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Mutterschutz nur bei Schwangerschaft
25.03.2014. Das Europarecht schreibt den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vor, dafür zu sorgen, dass schwangere Arbeitnehmerinnen und Wöchnerinnen einen Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen erhalten.
Dabei können die EU-Staaten selbst darüber entscheiden, wie sich diese 14 Wochen auf die Zeit vor und nach der Geburt verteilen.
Da in vielen Ländern außerhalb Deutschlands der Einsatz von Leihmüttern rechtlich erlaubt ist, stellt sich die Frage, ob die Auftragsmutter bzw. Bestellmutter auch einen Mutterschaftsurlaub in Anspruch nehmen kann. Nein, kann sie nicht, so der Europäische Gerichtshof (EuGH) in zwei Entscheidungen vom Dienstag letzter Woche: EuGH, Urteil vom 18.03.2014, C-167/12 und EuGH, Urteil vom 18.03.2014, C-363/12.
- Mutterschutz für die Bestellmutter (Auftragsmutter, Sorgemutter) nach der Entbindung eines Kindes durch die Leihmutter?
- Die Streitfälle: Eine britische und eine irische Sorgemutter verlangen für die ersten Wochen des Beisammenseins mit ihrem Kind Mutterschaftsurlaub
- EuGH: Nach dem Unionsrecht muss einer Bestellmutter bzw. Sorgemutter kein Anspruch auf Mutterschutz oder einen vergleichbaren Urlaub gewährt werden
Mutterschutz für die Bestellmutter (Auftragsmutter, Sorgemutter) nach der Entbindung eines Kindes durch die Leihmutter?
Wie erwähnt schreibt das Europarecht einen 14wöchigen Mutterschaftsurlaub für Schwangere und/ oder Wöchnerinnen vor. Dies ergibt sich aus Art.8 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen pp.
Außerdem definiert Art.2 der Richtlinie 92/85/EWG den Begriff der "Wöchnerin" als
"jede Arbeitnehmerin kurz nach einer Entbindung im Sinne der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten, die den Arbeitgeber gemäß diesen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten von ihrer Entbindung unterrichtet".
Vor diesem Hintergrund kann man die Meinung vertreten, dass auch Bestellmütter, die sich "kurz nach einer Entbindung" um das von der Leihmutter ausgetragene Kind kümmern, einen Anspruch auf Mutterschaftsurlaub haben müssen, denn schließlich brauchen auch sie eine Auszeit, um in den ersten Lebenswochen eine enge Bindung zu ihrem Kind herstellen zu können. In diesem Sinne argumentiert die Generalanwältin beim EuGH Juliane Kokott (Schlussanträge vom 26.09.2013, Rs. C-167/12).
Die Gegenmeinung lautet: Der Mutterschaftsurlaub soll Arbeitnehmerinnen helfen, sich von den physischen und psychischen Belastungen während einer Schwangerschaft und nach der Geburt zu erholen. Die Sorgemutter war aber nie schwanger mit dem nach der Geburt angenommenen Kind und kann daher auch keinen Mutterschutz beanspruchen. Würde man Art.8 der Richtlinie 92/85/EWG nicht auf selbst entbindende Frauen beschränken, könnte letztlich jeder Sorgeberechtigte einen Mutterschaftsurlaub einfordern, der sich ganz der Betreuung seines neugeborenen Kindes widmet. In diesem Sinne argumentiert der Generalanwalt beim EuGH Nils Wahl (Schlussanträge vom 26.09.2013, Rs. C-363/12).
Die Streitfälle: Eine britische und eine irische Sorgemutter verlangen für die ersten Wochen des Beisammenseins mit ihrem Kind Mutterschaftsurlaub
Frau D., die in einem englischen Krankenhaus beschäftigt ist (Rechtssache C-167/12), und Frau Z., die in Irland als Lehrerin arbeitet (Rechtssache C-363/12), sind im rechtlichen Sinne Mutter eines Kindes geworden, das von einer Ersatzmutter ausgetragen wurde.
Frau D. hatte eine Ersatzmuttervereinbarung nach britischem Recht geschlossen. Dabei war die Eizelle einer anderen Frau mit dem Sperma des Lebensgefährten von Frau D. befruchtet worden. Nach der Geburt des Kindes begann Frau D. sofort damit, das Kind zu versorgen und insbesondere auch zu stillen, was sie drei Monate lang tat. Später übertrug ein Gericht ihr und ihrem Lebensgefährten mit Zustimmung der Ersatzmutter dauerhaft die elterliche Sorge.
Das für Frau D. geltende britische Recht sieht zwar einen Mutterschaftsurlaub und sogar einen Urlaub für den Fall einer Adoption vor, doch erfüllte Frau D. die dafür erforderlichen Voraussetzungen unglücklicherweise nicht. Daher gab es noch vor der Geburt des Kindes Streit über die Gewährung eines von Frau D. beantragten Mutterschaftsurlaubs.
Nachdem Frau D. eine Klage wegen angeblicher Diskriminierung eingereicht hatte, wurde ihr der Urlaub schließlich doch gewährt, doch war damit die Frage der Diskriminierung noch nicht vom Tisch. Das mit dem Fall befasste Arbeitsgericht, das Employment Tribunal Newcastle upon Tyne, legte den Fall daraufhin dem EuGH vor (Rechtssache C-167/12).
In dem aus Irland stammenden Fall geht es um Frau Z., die infolge einer seltenen Fehlbildung trotz gesunder Eierstöcke keine Gebärmutter hat und somit kein Kind bekommen kann. Frau Z. und ihr Ehemann ließen in Kalifornien ein Kind durch eine Ersatzmutter austragen und sind die genetischen und gemäß kalifornischem Recht auch die rechtlichen Eltern dieses Kindes.
