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Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten bei Besoldungsstufen-Zulagen
25.06.2019. Auch Beamte gehören nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den "Arbeitnehmern" im Sinne der Richtlinie 1999/70/EG vom 28.06.1999, die dem Schutz befristet beschäftigter Arbeitnehmer dient.
Erledigen verbeamtete und (befristet) angestellte Lehrer dieselben Aufgaben, dürfen die Beamten daher nicht ohne Sachgründe bevorzugt werden.
Eine solche unzulässige Besserstellung kann z.B. in einer nur vom Dienstalter abhängigen Sonderzahlung liegen. Sie steht dann auch den befristet beschäftigten Angestellten zu: EuGH, Urteil vom 20.06.2019, C-72/18 (Aróstegui).
- Verbot der Schlechterstellung befristet beschäftigter Arbeitnehmer gegenüber unbefristet beschäftigten Beamten?
- Der spanische Streitfall: Befristet beschäftigter angestellter Lehrer verlangt eine Besoldungsstufen-Zulage, die verbeamtete Lehrer mit gleicher Dienstzeit erhalten
- EuGH: Dienstzeitabhängige Zulagen, die verbeamtete Lehrer erhalten, stehen auch befristet beschäftigten angestellten Lehrern zu
Verbot der Schlechterstellung befristet beschäftigter Arbeitnehmer gegenüber unbefristet beschäftigten Beamten?
Befristet beschäftigte Arbeitnehmer werden im EU-Recht durch die Richtlinie 1999/70/EG vom 28.06.1999 vor Benachteiligungen gegenüber unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern geschützt, sowie auch davor, dass Arbeitgeber rechtliche Befristungsmöglichkeiten missbräuchlich überziehen.
Adressat der Richtlinie sind die EU-Mitgliedstaaten, die die Vorgabe der Richtlinie in ihr nationales Arbeitsrecht umsetzen müssen, nicht aber (private) Arbeitgeber, die (jedenfalls im Prinzip) allein das für sie maßgebliche nationale (Gesetzes-)Recht beachten müssen.
Die Richtlinie 1999/70/EG trifft selbst keine eigenen Regelungen, sondern beschränkt sich darauf, eine von Gewerkschaften und Arbeitgebern auf europäischer Ebene getroffene Vereinbarung in den Rang einer EU-Richtlinie zu erheben. Diese Vereinbarung, die sog. „Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge“, ist daher der wesentliche Inhalt der Richtlinie 1999/70/EG. Sie findet sich im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG.
Gemäß § 4 der Rahmenvereinbarung („Grundsatz der Nichtdiskriminierung“) dürfen befristet angestellte Arbeitnehmer nicht allein wegen ihrer befristeten Beschäftigung gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Deutschland hat dieses Verbot der Diskriminierung befristeter Arbeitnehmer umgesetzt, nämlich durch § 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Fraglich ist, wer als „Arbeitnehmer“ im Sinne der Richtlinie 1999/70/EG gilt bzw. welche Beschäftigtengruppen unter den Schutzbereich der Richtlinie bzw. der Rahmenvereinbarung fallen. Gemäß § 2 Abs.1 der Rahmenvereinbarung gilt hier das jeweils nationale Arbeitsrecht, d.h. der Arbeitnehmerbegriff in den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen. § 2 Abs.1 der Rahmenvereinbarung lautet:
„Diese Vereinbarung gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder -verhältnis gemäß der gesetzlich, tarifvertraglich oder nach den Gepflogenheiten in jedem Mitgliedstaat geltenden Definition.“
Der EuGH hat sich in seiner Rechtsprechung an diese Beschränkung allerdings nicht gehalten, sondern bereits im Jahre 2010 entschieden, dass auch Beamte unter die Rahmenrichtlinie fallen. Zur Begründung beruft sich der Gerichtshof auf die „praktische Wirksamkeit“ der Richtlinie bzw. darauf, dass die Mitgliedstaaten ansonsten „nach ihrem Belieben bestimmte Personalkategorien“ von dem Schutz der Richtlinie ausnehmen könnten (EuGH, Urteil vom 22.10.2010, C-444/09 u. C-456/09 Gavieiro u. Torres, Rn.43).
Aufgrund dieser erheblichen Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs können nicht nur befristet beschäftigte Arbeitnehmer, sondern auch befristet beschäftigte Beamte von ihrem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn verlangen, nicht ohne triftigen Grund schlechter gestellt zu werden als vergleichbare unbefristete Kollegen.
Aber können befristet beschäftigte Angestellte des öffentlichen Dienstes auch Gleichbehandlung mit (unbefristet beschäftigten) Beamten verlangen?
