HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

EuGH, Ur­teil vom 06.03.2014, C-595/12 - Na­po­li

   
Schlagworte: Diskriminierung: Geschlecht, Mutterschutz
   
Gericht: Europäischer Gerichtshof
Aktenzeichen: C-595/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 06.03.2014
   
Leitsätze:

1. Art.15 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die aus Gründen des öffentlichen Interesses eine Frau im Mutterschaftsurlaub von einer Berufsausbildung ausschließt, die Teil ihres Beschäftigungsverhältnisses und vorgeschrieben ist, um endgültig auf eine Beamtenstelle ernannt werden und damit in den Genuss verbesserter Beschäftigungsbedingungen gelangen zu können, die ihr dabei aber das Recht garantiert, an der nächsten organisierten Ausbildung teilzunehmen, deren Zeitpunkt jedoch ungewiss ist.

2. Art.14 Abs.2 der Richtlinie 2006/54 findet auf eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende keine Anwendung, die eine bestimmte Tätigkeit nicht allein männlichen Arbeitnehmern vorbehält, jedoch den Zugang zu dieser Tätigkeit für Arbeitnehmerinnen, die wegen eines obligatorischen Mutterschaftsurlaubs eine Berufsausbildung nicht vollständig absolvieren konnten, verzögert.

3. Art.14 Abs.1 Buchst. c und Art.15 der Richtlinie 2006/54 sind hinreichend klar, genau und unbedingt, um unmittelbare Wirkung zu entfalten.

Vorinstanzen: Tribunale Amministrativo Regionale per il Lazio (Italien), Entscheidung vom 04.10.2012
   

UR­TEIL DES GERICH­TSHOFS (Ers­te Kam­mer)

6. März 2014(*)

„Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen - So­zi­al­po­li­tik - Richt­li­nie 2006/54/EG - Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen - Kurs für den Er­werb der Stel­lung ei­nes Staats­be­diens­te­ten - Aus­schluss we­gen lan­ger Ab­we­sen­heit - Ab­we­sen­heit in­fol­ge ei­nes Mut­ter­schafts­ur­laubs“

In der Rechts­sa­che C-595/12

be­tref­fend ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Art. 267 AEUV, ein­ge­reicht vom Tri­bu­na­le Ammi­nis­tra­tivo Re­gio­na­le per il La­zio (Ita­li­en) mit Ent­schei­dung vom 4. Ok­to­ber 2012, beim Ge­richts­hof ein­ge­gan­gen am 19. De­zem­ber 2012, in dem Ver­fah­ren

Lo­re­da­na Na­po­li

ge­gen

Mi­nis­te­ro del­la Gius­ti­zia - Di­par­ti­men­to Ammi­nis­tra­zio­ne pe­ni­ten­zi­a­ria

erlässt

DER GERICH­TSHOF (Ers­te Kam­mer)

un­ter Mit­wir­kung des Kam­mer­präsi­den­ten A. Tiz­za­no, des Rich­ters E. Le­vits, der Rich­te­rin M. Ber­ger so­wie der Rich­ter S. Ro­din und F. Bilt­gen (Be­richt­er­stat­ter),

Ge­ne­ral­anwältin: J. Ko­kott,

Kanz­ler: A. Ca­lot Es­co­bar,

auf­grund des schrift­li­chen Ver­fah­rens,

un­ter Berück­sich­ti­gung der Erklärun­gen

- der Eu­ropäischen Kom­mis­si­on, ver­tre­ten durch C. Cat­t­ab­ri­ga und D. Mar­tin als Be­vollmäch­tig­te,

auf­grund des nach Anhörung der Ge­ne­ral­anwältin er­gan­ge­nen Be­schlus­ses, oh­ne Schluss­anträge über die Rechts­sa­che zu ent­schei­den,

fol­gen­des

Ur­teil

1 Das Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren be­trifft die Aus­le­gung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. c, Art. 14 Abs. 2 und Art. 15 der Richt­li­nie 2006/54/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 5. Ju­li 2006 zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Chan­cen­gleich­heit und Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen (ABl. L 204, S. 23).
2 Die­ses Er­su­chen er­geht im Rah­men ei­nes Rechts­streits von Frau Na­po­li ge­gen das Mi­nis­te­ro del­la Gius­ti­zia – Di­par­ti­men­to Ammi­nis­tra­zio­ne pe­ni­ten­zi­a­ria (Mi­nis­te­ri­um der Jus­tiz – Ab­tei­lung Jus­tiz­voll­zugs­ver­wal­tung, im Fol­gen­den: Ammi­nis­tra­zio­ne pe­ni­ten­zi­a­ria) über den Aus­schluss von Frau Na­po­li vom Kurs für die Fort­bil­dung zum Vi­ze­kom­mis­sar der Jus­tiz­voll­zugs­po­li­zei we­gen ih­rer mehr als 30‑tägi­gen Ab­we­sen­heit von die­sem Kurs, ob­wohl die­se Ab­we­sen­heit durch ei­nen ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laub ge­recht­fer­tigt war.

Recht­li­cher Rah­men

Uni­ons­recht

3

In den Erwägungs­gründen 2, 23, 25 und 28 der Richt­li­nie 2006/54 heißt es:

„(2) Die Gleich­stel­lung von Männern und Frau­en stellt nach Ar­ti­kel 2 und Ar­ti­kel 3 Ab­satz 2 des [EG-]Ver­trags so­wie nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs ein grund­le­gen­des Prin­zip dar. In die­sen Ver­trags­be­stim­mun­gen wird die Gleich­stel­lung von Männern und Frau­en als Auf­ga­be und Ziel der Ge­mein­schaft be­zeich­net, und es wird ei­ne po­si­ti­ve Ver­pflich­tung be­gründet, sie bei al­len Tätig­kei­ten der Ge­mein­schaft zu fördern.

(23) Aus der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs er­gibt sich klar, dass die Schlech­ter­stel­lung ei­ner Frau im Zu­sam­men­hang mit Schwan­ger­schaft oder Mut­ter­schaft ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts dar­stellt. Ei­ne sol­che Be­hand­lung soll­te da­her von der vor­lie­gen­den Richt­li­nie aus­drück­lich er­fasst wer­den.

(25) Aus Gründen der Klar­heit ist es außer­dem an­ge­bracht, aus­drück­lich Be­stim­mun­gen zum Schutz der Rech­te der Frau­en im Be­reich der Beschäfti­gung im Fal­le des Mut­ter­schafts­ur­laubs auf­zu­neh­men, ins­be­son­de­re den An­spruch auf Rück­kehr an ih­ren frühe­ren Ar­beits­platz oder ei­nen gleich­wer­ti­gen Ar­beits­platz oh­ne Ver­schlech­te­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen auf­grund die­ses Mut­ter­schafts­ur­laubs so­wie dar­auf, dass ih­nen auch al­le Ver­bes­se­run­gen der Ar­beits­be­din­gun­gen zu­gu­te­kom­men, auf die sie während ih­rer Ab­we­sen­heit An­spruch ge­habt hätten.

