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BAG, Ur­teil vom 30.08.2017, 7 AZR 440/16

   
Schlagworte: Befristung: Schauspieler, Befristung: Eigenart der Arbeitsleistung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 440/16
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 30.08.2017
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht München, Urteil vom 08.04.2015, 3 Ca 14162/14
Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 11.05.2016, 8 Sa 541/15
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

7 AZR 440/16
8 Sa 541/15
Lan­des­ar­beits­ge­richt
München

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
30. Au­gust 2017

UR­TEIL

Schie­ge, Ur­kunds­be­am­ter
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 30. Au­gust 2017 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gräfl, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Kiel und

 

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Was­kow so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Prof. Dr. Dei­nert und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Wicht für Recht er­kannt:

Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts München vom 11. Mai 2016 - 8 Sa 541/15 - wird zurück­ge­wie­sen.

Der Kläger hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob das zwi­schen ih­nen be­ste­hen­de Ver­trags­verhält­nis auf­grund Be­fris­tung ge­en­det hat so­wie über die Wirk­sam­keit ei­ner von der Be­klag­ten vor­sorg­lich aus­ge­spro­che­nen außer­or­dent­li­chen und hilfs­wei­se or­dent­li­chen Kündi­gung.

Die Be­klag­te ist ei­ne Film­pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft. Sie pro­du­ziert im Auf­trag des ZDF die Kri­mi­se­rie „Der Al­te“. Der Kläger stell­te als Schau­spie­ler in die­ser Kri­mi­se­rie 28 Jah­re lang den Kom­mis­sar „Wer­ner Ried­mann“ dar, der als Mit­glied ei­ner Mord­kom­mis­si­on um den lei­ten­den Haupt­kom­mis­sar („Der Al­te“) er­mit­tel­te. Die Par­tei­en schlos­sen bis zum Jahr 2013 je­weils Rah­men­verträge für die Dau­er ei­nes Jah­res so­wie Ein­zel­verträge über ein­zel­ne Fol­gen, ins­ge­samt 274 be­fris­te­te Verträge. Seit dem Jahr 2014 ver­ein­bar­ten sie Schau­spie­ler­verträge über je­weils zwei Fol­gen (1. Block, 2. Block etc.). Der letz­te Ver­trag da­tiert vom 12./14. Ok­to­ber 2014 und lau­tet aus­zugs­wei­se:

„1. PRO­DU­ZENT en­ga­giert den VER­TRA­GS­PART­NER für die Rol­le WER­NER RIED­MANN für die Pro­duk­ti­on ‚Der Al­te: GE­RECH­TIG­KEIT‘ und ‚DER TO­TE IM ACKER‘ - 4. Block Fol­gen 391 + 392 Sen­der-Pro­duk­ti­ons-Nr.: 535/02397 + 2398

 

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(‚Pro­duk­ti­on‘)
2.1 Der VER­TRA­GS­PART­NER steht PRO­DU­ZENT als Dar­stel­ler am 17.10., 21.10., 22.10., 24.10., 27.10., 28.10., 29.10., 31.10., 03.11., 04.11., 07.11., 10.11., 12.11., 15.11., 16.11., 18.11.2014 aus­sch­ließlich zur Verfügung.

Darüber hin­aus kann die Mit­wir­kung des VER­TRA­GS­PART­NERS an et­wai­gen Nach- und Neu­auf­nah­men, Syn­chro­ni­sa­ti­ons­ar­bei­ten so­wie zur Her­stel­lung ei­nes Vor­spanns oder Trai­lers auch außer­halb der Ver­trags­zeit er­for­der­lich sein. Die ent­spre­chen­den Ter­mi­ne wer­den mit dem VER­TRA­GS­PART­NER recht­zei­tig ab­ge­stimmt. Der VER­TRA­GS­PART­NER ist nicht ver­pflich­tet, sich außer­halb der o.g. Ver­trags­zeit für die­se Nach­ar­bei­ten zur Verfügung zu hal­ten.

2.2 Für den Fall, dass sich die Ver­trags­zeit aus pro­duk­ti­ons­be­ding­ten Gründen ver­schie­ben soll­te, erklärt der VER­TRA­GS­PART­NER sei­ne grundsätz­li­che Be­reit­schaft, auch zu ei­ner Zeit bis zu ins­ge­samt 7 Ta­gen vor oder nach der Ver­trags­zeit (‚Ver­schie­bung‘) für den PRO­DU­ZEN­TEN gemäß die­sem Ver­trag zur Verfügung zu ste­hen, oh­ne dass dem VER­TRA­GS­PART­NER da­durch ein An­spruch auf zusätz­li­che Vergütung zu­steht. Der VER­TRA­GS­PART­NER ist aber nicht ver­pflich­tet, sich für die Ver­schie­bung zur Verfügung zu hal­ten. Die sich ggf. aus der Ver­schie­bung er­ge­ben­de neue Ver­trags­zeit wird recht­zei­tig mit dem VER­TRA­GS­PART­NER ab­ge­stimmt.

2.3 Der VER­TRA­GS­PART­NER erklärt sei­ne grundsätz­li­che Be­reit­schaft, für PR- und Wer­be­maßnah­men so­wie für Fo­to­ter­mi­ne und In­ter­views, die in Zu­sam­men­hang mit der Pro­duk­ti­on - ggf. auch außer­halb der Ver­trags­zeit - statt­fin­den, in ei­nem an­ge­mes­se­nen zeit­li­chen Rah­men un­ent­gelt­lich aber ge­gen Er­stat­tung nach­ge­wie­se­ner Auf­wen­dun­gen zur Verfügung zu ste­hen. Der VER­TRA­GS­PART­NER ist aber nicht ver­pflich­tet, sich dafür zur Verfügung zu hal­ten. Ter­mi­ne sind mit dem VER­TRA­GS­PART­NER recht­zei­tig ab­zu­stim­men.

2.4 Zur Ver­mei­dung von Kol­li­sio­nen ver­pflich­tet sich der VER­TRA­GS­PART­NER, PRO­DU­ZENT über al­le bei Ver­trags­schluss be­ste­hen­den und be­ab­sich­tig­ten

 

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En­ga­ge­ments schrift­lich zu in­for­mie­ren. Das glei­che gilt für al­le wei­te­ren En­ga­ge­ments, die der VER­TRA­GS­PART­NER ab Un­ter­zeich­nung die­ses Ver­trags ein­geht.
PRO­DU­ZENT ist be­kannt, dass der VER­TRA­GS­PART­NER an den nach­fol­gend auf­geführ­ten Ta­gen SPERR­TER­MI­NE hat:
...

4.3 Durch Zah­lung der oben ge­nann­ten Brut­to­vergütung sind sämt­li­che Leis­tun­gen, die der VER­TRA­GS­PART­NER für die Pro­duk­ti­on im Rah­men die­ses Ver­tra­ges er­bringt, ins­be­son­de­re auch Vor­be­rei­tungs­ar­bei­ten, zu de­nen der Film­schaf­fen­de dem Film­her­stel­ler auch vor Be­ginn der Ver­trags­zeit (z.B. Dia­log­pro­ben, Kostümpro­ben etc.) zur Verfügung steht, so­wie Nach­ar­bei­ten, auch außer­halb der Ver­trags­zeit, ins­be­son­de­re Syn­chro­ni­sa­ti­ons­ar­bei­ten, vollständig ab­ge­gol­ten. ...
...

