HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

HANDBUCH ARBEITSRECHT

Kün­di­gungs­schutz­kla­ge

In­for­ma­tio­nen zum The­ma Kün­di­gungs­schutz­kla­ge: Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
Auktionshammer bzw. Gerichtshammer auf Geldscheinen

Auf die­ser Sei­te fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu der Fra­ge, wel­ches Ziel ei­ne Kün­di­gungs­schutz­kla­ge hat, wie ein Kün­di­gungs­schutz­ver­fah­ren nor­ma­ler­wei­se ver­läuft und was Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­ge­ber be­ach­ten soll­ten, um Nach­tei­le in­fol­ge der drei­wö­chi­gen Kla­ge­frist zu ver­mei­den.

Au­ßer­dem fin­den Sie Hin­wei­se da­zu, un­ter wel­chen Um­stän­den sich ei­ne Kün­di­gungs­schutz­kla­ge für Ar­beit­neh­mer loh­nen kann und wann eher nicht, mit wel­chen Kos­ten zu rech­nen ist und wel­che ty­pi­schen Feh­ler Ar­beit­ge­ber im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Kün­di­gungs­schutz­kla­ge ver­mei­den soll­ten.

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Video: Kündigungsschutzklage kurz erklärt

Was ist ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge?

Ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge, mit der Ar­beit­neh­mer nach Er­halt ei­ner Kündi­gung vor dem Ar­beits­ge­richt auf die Fest­stel­lung kla­gen, dass ihr Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung nicht auf­gelöst ist.

Ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist da­her im­mer auf ei­ne be­stimm­te, vom Ar­beit­ge­ber erklärte Kündi­gung be­zo­gen, de­ren Un­wirk­sam­keit ge­richt­lich fest­ge­stellt wer­den soll. Der Klag­an­trag soll­te da­her lau­ten:

„Es wird fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung des/der Be­klag­ten vom TT.MM.JJJJ nicht auf­gelöst ist.“

Hat ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge bzw. ein sol­cher Klag­an­trag Er­folg, dann steht fest,

  • dass zum Zeit­punkt der Kündi­gungs­erklärung zwi­schen den Par­tei­en ein Ar­beits­verhält­nis be­stand,
  • das durch ei­ne be­stimm­te Kündi­gung nicht be­en­det wur­de, d.h. dass die­se Kündi­gung un­wirk­sam war.

Be­steht das Ar­beits­verhält­nis nach ei­ner er­folg­rei­chen Kündi­gungs­schutz­kla­ge fort, muss der Ar­beit­neh­mer wei­ter zur Ar­beit ge­hen und der Ar­beit­ge­ber wei­ter den Lohn bzw. das Ge­halt be­zah­len. Al­les bleibt, wie es war.

Ein kla­ge­statt­ge­ben­des Ur­teil in ei­nem Kündi­gungs­schutz­pro­zess ist al­ler­dings kein Zah­lungs­ti­tel.

Soll der Ar­beit­ge­ber auch zur Lohn­zah­lung ver­ur­teilt wer­den (z.B. zur Zah­lung der Mo­nats­gehälter, die we­gen der Kündi­gung nicht mehr ge­zahlt wur­den), muss die Kündi­gungs­schutz­kla­ge um Zah­lungs­anträge er­wei­tert wer­den. Das ist auch üblich, v.a. bei kur­zen Kündi­gungs­fris­ten oder bei frist­lo­sen Kündi­gun­gen, weil der Ar­beit­ge­ber dann be­reits während des lau­fen­den Pro­zes­ses aus Ar­beit­neh­mer­sicht mit lau­fen­den Ge­halts­ansprüchen in Rück­stand gerät.

Ist man sich nicht ei­nig, ob über­haupt ein Ar­beits­verhält­nis be­steht, z.B. weil die Wirk­sam­keit des Ver­trags­schlus­ses un­klar ist und/oder der Ver­trags­typ um­strit­ten (Ar­beits­ver­trag oder frei­er Dienst­ver­trag/Werk­ver­trag?), kann man auf die Fest­stel­lung kla­gen, dass ein Ar­beits­verhält­nis be­steht. Ei­ne sol­che „all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge“ kann (muss aber nicht un­be­dingt) mit ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ver­bun­den wer­den.

Theo­re­tisch können auch Ar­beit­ge­ber durch ar­beits­ge­richt­li­che Fest­stel­lung klären las­sen, dass ei­ne vom Ar­beit­neh­mer aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung un­wirk­sam ist. In der Pra­xis kom­men sol­che Kla­gen aber nicht vor.

Ge­gen wel­che Kündi­gun­gen können Ar­beit­neh­mer ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­he­ben?

Ar­beit­neh­mer können sich mit ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ge­gen al­le Kündi­gun­gen wen­den, d.h.

Auch Ände­rungskündi­gun­gen kann man ar­beits­ge­richt­lich über­prüfen las­sen, und zwar mit ei­ner Ände­rungs­schutz­kla­ge (§ 4 Satz 2 Kündi­gungs­schutz­ge­setz - KSchG).

Sie setzt vor­aus, dass der Ar­beit­neh­mer, der zu­sam­men mit der Kündi­gung das An­ge­bot ei­ner Ver­tragsände­rung er­hal­ten hat (Ände­rungskündi­gung), in ei­nem ers­ten Schritt das Ände­rungs­an­ge­bot gemäß § 2 KSchG un­ter dem Vor­be­halt der so­zia­len Recht­fer­ti­gung der Ver­tragsände­rung an­nimmt. Die Ände­rungs­schutz­kla­ge ist dann der zwei­te Schritt.

Ei­ne Ände­rungs­schutz­kla­ge zielt auf die ge­richt­li­che Fest­stel­lung, dass die vom Ar­beit­ge­ber zu­sam­men mit der Kündi­gung vor­ge­schla­ge­ne (und vom Ar­beit­neh­mer un­ter Vor­be­halt an­ge­nom­me­ne) Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt oder aus an­de­ren Gründen rechts­un­wirk­sam ist.

Ist ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge nur möglich, wenn Kündi­gungs­schutz be­steht?

Wer länger als sechs Mo­na­te beschäftigt ist, hat ge­genüber or­dent­li­chen Kündi­gun­gen des Ar­beit­ge­bers Kündi­gungs­schutz gemäß § 1 Abs.2 KSchG, falls im Be­trieb des Ar­beit­ge­bers mehr als zehn Ar­beit­neh­mer beschäftigt sind (§§ 1 Abs.1, 23 Abs.1 KSchG).

Kündi­gungs­schutz be­deu­tet, dass or­dent­li­che Kündi­gun­gen durch den Ar­beit­ge­ber nur wirk­sam sind, wenn sie so­zi­al ge­recht­fer­tigt sind. Da­zu braucht der Ar­beit­ge­ber stich­hal­ti­ge Kündi­gungs­gründe, die in der Per­son und/oder in dem Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers lie­gen, und/oder drin­gen­de be­triebs­be­ding­te Gründe, die ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers ent­ge­gen­ste­hen (§ 1 Abs.2 Satz 1 KSchG).

Die­ser sog. all­ge­mei­ne Kündi­gungs­schutz ist kei­ne not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung für ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge.

BEISPIEL: Ein Ar­beit­neh­mer wird zu An­fang Ja­nu­ar ein­ge­stellt. Die Par­tei­en ver­ein­ba­ren ei­ne lan­ge Kündi­gungs­frist von sechs Mo­na­ten zum Quar­tals­schluss. Im Ju­ni spricht der Ar­beit­ge­ber un­ter Be­ru­fung auf § 626 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) ei­ne außer­or­dent­li­che und frist­lo­se Kündi­gung we­gen ei­nes an­geb­li­chen schwer­wie­gen­den Pflicht­ver­s­toßes aus.