(28) Die wirk­sa­me An­wen­dung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung er­for­dert die Schaf­fung an­ge­mes­se­ner Ver­fah­ren durch die Mit­glied­staa­ten.“

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Art. 1 die­ser Richt­li­nie sieht vor:

„Ziel der vor­lie­gen­den Richt­li­nie ist es, die Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Chan­cen­gleich­heit und Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen si­cher­zu­stel­len.

Zu die­sem Zweck enthält sie Be­stim­mun­gen zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung in Be­zug auf

a) den Zu­gang zur Beschäfti­gung ein­sch­ließlich des be­ruf­li­chen Auf­stiegs und zur Be­rufs­bil­dung,

b) Ar­beits­be­din­gun­gen ein­sch­ließlich des Ent­gelts,

c) be­trieb­li­che Sys­te­me der so­zia­len Si­cher­heit.

Wei­ter enthält sie Be­stim­mun­gen, mit de­nen si­cher­ge­stellt wer­den soll, dass die Ver­wirk­li­chung durch die Schaf­fung an­ge­mes­se­ner Ver­fah­ren wirk­sa­mer ge­stal­tet wird.“

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Art. 2 Abs. 2 Buchst. c die­ser Richt­li­nie be­stimmt:

„Im Sin­ne die­ser Richt­li­nie gel­ten als Dis­kri­mi­nie­rung:

c) jeg­li­che ungüns­ti­ge­re Be­hand­lung ei­ner Frau im Zu­sam­men­hang mit Schwan­ger­schaft oder Mut­ter­schafts­ur­laub im Sin­ne der Richt­li­nie 92/85/EWG [des Ra­tes vom 19. Ok­to­ber 1992 über die Durchführung von Maßnah­men zur Ver­bes­se­rung der Si­cher­heit und des Ge­sund­heits­schut­zes von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen am Ar­beits­platz (zehn­te Ein­zel­richt­li­nie im Sin­ne des Ar­ti­kels 16 Ab­satz 1 der Richt­li­nie 89/39/EWG) (ABl. L 348, S. 1)].“

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Art. 14 der Richt­li­nie 2006/54 lau­tet:

„(1) Im öffent­li­chen und pri­va­ten Sek­tor ein­sch­ließlich öffent­li­cher Stel­len darf es in Be­zug auf fol­gen­de Punk­te kei­ner­lei un­mit­tel­ba­re oder mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts ge­ben:

c) die Beschäfti­gungs- und Ar­beits­be­din­gun­gen ein­sch­ließlich der Ent­las­sungs­be­din­gun­gen so­wie das Ar­beits­ent­gelt nach Maßga­be von Ar­ti­kel 141 des Ver­trags;

(2) Die Mit­glied­staa­ten können im Hin­blick auf den Zu­gang zur Beschäfti­gung ein­sch­ließlich der zu die­sem Zweck er­fol­gen­den Be­rufs­bil­dung vor­se­hen, dass ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen ei­nes ge­schlechts­be­zo­ge­nen Merk­mals kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung dar­stellt, wenn das be­tref­fen­de Merk­mal auf­grund der Art ei­ner be­stimm­ten be­ruf­li­chen Tätig­keit oder der Be­din­gun­gen ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che und ent­schei­den­de be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt, so­fern es sich um ei­nen rechtmäßigen Zweck und ei­ne an­ge­mes­se­ne An­for­de­rung han­delt.“

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Art. 15 („Rück­kehr aus dem Mut­ter­schafts­ur­laub“) die­ser Richt­li­nie be­stimmt:

„Frau­en im Mut­ter­schafts­ur­laub ha­ben nach Ab­lauf des Mut­ter­schafts­ur­laubs An­spruch dar­auf, an ih­ren frühe­ren Ar­beits­platz oder ei­nen gleich­wer­ti­gen Ar­beits­platz un­ter Be­din­gun­gen, die für sie nicht we­ni­ger güns­tig sind, zurück­zu­keh­ren, und dar­auf, dass ih­nen auch al­le Ver­bes­se­run­gen der Ar­beits­be­din­gun­gen, auf die sie während ih­rer Ab­we­sen­heit An­spruch ge­habt hätten, zu­gu­te­kom­men.“

Ita­lie­ni­sches Recht

8 Aus der Vor­la­ge­ent­schei­dung geht her­vor, dass nach Art. 9 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 146 zur An­pas­sung der Struk­tu­ren und des Per­so­nals der Jus­tiz­voll­zugs­ver­wal­tung so­wie des Zen­tralbüros für die Ju­gend­ge­richts­bar­keit und zur Einführung der or­dent­li­chen und der be­son­de­ren Lauf­bahn für lei­ten­de Be­am­te der Jus­tiz­voll­zugs­po­li­zei gemäß Art. 12 des Ge­set­zes Nr. 266 vom 28. Ju­li 1999 (De­cre­to le­gis­la­tivo n. 146, Ade­gu­a­men­to del­le strut­tu­re e de­gli or­ga­ni­ci dell'Ammi­nis­tra­zio­ne pe­ni­ten­zi­a­ria e dell'Uf­fi­cio cen­tra­le per la gius­ti­zia mi­no­ri­le, non­che' is­ti­tu­zio­ne dei ruo­li di­ret­ti­vi or­di­na­rio e spe­cia­le del Cor­po di po­li­zia pe­ni­ten­zi­a­ria, a nor­ma dell'ar­ti­co­lo 12 del­la leg­ge 28 lug­lio 1999, n. 266) vom 21. Mai 2000 (GURI Nr. 132 vom 8. Ju­ni 2000, S. 3, im Fol­gen­den: Ge­set­zes­de­kret Nr. 146) die er­folg­rei­chen Teil­neh­mer des Aus­wahl­ver­fah­rens für Kom­mis­sar­anwärter der or­dent­li­chen Lauf­bahn für lei­ten­de Be­am­te der Jus­tiz­voll­zugs­po­li­zei so­fort zu Vi­ze­kom­mis­sar­anwärtern er­nannt wer­den und ei­ne zwölf­mo­na­ti­ge theo­re­ti­sche und prak­ti­sche Aus­bil­dung ab­sol­vie­ren, an de­ren En­de sie ei­ne Prüfung ab­le­gen müssen. Die Kan­di­da­ten, die die Prüfung be­ste­hen, wer­den zu Vi­ze­kom­mis­sa­ren befördert, während sie bei Nicht­be­ste­hen am nächs­ten Kurs teil­neh­men müssen.
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Art. 10 Abs. 2 die­ses Ge­set­zes­de­krets schreibt vor:

„Das Per­so­nal, das aus ei­nem trif­ti­gen Grund länger als 30 Ta­ge vom Kurs ab­we­send war, wird zum Be­such ei­nes späte­ren Kur­ses zu­ge­las­sen. Weib­li­ches Per­so­nal, das we­gen Mut­ter­schaft länger als 30 Ta­ge ab­we­send war, wird zum Be­such des Kur­ses zu­ge­las­sen, der auf die Zei­ten der Ab­we­sen­heit vom Ar­beits­platz folgt, die nach den Be­stim­mun­gen zum Schutz von Ar­beit­neh­me­rin­nen vor und nach der Ge­burt ei­nes Kin­des vor­ge­se­hen sind.“