8.1 Der VER­TRA­GS­PART­NER hat von den All­ge­mei­nen Ver­trags­be­din­gun­gen des PRO­DU­ZEN­TEN - Dar­stel­ler Kennt­nis ge­nom­men. Die­se wer­den mit Ver­trags­un­ter­zeich­nung Be­stand­teil die­ses Ver­tra­ges.

8.2 Fer­ner hat VER­TRA­GS­PART­NER von der An­la­ge des ZDF MW-Kri­mi Kennt­nis ge­nom­men. Die­se wer­den mit Ver­trags­un­ter­zeich­nung eben­falls Be­stand­teil die­ses Ver­tra­ges.“

Die „All­ge­mei­nen Ver­trags­be­din­gun­gen des Pro­du­zen­ten - Dar­stel­ler“, von de­ren An­wend­bar­keit bei­de Par­tei­en aus­ge­hen, ent­hal­ten ua. fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

„30. Der Ver­trags­part­ner wird die ihm nach Maßga­be sei­ner Beschäfti­gungs­zeit bei dem Pro­du­zen­ten zu­ste­hen­den Ur­laubs­ta­ge an pro­duk­ti­ons­frei­en Ta­gen neh­men. Der Ver­trags­part­ner er­kennt an und ist da­mit ein­ver­stan­den, dass der Pro­du­zent auf Grund­la­ge ih­rer Di­rek­ti­ons­be­fug­nis al­lein fest­le­gen kann, wann der Ur­laub ge­nom­men wird.“

Der Kläger war im Jahr 2014 für die Be­klag­te an 51 Dreh­ta­gen tätig und er­hielt pro Dreh­tag ei­ne Vergütung von 2.000,00 Eu­ro brut­to.

 

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Mit Schrei­ben vom 21. No­vem­ber 2014 teil­te die Be­klag­te dem Kläger un­ter Hin­weis auf ei­ne ent­spre­chen­de münd­li­che In­for­ma­ti­on vom 17. Sep­tem­ber 2014 mit, sein Ver­trags­verhält­nis ha­be auf­grund der zeit­li­chen Be­fris­tung des Schau­spie­ler­ver­trags vom 12./14. Ok­to­ber 2014 am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det. Vor­sorg­lich erklärte sie, dass der Zweck des En­ga­ge­ments mit dem letz­ten Dreh­tag am 18. No­vem­ber 2014 er­reicht wor­den sei. Das Ver­trags­verhält­nis en­de da­her mit Zweck­er­rei­chung, spätes­tens zwei Wo­chen nach Zu­gang die­ses Schrei­bens. Mit Schrei­ben vom 2. De­zem­ber 2014 kündig­te die Be­klag­te das Ver­trags­verhält­nis vor­sorg­lich außer­or­dent­lich so­wie hilfs­wei­se or­dent­lich zum nächst­zulässi­gen Zeit­punkt.

Der Kläger hat mit der am 9. De­zem­ber 2014 beim Ar­beits­ge­richt ein ge­gan­ge­nen und der Be­klag­ten am 18. De­zem­ber 2014 zu­ge­stell­ten Kla­ge die Auf­fas­sung ver­tre­ten, das Ar­beits­verhält­nis ha­be nicht durch die Be­fris­tung in dem zu­letzt mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Schau­spie­ler­ver­trag vom 12./14. Ok­to­ber 2014 am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det. Der Schau­spie­ler­ver­trag sei ein Ar­beits­ver­trag und un­ter­fal­le den Be­stim­mun­gen des Tz­B­fG. Die Be­fris­tung sei nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG durch die Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung ge­recht­fer­tigt. In ih­rer Ei­gen­schaft als Film­pro­du­zen­tin könne sich die Be­klag­te nicht auf die Rund­funk­frei­heit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG be­ru­fen. Die­ses Grund­recht ste­he nur dem ZDF als Pro­gramm­ver­an­stal­ter zu. Außer­dem sei er kein pro­gramm­ge­stal­ten­der Mit­ar­bei­ter. Die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags sei auch nicht un­ter Berück­sich­ti­gung der Kunst­frei­heit nach Art. 5 Abs. 3 GG ge­recht­fer­tigt. Es sei zu­dem nicht schlüssig dar­ge­legt, dass künst­le­ri­sche Gründe die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­recht­fer­tigt hätten. Je­den­falls über­wie­ge im Rah­men der er­for­der­li­chen um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung sein In­ter­es­se am Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses, ins­be­son­de­re un­ter Berück­sich­ti­gung sei­ner 28-jähri­gen Beschäfti­gung, die fast sein ge­sam­tes Ar­beits­le­ben aus­ma­che. Sein Ge­sicht sei für den Fern­seh­zu­schau­er mitt­ler­wei­le un­trenn­bar mit der Rol­le des „Wer­ner Ried­mann“ ver­knüpft, so dass es sich vor­aus­sicht­lich als schwie­rig er­wei­sen wer­de, an­de­re En­ga­ge­ments als Schau­spie­ler zu er­hal­ten. Die zeit­lich nach­ran­gi­gen, vor­sorg­lich aus­ge­spro­che-

 

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nen Kündi­gun­gen sei­en un­wirk­sam, weil kein wich­ti­ger Grund zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung nach § 626 Abs. 1 BGB vor­han­den und die or­dent­li­che Kündi­gung nach § 1 Abs. 2 KSchG so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt sei.

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht auf­grund der zu­letzt mit Schau­spie­ler­ver­trag vom 12./14. Ok­to­ber 2014 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung be­en­det ist,

2. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis des Klägers durch die schrift­li­che außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 2. De­zem­ber 2014, zu­ge­gan­gen am 3. De­zem­ber 2014, nicht auf­gelöst ist,

3. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis des Klägers durch die schrift­li­che or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 2. De­zem­ber 2014, zu­ge­gan­gen am 3. De­zem­ber 2014, nicht auf­gelöst ist.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­fris­tung des Schau­spie­ler­ver­trags zum 18. No­vem­ber 2014 sei wirk­sam. Die be­fris­te­te Beschäfti­gung von Schau­spie­lern für die Dau­er der Pro­duk­ti­on sei - so­fern es sich da­bei über­haupt um Ar­beits­verträge han­de­le - auf­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG sach­lich ge­recht­fer­tigt. Schau­spie­ler gehörten zu den pro­gramm­ge­stal­ten­den Mit­ar­bei­tern und sei­en zu­dem als Künst­ler dem be­son­de­ren, durch Art. 5 Abs. 3 GG ge­prägten ar­beits­recht­li­chen Sek­tor zu­ge­ord­net. Das ZDF ha­be die Ent­schei­dung ge­trof­fen, die Se­rie „Der Al­te“ künst­le­risch wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, um dem Pu­bli­kums­in­ter­es­se und dem be­ste­hen­den In­no­va­ti­ons­bedürf­nis ge­recht zu wer­den. Die Fern­seh­an­stalt ha­be da­zu ua. die Rol­len des Kom­mis­sars „Wer­ner Ried­mann“ und ei­nes wei­te­ren Kom­mis­sars aus dem Dreh­buch ge­stri­chen. Die langjähri­ge Beschäfti­gung des Klägers in die­ser Rol­le ha­be dem Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Schau­spie­ler­ver­trags nicht ent­ge­gen­ge­stan­den.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit sei­ner Re­vi­si­on ver­folgt der

 

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Kläger die zu­letzt ge­stell­ten Kla­ge­anträge wei­ter. Die Be­klag­te be­an­tragt, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on des Klägers ist un­be­gründet.

A. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Die Par­tei­en ha­ben in dem Schau­spie­ler­ver­trag vom 12./14. Ok­to­ber 2014 ei­ne ka­len­dermäßige Be­fris­tung zum 18. No­vem­ber 2014 ver­ein­bart. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat auf­grund die­ser Be­fris­tung ge­en­det. Zu­guns­ten des Klägers kann un­ter­stellt wer­den, dass es sich bei dem zu­letzt ge­schlos­se­nen Schau­spie­ler­ver­trag vom 12./14. Ok­to­ber 2014 um ei­nen Ar­beits­ver­trag han­delt und er des­halb in den An­wen­dungs­be­reich des Tz­B­fG fällt. Die Be­fris­tung ist auf­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt. Auf die Rechtmäßig­keit der zeit­lich nach­fol­gen­den Kündi­gun­gen kommt es nicht an.

I. Die Par­tei­en ha­ben in dem Schau­spie­ler­ver­trag vom 12./14. Ok­to­ber 2014 ei­ne ka­len­dermäßige Be­fris­tung zum 18. No­vem­ber 2014 ver­ein­bart. Dies er­gibt die Aus­le­gung des Schau­spie­ler­ver­trags, die das Lan­des­ar­beits­ge­richt zwar un­ter­las­sen hat, die der Se­nat aber selbst vor­neh­men kann, weil es sich da­bei um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen han­delt.

1. All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen, wie sie von verständi­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ver­stan­den wer­den, wo­bei nicht die Verständ­nismöglich­kei­ten des kon­kre­ten, son­dern die des durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ners des Ver­wen­ders zu­grun­de zu le­gen sind. An­satz­punkt für die nicht am Wil­len der je­wei­li­gen Ver­trags­part­ner zu ori­en­tie­ren-

 

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de Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen ist in ers­ter Li­nie der Ver­trags­wort­laut. Ist die­ser nicht ein­deu­tig, kommt es für die Aus­le­gung ent­schei­dend dar­auf an, wie der Ver­trags­text aus Sicht der ty­pi­scher­wei­se an Geschäften die­ser Art be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se zu ver­ste­hen ist, wo­bei der Ver­trags­wil­le verständi­ger und red­li­cher Ver­trags­part­ner be­ach­tet wer­den muss. So­weit auch der mit dem Ver­trag ver­folg­te Zweck ein­zu­be­zie­hen ist, kann das nur in Be­zug auf ty­pi­sche und von red­li­chen Geschäfts­part­nern ver­folg­te Zie­le gel­ten (BAG 15. Fe­bru­ar 2017 - 7 AZR 291/15 - Rn. 14). Die Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen un­ter­liegt ei­ner un­ein­ge­schränk­ten re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prüfung (BAG 15. Fe­bru­ar 2017 - 7 AZR 291/15 - Rn. 16). Sie kann vom Se­nat selbst vor­ge­nom­men wer­den, wenn das Lan­des­ar­beits­ge­richt - wie hier - kei­ne Aus­le­gung vor­ge­nom­men hat.

2. Da­nach er­gibt die Aus­le­gung des Schau­spie­ler­ver­trags, dass die­ser kei­ne Zweck­be­fris­tung enthält, son­dern ei­ne ka­len­dermäßige Be­fris­tung zum 18. No­vem­ber 2014. Zif­fer 1 des Ver­trags re­gelt, dass der Ver­trag nicht auf Dau­er an­ge­legt ist, son­dern nur für die Pro­duk­ti­on der dort ge­nann­ten Fol­gen 391 und 392 des „4. Blocks“ gel­ten soll. Dies könn­te zwar für ei­ne Zweck­be­fris­tung spre­chen, da die Ver­trags­be­stim­mung das Ver­trags­en­de nicht da­tumsmäßig be­zeich­net. Ei­ne nähe­re zeit­li­che Be­stim­mung er­folgt aber durch die Re­ge­lung in Zif­fer 2.1 des Schau­spie­ler­ver­trags. Dort wer­den die ein­zel­nen Dreh­ta­ge ge­nannt, an de­nen der Kläger der Be­klag­ten aus­sch­ließlich zur Verfügung ste­hen muss­te. Zu­dem spricht die Re­ge­lung in Zif­fer 2.1 - eben­so wie Zif­fer 2.2, 2.3 und 4.3 - von der „Ver­trags­zeit“. Dar­aus wird deut­lich, dass die Lauf­zeit des Schau­spie­ler­ver­trags durch die Zeit zwi­schen dem ers­ten und dem letz­ten Dreh­tag de­fi­niert ist. Zu Leis­tun­gen außer­halb der „Ver­trags­zeit“ ist der Kläger nach den Zif­fern 2.2 und 2.3 des Ver­trags nicht ver­pflich­tet. Viel­mehr be­darf es für Tätig­kei­ten außer­halb der „Ver­trags­zeit“ nach den ge­nann­ten Ver­trags­be­stim­mun­gen ei­ner ge­son­der­ten Ab­stim­mung. Bei ei­ner Zweck­be­fris­tung wären Re­ge­lun­gen zu ei­ner - nur ein­ver­nehm­lich mögli­chen - Ver­schie­bung der Ver­trags­zeit nicht er­for­der­lich. Zif­fer 4.3 des Ver­trags ge­bie­tet kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung. Dort sind le­dig­lich Vergütungs­ansprüche ge­re­gelt.

 

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3. Auf den erst­mals in der Re­vi­si­on er­ho­be­nen Ein­wand, in dem Schau­spie­ler­ver­trag vom 12./14. Ok­to­ber 2014 sei gar kei­ne Be­fris­tung ver­ein­bart wor­den, kann sich der Kläger schon des­halb nicht be­ru­fen, weil er da­mit den Rechts­streit um ei­nen zusätz­li­chen Streit­ge­gen­stand er­wei­tert. Kla­ge­er­wei­te­run­gen sind in der Re­vi­si­ons­in­stanz grundsätz­lich nicht zulässig. Der Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Be­ru­fungs­ge­richt bil­det so­wohl bezüglich des tatsächli­chen Vor­brin­gens als auch bezüglich der Anträge der Par­tei­en die Ent­schei­dungs­grund­la­ge für das Re­vi­si­ons­ge­richt (§ 559 ZPO). Die Fest­stel­lung des Be­stands ei­nes un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses ist nicht Ge­gen­stand ei­ner Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge nach § 17 Satz 1 Tz­B­fG, son­dern ei­ner all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­kla­ge nach § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. BAG 8. De­zem­ber 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 15, BA­GE 136, 270; 23. Ju­ni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu I 3 der Gründe mwN, BA­GE 111, 148). § 17 Satz 1 Tz­B­fG ist un­an­wend­bar bei ei­nem Streit darüber, ob über­haupt ei­ne Be­fris­tung oder auflösen­de Be­din­gung ver­ein­bart wor­den ist, weil die­se Aus­ein­an­der­set­zung nicht die Rechts­un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags, son­dern de­ren Exis­tenz be­trifft (BAG 15. Fe­bru­ar 2017 - 7 AZR 291/15 - Rn. 11; 20. Fe­bru­ar 2002 - 7 AZR 622/00 - zu B II 4 a der Gründe). Ei­ne all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge war in der Be­ru­fungs­in­stanz zu­letzt nicht Ge­gen­stand des Rechts­streits. Auf das Feh­len ei­ner Be­fris­tungs­ab­re­de hat­te sich der Kläger in den Vor­in­stan­zen nicht be­ru­fen.