In die­sem Bei­spiel hat der gekündig­te Ar­beit­neh­mer zum Zeit­punkt des Aus­spruchs der Kündi­gung noch kei­nen all­ge­mei­nen Kündi­gungs­schutz, denn die sechs­mo­na­ti­ge War­te­zeit (§ 1 Abs.1 KSchG) ist im Ju­ni noch nicht ab­ge­lau­fen. Trotz­dem ist ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge recht­lich zulässig und auch sinn­voll. Denn im­mer­hin geht es um ei­ne Kündi­gungs­frist bzw. wei­te­re Ver­trags­dau­er von sechs Mo­na­ten, die von der Fra­ge abhängt, ob die im Ju­ni erklärte frist­lo­se Kündi­gung wirk­sam ist oder nicht.

Wie läuft ein Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren prak­tisch ab?

Nach­dem die Kla­ge ein­ge­reicht und dem Ar­beit­ge­ber vom Ge­richt zu­ge­stellt wor­den ist, fin­det zunächst ei­ne Güte­ver­hand­lung statt. Im Güte­ter­min wird die An­ge­le­gen­heit al­lein vor dem oder der Vor­sit­zen­den der Kam­mer be­spro­chen, d.h. oh­ne die bei­den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter.

Die Güte­ver­hand­lung soll bei Kündi­gungs­schutz­kla­gen (noch) schnel­ler als sonst statt­fin­den, nämlich in­ner­halb von zwei Wo­chen nach Kla­ge­er­he­bung, § 61a Abs.2 Ar­beits­ge­richts­ge­setz (ArbGG). Fak­tisch kann es bis zur Güte­ver­hand­lung auch vier oder fünf Wo­chen dau­ern, ge­rech­net ab Ein­rei­chung der Kla­ge. Ei­ne noch später statt­fin­den­de Güte­ver­hand­lung ist in Kündi­gungs­schutz­sa­chen eher un­gewöhn­lich.

In vie­len Fällen kann der Kündi­gungs­schutz­pro­zess schon im Güte­ter­min durch ei­nen Ver­gleich be­en­det wer­den: Man ei­nigt sich auf die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses und (meist) auf Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung. Im Ex­trem­fall kann der Pro­zess al­so schon in­ner­halb von zwei Wo­chen nach Kla­ge­er­he­bung er­le­digt sein.

Wird man sich im Güte­ter­min nicht ei­nig, wird ein wei­te­rer Ter­min an­be­raumt, der vor der vollständig be­setz­ten Kam­mer des Ar­beits­ge­richts statt­fin­det und des­halb Kam­mer­ter­min heißt. Auf der Rich­ter­bank sit­zen dann ne­ben dem oder der Vor­sit­zen­den die bei­den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter. Bis zu die­sem Ter­min erhält der Ar­beit­ge­ber Ge­le­gen­heit, schrift­lich auf die Kla­ge zu er­wi­dern. Da­zu kann der kla­gen­de Ar­beit­neh­mer wie­der­um schrift­lich Stel­lung neh­men u.s.w.

Das braucht sei­ne Zeit. Je nach­dem, wie voll der Ter­min­ka­len­der des Ge­richts ist, fin­det drei oder viel­leicht fünf Mo­na­te nach der Güte­ver­hand­lung der Kam­mer­ter­min statt. Ent­we­der ei­nigt man sich jetzt doch noch gütlich oder es er­geht ein Ur­teil.

Wenn ein Ur­teil er­geht und die un­ter­le­ge­ne Par­tei ge­gen das Ur­teil nicht Be­ru­fung zum Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) ein­legt, ist der Kündi­gungs­schutz­pro­zess da­mit er­le­digt.

ACH­TUNG: Vor dem Ar­beits­ge­richt be­steht kein An­walts­zwang, d.h. Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer können sich rein recht­lich in Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren selbst ver­tre­ten.

Da­von ist aber in al­ler Re­gel ab­zu­ra­ten. Denn ers­tens ist das Kündi­gungs­schutz­recht ziem­lich kom­pli­ziert, und zwei­tens hängt der wei­te­re Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses von dem Aus­gang des Pro­zes­ses ab, d.h. es geht letzt­lich um recht viel Geld. Aber auch dann, wenn ei­ne Kla­ge vor al­lem des­halb ein­ge­reicht wird, um über ei­ne gu­te Ab­fin­dung zu ver­han­deln, hängt der Er­folg der Ver­hand­lun­gen von recht­li­chen Ar­gu­men­ten ab, die in der Re­gel bes­ser von fach­lich spe­zia­li­sier­ten Anwälten ver­tre­ten wer­den können.

In­ner­halb wel­cher Kla­ge­frist muss ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge ein­ge­reicht wer­den?

Ar­beit­neh­mer müssen ih­re Kla­ge zwin­gend in­ner­halb von drei Wo­chen nach Er­halt der Kündi­gung bei Ge­richt ein­rei­chen. Die­se Drei­wo­chen­frist gilt für frist­lo­se und frist­gemäße Ar­beit­ge­berkündi­gun­gen und auch für Ände­rungskündi­gun­gen, und sie gilt für al­le recht­li­chen Ar­gu­men­te, die man ge­gen die Wirk­sam­keit der Kündi­gung ein­wen­den könn­te. Das folgt aus § 4 Satz 1 KSchG. Die­se Vor­schrift lau­tet:

"Will ein Ar­beit­neh­mer gel­tend ma­chen, dass ei­ne Kündi­gung so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt oder aus an­de­ren Gründen rechts­un­wirk­sam ist, so muss er in­ner­halb von drei Wo­chen nach Zu­gang der schrift­li­chen Kündi­gung Kla­ge beim Ar­beits­ge­richt auf Fest­stel­lung er­he­ben, dass das Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung nicht auf­gelöst ist."

Von die­ser Frist gibt es nur zwei Aus­nah­men:

1. Die Kündi­gung ist nicht schrift­lich erklärt wor­den, d.h. durch ein vom Ar­beit­ge­ber un­ter­schrie­be­nes und dem Ar­beit­neh­mer aus­gehändig­tes oder ihm per Post oder Bo­ten zu­ge­gan­ge­nes Schriftstück, son­dern z.B. münd­lich, per E-Mail oder per Whats­App-Nach­richt. Das verstößt ge­gen die ge­setz­li­che Schrift­form, die gemäß § 623 BGB bei der Kündi­gung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zu be­ach­ten ist, so dass die Kündi­gung of­fen­sicht­lich un­wirk­sam ist.

Falls die Un­wirk­sam­keit ei­ner sol­chen Kündi­gung trotz der ein­deu­ti­gen Rechts­la­ge strei­tig sein soll­te, können Ar­beit­neh­mer auch noch nach Ab­lauf der Drei­wo­chen­frist Kündi­gungs­schutz­kla­ge ein­rei­chen. Dies folgt aus § 4 Satz 1 KSchG, der für den Be­ginn der Drei­wo­chen­frist auf den „Zu­gang der schrift­li­chen Kündi­gung“ ab­stellt.

2. Die Kündi­gung ist nur nach Zu­stim­mung ei­ner Behörde möglich. Dann sieht § 4 Satz 4 KSchG vor, dass die Kla­ge­frist erst ab der Be­kannt­ga­be der Ent­schei­dung der Behörde an den Ar­beit­neh­mer läuft. So ist z.B. die Kündi­gung ei­nes schwer­be­hin­der­ten oder gleich­ge­stell­ten Men­schen nur mit vor­he­ri­ger Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­am­tes zulässig (§ 168 Neun­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch - SGB IX).

