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Krankheitsbedingte Kündigung als Diskriminierung wegen einer Behinderung
30.08.2018. Arbeitnehmer haben während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zur Dauer von sechs Wochen (§ 3 Abs.1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz - EFZG).
Bei allzu häufigen krankheitsbedingten Fehlzeiten ist aber der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet, denn Arbeitgeber können dann möglicherweise aus krankheitsbedingten Gründen kündigen.
Hier stellt sich die Frage der Gleichbehandlung von behinderten mit nicht-behinderten Arbeitnehmern. Denn behinderte Arbeitnehmer haben oft infolge ihrer Behinderung ein höheres Risiko, aus krankheitsbedingten Gründen nicht arbeiten zu können. Damit erhöht sich ihr Risiko, aus krankheitsbedingten Gründen entlassen zu werden.
Ob eine solche Benachteiligung behinderter Arbeitnehmer mit dem Europarecht vereinbar ist, hat vor kurzem der europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden: EuGH, Urteil vom 18.01.2018, C-270/16 (Ruiz Conejero).
- Welche rechtmäßigen sozialpolitischen Ziele können es rechtfertigen, behinderte Arbeitnehmer durch krankheitsbedingte Entlassungen mittelbar schlechter zu stellen als nicht-behinderte Arbeitnehmer?
- Der spanische Streitfall: Wegen Adipositas und Rückenproblemen behinderter Arbeitnehmer wird krankheitsbedingt nach häufigen Fehlzeiten gekündigt
- EuGH: Die Kündigung wegen häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten kann eine mittelbare Diskriminierung sein, wenn die Erkrankungen auf eine Behinderung zurückzuführen sind
Welche rechtmäßigen sozialpolitischen Ziele können es rechtfertigen, behinderte Arbeitnehmer durch krankheitsbedingte Entlassungen mittelbar schlechter zu stellen als nicht-behinderte Arbeitnehmer?
In seinem Urteil vom 11.07.2006 (C-13/05 - Chacón Navas) hat der EuGH klargestellt, dass eine Krankheit als solche nicht zur Folge hat, dass der erkrankte Arbeitnehmer durch die Richtlinie 2000/78 geschützt ist. Denn diese Richtlinie, die sog. Gleichbehandlungs-Rahmenrichtlinie, sieht einen Diskriminierungsschutz bei körperlichen Beeinträchtigungen im Arbeitsrecht nur für ältere und für behinderte Arbeitnehmer vor. Behinderungen und Krankheiten sind laut EuGH aber verschiedene Sachverhalte bzw. verschiedene Begriffe.
Sollte ein Arbeitgeber allerdings, so der Gerichtshof in diesem Urteil, einen Arbeitnehmer wegen behinderungsbedingter Probleme bei der Erledigung der Arbeitsaufgaben entlassen, wäre dies eine verbotene Diskriminierung wegen einer Behinderung, falls der Arbeitgeber keine Vorkehrungen zur Integration behinderter Menschen im Sinne von Art.5 Richtlinie 2000/78 getroffen hat.
In einem weiteren Urteil zum Thema Entlassung und Behinderung, dem Urteil vom 11.04.2013 (C-335/11 und C-337/11 - HK Danmark), hat der EuGH genauer erläutert, was unter einer „Behinderung“ im Sinne der Richtlinie 2000/78 zu verstehen ist (wir berichteten über das Gutachten der Generalanwältin in Arbeitsrecht aktuell: 13/023 Krankheitsbedingte Kündigung bei Behinderung). Danach ist eine Behinderung eine
„Einschränkung (…), die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können“; diese Beeinträchtigungen müssen „langfristig“ sein. (Urteil vom 11.04.2013, C-335/11 und C-337/11 - HK Danmark, Rn.38 und 39)
Dabei spielt es keine Rolle, worauf eine solche Behinderung bzw. „langfristige Beeinträchtigung“ zurückzuführen ist, d.h. ob die Behinderung
- angeboren ist,
- durch einen Unfall verursacht wurde oder
- Folge einer (chronischen) Krankheit ist (Urteil vom 11.04.2013, C-335/11 und C-337/11 - HK Danmark, Rn.40).