10 Art. 3 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 151 be­tref­fend den Tes­to uni­co der Rechts­vor­schrif­ten auf dem Ge­biet des Schut­zes und der Un­terstützung der Mut­ter- und Va­ter­schaft gemäß Art. 15 des Ge­set­zes Nr. 53 vom 8. März 2000 (De­cre­to le­gis­la­tivo n. 151, Tes­to uni­co del­le dis­po­si­zio­ni le­gis­la­ti­ve in ma­te­ria di tu­te­la e so­ste­g­no del­la ma­ter­nità e del­la pa­ter­nità, a nor­ma dell’ar­ti­co­lo 15 del­la leg­ge 8 mar­zo 2000, n. 53) vom 26. März 2001 (GURI Nr. 96 vom 26. April 2001, Supple­men­to or­di­na­rio, im Fol­gen­den: Ge­set­zes­de­kret Nr. 151) ver­bie­tet je­de Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts und da­mit je­de ungüns­ti­ge­re Be­hand­lung im Zu­sam­men­hang mit Schwan­ger­schaft und Mut­ter­schaft. Art. 16 die­ses Ge­set­zes­de­krets sieht ei­nen ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laub vor und ver­bie­tet ins­be­son­de­re ei­ne Beschäfti­gung der Mut­ter in den drei Mo­na­ten nach der Ge­burt. Nach Art. 22 Abs. 3 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 151 sind Zei­ten des Mut­ter­schafts­ur­laubs zur Gänze auf das Dienst­al­ter der be­tref­fen­den Frau­en an­zu­rech­nen.
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Nach Art. 1494 Abs. 5 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 66, Ge­setz­buch der Streit­kräfte (De­cre­to le­gis­la­tivo n. 66, Co­di­ce dell’or­di­na­men­to mi­li­t­are), vom 15. März 2010 (GURI Nr. 106 vom 8. Mai 2010, Supple­men­to or­di­na­rio, im Fol­gen­den: Ge­set­zes­de­kret Nr. 66), der für das weib­li­che mi­litäri­sche Per­so­nal der Streit­kräfte, der Ca­ra­bi­nie­ri und der Fi­nanz­po­li­zei gilt, wird die­ses Per­so­nal im Fall der Mut­ter­schaft während der auf die Ent­bin­dung fol­gen­den Zeit von dem be­gon­ne­nen Kurs aus­ge­schlos­sen, wo­bei je­doch dem be­tref­fen­den Mit­glied die­ses Per­so­nals im Fall des Be­ste­hens der Prüfung des fol­gen­den Kur­ses das dem ursprüng­li­chen Kurs ent­spre­chen­de Dienst­al­ter an­ge­rech­net wird.

Aus­gangs­ver­fah­ren und Vor­la­ge­fra­gen

12 Frau Na­po­li ab­sol­vier­te am 20. April 2009 er­folg­reich ein Aus­wahl­ver­fah­ren für Kom­mis­sar­anwärter der or­dent­li­chen Lauf­bahn für lei­ten­de Be­am­te der Jus­tiz­voll­zugs­po­li­zei und wur­de am 5. De­zem­ber 2011 zur Teil­nah­me am Aus­bil­dungs­kurs zu­ge­las­sen, der am 28. De­zem­ber 2011 be­gann.
13 Am 7. De­zem­ber 2011 ent­band Frau Na­po­li. Nach der na­tio­na­len Re­ge­lung be­fand sie sich für drei Mo­na­te, al­so bis zum 7. März 2012, im ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laub.
14 Mit Be­scheid vom 4. Ja­nu­ar 2012 teil­te die Ammi­nis­tra­zio­ne pe­ni­ten­zi­a­ria ihr mit, dass sie gemäß Art. 10 Abs. 2 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 146 nach Ab­lauf der ers­ten 30 Ta­ge des Mut­ter­schafts­ur­laubs von dem be­tref­fen­den Kurs aus­ge­schlos­sen und die Zah­lung ih­rer Bezüge aus­ge­setzt wer­de. Die Ver­wal­tung wies dar­auf hin, dass sie au­to­ma­tisch zum nächs­ten Kurs zu­ge­las­sen wer­de.
15 Mit ei­ner ers­ten Kla­ge­schrift, die am 27. Fe­bru­ar 2012 beim Tri­bu­na­le ammi­nis­tra­tivo re­gio­na­le per il La­zio (Re­gio­na­les Ver­wal­tungs­ge­richt La­ti­um) ein­ge­reicht wur­de, focht Frau Na­po­li den Be­scheid vom 4. Ja­nu­ar 2012 an. Bei die­sem Ge­richt wur­de ei­ne zwei­te Kla­ge­schrift mit ergänzen­der Be­gründung ein­ge­reicht, die ge­gen das De­kret des Ab­tei­lungs­lei­ters der Ammi­nis­tra­zio­ne pe­ni­ten­zi­a­ria vom 9. März 2012 ge­rich­tet war, mit dem der endgülti­ge Aus­schluss von Frau Na­po­li aus dem Kurs verfügt wor­den war, wo­bei ihr je­doch die Möglich­keit vor­be­hal­ten wur­de, den fol­gen­den Kurs zu be­su­chen, mit Strei­chung der Bezüge bis zu die­sem Zeit­punkt.
16 Zur Stützung ih­rer Kla­ge macht Frau Na­po­li in ers­ter Li­nie gel­tend, dass die Ammi­nis­tra­zio­ne pe­ni­ten­zi­a­ria Art. 10 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 146 un­rich­tig an­ge­wandt ha­be, da nach die­ser Be­stim­mung als Zei­ten der Ab­we­sen­heit vom Kurs nur Zei­ten der frei­wil­li­gen Ab­we­sen­heit der Ar­beit­neh­me­rin­nen nach der Ge­burt ei­nes Kin­des, nicht aber die Zei­ten des ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­nen Ur­laubs ge­rech­net würden. Hilfs­wei­se für den Fall, dass die an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dun­gen als mit dem erwähn­ten Ge­set­zes­de­kret im Ein­klang ste­hend an­ge­se­hen würden, rügte sie de­ren Un­ver­ein­bar­keit mit der ita­lie­ni­schen Ver­fas­sung.
17 Das Tri­bu­na­le ammi­nis­tra­tivo re­gio­na­le per il La­zio wies im Ver­fah­ren des vorläufi­gen Rechts­schut­zes den in ers­ter Li­nie vor­ge­tra­ge­nen Kla­ge­grund zurück und gab dem hilfs­wei­se vor­ge­tra­ge­nen statt. Art. 10 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 146 sei ins­be­son­de­re mit der Richt­li­nie 2006/54 in ih­rer Aus­le­gung durch den Ge­richts­hof in sei­nem Ur­teil vom 16. Fe­bru­ar 2006, Sar­kat­zis Her­re­ro (C‑294/04, Slg. 2006, I‑1513), un­ver­ein­bar. Das Ge­richt ord­ne­te die Aus­set­zung des Voll­zugs des De­krets vom 9. März 2012 an und ent­schied da­her, dass Frau Na­po­li nach Be­en­di­gung des ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laubs wie­der zum Kurs zu­ge­las­sen wer­den müsse.
18 In sei­ner Vor­la­ge­ent­schei­dung führt die­ses Ge­richt aus, es er­schei­ne ihm aus­ge­schlos­sen, dass Art. 10 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 146 ver­fas­sungs- und uni­ons­rechts­kon­form aus­ge­legt wer­den könne. Der kla­re Wort­laut die­ses Ar­ti­kels, der auf die Zei­ten der Ab­we­sen­heit ver­wei­se, die in den Mut­ter­schutz­re­ge­lun­gen vor­ge­se­hen sei­en, zu de­nen zwangsläufig Art. 16 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 151 über die Einführung ei­nes ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laubs gehöre, er­lau­be dem vor­le­gen­den Ge­richt nämlich nicht, aus den mögli­chen Be­deu­tun­gen des Wort­lauts die­ser Be­stim­mung die­je­ni­ge aus­zuwählen, die die na­tio­na­len Ver­fas­sungs­grundsätze und die Grund­prin­zi­pi­en des Uni­ons­rechts am bes­ten wah­re, da sonst die­sem Wort­laut ein vom Ge­setz­ge­ber nicht ge­woll­ter Sinn bei­ge­mes­sen würde. Zu­dem wer­de die Ver­wirk­li­chung des mit Art. 10 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 146 ver­folg­ten Ziels, dass je­der Vi­ze­kom­mis­sar­anwärter ei­ne an­ge­mes­se­ne und vollständi­ge Be­rufs­aus­bil­dung ab­sol­vie­ren müsse, be­vor ihm dienst­li­che Auf­ga­ben an­ver­traut würden, nicht nur durch frei­wil­li­ge Ab­we­sen­hei­ten, son­dern auch und in glei­cher Wei­se durch ob­li­ga­to­ri­sche Ab­we­sen­hei­ten be­ein­träch­tigt.
19