Aber auch dann, wenn der Ar­beit­ge­ber vor­her kündigt, ist schwer­be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mern zu ra­ten, in­ner­halb von drei Wo­chen Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu er­he­ben. Denn be­reits die Dis­kus­si­on vor Ge­richt über die Fra­ge, ob die Kla­ge­frist ge­wahrt wur­de, schwächt die Ver­hand­lungs­po­si­ti­on des kla­gen­den Ar­beit­neh­mers.

Wel­che Fol­gen hat es, wenn die Kla­ge­frist versäumt wird?

Die Versäum­ung der Drei­wo­chen­frist zur Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge führt zu ei­nem dau­er­haf­ten und er­heb­li­chen Rechts­nach­teil für gekündig­te Ar­beit­neh­mer, falls sie mit Aus­sicht auf Er­folg ei­nen Pro­zess hätten führen können.

Gemäß § 7 KSchG hat die Frist­versäum­ung nämlich zur Fol­ge, dass die Kündi­gung als von An­fang an wirk­sam an­zu­se­hen ist. § 7 KSchG lau­tet:

„Wird die Rechts­un­wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gung nicht recht­zei­tig gel­tend ge­macht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündi­gung als von An­fang an rechts­wirk­sam (...).“

BEISPIEL: Der Ar­beit­ge­ber kündigt ein Mit­glied des Be­triebs­rats außer­or­dent­lich und frist­los, oh­ne den Be­triebs­rat - als Gre­mi­um - zu­vor um Zu­stim­mung zu bit­ten, was ge­gen § 103 Abs.1 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) verstößt. Im Übri­gen hält sich der Ar­beit­ge­ber aber an die vor­ge­schrie­be­nen Form­vor­schrif­ten, d.h. er spricht die Kündi­gung gemäß § 623 BGB durch schrift­li­che Erklärung aus. Da der Ar­beit­neh­mer ge­ra­de ei­nen fünfwöchi­gen Aus­tra­li­en­ur­laub macht, liegt das Kündi­gungs­schrei­ben schon über vier Wo­chen in sei­nem Brief­kas­ten, als er nach Hau­se kommt und das Schrei­ben zur Kennt­nis neh­men kann.

In die­sem Bei­spiel ist die Kla­ge­frist ver­stri­chen, denn der Aus­lands­auf­ent­halt des Ar­beit­neh­mers geht den Ar­beit­ge­ber nichts an. Durch den Ein­wurf des Kündi­gungs­schrei­bens in den Haus­brief­kas­ten des Ar­beit­neh­mers ist die Kündi­gung am Tag des Ein­wurfs zu­ge­gan­gen (§ 130 Abs.1 BGB), spätes­tens aber am Fol­ge­tag, falls die Kündi­gung erst am späten Abend ein­ge­wor­fen wur­de.

Auch ei­nen An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung der Kla­ge gemäß § 5 KSchG hätte hier kei­nen Er­folg, da die Ar­beits­ge­rich­te von Ar­beit­neh­mern bei länge­rer Ab­we­sen­heit ver­lan­gen, ih­ren Brief­kas­ten durch ei­ne Per­son ih­res Ver­trau­ens re­gelmäßig kon­trol­lie­ren zu las­sen. Das hat der Ar­beit­neh­mer hier im Bei­spiel nicht ge­tan. Da­her kann er sich nicht dar­auf be­ru­fen, dass er „trotz An­wen­dung al­ler ihm nach La­ge der Umstände zu­zu­mu­ten­den Sorg­falt ver­hin­dert“ war, die Kla­ge recht­zei­tig ein­zu­rei­chen.

Im Er­geb­nis führt die Versäum­ung der Kla­ge­frist hier zu ei­nem er­heb­li­chen Rechts­nach­teil des gekündig­ten Be­triebs­rats­mit­glieds, nämlich zum Ver­lust sei­nes ge­setz­li­chen Son­derkündi­gungs­schut­zes als Be­triebs­rats­mit­glied.

Wann kann man die nachträgli­che Zu­las­sung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge be­an­tra­gen?

Wie das obi­ge Bei­spiel zeigt, kann ei­ne länge­re Ab­we­sen­heit da­zu führen, dass Ar­beit­neh­mer ein Kündi­gungs­schrei­ben nicht in­ner­halb von drei Wo­chen nach Zu­gang zur Kennt­nis neh­men. Im All­ge­mei­nen ist dann nicht nur die Drei­wo­chen­frist ab­ge­lau­fen, son­dern auch ein An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge wäre nicht er­folg­ver­spre­chend.

Verzögert sich die Rück­kehr des Ar­beit­neh­mers al­ler­dings aus Gründen, die er we­der vor­her­se­hen noch be­ein­flus­sen kann, kann ein An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­folg­reich sein.

BEISPIEL: Der Ar­beit­neh­mer macht für drei Wo­chen im Aus­land Ur­laub. Der Ar­beit­ge­ber ver­fasst ein Kündi­gungs­schrei­ben und lässt es am ers­ten Ur­laubs­tag (Mon­tag) spät abends per Bo­ten in den Brief­kas­ten des Ar­beit­neh­mers ein­wer­fen. Da­her ist die Kündi­gung am nächs­ten Mor­gen (Diens­tag) zu­ge­gan­gen. Die Drei­wo­chen­frist en­det dann 21 Ta­ge später, d.h. mit Ab­lauf des über-übernächs­ten Diens­tags. Nor­ma­ler­wei­se wäre der Ar­beit­neh­mer dann be­reits wie­der zu Hau­se ge­we­sen, doch er er­krankt ge­gen En­de sei­nes Ur­laubs schwer und liegt zwei Wo­chen im Aus­land im Kran­ken­haus.

In die­sem Fall ist der Ar­beit­neh­mer trotz al­ler zu­mut­ba­ren Sorg­falt nicht da­zu in der La­ge, die Kla­ge in­ner­halb der Drei­wo­chen­frist zu er­he­ben. Dann be­steht die Möglich­keit, die Kla­ge noch nach der Rück­kehr aus dem Aus­land zu­sam­men mit dem An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung bei Ge­richt ein­zu­rei­chen.

ACH­TUNG: Der An­trag auf nachträgli­che Kla­ge­zu­las­sung muss ge­nau be­gründet wer­den und ist nur in­ner­halb von zwei Wo­chen nach Be­he­bung des Hin­der­nis­ses zulässig (§ 5 Abs.3 Satz 1 KSchG). Außer­dem muss der An­trag mit der Kla­ge ver­bun­den wer­den (§ 5 Abs.2 Satz 1 KSchG).

Gilt die Kla­ge­frist auch für nach­ge­scho­be­ne Kündi­gun­gen?

Die Drei­wo­chen­frist gilt auch für sog. nach­ge­scho­be­ne Kündi­gun­gen, d.h. für wei­te­re Kündi­gun­gen, mit de­nen sich Ar­beit­ge­ber recht­lich ab­si­chern wol­len, nach­dem die Wirk­sam­keit ei­ner ers­ten Kündi­gung zwei­fel­haft (ge­wor­den) ist.

BEISPIEL: Ein Un­ter­neh­men mit et­wa 100 Ar­beit­neh­mern kündigt ei­nen Ar­beit­neh­mer, der be­reits seit sie­ben Mo­na­ten beschäftigt ist und da­her Kündi­gungs­schutz ge­nießt, we­gen Leis­tungsmängeln frist­gemäß. Der Ar­beit­neh­mer reicht Kla­ge ein. Im Güte­ter­min weist der Vor­sit­zen­de dar­auf hin, dass die Kündi­gung wohl un­wirk­sam sein dürf­te, da die so­zia­le Recht­fer­ti­gung ei­ner Kündi­gung gemäß § 1 KSchG nicht al­lein mit Leis­tungsmängeln be­gründet wer­den kann. Das Un­ter­neh­men spricht da­her vor­sichts­hal­ber ei­ne wei­te­re Kündi­gung aus, ge­gen die der Ar­beit­neh­mer kei­ne Kla­ge ein­reicht.