II. Die Be­fris­tung zum 18. No­vem­ber 2014 ist wirk­sam.

1. Die Be­fris­tung zum 18. No­vem­ber 2014 gilt nicht be­reits nach § 17 Satz 2 Tz­B­fG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirk­sam. Der Kläger hat de­ren Un­wirk­sam­keit recht­zei­tig in­ner­halb der Drei-Wo­chen-Frist des § 17 Satz 1 Tz­B­fG gel­tend ge­macht. Die Kla­ge­schrift vom 9. De­zem­ber 2014 ist beim Ar­beits­ge­richt am sel­ben Tag ein­ge­gan­gen. Sie wur­de der Be­klag­ten am 18. De­zem­ber 2014 und da­mit „demnächst“ iSv. § 167 ZPO zu­ge­stellt.

2. Die Be­fris­tung ist nicht we­gen feh­len­der Schrift­form nach § 14 Abs. 4 Tz­B­fG un­wirk­sam. Auf die erst­mals in der Re­vi­si­ons­be­gründung gerügte Nicht-

 

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ein­hal­tung der Schrift­form kann sich der Kläger nicht be­ru­fen. Er ist nach § 17 Satz 2 Tz­B­fG iVm. § 6 Satz 1 KSchG mit die­sem Un­wirk­sam­keits­grund präklu­diert.

a) Hat der Ar­beit­neh­mer in­ner­halb der dreiwöchi­gen Kla­ge­frist des § 17 Satz 1 Tz­B­fG Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge er­ho­ben, kann er die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung aus an­de­ren Gründen als den­je­ni­gen, die er in­ner­halb der Kla­ge­frist be­nannt hat, nach § 17 Satz 2 Tz­B­fG, § 6 Satz 1 KSchG bis zum Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung ers­ter In­stanz gel­tend ma­chen. Hier­auf soll ihn das Ar­beits­ge­richt nach § 17 Satz 2 Tz­B­fG, § 6 Satz 2 KSchG hin­wei­sen. Hat das Ar­beits­ge­richt ei­nen Hin­weis un­ter­las­sen, kann der Ar­beit­neh­mer den erst­in­stanz­lich nicht gel­tend ge­mach­ten Un­wirk­sam­keits­grund auch noch in das Be­ru­fungs­ver­fah­ren einführen (grund­le­gend BAG 4. Mai 2011 - 7 AZR 252/10 - Rn. 16 ff., BA­GE 138, 9).

b) Da­nach hätte der Kläger die feh­len­de Schrift­form für die Be­fris­tung spätes­tens in der Be­ru­fungs­in­stanz gel­tend ma­chen müssen.

3. Die Be­fris­tung des Ver­trags vom 12./14. Ok­to­ber 2014 zum 18. No­vem­ber 2014 ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG durch die Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung sach­lich ge­recht­fer­tigt.

a) In § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ist nicht näher be­stimmt, wel­che Ei­gen­ar­ten der Ar­beits­leis­tung die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags recht­fer­ti­gen können. Den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en lässt sich ent­neh­men, dass mit dem Sach­grund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG vor al­lem ver­fas­sungs­recht­li­chen, sich aus der Rund­funk­frei­heit (Art. 5 Abs. 1 GG) und der Frei­heit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) er­ge­ben­den Be­son­der­hei­ten Rech­nung ge­tra­gen wer­den soll (BT-Drs. 14/4374 S. 19). Die Re­ge­lung kann da­her zB ge­eig­net sein, die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen mit pro­gramm­ge­stal­ten­den Mit­ar­bei­tern bei Rund­funk­an­stal­ten oder mit Bühnenkünst­lern zu recht­fer­ti­gen. Der Sach­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung ist je­doch nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers nicht auf die­se Fall­grup­pen be­schränkt. Un­ter an­de­rem ha­ben Ten­denz­un­ter­neh­men

 

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der Pres­se und der Kunst auf­grund der ver­fas­sungs­recht­li­chen Gewähr­leis­tun­gen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG eben­falls die Möglich­keit, be­fris­te­te Verträge mit sog. Ten­denzträgern bzw. künst­le­ri­schem Per­so­nal zu be­gründen (vgl. BAG 18. Mai 2016 - 7 AZR 533/14 - Rn. 18, BA­GE 155, 101; 26. Ju­li 2006 - 7 AZR 495/05 - Rn. 11 mwN, BA­GE 119, 138).

b) Die Be­klag­te kann sich als rei­ne Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft zwar nicht auf die Rund­funk­frei­heit be­ru­fen. Sie kann je­doch die Kunst­frei­heit nach Art. 5 Abs. 3 GG für sich in An­spruch neh­men.

aa) Die Be­klag­te kann sich nicht auf die Rund­funk­frei­heit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG be­ru­fen. Sie hat als Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft kei­nen Ein­fluss auf die Struk­tur und Ab­fol­ge der Kri­mi­se­rie „Der Al­te“. Die Pro­gramm­ge­stal­tung liegt aus­sch­ließlich beim ZDF als Fern­seh­an­stalt.

(1) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ist die Rund­funk­frei­heit in ih­rem Kern Pro­gramm­frei­heit. Sie gewähr­leis­tet, dass der Rund­funk frei von ex­ter­ner Ein­fluss­nah­me ent­schei­den kann, wie er sei­ne pu­bli­zis­ti­sche Auf­ga­be erfüllt. Das Grund­recht steht oh­ne Rück­sicht auf die Rechts­form oder auf ei­ne kom­mer­zi­el­le oder ge­meinnützi­ge Betäti­gung nicht nur al­len natürli­chen und ju­ris­ti­schen Per­so­nen zu, die Rund­funk­pro­gram­me ver­an­stal­ten, son­dern auch de­nen, die nur Pro­gramm­tei­le her­stel­len. Rund­funk­frei­heit um­fasst grundsätz­lich je­de Sen­dung (BVerfG 13. Ja­nu­ar 1982 - 1 BvR 848/77 ua. - BVerfGE 59, 231, 258; 5. Ju­ni 1973 - 1 BvR 536/72 - BVerfGE 35, 202, 223; BAG 4. De­zem­ber 2013 - 7 AZR 457/12 - Rn. 18 mwN). Un­ter Pro­gramm wird ei­ne auf länge­re Dau­er an­ge­leg­te, planmäßige und struk­tu­rier­te Ab­fol­ge von Sen­dun­gen oder Beiträgen ver­stan­den. Als Ver­an­stal­ter ei­nes sol­chen Pro­gramms ist an­zu­se­hen, wer sei­ne Struk­tur fest­legt, die Ab­fol­ge plant, die Sen­dun­gen zu­sam­men­stellt und un­ter ei­ner ein­heit­li­chen Be­zeich­nung dem Pu­bli­kum an­bie­tet. Durch die­se auf das ge­sam­te Pro­gramm be­zo­ge­nen Tätig­kei­ten un­ter­schei­det er sich vom bloßen Zu­lie­fe­rer ein­zel­ner Sen­dun­gen oder Pro­gramm­tei­le. Nicht not­wen­dig ist da­ge­gen, dass der Ver­an­stal­ter das Pro­gramm selbst aus­strahlt oder die ein­zel­nen Sen­dun­gen selbst pro­du­ziert. Ob

 

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je­mand ein Pro­gramm in dem ge­nann­ten Sin­ne ver­an­stal­tet und folg­lich den Schutz des Grund­rechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ge­nießt, be­ur­teilt sich nach der tatsächlich aus­geübten Tätig­keit (BVerfG 20. Fe­bru­ar 1998 - 1 BvR 661/94 - BVerfGE 97, 298, 310; BAG 26. Ju­li 2006 - 7 AZR 495/05 - Rn. 14, BA­GE 119, 138).