Der spanische Streitfall: Befristet beschäftigter angestellter Lehrer verlangt eine Besoldungsstufen-Zulage, die verbeamtete Lehrer mit gleicher Dienstzeit erhalten
Herr Aróstegui, der seit 2007 beim Bildungsministerium der Regierung von Navarra als Lehrer befristet beschäftigt ist, verlangte im Juli 2016 von seinem Arbeitgeber eine Besoldungsstufen-Zulage, und zwar rückwirkend für die vergangenen vier Jahre.
Sein Argument: Verbeamtete Lehrer mit vergleichbaren Arbeitsaufgaben erhalten nach einer Dienstzeit von sechs Jahren und sieben Monaten ebenfalls eine solche Zulage.
Das Ministerium weigerte sich und berief sich darauf, dass eine solche Zulage nach spanischem Recht allein verbeamteten Lehrern vorbehalten sei. Daraufhin erhob Herr Aróstegui Klage vor dem Verwaltungsgericht Nr.1 von Pamplona. Das wiederum legte den Fall dem EuGH vor.
EuGH: Dienstzeitabhängige Zulagen, die verbeamtete Lehrer erhalten, stehen auch befristet beschäftigten angestellten Lehrern zu
Da das vorlegende spanische Gericht bereits festgestellt hatte, dass es zwischen den Aufgaben, Leistungen und beruflichen Pflichten eines verbeamteten und eines angestellten Lehrers (wie des Klägers) keine Unterschiede gibt, befinden sich beide Gruppen von „Arbeitnehmern“ laut EuGH in einer vergleichbaren Situation im Sinne von § 4 Abs.1 der Rahmenvereinbarung (Urteil, Rn.35-37).
Daraus ergibt sich weiterhin, dass angestellte Lehrer wie der Kläger gegenüber vergleichbaren „Beamten-Kollegen“ schlechter gestellt werden (Urteil, Rn.38). Das wiederum wäre nur rechtens, so der EuGH, falls es für diese Benachteiligung triftige Sachgründe geben sollte.
Solche sachlichen Gründe könnten zwar im Prinzip darin bestehen, dass ausschließlich Beamte nach und nach in höhere Besoldungsstufen vorrücken, doch hatte Spanien dieses System bereits vor einigen Jahren ausgesetzt und durch eine Regelung ersetzt, der zufolge es nur noch bestimmte, von Dienstzeiten abhängige Besoldungszulagen gab. Solche Zulagen allerdings stellen keine beamtenspezifischen Regelungen dar, so dass es im Ergebnis keinen Sachgrund gab, sie angestellten Lehrern vorzuenthalten (Urteil, Rn.47).
Fazit: Der EuGH lässt bei der Auslegung der Richtlinie 1999/70/EG bzw. der Rahmenvereinbarung in Abweichung von ihrem § 2 Abs.1 nationale Definitionen des Arbeitnehmerbegriffs nicht gelten, sondern wendet einen weiten "europäischen" Arbeitnehmerbegriff an, der auch Beamte umfasst.
Infolgedessen wird auch das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs.1 der Rahmenvereinbarung erheblich ausgeweitet, weil sich eine unzulässige Benachteiligung aus einem Vergleich ergeben kann, der über die verschiedenen Beschäftigtengruppen hinausgehend angestellt wird, d.h. gruppenübergreifend befristet angestellte Arbeitnehmer mit unbefristet tätigen Beamten vergleicht.
Ergibt ein solcher Vergleich (wie im spanischen Streitfall) eine ungerechtfertigte Benachteiligung befristet angestellter Arbeitnehmer, haben diese einen aus der Richtlinie folgenden Anspruch auf die Beamten-Vergünstigungen, denn öffentliche Arbeitgeber bzw. Dienstherrn sind unmittelbar an die Rahmenvereinbarung bzw. die Richtlinie 1999/70/EG gebunden, da die Frist für deren Umsetzung bereits verstrichen ist.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20.06.2019, C-72/18 (Aróstegui)
- Generalanwältin beim EuGH Juliane Kokott, Schlussanträge vom 12.03.2019, C-72/18 (Aróstegui)
- Europäischer Gerichtshof, Pressemitteilung Nr. 79/19, vom 20.06.2019, Rs. C-72/18 (Aróstegui)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 11.04.2013, C-290/12 (Della Rocca)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 22.10.2010, C-444/09 und C-456/09 (Gavieiro Gavieiro und Iglesias Torres)
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsertrag, Zeitvertrag)
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- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
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Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
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