In die­sem Bei­spiel wäre die zwei­te Kündi­gung wirk­sam. Denn die be­reits anhängi­ge Kündi­gungs­schutz­kla­ge rich­tet sich nur ge­gen die ers­te Kündi­gung, nicht aber ge­gen wei­te­re Kündi­gun­gen.

TIPP: Mit ei­nem sog. „Schlepp­netz­an­trag“ kann die Ge­fahr aus­ge­schlos­sen wer­den, dass nach­ge­scho­be­ne Kündi­gun­gen nicht recht­zei­tig mit ei­ner wei­te­ren Kündi­gungs­schutz­kla­ge oder ei­nem zusätz­li­chen Klag­an­trag in dem be­reits lau­fen­den Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren an­ge­grif­fen wer­den. Ein sol­cher An­trag kann z.B. lau­ten:

„Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis des Klägers/der Kläge­rin auch durch wei­te­re Kündi­gun­gen des/der Be­klag­ten nicht auf­gelöst ist, son­dern un­gekündigt fort­be­steht.“

Wer sich mit ei­nem sol­chen An­trag ab­si­chert, muss aber spätes­tens im Kam­mer­ter­min auf Nach­fra­gen des Ge­richts wis­sen, ob wei­te­re Kündi­gun­gen aus­ge­spro­chen wur­den. Falls nicht, soll­te der Schlepp­netz­an­trag zurück­ge­nom­men wer­den, da er an­dern­falls ab­ge­wie­sen wird.

Falls der Ar­beit­ge­ber da­ge­gen noch wei­te­re Kündi­gun­gen nach­schiebt, soll­ten die­se Kündi­gun­gen bis zum Kam­mer­ter­min in der übli­chen Wei­se, d.h. durch ziel­ge­rich­te­te Klag­anträge an­ge­grif­fen wer­den.

Dann ist auf je­den Fall, auch wenn die be­tref­fen­den Kündi­gun­gen schon länger als drei Wo­chen zurück­lie­gen, die Kla­ge­frist dank des Schlepp­netz­an­trags ein­ge­hal­ten.

Muss man die Kla­ge­frist auch ein­hal­ten, wenn man die Kündi­gung zurück­ge­wie­sen oder ihr wi­der­spro­chen hat?

Manch­mal ist für den gekündig­ten Ar­beit­neh­mer nicht klar, ob die Per­son, die für den Ar­beit­ge­ber die Kündi­gungs­erklärung un­ter­schrie­ben hat, da­zu be­vollmäch­tigt war. Liegt dem Kündi­gungs­schrei­ben in sol­chen Fällen kei­ne schrift­li­che Voll­macht bei, kann der Ar­beit­neh­mer die Kündi­gung aus die­sem Grund gemäß § 174 Satz 1 BGB zurück­wei­sen, was schnell bzw. „un­verzüglich“ ge­sche­hen muss. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter dem Stich­wort „Kündi­gung - Zurück­wei­sung der Kündi­gung“.

Auch wenn die Kündi­gung zurück­ge­wie­sen wur­de läuft die Drei­wo­chen­frist zur Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge, und auch dann greift bei Frist­ab­lauf die ge­setz­li­che Re­ge­lung ein, der zu­fol­ge die Kündi­gung „als von An­fang an rechts­wirk­sam“ gilt (§ 7 KSchG).

Die Zurück­wei­sung der Kündi­gung gemäß § 174 Satz 1 BGB ist da­her nur der ers­te Schritt, um sich ge­gen ei­ne Kündi­gung zur Wehr zu set­zen. Folgt dar­auf nicht die Kündi­gungs­schutz­kla­ge als zwei­ter Schritt, kann man sich die Zurück­wei­sung auch spa­ren.

Man­che Ar­beit­neh­mer erklären nach Er­halt ei­ner Kündi­gung ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber ei­nen Ein­spruch oder Wi­der­spruch. Wird der Ein­spruch in­ner­halb ei­ner Wo­che beim Be­triebs­rat ein­ge­legt und hält der Be­triebs­rat ihn für be­rech­tigt, hat er zu ver­su­chen, ei­ne Verständi­gung mit dem Ar­beit­ge­ber her­bei­zuführen (§ 3 KSchG). Al­ler­dings ist der Ar­beit­ge­ber nicht ver­pflich­tet, auf sol­che Einsprüche zu re­agie­ren, und auch der Be­triebs­rat kann ei­ne Verständi­gung der Par­tei­en nicht er­zwin­gen.

Da­her gilt auch im Fal­le ei­nes Ein­spruchs oder Wi­der­spruchs ge­gen die Kündi­gung: Die Drei­wo­chen­frist für die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge läuft und ist in je­dem Fall zu be­ach­ten.

Ist ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge überflüssig, wenn der Ar­beit­ge­ber die Kündi­gung zurück­nimmt?

Ei­ne Kündi­gung ist ei­ne ein­sei­ti­ge Rechts­ge­stal­tung. Sie wirkt in dem Mo­ment, in dem sie ein­mal erklärt ist. Sie kann da­her rein recht­lich gar nicht zurück­ge­nom­men wer­den. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter „Kündi­gung - Rück­nah­me der Kündi­gung“.

Auch die Rück­nah­me ei­ner (schrift­li­chen) Kündi­gung ändert nichts dar­an, dass die Kündi­gung "in der Welt" ist und das Ar­beits­verhält­nis da­her be­en­det, wenn sie wirk­sam ist, was man oft nicht si­cher weiß. Und da man die Un­wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gung in al­ler Re­gel nur in­ner­halb der Kla­ge­frist von drei Wo­chen ge­richt­lich gel­tend ma­chen kann (s. oben), ste­hen gekündig­te Ar­beit­neh­mer auch im Fal­le ei­ner Kündi­gungsrück­nah­me nur dann wirk­lich auf der si­che­ren Sei­te, wenn sie frist­gemäß Kla­ge ein­rei­chen.

Die Rück­nah­me ei­ner Kündi­gung ist trotz die­ser ju­ris­ti­schen Fall­stri­cke aber nicht sinn­los, son­dern als An­ge­bot aus­zu­le­gen, das gekündig­te Ar­beits­verhält­nis ein­ver­nehm­lich fort­zu­set­zen. Ei­ne sol­che Fort­set­zungs­ver­ein­ba­rung, der bei­de Par­tei­en aus­drück­lich zu­stim­men soll­ten, ist ei­ne Al­ter­na­ti­ve zu ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge. Ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung könn­te lau­ten:

„Fort­set­zungs­ver­ein­ba­rung

[Ort, Da­tum]

Die Par­tei­en be­zie­hen sich auf die vom Ar­beit­ge­ber erklärte Kündi­gung vom TT.MM.JJJJ und ver­ein­ba­ren hier­mit, dass die­se Kündi­gung kei­ner­lei Rechts­wir­kun­gen ha­ben soll. Das Ar­beits­verhält­nis wird da­her zu den bis­her gel­ten­den Be­din­gun­gen oh­ne Un­ter­bre­chung fort­ge­setzt.