Das vor­le­gen­de Ge­richt weist dar­auf hin, dass es an­de­re na­tio­na­le Rechts­vor­schrif­ten ins­be­son­de­re über die Beschäfti­gung in den Streit­kräften ge­be, die wie Art. 1494 Abs. 5 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 66, Frau­en, die sich im ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laub befänden, von Aus­bil­dungs­kur­sen aus­schlössen. Al­ler­dings se­he der ge­nann­te Ar­ti­kel vor, dass der be­tref­fen­den Be­wer­be­rin, wenn sie die Prüfung be­ste­he, das dem Zeit­punkt des ursprüng­li­chen Kur­ses ent­spre­chen­de Dienst­al­ter zu­er­kannt wer­de. Die­se Be­stim­mung, die im mi­litäri­schen Per­so­nal­we­sen all­ge­mein gel­te, sei je­doch auf das Per­so­nal der Jus­tiz­voll­zugs­po­li­zei, das ein zi­vi­les Korps dar­stel­le, nicht un­mit­tel­bar an­wend­bar.

20 Frau Na­po­li ent­ste­he da­her auf­grund der Mut­ter­schaft ein Scha­den, da sie schlech­ter ge­stellt sei als ih­re männ­li­chen Kol­le­gen, die am sel­ben Aus­wahl­ver­fah­ren mit Er­folg teil­ge­nom­men hätten und zum ursprüng­li­chen Aus­bil­dungs­kurs zu­ge­las­sen wor­den sei­en. Selbst wenn ihr ei­ne Ga­ran­tie wie in Art. 1494 Abs. 5 des Ge­set­zes­de­krets Nr. 66 hin­sicht­lich des Zeit­punkts, ab dem die Er­nen­nung Rechts­wir­kun­gen ent­fal­te, ent­spre­chend gewährt wer­den könn­te, hätte die­se Ga­ran­tie kei­ne fi­nan­zi­el­le Rück­wir­kung. Ihr ent­gin­gen zwangsläufig die Dienst­bezüge und die So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge, in de­ren Ge­nuss sie ge­kom­men wäre, wenn sie dem ursprüng­li­chen Kurs hätte wei­ter fol­gen können.
21 Außer­dem zwin­ge das der von ei­nem ers­ten Kurs we­gen Mut­ter­schafts­ur­laubs aus­ge­schlos­se­nen Ar­beit­neh­me­rin zu­ge­bil­lig­te Recht, zum nächs­ten Kurs zu­ge­las­sen zu wer­den, die be­tref­fen­de Ver­wal­tung nicht, ei­nen sol­chen Kurs zu ver­an­stal­ten. Die Ver­an­stal­tung ei­nes sol­chen Kur­ses ste­he im Er­mes­sen die­ser Ver­wal­tung, die die Not­wen­dig­keit der Be­set­zung frei­er Stel­len und die dafür verfügba­ren fi­nan­zi­el­len Mit­tel zu be­ur­tei­len ha­be. Da zwi­schen dem ei­nen und dem nächs­ten Kurs meh­re­re Jah­re ver­ge­hen könn­ten, sei die Aus­sicht für die­se Ar­beit­neh­me­rin, ei­nen an­de­ren Kurs zu ab­sol­vie­ren, so­mit un­ge­wiss. Der Scha­den, der die­ser Ar­beit­neh­me­rin ent­ste­he, könne da­her er­heb­lich sein.
22 Zwar ver­su­che das ita­lie­ni­sche Recht, in­dem es die­ser Ar­beit­neh­me­rin die Möglich­keit ga­ran­tie­re, am fol­gen­den Kurs teil­zu­neh­men, die Rech­te der Frau­en bei der Ar­beit mit dem öffent­li­chen In­ter­es­se dar­an, dass in der Jus­tiz­voll­zugs­po­li­zei für die Ausübung der dienst­li­chen Auf­ga­ben nur an­ge­mes­sen durch den ent­spre­chen­den Kurs vor­be­rei­te­te Be­wer­ber ein­ge­stellt würden, in Ein­klang zu brin­gen, doch stel­le sich die Fra­ge, ob die Ver­fol­gung die­ses Zie­les des öffent­li­chen In­ter­es­ses die Be­nach­tei­li­gung ei­ner Frau durch de­ren Aus­schluss von ei­nem Kurs we­gen ei­nes ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laubs recht­fer­ti­gen könne.
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Das Tri­bu­nal Ammi­nis­tra­tivo Re­gio­na­le per il La­zio hat da­her be­schlos­sen, das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen und dem Ge­richts­hof fol­gen­de Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­zu­le­gen:

1. Ist Art.15 der Richt­li­nie 2006/54/EG auf die Ab­sol­vie­rung ei­nes be­ruf­li­chen Aus­bil­dungs­kur­ses an­wend­bar, der Teil ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ist, und ist er da­hin aus­zu­le­gen, dass die Ar­beit­neh­me­rin am En­de des Mut­ter­schafts­ur­laubs An­spruch dar­auf hat, wie­der zum sel­ben lau­fen­den Kurs zu­ge­las­sen zu wer­den, oder ist er da­hin aus­zu­le­gen, dass die Ar­beit­neh­me­rin in den nächs­ten Kurs ein­ge­schrie­ben wer­den kann, ob­wohl zu­min­dest un­ge­wiss ist, wann die­ser Kurs be­ginnt?

