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BAG segnet Befristung von Profifußballer-Verträgen ab
17.01.2018. Vor drei Jahren sorgte ein überraschendes Urteil des Arbeitsgerichts Mainz für Aufregung bei den Vereinen der Fußball-Bundesliga. Denn das Arbeitsgericht entschied, dass die Befristung des Arbeitsvertrages im Fall des Torhüters Heinz Müller unwirksam sei.
Ein Jahr später urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz zwar zugunsten des beklagten Vereins, des FSV Mainz 05 (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/057 Befristete Arbeitsverträge im Profifußball), doch war der Fall damit noch nicht abgeschlossen, da Heinz Müller Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) einlegte.
Gestern segnete das BAG den umstrittenen Zeitvertrag ab und damit zugleich auch das milliardenschwere Lizenzspieler- und Transfersystem der Fußballbundesliga: BAG, Urteil vom 16.01.2018, 7 AZR 312/16 (Pressemeldung des Gerichts).
- Kann die Befristung von Arbeitsverträgen mit Profifußballern durch die Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt werden?
- Der Streitfall: Heinz Müller vs. FSV Mainz 05
- BAG: Die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lizenzspielern der Fußball-Bundesliga ist regelmäßig wegen der Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt
Kann die Befristung von Arbeitsverträgen mit Profifußballern durch die Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt werden?
Abgesehen von der maximal zweijährigen Befristung von Arbeitsverträgen mit neu eingestellten Mitarbeitern ist die (längere) Befristung von Arbeitsverträgen im Allgemeinen nur zulässig, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt, vgl. § 14 Abs.1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Die im Profifußball übliche zwei- bis dreijährige Befristung der Arbeitsverträge, auf deren Grundlage die Spieler bei ihrem Verein kicken, wird dabei auf den in § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.4 TzBfG genannten Sachgrund gestützt, d.h. auf die „Eigenart der Arbeitsleistung“.
Unter Berufung auf diesem Sachgrund befristen auch meinungsbildende Unternehmen im Bereich von Presse, Funk und Fernsehen Arbeitsverträge mit inhaltlich gestaltenden Mitarbeitern, was von den Arbeitsgerichten akzeptiert wird.
Auch Fernsehschauspieler können lange Jahre auf der Grundlage immer erneut befristeter Arbeitsverträge beschäftigt werden, da sich Produktionsfirmen und Sendeanstalten hier auf ihre Kunstfreiheit und auf das sog. Abwechslungsbedürfnis des Publikums berufen können (BAG, Urteile vom 30.08.2017, 7 AZR 864/15 und 7 AZR 440/16, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell 17/226 Befristung von Arbeitsverträgen mit Schauspielern).
Schließlich nutzen auch Opernhäuser und Theater diesen gesetzlichen Befristungsgrund, um überwiegend künstlerisch tätige Ensemblemitglieder befristet zu beschäftigen. Diese Befristungspraxis ist auch dann arbeitsrechtlich in Ordnung, wenn es um nachgeordnete Bühnenmitglieder wie z.B. Maskenbildner geht, so das BAG in einer Entscheidung vom Dezember 2017 (BAG, Urteil vom 13.12.2017, 7 AZR 369/16, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 17/308 Befristung auf der Grundlage des Normalvertrags Bühne).
Fraglich ist, ob auch Sportvereine, die im Profifußball aktiv sind, zu den o.g. Arbeitgebern gehören.
Dagegen spricht, dass sie keine Tätigkeit ausüben, die durch die Meinungsfreiheit, die Kunstfreiheit oder die Rundfunkfreiheit geschützt ist, sondern „nur“ sportlich und wirtschaftlich erfolgreich sein wollen.
Andererseits gibt es im heutigen „Fußball-Show-Business“ viele Ähnlichkeiten zwischen Profifußballern und Bühnen- bzw. Fernsehschauspielern: Kommt ein neuer Regisseur (Trainer) und/oder ändert sich das künstlerische Programm (das Spielsystem) und/oder kommen neue Ensemblemitglieder (Fußballspieler) hinzu, gibt es für manchen altgedienten Schauspieler (Fußballspieler) keine Einsatzmöglichkeiten mehr.
Der Streitfall: Heinz Müller vs. FSV Mainz 05
Der 1978 geborene Torwart Heinz Müller war zunächst befristet vom 01.07.2009 bis zum 30.06.2012 und im Anschluss daran (auf der Grundlage einer Vertragsverlängerung vom Mai 2012) befristet vom 01.07.2012 bis zum 30.06.2014 als Profifußballer beim FSV Mainz 05 beschäftigt. Sein Jahresgrundgehalt betrug 420.000,00 EUR.
In der Spielsaison 2013/2014 hatte Müller Verletzungspech und wurde daher in der Rückrunde aus dem Trainings- und Spielbetrieb des Profikaders ausgegliedert und der zweiten Mannschaft zugeordnet. Infolge seiner Verletzungen kam er in der Saison 2013/2014 auch nur auf weniger als 23 Bundesligaeinsätze. Das führte gemäß den vertraglichen Vereinbarungen dazu, dass er den Vertrag nicht einseitig per Fortsetzungsoption um ein Jahr verlängern konnte.
Infolgedessen endete der Arbeitsertrag gemäß Befristungsvereinbarung mit Ablauf des 30.06.2014, so jedenfalls der Rechtsstandpunkt des FSV Mainz 05. Damit war Heinz Müller nicht einverstanden und erhob Entfristungsklage vor dem Arbeitsgericht Mainz.