[Un­ter­schrift Ar­beit­ge­ber], [Un­ter­schrift Ar­beit­neh­mer]“

Ar­beit­ge­ber, die ei­ne Kündi­gung zurück­neh­men wol­len, soll­ten Ar­beit­neh­mern ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung vor­schla­gen, da an­dern­falls mit ei­ner (überflüssi­gen und lästi­gen) Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu rech­nen ist. Ar­beit­neh­mer wie­der­um können sich auf ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung ver­las­sen, d.h. ei­ne Kla­ge ist dann nicht mehr nötig.

Wann lohnt sich ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge?

Wenn man als Ar­beit­neh­me­rin oder Ar­beit­neh­mer ei­ne Kündi­gung er­hal­ten hat, stellt sich die Fra­ge, ob man die Kündi­gung auf sich be­ru­hen las­sen oder Kündi­gungs­schutz­kla­ge ein­rei­chen soll­te.

Prak­tisch ge­se­hen be­steht der Haup­tef­fekt ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge dar­in, dass sich der be­klag­te Ar­beit­ge­ber nicht si­cher sein kann, dass der gekündig­te Mit­ar­bei­ter auch dau­er­haft bzw. rechts­si­cher „draußen“ ist. Dem­ge­genüber ha­ben Ar­beit­neh­mer auch bei ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge die recht­li­che Möglich­keit, sich ei­ne neue Stel­le zu su­chen.

Auf der Grund­la­ge die­ser Un­ge­wiss­heit sind vie­le Un­ter­neh­men da­zu be­reit, Ab­fin­dun­gen zu zah­len und ein gu­tes bzw. sehr gu­tes Zeug­nis zu er­tei­len. Das spricht aus Ar­beit­neh­mer­sicht für ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge.

Manch­mal können Ar­beit­ge­ber aber auch ganz gut da­mit le­ben, dass die Wirk­sam­keit der Kündi­gung während des Kla­ge­ver­fah­rens noch nicht fest­steht, nämlich dann, wenn sie sich ziem­lich si­cher sein können, dass der gekündig­te Ar­beit­neh­mer rasch ei­ne an­de­re Stel­le fin­den wird.

BEISPIEL: Ei­ne seit 17 Jah­ren beschäftig­te Kran­ken­schwes­ter wird An­fang Mai frist­los gekündigt, weil sie während ei­ner Pau­se auf dem Bal­kon ge­raucht hat, ob­wohl in der ge­sam­ten Kli­nik ein Rauch­ver­bot gilt. Ei­ne vor­he­ri­ge ein­schlägi­ge Ab­mah­nung gibt es nicht. Die Kran­ken­schwes­ter mel­det sich zwar ar­beits­los, hat aber be­reits zu An­fang Ju­ni in ei­nem an­de­ren Kran­ken­haus ei­ne neue An­stel­lung ge­fun­den.

In die­sem Bei­spiel be­steht das Pro­blem bei ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge aus Sicht der Kran­ken­schwes­ter dar­in, dass der Ar­beit­ge­ber nur ein ge­rin­ges Ver­zugs­lohn­ri­si­ko trägt, auch wenn die Kündi­gung un­wirk­sam ist (was hier im Bei­spiel ziem­lich of­fen­sicht­lich der Fall ist).

Denn auf den Ver­zugs­lohn, den der Ar­beit­ge­ber nach ei­ner un­wirk­sa­men Kündi­gung bzw. rechts­wid­ri­gen Ent­las­sung gemäß § 615 Satz 1 BGB zah­len muss, muss sich der ent­las­se­ne Ar­beit­neh­mer ei­nen Zwi­schen­ver­dienst an­rech­nen las­sen, den er bei ei­nem an­de­ren Ar­beit­ge­ber er­zielt (§ 11 Nr.1 KSchG). Und da die gu­ten Ar­beits­markt­chan­cen von Pfle­ge­kräften all­ge­mein be­kannt sind, braucht sich Ar­beit­ge­ber hier im Bei­spiel kei­ne all­zu großen fi­nan­zi­el­len Sor­gen zu ma­chen. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter den Stich­wor­ten „An­nah­me­ver­zug des Ar­beit­ge­bers“ und „Vergütung bei Ar­beits­aus­fall“.

Mögli­cher­wei­se wird er da­her im Fal­le ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge nur zur Er­tei­lung ei­nes gu­ten Zeug­nis­ses be­reit sein (was nach 17-jähri­ger Beschäfti­gung und an­ge­sichts ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung im­mer­hin auch et­was wert ist).

An­ders ist es aber dann, wenn die Ar­beits­markt­chan­cen ei­nes gekündig­ten Ar­beit­neh­mers nicht so ro­sig sind und/oder der Ar­beit­ge­ber da­von zu­min­dest aus­ge­hen muss.

BEISPIEL: Ein seit 21 Jah­ren in ei­nem Be­trieb mit 350 Ar­beit­neh­mern beschäftig­ter Pro­duk­ti­ons­hel­fer wird im De­zem­ber 2021 frist­gemäß aus be­triebs­be­ding­ten Gründen zu En­de Ju­li 2022 gekündigt und reicht Kündi­gungs­schutz­kla­ge ein. Zum Zeit­punkt des Kam­mer­ter­mins im Ok­to­ber 2022 ist er 55 Jah­re alt und ar­beits­los ge­mel­det, was der Ar­beit­ge­ber auf­grund ei­ner ent­spre­chen­den Mit­tei­lung der Ar­beits­agen­tur weiß.

In die­sem Bei­spiel soll­te der Ar­beit­ge­ber eher als in dem Fall der frist­los gekündig­ten Kran­ken­schwes­ter da­zu be­reit sein, ei­ne an­ge­mes­se­ne Ab­fin­dung zu zah­len, denn er muss befürch­ten, dass der Pro­duk­ti­ons­hel­fer für länge­re Zeit Ar­beits­lo­sen­geld be­zieht. Fi­nan­zi­ell nach­tei­lig ist hier für den Ar­beit­ge­ber, dass er das Ar­beits­lo­sen­geld an die Ar­beits­agen­tur er­stat­ten muss, falls die Kündi­gungs­schutz­kla­ge Er­folg hat. Das ist an­ders bei ei­nem an­der­wei­tig er­ziel­ten Zwi­schen­ver­dienst, der den Ar­beit­ge­ber ef­fek­tiv ent­las­tet.

Sch­ließlich ist ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge auch dann sinn­voll, wenn die Hoff­nung be­steht, Rest­lohn­for­de­run­gen rasch und im Sin­ne des kla­gen­den Ar­beit­neh­mers klären zu können.

BEISPIEL: Ein seit zwei Jah­ren in ei­nem Be­trieb mit 80 Ar­beit­neh­mern an­ge­stell­ter lei­ten­der Ver­triebs­mit­ar­bei­ter wird An­fang Ja­nu­ar 2022 frist­los gekündigt, weil er an­geb­lich oh­ne Ab­stim­mung mit der Geschäfts­lei­tung un­wirt­schaft­li­che Ra­bat­te gewährt ha­ben soll. Aus Sicht der Ver­triebs­kraft gab es aber gu­te Gründe für die Ra­bat­te, da ein Großauf­trag in Aus­sicht stand. Im Ar­beits­ver­trag ist ei­ne Kündi­gungs­frist von sechs Mo­na­ten zum Quar­tals­en­de ver­ein­bart und ein er­folgs­abhängi­ger Jah­res­bo­nus, der in den letz­ten bei­den Jah­ren in ma­xi­ma­ler Höhe aus­ge­zahlt wur­de und 25.000,00 EUR brut­to aus­macht.

Hier im Bei­spiel spricht viel für ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge, al­lein schon um die Vergütung der lan­gen Kündi­gungs­fris­ten und ei­ne an­tei­li­ge Bo­nus­zah­lung von 75 Pro­zent im Aus­schei­dens­jahr durch­zu­set­zen.