(2) Rei­ne Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaf­ten, die - wie die Be­klag­te - le­dig­lich im Auf­trag von Rund­funk- und Fern­seh­an­stal­ten Beiträge oder Sen­dun­gen zu­lie­fern, können da­nach die Rund­funk­frei­heit nicht für sich in An­spruch neh­men.

bb) Zu­tref­fend hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt hin­ge­gen an­ge­nom­men, dass sich die Be­klag­te hin­sicht­lich der Pro­duk­ti­on der ein­zel­nen Fol­gen der Kri­mi­se­rie „Der Al­te“ auf die Kunst­frei­heit nach Art. 5 Abs. 3 GG be­ru­fen kann. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass das For­mat die­ser Kri­mi­se­rie ein­sch­ließlich der Drehbücher und nach dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten auch der Aus­wahl der Schau­spie­ler vom ZDF vor­ge­ge­ben wird. Die Kunst­frei­heit kann da­her zur Recht­fer­ti­gung der Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen der Be­klag­ten mit den in der Kri­mi­se­rie mit­wir­ken­den Künst­lern her­an­ge­zo­gen wer­den.

(1) Durch den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ge­re­gel­ten Sach­grund soll die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen ua. we­gen des durch die Kunst­frei­heit (Art. 5 Abs. 3 GG) ge­prägten Ge­stal­tungs­in­ter­es­ses des Ar­beit­ge­bers ermöglicht wer­den. Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Be­fris­tung von Bühnen­ar­beits­verhält­nis­sen ist die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen des künst­le­risch täti­gen Bühnen­per­so­nals sach­lich ge­recht­fer­tigt, weil der Ar­beit­ge­ber auf die­se Wei­se die künst­le­ri­schen Vor­stel­lun­gen des In­ten­dan­ten mit dem von ihm dafür als ge­eig­net an­ge­se­he­nen künst­le­ri­schen Bühnen­per­so­nal ver­wirk­li­chen und dem Ab­wechs­lungs­bedürf­nis des Pu­bli­kums Rech­nung tra­gen kann (BAG 2. Au­gust 2017 - 7 AZR 601/15 - Rn. 47 mwN).

(2) Die­se Grundsätze sind nicht auf Bühnen­ar­beits­verhält­nis­se be­schränkt. Sie gel­ten ent­spre­chend für Fern­seh­an­stal­ten und er­stre­cken sich auch auf Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaf­ten (vgl. zur Recht­fer­ti­gung ei­ner auflösen­den Be­din-

 

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gung BAG 2. Ju­li 2003 - 7 AZR 612/02 - zu I 3 b der Gründe, BA­GE 107, 28), so­weit die­se in ei­nem ar­beits­tei­li­gen Pro­duk­ti­ons­pro­zess die zu­vor von den Fern­seh­an­stal­ten im Rah­men der Kunst­frei­heit ge­trof­fe­nen Ent­schei­dun­gen bei der Pro­duk­ti­on von Fern­seh­se­ri­en um­set­zen. Ei­ne der­ar­ti­ge Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft ist - ge­mein­sam mit der Fern­seh­an­stalt - Her­stel­le­rin ei­nes Kunst­werks. Bei ei­ner Fern­seh­se­rie han­delt es sich un­abhängig von ih­rem Ni­veau oder ih­rem künst­le­ri­schen Wert um ei­ne freie schöpfe­ri­sche Ge­stal­tung, in der Ein­drücke, Er­fah­run­gen und Er­leb­nis­se des Künst­lers durch das Me­di­um ei­ner be­stimm­ten For­men­spra­che zur un­mit­tel­ba­ren An­schau­ung ge­bracht wer­den, und da­mit um ein Kunst­werk iSd. Art. 5 Abs. 3 GG (vgl. BAG 2. Ju­li 2003 - 7 AZR 612/02 - zu I 3 b der Gründe, aaO un­ter Be­zug­nah­me auf BVerfG 24. Fe­bru­ar 1971 - 1 BvR 435/68 - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 30, 173). Wird die­ses Kunst­werk ge­mein­sam von der Fern­seh­an­stalt und ei­ner Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft in ei­nem ar­beits­tei­li­gen Pro­zess her­ge­stellt, ge­nießen so­wohl die Fern­seh­an­stalt als auch die Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft den Schutz der Kunst­frei­heit. Dies gilt auch dann, wenn das künst­le­ri­sche Kon­zept vom Dreh­buch bis zur Be­set­zung der Rol­len von der Fern­seh­an­stalt vor­ge­ge­ben wird und die Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft die­se Vor­ga­ben um­zu­set­zen hat. Auch hier­bei wird die Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft schöpfe­risch ge­stal­tend tätig. Es würde der Kunst­frei­heit nicht ge­recht, bei ei­ner sol­chen Fall­ge­stal­tung ei­ner Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft die Möglich­keit zur Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen mit Schau­spie­lern nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG vor­zu­ent­hal­ten. Müss­te die Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft Schau­spie­ler in un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­sen beschäfti­gen, könn­te sie ein veränder­tes künst­le­ri­sches Kon­zept, das die Strei­chung der von ei­nem Schau­spie­ler verkörper­ten Rol­le vor­sieht, nicht in der Wei­se um­set­zen, wie dies der Fern­seh­an­stalt als Träge­rin des Grund­rechts der Kunst­frei­heit möglich wäre, wenn die­se die Sen­dung selbst pro­du­zie­ren würde.

(3) Al­lein die Kunst­frei­heit kann al­ler­dings die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags mit ei­nem an der Er­stel­lung des Kunst­werks mit­wir­ken­den künst­le­risch täti­gen Ar­beit­neh­mer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG nicht recht­fer­ti­gen. Viel­mehr er­for­dert der Sach­grund auch die Berück­sich­ti­gung des durch Art. 12

 

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Abs. 1 GG gewähr­leis­te­ten Min­dest­be­stands­schut­zes des be­fris­tet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mers.