2. Ist Art.2 Abs.2 Buchst. c der Richt­li­nie 2006/54, wo­nach je­de ungüns­ti­ge­re Be­hand­lung im Zu­sam­men­hang mit dem Mut­ter­schafts­ur­laub als Dis­kri­mi­nie­rung gilt, da­hin aus­zu­le­gen, dass er der Ar­beit­neh­me­rin ei­nen ab­so­lu­ten Schutz, der auch nicht durch an­ders­ar­ti­ge In­ter­es­sen be­ein­träch­tigt wer­den darf, ge­gen je­de er­heb­li­che Un­gleich­be­hand­lung ga­ran­tiert (Ur­teil vom 30. April 1998, Thi­bault, C-136/95, Slg. 1998, I-2011), so dass er ei­ner in­ner­staat­li­chen Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, die, in­dem sie den Aus­schluss von ei­nem be­ruf­li­chen Aus­bil­dungs­kurs vor­schreibt und zu­gleich die Möglich­keit der Teil­nah­me am nächs­ten Kurs ga­ran­tiert, das Ziel der Gewähr­leis­tung ei­ner an­ge­mes­se­nen Aus­bil­dung ver­folgt, aber der Ar­beit­neh­me­rin die Chan­ce nimmt, zu ei­nem frühe­ren Zeit­punkt ge­mein­sam mit den männ­li­chen Kol­le­gen aus dem Aus­wahl­ver­fah­ren und dem Kurs ei­ne neue Stel­le an­zu­neh­men und die ent­spre­chen­de Vergütung zu er­hal­ten?

3. Ist Art.14 Abs.2 der Richt­li­nie 2006/54, wo­nach ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen ei­nes Merk­mals, das ei­ne we­sent­li­che be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt, kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung be­inhal­tet, da­hin aus­zu­le­gen, dass der Mit­glied­staat zum Nach­teil ei­ner Ar­beit­neh­me­rin, die auf­grund des Mut­ter­schafts­ur­laubs ei­ne Be­rufs­aus­bil­dung nicht vollständig ab­sol­vie­ren konn­te, den Zu­gang zur Beschäfti­gung verzögern darf?

4. Ist Art.14 Abs.2 der Richt­li­nie 2006/54 in ei­nem sol­chen Fall, die An­wend­bar­keit die­ser Be­stim­mung in dem in der vor­ge­nann­ten Fra­ge an­geführ­ten Fall un­ter­stellt, in Ver­bin­dung mit dem all­ge­mei­nen Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit da­hin aus­zu­le­gen, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, die den Aus­schluss der we­gen des Mut­ter­schafts­ur­laubs ab­we­sen­den Beschäftig­ten aus dem Kurs vor­schreibt und nicht et­wa die Ab­hal­tung par­al­le­ler Nach­schu­lun­gen zum Aus­gleich des Aus­bil­dungs­de­fi­zits, wo­durch die Rech­te der Ar­beit­neh­me­rin und das All­ge­mein­in­ter­es­se mit­ein­an­der in Ein­klang ge­bracht würden, auch wenn da­mit ein ent­spre­chen­der or­ga­ni­sa­to­ri­scher und fi­nan­zi­el­ler Auf­wand ver­bun­den wäre?

5. Enthält schließlich die Richt­li­nie 2006/54 un­ter der An­nah­me, dass sie der ge­nann­ten in­ner­staat­li­chen Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, in­so­weit vom na­tio­na­len Ge­richt un­mit­tel­bar an­wend­ba­re Be­stim­mun­gen?

Zu den Vor­la­ge­fra­gen

Zur ers­ten und zur zwei­ten Fra­ge

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Mit der ers­ten und der zwei­ten Fra­ge, die ge­mein­sam zu be­han­deln sind, möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 2 Abs. 2 Buchst. c und Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richt­li­nie 2006/54 ge­mein­sam be­trach­tet so­wie Art. 15 die­ser Richt­li­nie da­hin aus­zu­le­gen sind, dass sie ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­ste­hen, die aus Gründen des öffent­li­chen In­ter­es­ses ei­ne Frau im Mut­ter­schafts­ur­laub von ei­ner Be­rufs­aus­bil­dung aus­sch­ließt, die Teil ih­res Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses und vor­ge­schrie­ben ist, um endgültig auf ei­ne Be­am­ten­stel­le er­nannt wer­den und da­mit in den Ge­nuss ver­bes­ser­ter Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen ge­lan­gen zu können, die ihr da­bei je­doch das Recht ga­ran­tiert, an der nächs­ten or­ga­ni­sier­ten Aus­bil­dung teil­zu­neh­men, de­ren Zeit­punkt je­doch un­ge­wiss ist.