Denn bei Ein­hal­tung der Kündi­gungs­frist hätte der Ar­beit­ge­ber im Ja­nu­ar 2022 erst­mals zu En­de Sep­tem­ber 2022 kündi­gen können, d.h. von der Wirk­sam­keit der Kündi­gung hängen neun Mo­na­te Ge­halt ab. Außer­dem wären bei ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu En­de Sep­tem­ber 2022 (25.000,00 x 0,75 =) 18.750,00 EUR als zeit­an­tei­li­ger Jah­res­bo­nus für 2022 zu zah­len. Ein wei­te­rer fi­nan­zi­el­ler An­spruch ist die Ur­laubs­ab­gel­tung, die bei ei­ner Be­en­di­gung En­de Sep­tem­ber (statt An­fang Ja­nu­ar) er­heb­lich ist.

Nicht zu­letzt soll­ten Ar­beit­neh­mer bei frist­lo­sen Kündi­gun­gen im­mer be­den­ken, dass sie kein gu­tes Zeug­nis er­war­ten können und mit ei­ner Sperr­zeit beim Be­zug von Ar­beits­lo­sen­geld rech­nen müssen. Auch das spricht dafür, frist­lo­se Kündi­gun­gen nicht ein­fach hin­zu­neh­men, son­dern da­ge­gen zu kla­gen.

Im Er­geb­nis spre­chen fol­gen­de Umstände für ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge:

  • Die Kündi­gung ist of­fen­kun­dig oder sehr wahr­schein­lich un­wirk­sam.
  • Der Ar­beit­neh­mer ist ar­beits­los ge­mel­det und sei­ne Chan­cen auf dem Ar­beits­markt sind nicht sehr gut.
  • Es wur­de ei­ne frist­lo­se Kündi­gung aus­ge­spro­chen, de­ren Be­rech­ti­gung zu­min­dest zwei­fel­haft ist.
  • In­fol­ge ei­ner frist­lo­sen oder aus an­de­ren Gründen vor­fris­ti­gen Kündi­gung ent­ge­hen dem gekündig­ten Ar­beit­neh­mer sub­stan­ti­el­le Ge­halts­zah­lun­gen.

An­de­rer­seits spre­chen fol­gen­de Umstände ge­gen ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge:

  • Die Kündi­gung ist of­fen­kun­dig oder sehr wahr­schein­lich wirk­sam, wie z.B. bei ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung in den ers­ten sechs Mo­na­ten des Ar­beits­verhält­nis­ses und/oder in ei­nem Be­trieb mit zehn oder we­ni­ger Ar­beit­neh­mern.
  • Der Ar­beit­neh­mer ist noch nicht im ren­ten­na­hen Al­ter und übt ei­nen Man­gel­be­ruf aus, so dass sei­ne Chan­cen auf dem Ar­beits­markt sehr gut sind (was der Ar­beit­ge­ber auch weiß).
  • Der Ar­beit­ge­ber hat sei­ne Kündi­gung mit ei­nem Ab­fin­dungs­an­ge­bot ver­bun­den, das bei Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge hinfällig wird, d.h. er hat ei­ne Kündi­gung mit ei­nem Ab­fin­dungs­an­ge­bot gemäß § 1a KSchG aus­ge­spro­chen oder ein an­de­res Ab­fin­dungs­an­ge­bot un­ter­brei­tet.

Kann man auch kla­gen, wenn man sich be­ruf­lich verändern möch­te oder es nur um ei­ne gu­te Ab­fin­dung geht?

Ja, das ist recht­lich zulässig und kommt auch recht oft vor. Hin­ter dem of­fi­zi­el­len Ziel ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge, der Fort­set­zung der Beschäfti­gung beim bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­ber, steht oft das Ziel, das Ar­beits­verhält­nis ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung zu be­en­den.

Da­zu ist in al­ler Re­gel ein Ab­fin­dungs­ver­gleich er­for­der­lich, d.h. ei­ne frei­wil­li­ge Re­ge­lung. Hier wird oft, aber kei­nes­wegs im­mer ei­ne Ab­fin­dung von ei­nem hal­ben Mo­nats­ge­halt pro Beschäfti­gungs­jahr ver­ein­bart (sog. Re­gel­ab­fin­dung). Je nach­dem, wie gut oder schlecht sich die Kündi­gung be­gründen lässt und wie hoch (oder ge­ring) das Ver­zugs­lohn­ri­si­ko ist, kann die Ab­fin­dung aber auch weit höher oder weit ge­rin­ger sein.

Wie ei­ne an­ge­mes­se­ne Ab­fin­dung be­rech­net wer­den kann, d.h. auf wel­che Fak­to­ren es hier an­kommt, können Sie un­ter dem Stich­wort „Ab­fin­dungshöhe, Be­rech­nung und Höhe der Ab­fin­dung“ nach­le­sen.

Wird über ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung ge­strit­ten, kann sich ein Ab­fin­dungs­an­spruch auch aus ei­nem So­zi­al­plan er­ge­ben, d.h. aus ei­ner Ver­ein­ba­rung zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat, mit der die Fol­gen ei­ner Be­triebsände­rung ge­re­gelt wer­den.

Der So­zi­al­plan-Ab­fin­dungs­an­spruch ist dann während der Dau­er des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens noch nicht fällig (denn er setzt ja die rechts­wirk­sa­me Kündi­gung vor­aus), bil­det aber ein Auf­fang­netz für den Ar­beit­neh­mer: Soll­te die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ab­ge­wie­sen wer­den oder soll­te sich der Ar­beit­ge­ber nicht per Ver­gleich auf ei­ne Erhöhung der So­zi­al­plan-Ab­fin­dung ein­las­sen, kann der Ar­beit­neh­mer später im­mer noch die So­zi­al­plan-Ab­fin­dung ver­lan­gen.

Sch­ließlich können Ar­beit­neh­mer in sel­te­nen Aus­nah­mefällen ei­ne Ab­fin­dung auch ge­gen den Wil­len des Ar­beit­ge­bers durch­set­zen, nämlich durch ei­nen An­trag auf ge­richt­li­che Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung gemäß § 9 Abs.1 Satz 1 KSchG. Die­se Vor­schrift lau­tet:

„Stellt das Ge­richt fest, daß das Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung nicht auf­gelöst ist, ist je­doch dem Ar­beit­neh­mer die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu­zu­mu­ten, so hat das Ge­richt auf An­trag des Ar­beit­neh­mers das Ar­beits­verhält­nis auf­zulösen und den Ar­beit­ge­ber zur Zah­lung ei­ner an­ge­mes­se­nen Ab­fin­dung zu ver­ur­tei­len.“

Ei­nem Auflösungs­an­trag auf die­ser Grund­la­ge kann das Ge­richt nur statt­ge­ben,

  • wenn die Kündi­gung un­wirk­sam war, und
  • wenn dem Ar­beit­neh­mer die wei­te­re Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu­zu­mu­ten ist, z.B. we­gen her­abwürdi­gen­der Äußerun­gen des Ar­beit­ge­bers im Pro­zess.

Weil es dem Ar­beit­neh­mer aber in al­ler Re­gel auch nach Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge noch zu­zu­mu­ten ist, das Ar­beits­verhält­nis wei­ter fort­zu­set­zen, kommt ei­ne sol­che ge­richt­li­che, d.h. dem Ar­beit­ge­ber auf­ge­zwun­ge­ne Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit gleich­zei­ti­ger Ver­ur­tei­lung des Ar­beit­ge­bers zur Ab­fin­dungs­zah­lung in der Pra­xis kaum vor.

Mit wel­chen Kos­ten ist bei ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu rech­nen?