(a) Die Kunst in ih­rer Ei­genständig­keit und Ei­gen­ge­setz­lich­keit ist zwar durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vor­be­halt­los gewähr­leis­tet; we­der die „Schran­ken­tri­as“ des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG noch die Schran­ken des Art. 5 Abs. 2 GG gel­ten un­mit­tel­bar oder ana­log (BVerfG 17. Ju­li 1984 - 1 BvR 816/82 - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 67, 213). Die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen sind je­doch we­gen ih­rer durch Art. 1 Abs. 3 GG an­ge­ord­ne­ten Grund­rechts­bin­dung bei der Aus­le­gung und An­wen­dung zi­vil­recht­li­cher Nor­men (hier § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG) ge­hin­dert, das völli­ge Zurück­wei­chen ei­nes Grund­rechts zu­guns­ten ei­nes an­de­ren Grund­rechts hin­zu­neh­men. Sie sind viel­mehr ge­hal­ten, im We­ge ei­ner Güter­abwägung nach dem Grund­satz der prak­ti­schen Kon­kor­danz ei­nen Aus­gleich der je­weils wi­der­strei­ten­den grund­recht­li­chen Gewähr­leis­tun­gen her­bei­zuführen. Die­se Pflicht entfällt nicht schon des­we­gen, weil es sich bei Art. 5 Abs. 3 GG um ein vor­be­halt­los gewähr­leis­te­tes Grund­recht han­delt (vgl. BVerfG 27. Ok­to­ber 2016 - 1 BvR 458/10 - Rn. 58, BVerfGE 143, 161; 24. No­vem­ber 2010 - 1 BvF 2/05 - Rn. 147, BVerfGE 128, 1; BAG 24. Sep­tem­ber 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 47, BA­GE 149, 144). Die durch Art. 5 Abs. 3 GG gewähr­leis­te­te Kunst­frei­heit fin­det da­her ih­re Gren­zen un­mit­tel­bar in an­de­ren Be­stim­mun­gen der Ver­fas­sung, die ein in der Ver­fas­sungs­ord­nung des Grund­ge­set­zes eben­falls we­sent­li­ches Rechts­gut schützen (BVerfG 17. Ju­li 1984 - 1 BvR 816/82 - zu C III 1 der Gründe, aaO).

(b) Dem­nach ist bei dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ge­re­gel­ten Sach­grund zu berück­sich­ti­gen, dass das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­te Grund­recht der Be­rufs­frei­heit des Ar­beit­neh­mers, das ei­nen Min­dest­be­stands­schutz gewähr­leis­tet, das Grund­recht der Kunst­frei­heit des Ar­beit­ge­bers be­grenzt. Das In­ter­es­se des künst­le­ri­schen Per­so­nals an un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­sen darf da­her bei der An­wen­dung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG nicht un­berück­sich­tigt blei­ben. Die durch die Rück­sicht­nah­me auf die kol­li­die­ren­den Ver­fas­sungs­wer­te not­wen­dig wer­den­de Annäherung kann nicht

 

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ge­ne­rell, son­dern nur im Ein­zel­fall durch Güter­abwägung vor­ge­nom­men wer­den. Ei­ne da­mit ein­her­ge­hen­de Be­gren­zung ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ter In­ter­es­sen darf da­bei nicht wei­ter ge­hen, als es not­wen­dig ist, um die Kon­kor­danz der wi­der­strei­ten­den Rechtsgüter her­zu­stel­len. Das Zurück­wei­chen ei­ner grund­recht­li­chen Gewähr­leis­tung muss zum Schutz der an­de­ren ge­bo­ten sein. Für die er­for­der­li­che Abwägung gibt die Ver­fas­sung kein be­stimm­tes Er­geb­nis vor. Die hier­nach vor­zu­neh­men­de Güter­abwägung be­trifft nicht den ge­sam­ten Be­reich der je­wei­li­gen ver­fas­sungs­recht­li­chen Gewähr­leis­tun­gen, son­dern ist auf den Aus­gleich der kon­kre­ten Kol­li­si­ons­la­ge be­schränkt (vgl. BAG 24. Sep­tem­ber 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 47, BA­GE 149, 144; 20. No­vem­ber 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 114, 115 mwN, BA­GE 143, 354).

(c) Dem ver­fas­sungs­recht­li­chen Min­dest­be­stands­schutz nach Art. 12 Abs. 1 GG ist da­her nicht al­lein da­durch ent­spro­chen, dass in dem durch Art. 5 Abs. 3 GG geschütz­ten Ge­stal­tungs­in­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers ei­ne künst­le­risch ge­prägte Ar­beits­leis­tung er­bracht wird. Viel­mehr ist ei­ne Abwägung der bei­der­sei­ti­gen Be­lan­ge ge­bo­ten, bei der auch das Be­stands­schutz­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an­ge­mes­sen Berück­sich­ti­gung fin­den muss. Die Abwägung ist Be­stand­teil der Sach­grund­prüfung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG. Die Kunst­frei­heit ge­nießt da­bei kei­nen ab­so­lu­ten Vor­rang. Al­ler­dings wird das durch Art. 5 Abs. 3 GG geschütz­te In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags in der Re­gel das Be­stands­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers über­wie­gen, wenn der Ar­beit­neh­mer in ver­ant­wort­li­cher Wei­se bei der Um­set­zung der künst­le­ri­schen Kon­zep­ti­on ei­nes Werks un­mit­tel­bar mit­zu­wir­ken hat. Umstände, un­ter de­nen die Ei­gen­art der künst­le­ri­schen Tätig­keit die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu recht­fer­ti­gen ver­mag, können sich et­wa aus der Art der künst­le­ri­schen Tätig­keit so­wie aus den Umständen, un­ter de­nen die­se zu er­brin­gen ist, er­ge­ben. Mit ei­nem Ar­beit­neh­mer, der nach dem In­halt der ge­schul­de­ten Tätig­keit kei­nen oder nur ei­nen un­maßgeb­li­chen Ein­fluss auf die Um­set­zung der künst­le­ri­schen Kon­zep­ti­on hat, kann die Be­fris­tung nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG gestützt wer­den (vgl. BAG 2. Au­gust 2017 - 7 AZR 601/15 - Rn. 48).

 

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(4) Die­se Grundsätze zur Aus­le­gung und An­wen­dung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ent­spre­chen den Vor­ga­ben der Richt­li­nie 1999/70/EG und der in­kor­po­rier­ten EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung.

(a) Die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen mit künst­le­risch täti­gen Ar­beit­neh­mern setzt, so­weit die Gren­zen des § 14 Abs. 2 Tz­B­fG für die sach­grund­lo­se Be­fris­tung über­schrit­ten sind und kein sons­ti­ger Sach­grund be­steht, den Sach­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG vor­aus. Da­mit ist der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber sei­ner Ver­pflich­tung nach­ge­kom­men, ei­ne oder meh­re­re der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­nann­ten Maßnah­men zu er­grei­fen, um Miss­brauch durch auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zu ver­hin­dern. Bei der „Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung“ han­delt es sich um ei­nen Sach­grund iSv. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung. Der Be­griff „sach­li­che Gründe“ meint ge­nau be­zeich­ne­te, kon­kre­te Umstände, die ei­ne be­stimm­te Tätig­keit kenn­zeich­nen und da­her in die­sem spe­zi­el­len Zu­sam­men­hang den Ein­satz auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge recht­fer­ti­gen können. Die Umstände können sich et­wa aus der be­son­de­ren Art der Auf­ga­ben, zu de­ren Erfüllung sol­che Verträge ge­schlos­sen wur­den, und de­ren We­sens­merk­ma­len oder ggf. aus der Ver­fol­gung ei­nes le­gi­ti­men so­zi­al­po­li­ti­schen Ziels durch ei­nen Mit­glied­staat er­ge­ben (EuGH 26. Fe­bru­ar 2015 - C-238/14 - [Kom­mis­si­on/Lu­xem­burg] Rn. 44; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 87 mwN). Die in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG vor­ge­se­he­ne Be­fris­tungsmöglich­keit be­ruht auf der be­son­de­ren Art der dem Ar­beit­neh­mer über­tra­ge­nen Auf­ga­ben. Die Rah­men­ver­ein­ba­rung er­kennt über­dies aus­weis­lich des zwei­ten und des drit­ten Ab­sat­zes ih­rer Präam­bel so­wie der Nrn. 8 und 10 ih­rer All­ge­mei­nen Erwägun­gen an, dass be­fris­te­te Ar­beits­verträge für die Beschäfti­gung in be­stimm­ten Bran­chen oder be­stimm­ten Be­ru­fen und Tätig­kei­ten cha­rak­te­ris­tisch sein können (vgl. EuGH 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 75; 3. Ju­li 2014 - C-362/13 ua. - [Fia­min­go ua.] Rn. 59; 13. März 2014 - C-190/13 - [Márquez Sa­mo­ha­no] Rn. 51). Das be­deu­tet al­ler­dings nicht, dass es dem Mit­glied­staat er­laubt ist, hin­sicht­lich ei­ner be­stimm­ten Bran­che nicht der Pflicht