25 Zur Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge ist ers­tens dar­an zu er­in­nern, dass nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der Richt­li­nie 2006/54 ei­ne ungüns­ti­ge­re Be­hand­lung ei­ner Frau im Zu­sam­men­hang mit Schwan­ger­schaft oder Mut­ter­schafts­ur­laub ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts dar­stellt und dass Art. 14 Abs. 1 die­ser Richt­li­nie re­gelt, in wel­chen Be­rei­chen kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung vor­ge­nom­men wer­den darf. So sind un­mit­tel­ba­re oder mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­run­gen bei den Be­din­gun­gen – ein­sch­ließlich der Aus­wahl­kri­te­ri­en und Ein­stel­lungs­be­din­gun­gen – für den Zu­gang zur Beschäfti­gung, beim Zu­gang zu al­len For­men und al­len Ebe­nen der Be­rufs­be­ra­tung, der Be­rufs­bil­dung, der be­ruf­li­chen Wei­ter­bil­dung und der Um­schu­lung ein­sch­ließlich der prak­ti­schen Be­rufs­er­fah­rung, bei den Beschäfti­gungs- und Ar­beits­be­din­gun­gen und bei der Mit­glied­schaft in ei­ner Ar­beit­neh­mer­or­ga­ni­sa­ti­on oder Ähn­li­chem ver­bo­ten (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Sar­kat­zis Her­re­ro, Rn. 36).
26 Zwei­tens sieht Art. 15 die­ser Richt­li­nie vor, dass Frau­en im Mut­ter­schafts­ur­laub nach Ab­lauf des Mut­ter­schafts­ur­laubs An­spruch dar­auf ha­ben, an ih­ren frühe­ren Ar­beits­platz oder ei­nen gleich­wer­ti­gen Ar­beits­platz un­ter Be­din­gun­gen, die für sie nicht we­ni­ger güns­tig sind, zurück­zu­keh­ren, und dar­auf, dass ih­nen auch al­le Ver­bes­se­run­gen der Ar­beits­be­din­gun­gen, auf die sie während ih­rer Ab­we­sen­heit An­spruch ge­habt hätten, zu­gu­te­kom­men.
27 Im vor­lie­gen­den Fall steht, wie aus der Vor­la­ge­ent­schei­dung her­vor­geht, fest, dass Frau Na­po­li in ei­nem Ar­beits­verhält­nis beschäftigt ist und dass die Kur­se, von de­nen sie auf­grund ih­rer Ab­we­sen­heit we­gen Mut­ter­schafts­ur­laubs aus­ge­schlos­sen wur­de, im Rah­men die­ses Ar­beits­verhält­nis­ses ver­an­stal­tet wer­den und da­zu be­stimmt sind, sie auf ei­ne Prüfung vor­zu­be­rei­ten, die ihr, wenn sie sie be­steht, den Auf­stieg in ei­nen höhe­ren Dienst­grad ermögli­chen würde.
28 In­fol­ge­des­sen sind die­se Kur­se so­wohl im Hin­blick auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richt­li­nie 2006/54 als auch Art. 15 die­ser Richt­li­nie als Teil der Ar­beits­be­din­gun­gen des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses von Frau Na­po­li zu be­trach­ten (vgl. ent­spre­chend Ur­tei­le Thi­bault, Rn. 27, und vom 18. No­vem­ber 2004, Sass, C-284/02, Slg. 2004, I-11143, Rn. 30 und 31).
29 Da je­doch der Sach­ver­halt des Aus­gangs­ver­fah­rens im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Rück­kehr aus dem Mut­ter­schafts­ur­laub steht und, wie aus der vor­her­ge­hen­den Rand­num­mer des vor­lie­gen­den Ur­teils her­vor­geht, die für ei­ne Ar­beit­neh­me­rin nach ih­rer Rück­kehr aus dem Mut­ter­schafts­ur­laub gel­ten­den Ar­beits­be­din­gun­gen be­trifft, ist die vor­ge­leg­te Fra­ge an­hand von Art. 15 die­ser Richt­li­nie zu prüfen, die die Spe­zi­al­vor­schrift für ei­nen sol­chen Fall ist.
30 Was die Fra­ge an­geht, ob in ei­nem Sach­ver­halt wie dem im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den die Ar­beit­neh­me­rin, die aus ei­nem Mut­ter­schafts­ur­laub zurück­kehrt, ih­ren Ar­beits­platz un­ter Be­din­gun­gen zurück­erhält, die für sie nicht we­ni­ger güns­tig sind, und ihr al­le Ver­bes­se­run­gen der Ar­beits­be­din­gun­gen zu­gu­te­kom­men, auf die sie während ih­rer Ab­we­sen­heit An­spruch ge­habt hätte, so ist fest­zu­stel­len, dass die In­an­spruch­nah­me des Mut­ter­schafts­ur­laubs den Sta­tus die­ser Ar­beit­neh­me­rin nicht be­ein­flusst, da Frau Na­po­li die Stel­lung ei­nes Vi­ze­kom­mis­sar­anwärters, die die Auf­nah­me in den fol­gen­den Kurs ga­ran­tiert be­hal­ten und den Ar­beits­platz zurück­er­hal­ten hat, auf dem sie vor ih­rem Mut­ter­schafts­ur­laub beschäftigt wor­den war.
31 Den­noch hat­te der Aus­schluss vom Be­rufs­aus­bil­dungs­kurs we­gen der In­an­spruch­nah­me des Mut­ter­schafts­ur­laubs ei­nen nach­tei­li­gen Ein­fluss auf die Ar­beits­be­din­gun­gen von Frau Na­po­li.
32 Die an­de­ren zum ers­ten Aus­bil­dungs­kurs zu­ge­las­se­nen Ar­beit­neh­mer hat­ten nämlich die Möglich­keit, die­sem Kurs vollständig zu fol­gen und, wenn sie die ab­sch­ließen­de Prüfung be­ste­hen, vor Frau Na­po­li in den höhe­ren Dienst­grad ei­nes Vi­ze­kom­mis­sars auf­zu­stei­gen und die ent­spre­chen­den Dienst­bezüge zu er­hal­ten. Die­se ist da­ge­gen ge­zwun­gen, den Be­ginn des nächs­ten Aus­bil­dungs­kur­ses ab­zu­war­ten. Nach den Fest­stel­lun­gen des vor­le­gen­den Ge­richts ist un­ge­wiss, wann ein sol­cher Kurs statt­fin­den wird.
33 Der Aus­schluss vom ers­ten Kurs und das an­sch­ließen­de Ver­bot, an der ab­sch­ließen­den Prüfung teil­zu­neh­men, be­wir­ken den Ver­lust ei­ner Chan­ce der Be­trof­fe­nen, in glei­cher Wei­se wie ih­re Kol­le­gen in den Ge­nuss ei­ner Ver­bes­se­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen zu kom­men, und müssen da­her als ei­ne ungüns­ti­ge Be­hand­lung im Sin­ne von Art. 15 der Richt­li­nie 2006/54 be­trach­tet wer­den.
34 Die­se Schluss­fol­ge­rung wird nicht durch das Ar­gu­ment in Fra­ge ge­stellt, dass aus Gründen des öffent­li­chen In­ter­es­ses an die­ser Prüfung nur an­ge­mes­sen auf die Ausübung ih­rer neu­en Tätig­kei­ten vor­be­rei­te­te Be­wer­ber teil­neh­men dürf­ten, was vor­aus­set­ze, dass die Be­wer­ber an al­len Kur­sen, aus de­nen die be­tref­fen­de Aus­bil­dung be­ste­he, teil­ge­nom­men hätten.
35 Selbst wenn nämlich die na­tio­na­len Behörden je nach den Umständen über ei­nen ge­wis­sen Er­mes­sens­spiel­raum verfügen, wenn sie die für die öffent­li­che Si­cher­heit ei­nes Mit­glied­staats er­for­der­li­chen Maßnah­men tref­fen (vgl. u. a. Ur­teil vom 11. Ja­nu­ar 2000, Kreil, C-285/98, Slg. 2000, I-69, Rn. 24), sind sie doch ver­pflich­tet, bei der Einführung von Aus­nah­men von ei­nem Grund­recht wie der Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en, des­sen Um­set­zung die Richt­li­nie 2006/54 dient, den Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit zu be­ach­ten, der zu den all­ge­mei­nen Grundsätzen des Uni­ons­rechts gehört (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Kreil, Rn. 23).
36 Ei­ne Maßnah­me wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de, die den au­to­ma­ti­schen Aus­schluss von den Aus­bil­dungs­kur­sen vor­sieht und da­mit die Teil­nah­me an der an­sch­ließen­den Prüfung unmöglich macht, oh­ne dass ins­be­son­de­re berück­sich­tigt wird, in wel­chem Sta­di­um des Kur­ses die Be­trof­fe­ne we­gen Mut­ter­schafts­ur­laubs ab­we­send ist und wel­che Aus­bil­dung sie be­reits ab­sol­viert hat, und die sich dar­auf be­schränkt, der Be­trof­fe­nen, die ei­nen sol­chen Ur­laub in An­spruch ge­nom­men hat, das Recht auf Teil­nah­me an ei­nem Aus­bil­dungs­kurs ein­zuräum­en, der zu ei­nem späte­ren, je­doch un­ge­wis­sen Zeit­punkt statt­fin­det, er­weist sich als mit dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit, der zu den all­ge­mei­nen Grundsätzen des Uni­ons­rechts gehört, nicht ver­ein­bar.
37 Der Ver­s­toß ge­gen die­sen Grund­satz ist um­so schwer­wie­gen­der, als, wie das vor­le­gen­de Ge­richt aus­geführt hat, die Un­ge­wiss­heit, wann der nächs­te Aus­bil­dungs­kurs be­ginnt, dar­auf be­ruht, dass die zuständi­gen Behörden nicht ver­pflich­tet sind, ei­nen sol­chen Kurs zu be­stimm­ten Zeit­punk­ten zu ver­an­stal­ten.
38 In die­sem Zu­sam­men­hang ist zu be­mer­ken, dass die Mit­glied­staa­ten, um die we­sent­li­che Gleich­heit zwi­schen Männern und Frau­en zu gewähr­leis­ten, die die Richt­li­nie 2006/54 her­beiführen soll (vgl. ent­spre­chend Ur­teil Thi­bault, Rn. 26), über ei­nen ge­wis­sen Er­mes­sens­spiel­raum verfügen und dass Maßnah­men vor­stell­bar sind, die den Grund­satz der Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en we­ni­ger be­ein­träch­ti­gen als die im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den. Wie das vor­le­gen­de Ge­richt selbst aus­geführt hat, könn­ten die na­tio­na­len Behörden ge­ge­be­nen­falls ins Au­ge fas­sen, das Er­for­der­nis der vollständi­gen Aus­bil­dung der Be­wer­ber mit den Rech­ten der Ar­beit­neh­me­rin da­durch in Ein­klang zu brin­gen, dass sie für ei­ne Ar­beit­neh­me­rin, die aus dem Mut­ter­schafts­ur­laub zurück­kehrt, par­al­le­le Nach­schu­lungs­kur­se vor­se­hen, die den ursprüng­li­chen Aus­bil­dungs­kur­sen gleich­wer­tig sind, da­mit die Ar­beit­neh­me­rin recht­zei­tig zu der Prüfung zu­ge­las­sen wer­den kann, die ihr so schnell wie möglich den Auf­stieg in ei­nen höhe­ren Dienst­grad ermöglicht und gleich­zei­tig be­deu­tet, dass ih­re be­ruf­li­che Lauf­bahn nicht ungüns­ti­ger verläuft als die be­ruf­li­che Lauf­bahn ei­nes männ­li­chen Kol­le­gen, der das­sel­be Aus­wahl­ver­fah­ren be­stan­den hat und zum sel­ben ursprüng­li­chen Aus­bil­dungs­kurs zu­ge­las­sen wor­den ist.
39 Nach al­le­dem ist auf die ers­te und die zwei­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 15 der Richt­li­nie 2006/54 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, die aus Gründen des öffent­li­chen In­ter­es­ses ei­ne Frau im Mut­ter­schafts­ur­laub von ei­ner Be­rufs­aus­bil­dung aus­sch­ließt, die Teil ih­res Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses und vor­ge­schrie­ben ist, um endgültig auf ei­ne Be­am­ten­stel­le er­nannt wer­den und da­mit in den Ge­nuss ver­bes­ser­ter Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen ge­lan­gen zu können, die ihr da­bei aber das Recht ga­ran­tiert, an der nächs­ten or­ga­ni­sier­ten Aus­bil­dung teil­zu­neh­men, de­ren Zeit­punkt je­doch un­ge­wiss ist.