Beim The­ma Kos­ten geht es ei­ner­seits um Ge­richts­gebühren, an­de­rer­seits um An­walts­kos­ten.

Die bei den Ar­beits­ge­rich­ten an­fal­len­den Ge­richts­gebühren sind ge­rin­ger als beim Amts- oder Land­ge­richt. Außer­dem müssen sie vom Kläger (an­ders als bei ei­ne Kla­ge vor dem Amts- oder Land­ge­richt) nicht vor­ge­schos­sen wer­den. Und schließlich fal­len Ge­richts­kos­ten oft vollständig weg, nämlich wenn der Pro­zess durch Ver­gleich er­le­digt wird oder wenn die Kla­ge vor An­trags­stel­lung zurück­ge­nom­men wird. Aus die­sen Gründen spie­len die Ge­richts­kos­ten bei der Über­le­gung, ob man ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge ein­rei­chen soll­te oder nicht, prak­tisch ver­nachlässi­gen.

Beim The­ma An­walts­kos­ten muss man nor­ma­ler­wei­se nicht nur die Kos­ten des ei­ge­nen An­walts, son­dern auch die An­walts­kos­ten der Ge­gen­sei­te in Be­tracht zie­hen, da man mit die­sen be­las­tet wird, wenn man den Pro­zess ver­liert. Das ist bei ei­ner ar­beits­ge­richt­li­chen Kla­ge in der ers­ten In­stanz aber an­ders:

Denn im ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils­ver­fah­ren ers­ter In­stanz hat man auch dann, wenn man den Pro­zess ge­winnt, kei­nen An­spruch auf Er­stat­tung sei­ner An­walts­kos­ten (§ 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG).

Der Grund für die­se Aus­nah­me liegt dar­in, dass der Ar­beit­neh­mer, der sich in über 90 Pro­zent al­ler ar­beits­ge­richt­li­chen Pro­zes­se auf der Kläger­sei­te be­fin­det, nicht mit dem Ri­si­ko be­las­tet wer­den soll, im Fal­le des Un­ter­lie­gens auch noch die An­walts­kos­ten des Ar­beit­ge­bers tra­gen zu müssen. Die­se Ent­las­tung ist in vie­len Fällen sinn­voll, da Ar­beit­neh­mer oft­mals Rechts­schutz von der Ge­werk­schaft in An­spruch neh­men können oder rechts­schutz­ver­si­chert sind.

Die Kehr­sei­te die­ser Me­dail­le ist natürlich, dass Ar­beit­neh­mer auch dann kei­nen An­spruch auf Er­stat­tung ih­rer An­walts­kos­ten ha­ben, wenn sie den Kündi­gungs­schutz­pro­zess ge­win­nen. Mit die­sem Nach­teil müssen natürlich auch Ar­beit­ge­ber le­ben, wenn sie grund­los ver­klagt wer­den und die Kla­ge ab­ge­wie­sen wird.

Vor die­sem Hin­ter­grund fragt sich, ob ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge un­ter Ein­schal­tung ei­nes An­walts sinn­voll ist, auch wenn man in je­dem Fall, d.h. un­abhängig vom Aus­gang des Pro­zes­ses, mit den Kos­ten für sei­nen An­walts be­las­tet ist.

Hier gibt es im Prin­zip fünf Möglich­kei­ten:

1. Sie las­sen sich nicht ver­tre­ten, son­dern führen den Kündi­gungs­schutz­pro­zess selbst. Da­von ist aber aus den oben ge­nann­ten Gründen in der Re­gel ab­zu­ra­ten.
2. Sie sind Ge­werk­schafts­mit­glied und las­sen sich kos­ten­los von ei­nem ge­werk­schaft­li­chen Rechts­se­kretär ver­tre­ten.
3. Sie ha­ben ei­ne Rechts­schutz­ver­si­che­rung und las­sen sich durch ei­nem Rechts­an­walt ver­tre­ten. Dann über­nimmt Ih­re Rechts­schutz­ver­si­che­rung die Kos­ten für Ih­ren An­walt.
4. Sie sind nicht rechts­schutz­ver­si­chert, aber fi­nan­zi­ell schlecht ge­stellt, so dass Sie ei­nen An­walt nicht be­zah­len können. Dann ha­ben Sie An­spruch auf Pro­zess­kos­ten­hil­fe. Die­se be­an­tragt Ihr An­walt zu­sam­men mit der Kla­ge­er­he­bung beim Ar­beits­ge­richt. Wird Pro­zess­kos­ten­hil­fe gewährt, über­nimmt der Staat die Kos­ten für Ih­ren An­walt.
5. Sie sind nicht rechts­schutz­ver­si­chert, können sich aber ei­nen An­walt leis­ten, so dass Sie kei­nen An­spruch auf Pro­zess­kos­ten­hil­fe ha­ben. Dann stellt sich die Fra­ge, wie hoch die An­walts­gebühren bei ei­nem Kündi­gungs­schutz­pro­zess sind und ob sich ei­ne an­walt­li­che Ver­tre­tung für Sie rech­net. Die­se Fra­ge soll­ten Sie am bes­ten vor­ab mit ei­ner Kanz­lei be­spre­chen, d.h. Sie soll­ten sich zunächst nur we­gen der Er­folgs­aus­sich­ten der Kla­ge und der Kos­ten be­ra­ten las­sen.

Wie hoch sind die An­walts­kos­ten in ei­nem Kündi­gungs­schutz­pro­zess?

Die An­walts­gebühren sind durch Ge­setz fest­ge­legt, nämlich durch das Rechts­an­walts­vergütungs­ge­setz (RVG). All­ge­mei­ne In­for­ma­tio­nen und Bei­spie­le zu der Fra­ge, wie An­walts­gebühren be­rech­net wer­den, fin­den Sie un­ter dem Stich­wort "Gebühren und Kos­ten im Ar­beits­recht".

Grund­la­ge für die Be­rech­nung der Gebühren ist der Streit­wert. Die­ser beträgt bei ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge nach der Recht­spre­chung ein Quar­tals­ver­dienst.

BEISPIEL: Ein Ar­beit­neh­mer, der 3.500 EUR brut­to pro Mo­nat ver­dient, er­hebt Kündi­gungs­schutz­kla­ge. Der Streit­wert beträgt 10.500 EUR. Erhält der Ar­beit­neh­mer ein drei­zehn­tes Mo­nats­ge­halt, beträgt der Streit­wert (13 x 3.500,00 : 4 =) 11.375,00 EUR.

Kündi­gungs­schutz­pro­zes­se wer­den oft durch Ver­gleich er­le­digt. Bei die­ser Art der Be­en­di­gung des Pro­zes­ses erhält der An­walt 3,5 Gebühren (1,3 Ver­fah­rens­gebühr + 1,2 Ter­min­gebühr + 1,0 Ver­gleichs­gebühr).

BEISPIEL: Ein Ar­beit­neh­mer, der 3.500,00 EUR brut­to pro Mo­nat ver­dient und ein drei­zehn­tes Mo­nats­ge­halt be­kommt, er­hebt durch ei­nen An­walt Kündi­gungs­schutz­kla­ge. Der Pro­zess wird durch ei­nen Ab­fin­dungs­ver­gleich be­en­det. Die Ab­fin­dung beträgt un­ter Berück­sich­ti­gung des zehnjähri­gen Be­stands des gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis­ses (10 x 3.500 : 2 =) 17.500,00 EUR. Die An­walts­gebühren be­lau­fen sich bei 3,5 Gebühren und ei­nem Streit­wert von ei­nem Quar­tals­ge­halt (11.375,00 EUR) auf 2.797,69 EUR (ein­sch­ließlich 20,00 EUR Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­pau­scha­le und Um­satz­steu­er).