Wie bereits erwähnt urteilte das Arbeitsgericht zugunsten des Torhüters (Arbeitsgericht Mainz, Urteil vom 19.03.2015, 3 Ca 1197/14), das LAG Rheinland-Pfalz dagegen zugunsten des beklagten Vereins (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.02.2016, 4 Sa 202/15, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/057 Befristete Arbeitsverträge im Profifußball).
Nach Ansicht des LAG konnte sich der Verein auf die „Eigenart der Arbeitsleistung“ als Befristungsgrund gemäß § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.4 TzBfG berufen. Denn beim Abschluss des Arbeitsvertrages mit einem Profifußballspieler besteht im Vergleich zu anderen Arbeitsverträgen eine außergewöhnlich große Unsicherheit über die künftige Einsatzmöglichkeit des Spielers, so das LAG.
Diese Unsicherheit beruht nach Ansicht der LAG-Richter auf Verletzungsrisiken, den fortlaufenden Änderungen des spieltaktischen Konzepts (v.a. bei Trainerwechseln) und dem Zwang zur ständigen Umbildung des Kaders. Außerdem können Mannschaften mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren kaum mehr in der sportlichen Konkurrenz bestehen, so dass die Vereine ihre Kader laufend verjüngen müssen und Profifußballer daher altersbedingt nur für eine begrenzte Zeit sportlich mithalten können. Ergänzend verweist das LAG auf das Abwechslungsbedürfnis des Publikums sowie auf die exorbitant hohen Gehälter der Profikicker, die sich in der ersten Bundesliga auf durchschnittlich 1,5 Million EUR pro Jahr belaufen sollen.
BAG: Die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lizenzspielern der Fußball-Bundesliga ist regelmäßig wegen der Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt
Wie bereits in Mainz vor dem LAG hatte Müller auch in Erfurt vor dem BAG gestern keinen Erfolg. Das BAG wies seine Revision zurück. In der derzeit allein vorliegenden BAG-Pressemeldung heißt es zur Begründung:
Die umstrittene Befristung des Arbeitsvertrags war wegen der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.4 TzBfG gerechtfertigt. Denn im „kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport“ werden von den Profispielern im Zusammenspiel mit ihren Mannschaften ständig sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet, die sie aber nur für eine begrenzte Zeit erbringen können, so die Erfurter Richter. Dies ist nach Ansicht des BAG eine Besonderheit der Arbeitsleistung der Profifußballer, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse der Vereine an der Befristung ihrer Arbeitsverhältnisse begründet.
Ergänzend weist das BAG darauf hin, dass Müller in der Spielsaison 2013/2014 infolge seiner Verletzungen nur in zehn Bundesligaspielen eingesetzt wurde, so dass die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen der Verlängerungsoption (mindestens 23 Einsätze) und der außerdem eingeklagten Prämie nicht erfüllt waren. Der beklagte Verein war dafür nicht verantwortlich, so das BAG, d.h. er hatte den Eintritt dieser vertraglichen Bedingungen nicht "treuwidrig vereitelt" (§ 162 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB).
Fazit: Mit dem gestrigen Grundsatzurteil hat das BAG die im Profifußball üblichen, meist auf zwei bis drei Jahre befristeten Arbeitsverträge juristisch abgesegnet und damit die rechtliche Existenzgrundlage des deutschen Profifußballs gesichert.
Denn ohne die Rechtswirksamkeit der befristeten Beschäftigung von Profispielern wäre das Transfersystem in seiner bisherigen Form nicht denkbar. Zeitlich befristete Verträge sind nämlich vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer im Allgemeinen nicht kündbar (§ 15 Abs.3 TzBfG). Daher stellt die Restlaufzeit befristeter Verträge für Spieler und Vereine einen wirtschaftlichen Wert dar, und der wiederum ist die rechtliche Grundlage für das sog. „Kaufen“ und „Verkaufen“ von Profispielern.
Müssten die Vereine zeitlich unbefristete Arbeitsverträge mit ihren Profis abschließen, könnten diese jederzeit (nach Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist) ablösefrei wechseln, so dass keine hohen Ablösesummen mehr fließen würden. Außerdem würden viele Spieler bei unbefristeten Verträgen von ihrem Kündigungsrecht mit zunehmendem Alter keinen Gebrauch (mehr) machen. Das wiederum würde zu einer Aufblähung der Kader führen und damit zu einer Kostenlast, die die meisten Vereine kaum stemmen könnten.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.01.2018, 7 AZR 312/16 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2017, 7 AZR 369/16 (Pressemeldung des Gerichts)
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.02.2016, 4 Sa 202/15
- Arbeitsgericht Mainz, Urteil vom 19.03.2015, 3 Ca 1197/14
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.06.2010, 7 AZR 1021/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Arbeitsrecht aktuell: 19/005 Keine schrankenlose Befristung bei Ballett und Oper
- Arbeitsrecht aktuell: 18/069 LAG Frankfurt entscheidet zum Arbeitnehmerbegriff
- Arbeitsrecht aktuell: 18/037 "GroKo" will Teilzeit- und Befristungsrecht anpassen
- Arbeitsrecht aktuell: 17/308 Befristung auf der Grundlage des Normalvertrags Bühne
- Arbeitsrecht aktuell: 17/226 Befristung von Arbeitsverträgen mit Schauspielern
- Arbeitsrecht aktuell: 16/057 Befristete Arbeitsverträge im Profifußball
- Arbeitsrecht aktuell: 15/083 EuGH begrenzt Befristungen in der Kulturbranche
- Arbeitsrecht aktuell: 10/184 Altersgrenze für Flugbegleiter
Letzte Überarbeitung: 28. Juni 2020
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