Zur drit­ten Fra­ge

40 Mit sei­ner drit­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 14 Abs. 2 der Richt­li­nie 2006/54 auf ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de An­wen­dung fin­det, die ei­ne be­stimm­te Tätig­keit nicht al­lein männ­li­chen Ar­beit­neh­mern vor­behält, je­doch den Zu­gang zu die­ser Tätig­keit für die Ar­beit­neh­me­rin­nen, die we­gen ei­nes ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laubs ei­ne Be­rufs­aus­bil­dung nicht vollständig ab­sol­vie­ren konn­ten, verzögert.  
41 Da­zu ist fest­zu­stel­len, dass Art. 14 Abs. 2 der Richt­li­nie 2006/54 eben­so wie der durch ihn er­setz­te Art. 2 Abs. 2 der Richt­li­nie 76/207/EWG des Ra­tes vom 9. Fe­bru­ar 1976 zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en hin­sicht­lich des Zu­gangs zur Beschäfti­gung, zur Be­rufs­bil­dung und zum be­ruf­li­chen Auf­stieg so­wie in Be­zug auf die Ar­beits­be­din­gun­gen (ABl. L 39, S. 40) ei­ne Aus­nah­me von ei­nem in der Richt­li­nie 2006/54 ver­an­ker­ten in­di­vi­du­el­len Recht dar­stellt, da er die Mit­glied­staa­ten ermäch­tigt, vor­zu­se­hen, dass ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung auf­grund ei­nes mit dem Ge­schlecht ver­knüpften Merk­mals un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung im Sin­ne die­ser Richt­li­nie ist. Da­her ist die­se Be­stim­mung eng aus­zu­le­gen (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­tei­le vom 15. Mai 1986, Johns­ton, 222/84, Slg. 1986, I-1651, Rn. 36, und vom 26. Ok­to­ber 1999, Sir­dar, C-273/97, Slg. 1999, I-7403, Rn. 23).
42 Fest­zu­stel­len ist, dass im Aus­gangs­ver­fah­ren we­der gel­tend ge­macht noch auch nur be­haup­tet wor­den ist, dass die an­wend­ba­ren na­tio­na­len Be­stim­mun­gen vorsähen, dass ein mit dem Ge­schlecht ver­knüpftes Merk­mal ein ech­tes und we­sent­li­ches Be­rufs­er­for­der­nis sei, um die be­tref­fen­de Tätig­keit ausüben zu können, oder dass die zuständi­gen na­tio­na­len Behörden in Be­zug auf die Ausübung der Tätig­keit ei­nes Vi­ze­kom­mis­sars der Jus­tiz­voll­zugs­po­li­zei von dem Er­mes­sens­spiel­raum Ge­brauch ge­macht hätten, der ih­nen auf die­se Wei­se von die­ser Richt­li­nie gewährt wird, oder die­sen Er­mes­sens­spiel­raum hätten gel­tend ma­chen wol­len.
43 Nach al­le­dem ist auf die drit­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 14 Abs. 2 der Richt­li­nie 2006/54 auf ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de kei­ne An­wen­dung fin­det, die ei­ne be­stimm­te Tätig­keit nicht al­lein männ­li­chen Ar­beit­neh­mern vor­behält, je­doch den Zu­gang zu die­ser Tätig­keit für Ar­beit­neh­me­rin­nen, die we­gen ei­nes ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laubs ei­ne Be­rufs­aus­bil­dung nicht vollständig ab­sol­vie­ren konn­ten, verzögert.

