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Altersgrenze für Flugbegleiter
Angesichts neuer Studien und einer noch nicht völlig geklärten Rechtslage sollten Arbeitnehmer, die weiter arbeiten möchten, nicht einfach aufgeben, sondern um ihren Arbeitsplatz kämpfen. Jedenfalls Flugbegleiter/innen haben dabei vor Gericht gute Chancen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.06.2010, 7 AZR 1021/08.
- Haben Flugbegleiterinnen einen so gefährlichen Job wie Piloten?
- Der Fall: Eine 60jährige Flugbegleiterin kämpft um ihren Job
- Bundesarbeitsgericht: Gefahrenlage bei Piloten und Kabinenpersonal ist nicht annähernd vergleichbar
Haben Flugbegleiterinnen einen so gefährlichen Job wie Piloten?
Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) verbietet Diskriminierungen von Erwerbstätigen, insbesondere von Arbeitnehmern, wegen bestimmter persönlicher Merkmale wie etwa des Alters.
In Deutschland würde diese Richtlinie durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) mit Wirkung vom 18.08.2006 umgesetzt. Seitdem sind sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligungen von Arbeitnehmern wegen ihres Alters verboten.
Sowohl Art.6 Abs.1 RL 2000/78/EG als auch das § 10 AGG erlauben jedoch Ungleichbehandlungen wegen des Alters, wenn sie „objektiv und angemessen“ sind und durch ein „legitimes Ziel“ gerechtfertigt sind. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels „angemessen und erforderlich“ sein.
Heftig umstritten ist in diesem Zusammenhang die Wirksamkeit einer in Tarif- und/oder Arbeitsverträgen oft enthaltenen auflösenden Bedingung, der zufolge das Arbeitsverhältnis automatisch mit Erreichen des Rentenalters beendet werden soll. Eine ausführliche Zusammenfassung der Rechtsprechung zu diesen "Zwangspensionierungen" finden sie in Arbeitsrecht aktuell: 10/173 Tariflicher Rentenzwang bei der Hamburger Hochbahn unwirksam.
Kontrollmaßstab ist jedoch nicht das AGG, sondern stets das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Dort werden Befristungen in aller Regel nur zugelassen, wenn sie durch einen "sachlichen Grund" (§ 14 Abs. 1 TzBfG) gerechtfertigt sind.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) überprüft seit jeher besonders streng Regelungen, die schon vor dem Rentenalter eine "Zwangspensionierung" vorsehen. Sie sind nur rechtmäßig, wenn als sachlicher Grund die "Gefährdung wichtiger Rechtsgüter" im Raum steht.
Bei älteren Piloten wurde das bisher angenommen. Ihre Tätigkeit ist nicht nur körperlich und geistig anspruchsvoll, sondern auch gefährlich. Unvorhergesehene altersbedingte Ausfallerscheinungen und unerwartete Fehlreaktionen könnten Passagiere, Besatzungsmitglieder und am Boden befindliche Personen das Leben kosten.
Ein Arbeitgeber und sein Tarifpartner meinten, diese Argumentation lasse sich auch auf Flugbegleiter/innen übertragen. Das Bundesarbeitsgericht war anderer Auffassung: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.06.2010, 7 AZR 1021/08.
Der Fall: Eine 60jährige Flugbegleiterin kämpft um ihren Job
Eine im November 1949 geborene Flugbegleiterin arbeitete seit 40 Jahren bei der beklagten Fluggesellschaft mit Sitz in Düsseldorf. Auf ihr Arbeitsverhältnis findet ein Manteltarifvertrag (MTV) für Kabinenpersonal vom 01.01.2007 Anwendung. Er sieht vor, dass die Arbeitsverhältnisse von Kabinenmitarbeitern ohne Kündigung mit Ablauf des Monats enden,
„in dem die Zahlung einer Altersrente durch den gesetzlichen Versicherungsträger eintritt, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 60. Lebensjahr vollendet hat.“
Vor diesem Hintergrund bat die Stewardess ihren Arbeitgeber darum, das Arbeitsverhältnis bis zum 65. Lebensjahr fortzusetzen, was dieser ablehnte. Daraufhin zog die Stewardess im Dezember 2007 vor Gericht mit dem Ziel, die Unwirksamkeit der tariflichen Befristung ihres Arbeitsverhältnisses feststellen zu lassen.