 

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nach­zu­kom­men, ei­ne Maßnah­me zu er­grei­fen, die ge­eig­net ist, Miss­brauch durch auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge zu ver­hin­dern (EuGH 26. Fe­bru­ar 2015 - C-238/14 - [Kom­mis­si­on/Lu­xem­burg] Rn. 51; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 88). Ei­ne na­tio­na­le Vor­schrift, die sich dar­auf be­schränk­te, den Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge all­ge­mein und abs­trakt durch Ge­setz zu­zu­las­sen, entspräche nicht den Er­for­der­nis­sen der Rah­men­ver­ein­ba­rung.

(b) § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG genügt die­sen Vor­ga­ben.

Der Sach­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung nimmt kei­nen Be­ruf und kei­ne Bran­che aus. Er recht­fer­tigt die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags im Be­reich der Kunst nur bei künst­le­risch täti­gem Per­so­nal, das nach der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Tätig­keit an der Um­set­zung des künst­le­ri­schen Kon­zepts mit­wirkt und die­ses be­ein­flus­sen kann. Da­mit sind die Umstände, die ei­ne be­stimm­te Tätig­keit kenn­zeich­nen und da­her in die­sem spe­zi­el­len Zu­sam­men­hang den Ein­satz auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge recht­fer­ti­gen können, kon­kret und ge­nau be­zeich­net. Den An­for­de­run­gen des Uni­ons­rechts, wo­nach die Ge­rich­te da­zu ver­pflich­tet sind, durch Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls aus­zu­sch­ließen, dass Ar­beit­ge­ber miss­bräuch­lich auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge zurück­grei­fen (vgl. EuGH 21. Sep­tem­ber 2016 - C-614/15 - [Po­pes­cu] Rn. 44, 65 f.; 14. Sep­tem­ber 2016 - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 31; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 77, 101 f.; 3. Ju­li 2014 - C-362/13 ua. - [Fia­min­go ua.] Rn. 62; 26. Ja­nu­ar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40), wird außer­dem durch das Er­for­der­nis ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung Rech­nung ge­tra­gen.

c) Nach die­sen Grundsätzen hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Be­fris­tung des Schau­spie­ler­ver­trags zum 18. No­vem­ber 2014 zu Recht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG als sach­lich ge­recht­fer­tigt an­ge­se­hen.

aa) Die Be­fris­tung dient dem durch die Kunst­frei­heit ge­prägten Ge­stal­tungs­in­ter­es­se der Be­klag­ten und der Fern­seh­an­stalt ZDF als de­ren Auf­trag­ge­be­rin. Sie ermöglicht es ih­nen, das künst­le­ri­sche Kon­zept der Kri­mi­se­rie „Der

 

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Al­te“ durch Verände­rung oder Strei­chung der vom Kläger verkörper­ten Rol­le des Kom­mis­sars „Wer­ner Ried­mann“ kurz­fris­tig wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und ggf. an ei­nen veränder­ten Pu­bli­kums­ge­schmack an­zu­pas­sen. Die Rol­le lag nach den nicht mit Ver­fah­rensrügen an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts im Kern­be­reich des künst­le­ri­schen Kon­zepts der Kri­mi­se­rie, die stark auf die Cha­rak­te­re der Er­mitt­ler be­zo­gen präsen­tiert wur­de. Un­abhängig vom quan­ti­ta­ti­ven Um­fang die­ser Rol­le in den ein­zel­nen Se­ri­en­fol­gen han­del­te es sich um ei­ne der tra­gen­den Rol­len des langjährig eta­blier­ten Kom­mis­s­ar­teams in der Fern­seh­se­rie „Der Al­te“. Der Kläger prägte durch sei­ne schau­spie­le­ri­sche Leis­tung die Se­rie maßgeb­lich mit. So­weit er sich dar­auf be­ru­fen hat, nur ge­rin­ge Freiräume für sei­ne künst­le­ri­sche Ent­fal­tung ge­habt zu ha­ben, da er zB nur den vor­ge­ge­be­nen Text spre­chen durf­te und An­wei­sun­gen des Re­gis­seurs be­fol­gen muss­te, han­delt es sich um für die Tätig­keit ei­nes (Film- und Fern­seh-)Schau­spie­lers ty­pi­sche und übli­che „Ein­schränkun­gen“, die der An­nah­me ei­ner künst­le­ri­schen Tätig­keit nicht ent­ge­gen­ste­hen.

Oh­ne Er­folg rügt der Kläger, ein all­ge­mei­nes Bedürf­nis an der kurz­fris­ti­gen Fort­ent­wick­lung des Kri­mi­for­mats genüge zur Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG nicht, viel­mehr hätte die At­trak­ti­vität sei­ner Rol­le vor ei­ner Strei­chung kon­kret ana­ly­siert wer­den und ei­ne sub­stan­ti­ier­te Dar­le­gung der künst­le­ri­schen Erwägun­gen er­fol­gen müssen. Dies lie­fe auf ei­ne ge­richt­li­che Über­prüfung der „Nach­voll­zieh­bar­keit“ oder „Plau­si­bi­lität“ von künst­le­ri­schen Mo­ti­ven hin­aus, die der durch Art. 5 Abs. 3 GG ga­ran­tier­ten Kunst­frei­heit nicht ge­recht würde. Dafür, dass die Be­klag­te das In­no­va­ti­ons­bedürf­nis nur vor­ge­scho­ben hätte und an­de­re Gründe für die Be­en­di­gung der Zu­sam­men­ar­beit maßgeb­lich wären, be­ste­hen kei­ne An­halts­punk­te.

bb) Das durch die Kunst­frei­heit ge­prägte In­ter­es­se der Be­klag­ten an der Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags mit dem Kläger über­wiegt des­sen durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschütz­tes In­ter­es­se an ei­ner un­be­fris­te­ten Beschäfti­gung.

(1) Zwar hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt über­se­hen, dass im Rah­men der Prüfung des Sach­grunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ei­ne um­fas­sen­de

 

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In­ter­es­sen­abwägung vor­zu­neh­men ist. Es hat le­dig­lich bei der von ihm vor­ge­nom­me­nen Prüfung ei­nes in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs (§ 242 BGB) dar­auf ab­ge­stellt, dass kein Dau­er­ar­beits­platz vor­han­den sei und der Kläger nicht da­von ha­be aus­ge­hen können, auf Dau­er und bis zum Ein­tritt in den Ru­he­stand den Kom­mis­sar „Wer­ner Ried­mann“ dar­zu­stel­len.