Frau Z. beantragte vor der Geburt ihrer Tochter im April 2010 Mutterschaftsurlaub bzw. Adoptionsurlaub, doch ebenso wie im Fall von Frau D. erfüllte sie die rechtlichen Voraussetzungen beider Urlaubsarten nicht. Ihr Dienstherr, das Government department, bot ihr stattdessen eine unbezahlte Freistellung an. Letztlich kam es so, dass Frau Z. aufgrund von Schulschließungszeiten und längeren Erkrankungen von April bis Anfang Januar 2011 nur etwa neun Tage arbeitete. Ihr Dienstherr zahlte ihr das Gehalt während dieser Zeit ungekürzt weiter.
Im November 2010 erhob Frau Z. beim Equality Tribunal in Irland Beschwerde gegen das Government department. Sie machte geltend, dass sie wegen des Geschlechts, des Familienstands und einer Behinderung diskriminiert worden sei. Das Equality Tribunal legte den Fall daraufhin dem EuGH vor (Rechtssache C-363/12).
EuGH: Nach dem Unionsrecht muss einer Bestellmutter bzw. Sorgemutter kein Anspruch auf Mutterschutz oder einen vergleichbaren Urlaub gewährt werden
Der EuGH hat sich der Meinung der Generalanwältin Kokott nicht angeschlossen und die Vorlagefragen im Sinne der Entscheidungsvorschläge des Generalanwalts Wahl entschieden. Sorgemütter können daher aus den europäischen Richtlinien keinen Anspruch auf Mutterschutz herleiten. Zur Begründung heißt es in den beiden Urteilen:
In Art.8 der Richtlinie 92/85/EWG ist von „Entbindung“ die Rede. Damit dient der Mutterschutz dem Gesundheitsschutz der Mutter in eines besonderen Situation der Verletzlichkeit, die durch die Schwangerschaft bedingt ist. Zwar soll der Mutterschaftsurlaub auch die besondere Beziehung zwischen junger Mutter und Neugeborenem schützen, doch setzt die Richtlinie dabei voraus, dass die geschützte Mutter zuvor schwanger war.
Eine Diskriminierung von Frauen wegen ihres Geschlechts liegt hier auch nicht vor und damit kein Verstoß gegen die Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, so der Gerichtshof, weil die Versagung von Mutterschaftsurlaub für Sorgeeltern beide Sorgeelternteile gleichermaßen treffen. Denn auch ein Bestellvater hat keinen Anspruch auf einen solchen Urlaub.
Schließlich ist die Versagung eines Mutterschaftsurlaubs für Sorgemütter durch die Rechtsordnungen der EU-Staaten auch kein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung. Denn das Ziel der Richtlinie 2000/78/EG, der sog. Gleichbehandlungsrichtlinie, ist der Schutz vor behinderungsbedingten Benachteiligung im Berufsleben, und im Berufsleben führt das Unvermögen, ein Kind zu bekommen, nicht zu Benachteiligungen.
Fazit: Der EuGH nimmt den rechtlichen Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen vor und nach der Entbindung sehr ernst. So hat er vor zwei Wochen erst entschieden, dass Arbeitnehmerinnen während der nachgeburtlichen Schutzfristen nicht von Fortbildungen ausgeschlossen werden dürfen (EuGH, Urteil vom 06.03.2014, C-595/12 - Napoli; wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/086 Mutterschutz und Fortbildung).
Allerdings beschränkt der Gerichtshof auf der Grundlage der vorhandenen EU-Richtlinien diesen Schutz auf Frauen, die tatsächlich ein Kind im Leib tragen bzw. entbinden. So hat der EuGH bereits 2008 entschieden, dass der besondere Kündigungsschutz, der zugunsten schwangerer Arbeitnehmerinnen gilt, nicht bereits dann eingreift, wenn sich eine Frau zwar zu einer In-vitro-Fertilisation entschlossen hat, die befruchtete Eizelle aber noch nicht implantiert worden ist (EuGH, Urteil vom 26.02.2008, C-506/06 - Mayr; wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 08/035 Kein Sonderkündigungsschutz vor Implantierung von „in vitro“ befruchteten Eizellen).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 18.03.2014, C-167/12
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 18.03.2014, C-363/12
- Europäischer Gerichtshof, Nach dem Unionsrecht muss eine Bestellmutter, die im Rahmen einer Ersatzmuttervereinbarung im rechtlichen Sinne Mutter eines Kindes geworden ist, kein Anspruch auf Mutterschaftsurlaub oder vergleichbaren Urlaub gewährt werden (EuGH-Pressemeldung Nr.36/14 vom 18.03.2014 )
- Schlussanträge der Generalanwältin beim EuGH Juliane Kokott vom 26.09.2013, Rs. C-167/12
- Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH Nils Wahl vom 26.09.2013, Rs. C-363/12
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 06.03.2014, C-595/12 (Napoli)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26.02.2008, C-506/06 (Mayr)
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Behinderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Geschlecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Elternzeit, Elterngeld
- Handbuch Arbeitsrecht: Mutterschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Unkündbarkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 15/080 Kündigungsschutz bei künstlicher Befruchtung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/086 Mutterschutz und Fortbildung
- Arbeitsrecht aktuell: 08/035 Kein Sonderkündigungsschutz vor Implantierung von „in vitro“ befruchteten Eizellen
Letzte Überarbeitung: 1. April 2015
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
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