Zur vier­ten Fra­ge

44 An­ge­sichts der Ant­wort auf die drit­te Fra­ge braucht die vier­te Fra­ge nicht mehr be­ant­wor­tet zu wer­den.

Zur fünf­ten Fra­ge

45 Mit sei­ner fünf­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 14 Abs. 1 Buchst. c und Art. 15 der Richt­li­nie 2006/54 hin­rei­chend klar, ge­nau und un­be­dingt sind, um un­mit­tel­ba­re Wir­kung ent­fal­ten zu können.
46 Nach ständi­ger Recht­spre­chung können Be­stim­mun­gen ei­ner Richt­li­nie, die in­halt­lich als un­be­dingt und hin­rei­chend ge­nau er­schei­nen, vom Ein­zel­nen vor den na­tio­na­len Ge­rich­ten dem Mit­glied­staat ge­genüber gel­tend ge­macht wer­den (vgl. u. a. Ur­tei­le vom 12. Ju­li 1990, Fos­ter u. a., C-188/89, Slg. 1990, I-3313, Rn. 16, und vom 20. März 2003, Kutz-Bau­er, C-187/00, Slg. 2003, I-2741, Rn. 69).
47 Art. 14 Abs. 1 Buchst. c und Art. 15 der Richt­li­nie 2006/54 genügen die­sen An­for­de­run­gen.
48 In Be­zug auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. c die­ser Richt­li­nie, der Be­stim­mun­gen zur Durchführung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen enthält, ist nämlich fest­zu­stel­len, dass er all­ge­mein und un­miss­verständ­lich je­de Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts in den von ihm um­schrie­be­nen Be­rei­chen aus­sch­ließt (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Sar­kat­zis Her­re­ro, Rn. 36).
49 Eben­so be­stimmt Art. 15 die­ser Richt­li­nie klar, ge­nau und un­be­dingt, dass Frau­en im Mut­ter­schafts­ur­laub nach Ab­lauf des Mut­ter­schafts­ur­laubs An­spruch dar­auf ha­ben, an ih­ren frühe­ren Ar­beits­platz oder ei­nen gleich­wer­ti­gen Ar­beits­platz un­ter Be­din­gun­gen, die für sie nicht we­ni­ger güns­tig sind, zurück­zu­keh­ren, und dar­auf, dass ih­nen auch al­le Ver­bes­se­run­gen der Ar­beits­be­din­gun­gen, auf die sie während ih­rer Ab­we­sen­heit An­spruch ge­habt hätten, zu­gu­te­kom­men.
50 Da die bei­den in Re­de ste­hen­den Be­stim­mun­gen un­mit­tel­ba­re Wir­kung ent­fal­ten, ist nach ständi­ger Recht­spre­chung das in­ner­staat­li­che Ge­richt, das im Rah­men sei­ner Zuständig­keit die Be­stim­mun­gen des Uni­ons­rechts an­zu­wen­den hat, ge­hal­ten, für die vol­le Wirk­sam­keit die­ser Nor­men Sor­ge zu tra­gen, in­dem es er­for­der­li­chen­falls je­de – auch späte­re – ent­ge­gen­ste­hen­de Be­stim­mung des na­tio­na­len Rechts aus ei­ge­ner Ent­schei­dungs­be­fug­nis un­an­ge­wandt lässt, oh­ne dass es die vor­he­ri­ge Be­sei­ti­gung die­ser Be­stim­mung auf ge­setz­ge­be­ri­schem We­ge oder durch ir­gend­ein an­de­res ver­fas­sungs­recht­li­ches Ver­fah­ren be­an­tra­gen oder ab­war­ten müss­te (vgl. u. a. Ur­tei­le vom 9. März 1978, Simm­en­thal, 106/77, Slg. 1978, 629, Rn. 24, und Kutz-Bau­er, Rn. 73). Da­her können Art. 14 Abs. 1 Buchst. c und Art. 15 der Richt­li­nie 2006/54 vom Ein­zel­nen ge­genüber dem be­tref­fen­den Mit­glied­staat gel­tend ge­macht und von ei­nem na­tio­na­len Ge­richt an­ge­wandt wer­den, um die An­wen­dung je­der mit die­sen Ar­ti­keln nicht im Ein­klang ste­hen­den na­tio­na­len Be­stim­mung aus­zu­sch­ließen.
51 Nach al­le­dem ist auf die fünf­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 14 Abs. 1 Buchst. c und Art. 15 der Richt­li­nie 2006/54 hin­rei­chend klar, ge­nau und un­be­dingt sind, um un­mit­tel­ba­re Wir­kung zu ent­fal­ten.

Kos­ten

52 Für die Par­tei­en des Aus­gangs­ver­fah­rens ist das Ver­fah­ren ein Zwi­schen­streit in dem bei dem vor­le­gen­den Ge­richt anhängi­gen Rechts­streit; die Kos­ten­ent­schei­dung ist da­her Sa­che die­ses Ge­richts. Die Aus­la­gen an­de­rer Be­tei­lig­ter für die Ab­ga­be von Erklärun­gen vor dem Ge­richts­hof sind nicht er­stat­tungsfähig.

Aus die­sen Gründen hat der Ge­richts­hof (Ers­te Kam­mer) für Recht er­kannt:

1. Art.15 der Richt­li­nie 2006/54/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 5. Ju­li 2006 zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Chan­cen­gleich­heit und Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, die aus Gründen des öffent­li­chen In­ter­es­ses ei­ne Frau im Mut­ter­schafts­ur­laub von ei­ner Be­rufs­aus­bil­dung aus­sch­ließt, die Teil ih­res Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses und vor­ge­schrie­ben ist, um endgültig auf ei­ne Be­am­ten­stel­le er­nannt wer­den und da­mit in den Ge­nuss ver­bes­ser­ter Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen ge­lan­gen zu können, die ihr da­bei aber das Recht ga­ran­tiert, an der nächs­ten or­ga­ni­sier­ten Aus­bil­dung teil­zu­neh­men, de­ren Zeit­punkt je­doch un­ge­wiss ist.

2. Art.14 Abs.2 der Richt­li­nie 2006/54 fin­det auf ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de kei­ne An­wen­dung, die ei­ne be­stimm­te Tätig­keit nicht al­lein männ­li­chen Ar­beit­neh­mern vor­behält, je­doch den Zu­gang zu die­ser Tätig­keit für Ar­beit­neh­me­rin­nen, die we­gen ei­nes ob­li­ga­to­ri­schen Mut­ter­schafts­ur­laubs ei­ne Be­rufs­aus­bil­dung nicht vollständig ab­sol­vie­ren konn­ten, verzögert.

3. Art.14 Abs.1 Buchst. c und Art.15 der Richt­li­nie 2006/54 sind hin­rei­chend klar, ge­nau und un­be­dingt, um un­mit­tel­ba­re Wir­kung zu ent­fal­ten.

Un­ter­schrif­ten

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* Ver­fah­rens­spra­che: Ita­lie­nisch.

Quel­le: Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on (EuGH), http://cu­ria.eu­ro­pa.eu

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