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EuGH begrenzt Befristungen in der Kulturbranche
30.03.2015. Die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 schreibt den EU-Staaten vor, Maßnahmen gegen den Missbrauch befristeter Arbeitsverträge zu ergreifen.
Das Großherzogtum Luxemburg nahm es mit dieser Pflicht bisher nicht allzu genau und wurde daher von der Europäischen Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt.
Ende Februar 2015 gab der EuGH der Kommission im Wesentlichen Recht, d.h. der Gerichtshof bestätigte, dass das Luxemburgische Befristungskontrollrecht den Anforderungen der Richtlinie 1999/70/EG nicht genügt: EuGH, Urteil vom 26.02.2015, C-238/14 (Kommission gg. Luxemburg).
- Kann der Gesetzgeber bei Arbeitsverhältnissen in der Kulturbranche im Regelfall von einem vorübergehenden Arbeitsbedarf ausgehen?
- Im Streit: Die gesetzlichen Schlupflöcher des Luxemburgischen Befristungskontrollrechts
- EuGH: Auch Arbeitsverhältnisse beim Theater, Film und Fernsehen müssen der Befristungskontrolle unterstellt werden
Kann der Gesetzgeber bei Arbeitsverhältnissen in der Kulturbranche im Regelfall von einem vorübergehenden Arbeitsbedarf ausgehen?
Befristete Arbeitsverhältnisse sind mit sozialer Unsicherheit für die betroffenen Arbeitnehmer verbunden. Daher haben sich Arbeitgebervertreter und Gewerkschaften im Jahr 1999 auf europäischer Ebene darauf verständigt, dass die EU-Mitgliedsstaaten etwas gegen den Missbrauch von aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen unternehmen sollten.
Die Eckpunkte dieser Einigung sind in der "EGB-UNICE-CEEP Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge" festgeschrieben. Die Rahmenvereinbarung wiederum wurde zur Grundlage und zum wesentlichen Inhalt der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 und gilt seitdem als Bestandteil des EU-Rechts.
Die Rahmenvereinbarung sieht in ihrem § 5 Nr.1 vor, dass die EU-Staaten und/oder die Sozialpartner (wenn keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestehen) "eine oder mehrere" von drei in § 5 Nr.1 genannten Maßnahmen ergreifen:
- Entweder werden befristete Arbeitsverträge von einem Sachgrund abhängig gemacht (§ 5 Nr. 1 a), und/oder
- es wird eine Höchstdauer für aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge festgelegt (§ 5 Nr. 1 b), und/oder
- es wird eine Höchstzahl zulässiger Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge festgesetzt (§ 5 Nr. 1c).
Bei der Auswahl zwischen diesen Maßnahmen, die gegen den Missbrauch von befristeten Arbeitsverträgen gerichtet sind, steht den Mitgliedsstaaten ein freies Ermessen zu, doch müssen sie mindestens eine dieser drei Maßnahmen ergreifen.
Da sie dies allerdings "unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien" tun müssen (§ 5 Nr.1 Rahmenvereinbarung), fragt sich, ob bei Arbeitsverhältnissen in der Kulturbranche im Regelfall ein kurzfristiger Projektbezug unterstellt werden kann, so dass die o.g. drei formaljuristischen Schranken hier unangemessen wären und daher nicht gelten sollen.
Im Streit: Die gesetzlichen Schlupflöcher des Luxemburgischen Befristungskontrollrechts
Im Allgemeinen sieht das Luxemburgische Arbeitsgesetzbuch vor, dass die Befristung von Arbeitsverträgen nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig ist (Art. L.122-1 Code du travail). Diese Regel lautet:
"Ein befristeter Arbeitsvertrag kann zur Erfüllung einer genau bestimmten, nicht dauerhaften Aufgabe geschlossen werden; er darf nicht zum Gegenstand haben, dauerhaft einen Arbeitsplatz zu besetzen, der mit der normalen, ständigen Geschäftstätigkeit des Unternehmens in Verbindung steht."
Darüber hinaus sieht das Luxemburgische Arbeitsgesetzbuch im Regelfall eine Höchstdauer befristeter Arbeitsverträge fest, nämlich 24 Monate (Art. L. 122-4). Diese Vorschrift lautet:
"Mit Ausnahme des Saisonarbeitsvertrags darf die Laufzeit eines auf der Grundlage von Art. L. 122‑1 geschlossenen befristeten Vertrags für ein und denselben Arbeitnehmer einschließlich Verlängerungen 24 Monate nicht überschreiten."
Von beiden Schutzvorschriften werden die "Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs" ausdrücklich ausgenommen. Diese Arbeitnehmergruppe ist gesetzlich so definiert:
"Kurzzeit-Beschäftigte des Kulturbetriebs sind die Bühnen- bzw. Studiokünstler oder -techniker, die ihre Tätigkeit hauptsächlich für ein Unternehmen des Kulturbetriebs oder im Rahmen u. a. von Film-, audiovisuellen, Theater- oder Musikproduktionen ausüben und ihre Dienste gegen Lohn, Honorar oder Gage auf der Grundlage von befristeten Arbeitsverträgen oder Werkverträgen anbieten."