Bei Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren sind die An­walts­kos­ten oft gut an­ge­leg­tes Geld. Denn je nach Dau­er der Beschäfti­gung und den o.g. an­de­ren Be­gleit­umständen kann man ei­ne gu­te Ab­fin­dung aus­han­deln. So ist es auch in dem obi­gen Bei­spiel. Bei ei­ner Ab­fin­dung von 17.500,00 EUR soll­ten 2.797,69 EUR An­walts­gebühren zu ver­schmer­zen sein.

Wel­che Feh­ler soll­ten Ar­beit­ge­ber im Kündi­gungs­schutz­pro­zess ver­mei­den?

Aus Ar­beit­ge­ber­sicht sind Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren lästig. Sie kos­ten Geld, Zeit und Ner­ven.

1. Der ers­te Feh­ler, den Ar­beit­ge­ber im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ma­chen können, be­steht dar­in, es über­haupt so weit kom­men zu las­sen.

Vor ei­ner Kündi­gung soll­te im­mer ge­prüft wer­den, ob nicht ein Auf­he­bungs­ver­trag die bes­se­re Al­ter­na­ti­ve ist.

2. Im Lau­fe ei­nes Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens stellt sich oft her­aus, dass die strei­ti­ge Kündi­gung recht­lich mögli­cher­wei­se an­greif­bar ist. Manch­mal gibt es ent­spre­chen­de Hin­wei­se schon zu ei­nem frühen Zeit­punkt, z.B. im Güte­ter­min durch den oder die Vor­sit­zen­de oder durch Ausführun­gen in der Kla­ge­schrift. Da­ge­gen kann und soll man recht­lich ar­gu­men­tie­ren, d.h. an der Wirk­sam­keit der Kündi­gung erst ein­mal fest­hal­ten.

Un­abhängig da­von be­steht aber oft auch die Möglich­keit, wei­te­re Kündi­gun­gen aus­zu­spre­chen. So z.B., wenn sich bei Durch­sicht des Ar­beits­be­reichs ei­nes gekündig­ten Mit­ar­bei­ters Hin­wei­se dar­auf fin­den, dass er schwer­wie­gen­de Pflicht­verstöße be­gan­gen hat.

Der zwei­te Feh­ler, den Ar­beit­ge­ber im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge be­ge­hen können, be­steht dar­in, kei­ne wei­te­ren Kündi­gun­gen aus­zu­spre­chen, ob­wohl die­se recht­lich zulässig wären.

3. Man­che Ar­beit­neh­mer fin­den im Lauf des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens ei­ne neue Stel­le. Das müssen sie aber nicht von sich aus mit­tei­len, so­lan­ge sie für die Zeit nach der Ent­las­sung kei­nen An­nah­me­ver­zugs­lohn ein­kla­gen. Denn nur wenn Ver­zugs­lohn ein­ge­klagt wird, ist ein Zwi­schen­ver­dienst, eben­so wie Ar­beits­lo­sen­geld, in Ab­zug zu brin­gen (§ 11 Nr.1, Nr.3 KSchG).

Da das Ver­zugs­lohn­ri­si­ko des Ar­beit­ge­bers durch ei­ne Fol­ge­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers ent­schei­dend ver­rin­gert wird, soll­ten Ar­beit­ge­ber den Ar­beit­neh­mer spätes­tens im Kam­mer­ter­min da­nach be­fra­gen. Die Fra­ge ist bei Ver­hand­lun­gen über ei­ne Ab­fin­dung zulässig, und sie darf nicht falsch be­ant­wor­tet wer­den, denn da­mit würde sich der Ar­beit­neh­mer in gefähr­li­che Nähe zum Be­trug be­ge­ben. Selbst­verständ­lich muss der Ar­beit­neh­mer sie nicht be­ant­wor­ten, aber wenn er auf die­se Fra­ge schweigt, weiß der Ar­beit­ge­ber, wor­an er ist.

Der drit­te Feh­ler, den Ar­beit­ge­ber im Rah­men ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge be­ge­hen können, be­steht da­her dar­in, den Ar­beit­neh­mer nicht zu fra­gen, ob er nach der Kündi­gung ei­ne neue Stel­le ge­fun­den hat.

4. Sch­ließlich möch­ten vie­le Ar­beit­neh­mer, die frist­wah­rend und mit dem Ziel ei­ner gu­ten Ab­fin­dung Kündi­gungs­schutz­kla­ge ein­ge­reicht ha­ben, in Wahr­heit gar nicht mehr in den Be­trieb zurück­keh­ren.

Ar­beit­ge­ber soll­ten da­her im­mer die Möglich­keit prüfen, die Kündi­gung im Lau­fe des Pro­zes­ses zurück­zu­neh­men. Kommt ei­ne sol­che Ent­schei­dung in Be­tracht, soll­ten Ar­beit­ge­ber die­se Op­ti­on deut­lich an­spre­chen, denn dann hal­ten sich Ab­fin­dungs­for­de­run­gen meist in Gren­zen.

Der vier­te Feh­ler, den Ar­beit­ge­ber während ei­nes Kündi­gungs­schutz­pro­zes­ses ma­chen können, be­steht da­her dar­in, dem Ar­beit­neh­mer nicht zu si­gna­li­sie­ren, dass die Kündi­gung auch zurück­ge­nom­men wer­den könn­te.

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Letzte Überarbeitung: 22. Oktober 2021

Was können wir für Sie tun?

Wenn Sie als Ar­beit­ge­ber ei­ne Kün­di­gung aus­spre­chen oder zu­nächst ein­mal gründ­lich vor­be­rei­ten wol­len, d.h. un­ter Be­ach­tung recht­li­cher For­ma­li­tä­ten und Fris­ten, oder wenn Sie als Ar­beit­neh­me­rin oder Ar­beit­neh­mer ei­ne Kün­di­gung er­hal­ten ha­ben und da­her rasch re­agie­ren müs­sen, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Wir un­ter­stüt­zen Sie auch im Vor­feld ei­ner mög­li­chen Kün­di­gungs­schutz­kla­ge, et­wa im Rah­men der An­hö­rung vor ei­ner Ver­dachts­kün­di­gung, bei der Kal­ku­la­ti­on und Be­wer­tung von Ab­fin­dungs­an­ge­bo­ten oder bei der An­hö­rung des Be­triebs­rats.

Falls sich ein Auf­he­bungs­ver­trag oder ei­ne güt­li­che au­ßer­ge­richt­li­che Ei­ni­gung über ei­ne be­reits aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung nicht er­rei­chen lässt, ver­tre­ten wir Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer deutsch­land­weit im Rah­men von Kün­di­gungs­schutz­pro­zes­sen.

Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag / Ge­schäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­trag (mit Er­gän­zun­gen / Än­de­run­gen, falls vor­han­den)
  • Ge­halts­nach­wei­se der letz­ten drei Mo­na­te
  • An­hö­rung zu den be­ste­hen­den Vor­wür­fen (falls be­reits vor­han­den)
  • Kün­di­gungs­schrei­ben (falls be­reits vor­han­den)
  • An­ge­bot ei­nes Ab­wick­lungs­ver­trags oder Auf­he­bungs­ver­trags (falls be­reits vor­han­den)

Ei­ne Bit­te an Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer: Be­ach­ten Sie un­be­dingt die Drei­wo­chen­frist zur Er­he­bung ei­ner Kün­di­gungs­schutz­kla­ge, die mit Er­halt des Kün­di­gungs­schrei­bens be­ginnt, und neh­men Sie vor Ab­lauf die­ser Frist Kon­takt zu uns auf, wenn wir Sie recht­lich un­ter­stüt­zen sol­len.

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