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Kein Präventionsverfahren in der Probezeit
25.04.2016. Arbeitgeber müssen bei der Besetzung freier Stellen und beim Thema Entlassung die Rechte schwerbehinderter Arbeitnehmer beachten. Dazu gehört z.B., vor einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen, § 85 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Das OK des Integrationsamtes ist aber erst dann erforderlich, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat (§ 90 Abs.1 Nr.1 SGB IX).
Obwohl dies gesetzlich nicht eindeutig geregelt ist, gilt ein solcher zeitlicher Aufschub des gesetzlichen Schutzes schwerbehinderter Arbeitnehmer auch für das Präventionsverfahren gemäß § 84 Abs.1 SGB IX, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Donnerstag letzter Woche entschieden hat: BAG, Urteil vom 21.04.2016, 8 AZR 402/14.
- Müssen Arbeitgeber in den ersten sechs Beschäftigungsmonaten vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs.1 SGB IX durchführen?
- Im Streit: Kündigung einer schwerbehinderten Arbeitnehmerin nach fünf Monaten im öffentlichen Dienst ohne Präventionsverfahren
- BAG: Schwerbehinderte können keine Diskriminierungs-Entschädigung verlangen, wenn sie in der Probezeit ohne vorheriges Präventionsverfahren gekündigt werden
Müssen Arbeitgeber in den ersten sechs Beschäftigungsmonaten vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs.1 SGB IX durchführen?
Gemäß § 84 Abs.1 SGB IX muss sich der Arbeitgeber darum bemühen, Probleme bei Arbeitsverhältnissen schwerbehinderter Arbeitnehmer möglichst frühzeitig aus dem Weg zu räumen. Zusammen mit dem betroffenen Arbeitnehmer sowie mit dem Betriebsrat und der Schwerbehindertenvertretung sollen alle Möglichkeiten besprochen werden, damit das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden kann.
Dieses "Präventionsverfahren" ähnelt dem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM), das im nächsten Absatz desselben Paragraphen geregelt ist (§ 84 Abs.2 SGB IX). Im Unterschied zum BEM setzt das Präventionsverfahren keine längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten des Arbeitnehmers voraus, gilt dafür aber nur für schwerbehinderte Arbeitnehmer.
Eine Kündigung, die der Arbeitgeber innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses ausspricht, d.h. während der gesetzlichen Wartezeit ("Probezeit") bis zum Eingreifen des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), ist nicht allein deshalb unwirksam, weil zuvor kein Präventionsverfahren gemäß § 84 Abs.2 SGB IX durchgeführt wurde. Das hat das BAG schon vor längerer Zeit entschieden.
Eine andere Frage ist allerdings, ob das Unterlassen eines Präventionsverfahrens vor Ausspruch einer Kündigung in der Probezeit den gekündigten schwerbehinderten Arbeitnehmer diskriminiert. Dann könnte sich der entlassene Arbeitnehmer zwar nicht gegen die Kündigung wehren, hätte aber nach den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) einen Anspruch auf Entschädigung wegen einer behinderungsbedingten Diskriminierung, § 15 Abs.2 AGG.
Im Streit: Kündigung einer schwerbehinderten Arbeitnehmerin nach fünf Monaten im öffentlichen Dienst ohne Präventionsverfahren
Geklagt hatte eine schwerbehinderte Arbeitnehmerin des Landes Baden-Württemberg, die gut fünf Monate nach ihrer Einstellung wieder gekündigt worden war. Hintergrund der Kündigung waren Leistungsmängel. Das jedenfalls war die Sichtweise des Dienstherrn. Vor Ausspruch der Kündigung hatte er zwar die Schwerbehindertenvertretung und den Personalrat beteiligt, aber kein Präventionsverfahren gemäß § 84 Abs.1 SGB IX durchgeführt.
Die entlassene Arbeitnehmerin klagte auf Diskriminierungsentschädigung, hatte mit ihrer Klage aber weder vor dem Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil vom 23.10.2013, 29 Ca 3414/13) noch in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg Erfolg (Urteil vom 17.03.2014, 1 Sa 23/13).
Begründung des LAG: Das Präventionsverfahren ist ergebnisoffen und unter Beteiligung vieler Stellen bzw. Personen zu führen und nimmt damit Zeit in Anspruch. Während der sechsmonatigen Wartezeit ist das nicht wirklich möglich.
BAG: Schwerbehinderte können keine Diskriminierungs-Entschädigung verlangen, wenn sie in der Probezeit ohne vorheriges Präventionsverfahren gekündigt werden
Auch das BAG entschied gegen die Klägerin, die damit in allen drei Instanzen den Kürzeren zog. In der bislang allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung:
Arbeitgeber sind nicht dazu verpflichtet, innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses, d.h. während der Wartezeit nach § 1 Abs.1 KSchG, ein Präventionsverfahren gemäß § 84 Abs.1 SGB IX durchzuführen.
Daran ändern die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) und die Richtlinie 2000/78/EG nichts. Denn das Präventionsverfahren gemäß § 84 Abs.1 SGB IX gehört nicht zu den "angemessenen Vorkehrungen" im Sinn von Art.2 UN-BRK, die der Staat gemäß Art.5 der Richtlinie 2000/78/EG zugunsten behinderter Menschen ergreifen muss, so das BAG.
Fazit: Mit diesem Urteil hat das BAG den Anwendungsbereich von § 84 Abs.1 SGB IX über dessen Wortlaut hinaus weiter eingeschränkt. Da Arbeitgeber während der sechsmonatigen Probezeit von vornherein kein Präventionsverfahren durchführen müssen, führt eine solche "Unterlassung" weder zur Unwirksamkeit einer Probezeitkündigung noch zu einer behinderungsbedingten Diskriminierung.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.04.2016, 8 AZR 402/14
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2014, 1 Sa 23/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Behinderung, Menschen mit Behinderung
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Letzte Überarbeitung: 7. September 2021
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