Vor diesem Hintergrund war die Europäische Kommission der Meinung, Luxemburg unternehme zu wenig, um die Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG bzw. der Rahmenvereinbarung umzusetzen. Daher strengte sie nach vorherigen erfolglosen Rügen im Mai 2014 eine Vertragsverletzungsklage gegen Luxemburg an.
Im Verfahren vor dem EuGH verteidigte Luxemburg seine Sonderregelungen für die "Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs" damit, dass diese Arbeitnehmer an einzelnen zeitlich begrenzten Projekten beteiligt seien.
EuGH: Auch Arbeitsverhältnisse beim Theater, Film und Fernsehen müssen der Befristungskontrolle unterstellt werden
Der Gerichtshof stellte fest, dass Luxemburg gegen die Vorgaben der der Richtlinie 1999/70/EG bzw. der Rahmenvereinbarung verstoßen hat.
In den Urteilsgründen weist der EuGH die (fadenscheinige) Rechtfertigung für die Luxemburger Sonderregelungen zurück, indem er daran erinnert, dass nicht alle im Kulturbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer zwangsläufig Aufgaben verrichten, die nicht dauerhaft bzw. nur vorübergehend sind. Daher sei festzustellen, so der Gerichtshof (Urteil, Rn.48),
"dass die in Rede stehende luxemburgische Regelung die Arbeitgeber nicht davon abhält, aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit Kurzzeit-Beschäftigten des Kulturbetriebs abzuschließen, um einen ständigen und dauerhaften Personalbedarf zu decken."
Zur Verteidigung dieser Schutzlücke kann sich das Herzogtum auch nicht darauf berufen, dass es den Mitgliedsstaaten erlaubt ist, bei der Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG bzw. der Rahmenvereinbarung "die besonderen Anforderungen einer speziellen Branche zu berücksichtigen". Denn dieser Branchenvorbehalt gibt den Mitgliedsstaaten nicht das Recht, ganze Branchen komplett von der Missbrauchskontrolle auszunehmen, d.h. gar keine Schutzmaßnahmen zu treffen (Urteil, Rn.51).
Fazit: Auch Arbeitnehmer, die beim Theater, beim Film, beim Fernsehen oder Rundfunk oder in der Musikbranche tätig sind, haben ein Anrecht darauf, vor dem missbräuchlichen Einsatz befristeter Arbeitsverträge geschützt zu werden. Dies gilt insbesondere für Arbeitnehmer, die technische, kaufmännische und administrative Daueraufgaben wahrnehmen. Es ist kein Grund ersichtlich, sie von der gesetzlichen Befristungskontrolle auszunehmen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26.02.2015, C-238/14 (EU-Kommission gg. Luxemburg)
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Mustervertrag: Mit Sachgrund befristeter Arbeitsvertrag
- Mustervertrag: Sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 19/150 Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten bei Besoldungsstufen-Zulagen
- Arbeitsrecht aktuell: 19/005 Keine schrankenlose Befristung bei Ballett und Oper
- Arbeitsrecht aktuell: 18/016 BAG segnet Befristung von Profifußballer-Verträgen ab
- Arbeitsrecht aktuell: 17/308 Befristung auf der Grundlage des Normalvertrags Bühne
- Arbeitsrecht aktuell: 17/226 Befristung von Arbeitsverträgen mit Schauspielern
- Arbeitsrecht aktuell: 16/307 Keine Befristung bei dauerhaftem Personalbedarf
- Arbeitsrecht aktuell: 16/146 Missbräuchliche Befristung bei zu kurzer Laufzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 16/057 Befristete Arbeitsverträge im Profifußball
- Arbeitsrecht aktuell: 15/184 Befristung zur Vertretung wegen Kinderbetreuung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/090 Befristungskette als Rechtsmissbrauch
- Arbeitsrecht aktuell: 15/005 Befristete Arbeitsverträge an Schulen
- Arbeitsrecht aktuell: 14/135 Befristung von Arbeitsverträgen und Missbrauchskontrolle
- Arbeitsrecht aktuell: 13/251 Befristung und Leiharbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 13/173 Befristung zur Vertretung wegen Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 12/263 Kettenbefristung kann Missbrauch sein
- Arbeitsrecht aktuell: 12/043 Europarecht erlaubt Befristung zur Vertretung - auch jahrelang
- Arbeitsrecht aktuell: 11/008 Ist die Haushaltsbefristung mit Europarecht vereinbar?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/140 Sind Kettenbefristungen aus Haushaltsgründen europarechtswidrig?
Letzte Überarbeitung: 11. Juli 2019
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