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Urlaubsanspruch trotz Streit um Kündigung
10.09.2016. Anfang 2015 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine Rechtsprechung geändert und klargestellt, dass Arbeitgeber eine fristlose Kündigung nicht mit einer "vorsorglichen" Urlaubserteilung für den Fall der Unwirksamkeit ihrer (fristlosen) Kündigung kombinieren können (BAG, Urteil vom 10.02.2015, 9 AZR 455/13, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 15/041 Urlaub trotz fristloser Kündigung?).
Genauer gesagt: Sie können zwar vorsorglich Urlaub gewähren, müssen dann aber die Urlaubsvergütung (trotz Ausspruchs der fristlosen Kündigung) dennoch bezahlen, und zwar vor Urlaubsantritt. Zumindest müssen sie die Vergütung des Urlaubs ohne Vorbehalt zusichern.
In einem aktuellen Urteil hat das BAG entschieden, dass der Grundsatz "ohne Bezahlung keine Erfüllung des Urlaubsanspruchs" auch für öffentliche Arbeitgeber gilt. Für Arbeitnehmer folgt daraus, dass sie im Kündigungsstreit auch nach Ablauf der Kündigungsfrist Urlaub beantragen müssen, denn der Arbeitgeber kann ja vorsorglich Urlaub gewähren (wenn er ihn bezahlt): BAG, Urteil vom 19.01.2016, 2 AZR 449/15.
- Was sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim Thema Urlaub nach streitiger Kündigung beachten?
- Der Streitfall: Krankenkasse versucht über Jahre hinweg ohne Erfolg, einen angestellten Immobilienmanager durch fristlose Kündigungen loszuwerden, und erteilt mehrfach vorsorglich Urlaub
- Auch im öffentlichen Dienst gilt: Gewährt der Arbeitgeber vorsorglich Urlaub für den Fall, dass eine von ihm erklärte Kündigung unwirksam ist, muss er die Urlaubsvergütung vor Urlaubsantritt zahlen oder vorbehaltlos zusagen
Was sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim Thema Urlaub nach streitiger Kündigung beachten?
Spricht der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aus und erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage, kann sich später herausstellen, dass die Kündigung unwirksam war. Dann muss der Arbeitgeber den Lohn bzw. das Gehalt ab dem Zeitpunkt der unberechtigten Entlassung nachentrichten, denn ab diesem Zeitpunkt war er im Annahmeverzug.
Dieselbe Situation ergibt sich nach einer ordentlichen bzw. fristgemäßen Kündigung, wenn der Arbeitnehmer sie mit Erfolg vor Gericht angreift, nur dass der Annahmeverzug hier erst später beginnt, nämlich nach Ablauf der Kündigungsfrist.
Vor diesem Hintergrund war es lange Jahre für Arbeitgeber rechtlich sinnvoll, ihr Annahmeverzugsrisiko durch eine vorsorgliche Urlaubserteilung zu begrenzen. "Vorsorglich" heißt dabei "vorsorglich für den Fall, dass sich die Kündigung als unwirksam erweist". Denn obwohl auch dann der Annahmeverzugslohn (selbstverständlich) zu zahlen war, war darin immerhin die Urlaubsvergütung inbegriffen, d.h. Urlaub war nicht zusätzlich zum Annahmeverzugslohn zu gewähren bzw. zu zahlen.
Damit ist seit Februar 2015 Schluss. Denn mit Urteil vom 10.02.2015 (9 AZR 455/13) hat das BAG entschieden, dass eine "vorsorgliche" Urlaubserteilung den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nur dann erfüllt,
- wenn Geld fließt oder
- verbindlich zugesagt wird.
Denn wer kein Geld in der Tasche hat, dafür aber eine Kündigung, kann nicht entspannt Urlaub machen. Das sieht seit Februar 2015 auch das BAG so (wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 15/041 Urlaub trotz fristloser Kündigung?).
Offen war bisher, ob das auch für öffentliche Arbeitgeber gilt, denn ihre Zahlungsfähigkeit steht außer Zweifel. Vielleicht ist es Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst eher zuzumuten, erst einmal Urlaub zu machen und "Jahr und Tag" danach die Vergütung zu erhalten.
Der Streitfall: Krankenkasse versucht über Jahre hinweg ohne Erfolg, einen angestellten Immobilienmanager durch fristlose Kündigungen loszuwerden, und erteilt mehrfach vorsorglich Urlaub
Im Streitfall hatte eine Krankenkasse einem angestellten Immobilienmanager im Zeitraum von 2006 bis 2010 wiederholt fristlos gekündigt, so dass der Arbeitnehmer seit November 2007 nicht mehr bei der Arbeit erschien. Die Kündigungen waren unwirksam, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg im Sommer 2013 rechtskräftig feststellte.
Daraufhin hätte der Arbeitnehmer eigentlich bei der Arbeit erscheinen sollen, berief sich aber auf diverse Zurückbehaltungsrechte, die sein Arbeitgeber nicht anerkannte und daher erneut - diesmal wegen Arbeitsverweigerung - kündigte. Daraufhin erhob der Arbeitnehmer wieder Kündigungsschutzklage, die vor dem LAG Hamburg Erfolg hatte. Dagegen hielt das BAG es für möglich, dass die Kündigung wirksam war, so dass es das LAG-Urteil aufhob und die Angelegenheit zurück nach Hamburg verwies.