Im Prozess schilderte der Arbeitgeber eindrucksvoll die außergewöhnlich hohen physischen und psychischen Belastungen (Höhenstrahlung, Druckunterschiede, Temperaturschwankungen, verschiedene Zeitzonen, Schichtdienst) des Kabinenpersonals. Ebenso wie die Piloten könne ihr Ausfall die Flugsicherheit und den Ablauf von Notevakuierungen erheblich gefährden.
Mit seinen dramatischen Schilderungen blieb er vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 29.04.2008, 7 Ca 7849/07) und dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Urteil vom 05.11.2008, 12 Sa 860/08) erfolglos. Immerhin lies das LAG die Revision zu und öffnete ihm damit den Weg zum BAG.
Bundesarbeitsgericht: Gefahrenlage bei Piloten und Kabinenpersonal ist nicht annähernd vergleichbar
Auch das BAG lies sich nicht beeindrucken und entschied gegen den Arbeitgeber.
Das BAG ist der Meinung, dass die tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren für Kabinenpersonal keinen sachlichen Grund hat. Kurz zusammengefasst sind die Erfurter Richter der Ansicht, dass beim Ausfall des Kabinenpersonals nur die Servicequalität und nicht das Flugzeug abstürzt:
"Die durch den Ausfall eines Flugbegleiters während des Fluges entstehende Gefahrenlage ist jedoch derjenigen beim Ausfall eines Mitglieds des Cockpit-Personals, das für die Führung des Flugzeugs verantwortlich ist, nicht vergleichbar. Selbst wenn der Ausfall eines Flugbegleiters zur Vernachlässigung ... [von] ... Sicherheitsbestimmungen führen sollte, erscheint es völlig unwahrscheinlich, dass dies den Absturz des Flugzeuges zur Folge haben könnte. In Fällen einer Notlandung oder Notwasserung könnte das altersbedingte Nachlassen der Leistungsfähigkeit oder der vollständige Ausfall eines Mitglieds des Kabinenpersonals zwar zu einer Gefährdung der Passagiere führen, wenn das Flugzeug nicht schnell genug oder nicht sachgerecht geräumt werden könnte oder - bei einer Notwasserung - nicht alle Rettungsboote ordnungsgemäß betreut werden könnten. Diese Fälle sind jedoch derart theoretisch und unwahrscheinlich, dass sie zur Rechtfertigung einer generellen Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal nicht geeignet sind."
Die Tarifparteien hatten also mit der Altersgrenze den ihnen grundsätzlich zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten. Die Altersbefristung war dementsprechend schon nach § 14 Abs.1 TzBfG - d.h. mangels Sachgrund - unwirksam, so dass es auf das AGG nicht mehr ankam.
Fazit: Wer gern weiter arbeiten möchte, sollte sich spätestens innerhalb von drei Wochen nach dem vorgesehenen Ende des Arbeitsverhältnisses mit einer Befristungskontrollklage (§ 17 Satz 1 TzBfG) wehren. Je nach dem, wie gefährlich die ausgeübte Tätigkeit ist und wann die Zwangsrente beginnen soll, besteht durchaus die Möglichkeit, dass die tarifliche Befristung unwirksam ist.
Das BAG bestätigt damit seine aus dem Jahr 2008 stammende Rechtsprechung zur tariflichen Zwangspensionierung von Kabinenpersonal (Urteil vom 16.10.2008, 7 AZR 253/07 (A)). Altersgrenzen, die Arbeitsverhältnisse vor dem Rentenalter beenden, sind dementsprechend nur ausnahmsweise rechtmäßig. Offen geblieben ist damit leider die Frage, ob die Klägerin auch erfolgreich gewesen wäre, wenn sie gegen ihre tarifliche Zwangsrente mit 65 vorgegangen wäre.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.06.2010, 7 AZR 1021/08
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 05.11.2008, 12 Sa 860/08
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Letzte Überarbeitung: 17. Januar 2018
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