(2) Da das Lan­des­ar­beits­ge­richt die für die In­ter­es­sen­abwägung we­sent­li­chen Umstände fest­ge­stellt hat, kann der Se­nat je­doch nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sa­che ab­sch­ließend ent­schei­den. Ei­ne ei­ge­ne Abwägung durch das Re­vi­si­ons­ge­richt ist dann möglich, wenn die des Be­ru­fungs­ge­richts feh­ler­haft oder un­vollständig ist und sämt­li­che re­le­van­ten Tat­sa­chen fest­ste­hen (BAG 22. März 2017 - 5 AZR 337/16 - Rn. 20; 20. Ok­to­ber 2016 - 6 AZR 471/15 - Rn. 29, BA­GE 157, 84; 22. Ok­to­ber 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 47, BA­GE 153, 111; 27. Sep­tem­ber 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 42). So verhält es sich hier.

(a) Dem Be­stands­schutz­in­ter­es­se des Klägers ist er­heb­li­ches Ge­wicht bei zu­mes­sen, da er länger als 28 Jah­re auf­grund be­fris­te­ter Verträge in der Rol­le des Kom­mis­sars „Wer­ner Ried­mann“ an der Kri­mi­se­rie „Der Al­te“ mit­ge­wirkt hat und der be­ruf­li­che und wirt­schaft­li­che Schwer­punkt sei­ner Tätig­keit auf die­ser Pro­duk­ti­on lag. Der drei min­derjähri­gen Kin­dern ge­genüber un­ter­halts­pflich­ti­ge Kläger hat sei­ne be­ruf­li­che Tätig­keit für die Be­klag­te als Schau­spie­ler in die­ser Fern­seh­se­rie be­reits im Al­ter von 21 Jah­ren be­gon­nen. Un­abhängig da­von, ob die Zei­ten der Un­ter­bre­chung des Ar­beits­verhält­nis­ses zwi­schen der Pro­duk­ti­on der ein­zel­nen Fol­gen oder „Blöcke“ ei­ne Be­fris­tungs­ket­te aus­sch­ließen könn­ten oder nicht, war er in sei­nem be­ruf­li­chen und wirt­schaft­lich/fi­nan­zi­el­len Schwer­punkt zu­neh­mend auf die Beschäfti­gung als Kom­mis­sar „Wer­ner Ried­mann“ in der Kri­mi­se­rie „Der Al­te“ fi­xiert. Da­bei fällt auch ins Ge­wicht, dass er in den ver­trags­frei­en Zeiträum­en zwi­schen den ein­zel­nen Pro­duk­tio­nen der Fol­gen oder „Blöcke“ zwar grundsätz­lich an­de­ren schau­spie­le­ri­schen Tätig­kei­ten nach­ge­hen konn­te. Es ist je­doch da­von aus­zu­ge­hen, dass er länger­fris­ti­ge und/oder zeit­auf­wen­di­ge En­ga­ge­ments et­wa in an­de­ren Se­ri­en­pro­duk­tio­nen oder an Thea-

 

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tern - auch un­ter Berück­sich­ti­gung ihm zu­ge­stan­de­ner Sperr­ter­mi­ne - nur un­ter Schwie­rig­kei­ten rea­li­sie­ren konn­te.

(b) Trotz die­ses er­heb­li­chen Be­stands­schutz­in­ter­es­ses ist dem auf der Kunst­frei­heit be­ru­hen­den In­ter­es­se der Be­klag­ten an ei­ner be­fris­te­ten Beschäfti­gung des Klägers der Vor­rang ein­zuräum­en. Die Kunst­frei­heit nach Art. 5 Abs. 3 GG gewähr­leis­tet ein ho­hes Maß an Fle­xi­bi­lität bei der Kon­zep­ti­on der Fern­seh­se­rie. An­pas­sun­gen in der Aus­rich­tung und Be­set­zung des Kri­mi­for­mats müssen kurz­fris­tig möglich sein, auch um auf die An­for­de­run­gen und Wünsche des Pu­bli­kums ein­ge­hen zu können. Auch ei­ne langjähri­ge Beschäfti­gung in der Fern­seh­se­rie konn­te nicht die Er­war­tung des Klägers be­gründen, die von ihm be­setz­te Rol­le wer­de auf Dau­er be­ste­hen. Viel­mehr kann ge­ra­de ein langjährig be­ste­hen­des For­mat ei­ne Fern­seh­an­stalt da­zu ver­an­las­sen, aus künst­le­ri­schen Gründen Verände­run­gen in der per­so­nel­len „Grund­struk­tur“ der von ihr ge­sen­de­ten Se­rie vor­zu­neh­men. Die lan­ge Beschäfti­gungs­zeit muss­te die Be­klag­te, die als Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft an die künst­le­ri­schen Vor­ga­ben des ZDF un­mit­tel­bar ge­bun­den ist, des­halb nicht ver­an­las­sen, mit dem Kläger ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­zu­sch­ließen. Bei ei­ner un­be­fris­te­ten Beschäfti­gung des Klägers wäre sie in ih­ren künst­le­ri­schen Aus­drucks- und Va­ria­ti­onsmöglich­kei­ten stark ein­ge­schränkt ge­we­sen und hätte ein veränder­tes Kon­zept erst nach ei­ner - ggf. be­triebs­be­ding­ten - Kündi­gung um­set­zen können, weil der Kläger bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist auf­grund sei­nes auf die Rol­le des Kom­mis­sars „Wer­ner Ried­mann“ zu­ge­schnit­te­nen Schau­spie­ler­ver­trags ei­ne Beschäfti­gung in der von ihm über­nom­me­nen Rol­le hätte ver­lan­gen können. Sei­ne Beschäfti­gungsmöglich­keit hing von dem Fort­be­ste­hen der Rol­le in der Fern­seh­se­rie ab. An­ders als zB bei für ei­ne oder meh­re­re Spiel­zei­ten en­ga­gier­ten Schau­spie­lern in ei­nem Bühnenen­sem­ble wäre ein an­der­wei­ti­ger Ein­satz des Klägers als Schau­spie­ler nicht möglich ge­we­sen. Zu­guns­ten der Be­klag­ten ist auch zu berück­sich­ti­gen, dass die mit dem Kläger ge­schlos­se­nen Schau­spie­ler­verträge ne­ben der Ver­ein­ba­rung be­stimm­ter Pro­duk­ti­ons­ta­ge und Zeiträume die Möglich­keit der Ver­ein­ba­rung von Sperr­ter­mi­nen vor­sa­hen, und dass zwi­schen den - zu­letzt - auf be­stimm­te Fol­gen und Pro­duk­ti­ons­zei­ten be-

 

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zo­ge­nen Schau­spie­ler­verträgen mehr­mo­na­ti­ge Un­ter­bre­chungs­zei­ten la­gen, in de­nen der Kläger an­de­re En­ga­ge­ments an­neh­men konn­te. Dies lag auch im In­ter­es­se des Klägers, da er hier­durch sei­ne schau­spie­le­ri­schen Fähig­kei­ten auch in an­de­ren Rol­len ein­set­zen und ver­mark­ten konn­te.

III. Die Kündi­gungs­schutz­anträge sind eben­falls un­be­gründet, da das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis be­reits auf­grund der Be­fris­tung am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det hat. Die da­nach erklärten Kündi­gun­gen ge­hen da­her ins Lee­re.

B. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten sei­ner er­folg­lo­sen Re­vi­si­on zu tra­gen.

Gräfl
Was­kow
Kiel
Dei­nert
Wicht

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