Zugleich mit der Kündigungsschutzklage verklagte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf die Feststellung, dass ihm für die Jahre 2008 bis 2010 jeweils pro Jahr 32 Urlaubstage zustünden. Denn die Krankenkasse hatte für diese Jahre zwar vorsorglich Urlaub gewährt, aber unter Verweis auf die Kündigungen weder Geld bezahlt noch in Aussicht gestellt. Umgekehrt hatte der Arbeitnehmer seinen Urlaub in jedem der drei Streitjahre jeweils im November beantragt, ohne dass der Arbeitgeber darauf reagiert hatte.
Das LAG Hamburg gab der Klage auf Feststellung statt (Urteil vom 11.06.2015, 1 Sa 35/12).
Auch im öffentlichen Dienst gilt: Gewährt der Arbeitgeber vorsorglich Urlaub für den Fall, dass eine von ihm erklärte Kündigung unwirksam ist, muss er die Urlaubsvergütung vor Urlaubsantritt zahlen oder vorbehaltlos zusagen
Das BAG bzw. sein Zweiter Senat konnte zwar über die Urlaubsstreitigkeit wegen der offenen kündigungsrechtlichen Fragen nicht entscheiden, machte aber deutlich, dass der Arbeitnehmer in jedem Fall urlaubsrechtliche Ansprüche hatte, entweder auf Urlaubsgewährung oder auf Urlaubsabgeltung. Den Verweis des Arbeitgebers auf seine vorsorgliche Urlaubsgewährung ohne Bezahlung ließ das BAG nicht gelten.
Denn obwohl das Urteil des Neunten BAG-Senats vom 10.02.2015 (9 AZR 455/13) eine fristlose Kündigung betraf, ist seine Kernaussage auch auf andere Kündigungsfälle zu übertragen, so die Erfurter Richter. Und dass die Krankenkasse als öffentlicher Arbeitgeber keinen Zweifeln über ihre Zahlungsfähigkeit ausgesetzt ist, berechtigt sie nicht dazu, eine vorsorgliche Urlaubsgewährung ohne Bezahlung oder bedingungslose Zahlungszusage zu erklären. Eine solche Vorgehensweise erfüllt jedenfalls den Urlaubsanspruch des unwirksam gekündigten Arbeitnehmers nicht.
Außerdem ist der Zweite BAG-Senat der Meinung, dass gekündigte und daraufhin entlassene Arbeitnehmer während der Zeit der Ungewissheit über die Kündigung gehalten sind, rechtzeitig vor Ablauf des Urlaubsjahres am 31. Dezember Urlaub zu beantragen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber seinerseits bereits eine (unwirksame) vorsorgliche Urlaubsgewährung ohne Bezahlung erklärt hat.
Fazit: Arbeitgeber können vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit einer Kündigung Urlaub erteilen, müssen dann aber vor Urlaubsantritt zahlen oder Zahlung zusagen. Das ist nur sinnvoll, wenn der regulär gewährte bzw. bezahlte Urlaub andernfalls (bei Wirksamkeit der Kündigung) abzugelten wäre, so z.B. bei einer Kündigung und Urlaubsgewährung gegen Ende eines Kalenderjahres.
In anderen Fällen wäre es für den Arbeitgeber unsinnig, während eines schwebenden Kündigungsstreits Urlaub zu gewähren und zu bezahlen, denn wenn sich die Kündigung später als wirksam herausstellt, hätte er die Zahlung ohne Grund geleistet. Trotzdem kann er rein rechtlich in dieser Weise Urlaub gewähren. Und diesen Urlaub muss der Arbeitnehmer daher auch beantragen, und zwar rechtzeitig im laufenden Urlaubsjahr (so ausdrücklich LAG München, Urteil vom 20.04.2016, 11 Sa 983/15).
Wenn dieser Urlaubsantrag mit Schweigen quittiert wird, ist für den Arbeitnehmer alles in Ordnung, denn dann wandelt sich sein Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um (Ersatzurlaub). Der ist später zu gewähren, falls sich herausstellt, dass die Kündigung unwirksam war.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.01.2016, 2 AZR 449/15
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 11.06.2015, 1 Sa 35/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.02.2015, 9 AZR 455/13
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.08.2007, 9 AZR 934/06
- Handbuch Arbeitsrecht: Annahmeverzug des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Freistellung, Suspendierung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Handbuch Arbeitsrecht: Vergütung bei Arbeitsausfall
- Arbeitsrecht aktuell: 19/046 BAG beschränkt Verfall von Urlaub
- Arbeitsrecht aktuell: 18/276 Ausschlussfristen gelten nicht für Ersatzurlaub
- Arbeitsrecht aktuell: 18/270 Urlaubsübertragung ins neue Jahr ist künftig die Regel
- Arbeitsrecht aktuell: 18/130 Arbeitgeberpflichten bei der Urlaubsplanung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/196 Keine Urlaubsabgeltung im bestehenden Arbeitsverhältnis
- Arbeitsrecht aktuell: 16/382 Urlaub ohne Antrag?
- Arbeitsrecht aktuell: 15/041 Urlaub trotz fristloser Kündigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 13/238 Urlaub und Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/250 Urlaub nach Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/083 Urlaub nach unwirksamer Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/099 Kündigung mit Freistellung unter Urlaubserteilung
- Arbeitsrecht aktuell: 08/027 Mit der fristlosen Kündigung in den Urlaub?
Letzte Überarbeitung: 5. Juni 2019
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