verstoßen hätte, indem er die betriebliche Arbeitnehmervertretung nicht informiert und konsultiert hatte. Aus seiner Sicht waren die zwölf befristet beschäftigten Arbeitnehmer nicht zur Belegschaft zu zählen, was zur Folge hätte, dass die Belegschaft nur 114 Arbeitnehmer zählen würde. Eine in dieser Weise kleingerechnete Betriebsgröße wiederum würde bedeuten, dass bereits weniger Entlassungen genügen würden, um die nach spanischem Recht für eine "Massenentlassung" maßgebliche 10-Prozent-Schwelle zu überschreiten.
Daher erhob Herr Rivera Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Barcelona Nr.33, da der aus seiner Sicht gegebene Verfahrensfehler des Arbeitgebers nach spanischem Recht zur Unwirksamkeit seiner Entlassung führen würde. Das Arbeitsgericht setzte das Verfahren aus und fragte den Gerichtshof unter anderem, ob die Vorschriften der Massenentlassungsrichtlinie auch auf befristet beschäftigte Arbeitnehmer anzuwenden sind.
EuGH: Auch befristet beschäftigte Arbeitnehmer zählen zur Belegschaft im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie
Der EuGH stellte fest, dass auch befristet beschäftigte Mitarbeiter als Arbeitnehmer im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie anzusehen sind. Damit sind sie bei der Anwendung der Schwellenwerte mitzuzählen, auf die es bei der Prüfung ankommt, ob eine Massenentlassung vorliegt oder nicht.
Maßgeblich für den Arbeitnehmerbegriff im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie ist für den EuGH, dass man für eine bestimmte Zeit Leistungen für einen anderen nach dessen Weisungen erbringt und dafür eine Vergütung erhält. Da das bei befristet beschäftigten Arbeitnehmern der Fall ist, zählen sie zu den Arbeitnehmern im Sinne der Richtlinie.
Damit baut der Gerichtshof seine aktuelle Rechtsprechung weiter aus, die den Arbeitnehmerbegriff und damit den Anwendungsbereich der Massenentlassungsrichtlinie weit auslegt. So hatte der EuGH erst im Juli 2015 entschieden, dass auch weisungsgebundene Fremdgeschäftsführer einer GmbH zu den Arbeitnehmern im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie zählen (EuGH, Urteil vom 09.07.2015, C-229/14 - Balkay, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 15/201 Bei Massenentlassungen zählen Geschäftsführer als Arbeitnehmer).
Dass das automatische Auslaufen eines befristeten Vertrags keine "Entlassung" im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie darstellt, steht auf einem anderen Blatt. So gesehen schützt die Richtlinie nicht vor der Vereinbarung und Durchführung zeitlich befristeter Verträge, d.h. sie gewährleistet keine rechtliche Befristungskontrolle.
Fazit: Das Urteil des Gerichtshofs bestätigt die deutsche Rechtslage bzw. die allgemeine Rechtsauffassung zum deutschen Arbeitsrecht, der zufolge im Prinzip sämtliche Arbeitnehmer eines Betriebs nach Köpfen mitzuzählen sind, um die regelmäßige Betriebsgröße zu ermitteln. Daher gehören befristet beschäftigte Mitarbeiter ebenso zur Belegschaft wie Teilzeitkräfte, leitende Angestellte und sogar weisungsabhängige Fremdgeschäftsführer einer GmbH.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 11.11.2015, C-422/14 (Rivera)
- Schlussantrag der Generalanwältin Juliane Kokott, vom 03.09.2015, C-422/14 (Rivera)
- Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20.07.1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 09.07.2015, C-229/14 (Balkay)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsänderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Geschäftsführer (GmbH)
- Handbuch Arbeitsrecht: Interessenausgleich
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Leitender Angestellter
- Handbuch Arbeitsrecht: Massenentlassung
- Handbuch Arbeitsrecht: Teilzeitbeschäftigung (Teilzeitarbeit, Teilzeit)
- Arbeitsrecht aktuell: 19/150 Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten bei Besoldungsstufen-Zulagen
- Arbeitsrecht aktuell: 18/158 Kündigung während der Schwangerschaft bei Massenentlassung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/029 Bei Massenentlassung keine Benachteiligung während einer Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 16/304 Dauer der Konsultation bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/258 Massenentlassung und Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 16/192 Unterrichtung des Betriebsrats bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/086 Massenentlassungsanzeige bei erneuter Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/258 Fehler bei der Anzeige einer Massenentlassung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/225 Der Begriff des Betriebs bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 15/201 Bei Massenentlassungen zählen Geschäftsführer als Arbeitnehmer
- Arbeitsrecht aktuell: 15/118 Massenentlassung und Personalstruktur
- Arbeitsrecht aktuell: 12/314 Massenentlassung und Unterrichtung des Betriebsrats
Letzte Überarbeitung: 11. Juli 2019
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