Weiterhin hat der Gerichtshof in diesem Urteil entschieden, dass die Entlassung eines behinderten Arbeitnehmers wegen längerer krankheitsbedingter Fehlzeiten keine unmittelbare Diskriminierung wegen einer Behinderung ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn eine nationale gesetzliche Vorschrift, die dem Arbeitgeber die krankheitsbedingte Kündigung nach längeren Fehlzeiten erlaubt, nicht zwischen behinderten und nicht-behinderten Arbeitnehmern unterscheidet. Denn Krankheit und Behinderung sind wie erwähnt verschiedene Dinge, und länger erkrankt sein können auch nicht-behinderte Arbeitnehmer (Urteil vom 11.04.2013, C-335/11 und C-337/11 - HK Danmark, Rn.72).
Allerdings kann eine krankheitsbedingte Entlassung eine mittelbare Diskriminierung behinderter Arbeitnehmer sein, weil behinderte Arbeitnehmer ein höheres Risiko tragen, infolge ihrer Behinderung häufig zu erkranken (Urteil vom 11.04.2013, C-335/11 und C-337/11 - HK Danmark, Rn.76). Eine mittelbare Benachteiligung ist weniger schwerwiegend als eine unmittelbare Diskriminierung und kann daher gemäß Art.2 Abs.3 Buchstabe b) (i) Richtlinie 2000/78 durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sein, wenn die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
In seinem Urteil vom 11.04.2013 (C-335/11 und C-337/11 - HK Danmark, Rn.87, 88) ging der EuGH von einer solchen Rechtfertigung der in diesem Fall umstrittenen Entlassungen zweier Arbeitnehmerinnen aus (wobei er die letztverbindliche Entscheidung darüber dem dänischen Gericht überließ). Hier ging es um eine etwas ungewöhnliche dänische Gesetzesvorschrift, der zufolge lange erkrankte Arbeitnehmer mit kurzer Frist (von einem Monat) gekündigt werden können, allerdings nur dann, wenn der Arbeitgeber zuvor zwölf Monate lang Lohnfortzahlung geleistet hatte. Mit dieser Regelung soll einen Anreiz für Arbeitgeber geschaffen werden, langfristig erkrankte (und möglicherweise behinderte) Arbeitnehmer nicht vorschnell zu entlassen. Denn nach zwölfmonatiger Entgeltfortzahlung kann der Arbeitgeber ja schnell die Notbremse ziehen. Vor diesem Hintergrund hatte der EuGH in diesem Fall keinen Anlass, sich genauer zu den Rechtfertigungsgründen zu äußern, die eine behinderungsbedingte Benachteiligung durch krankheitsbedingte Kündigungen rechtfertigen könnten.
Schließlich hat der EuGH in seinem Urteil vom 18.12.2014 (C-354/13 - Kaltoft) entschieden, dass extreme Form von Fettleibigkeit bzw. Adipositas eine Behinderung im Sinne der Richtlinie 2000/78 darstellen können.
In seinem aktuellen Urteil vom 18.01.2018 (C-270/16 - Ruiz Conejero) musste der EuGH nunmehr zu der Frage Stellung nehmen, unter welchen Umständen die krankheitsbedingte Kündigung eines behinderten Arbeitnehmers, falls sie eine mittelbare behinderungsbedingte Schlechterstellung des gekündigten Arbeitnehmers ist, durch rechtmäßige Ziele im Sinne von Art.2 Abs.3 Buchstabe b) (i) Richtlinie 2000/78 gerechtfertigt sein kann.
Der spanische Streitfall: Wegen Adipositas und Rückenproblemen behinderter Arbeitnehmer wird krankheitsbedingt nach häufigen Fehlzeiten gekündigt
Ein seit 1993 beschäftigter Gebäudereiniger, Herr Ruiz Conejero, war stark übergewichtig, so dass im September 2014 behördlich festgestellt wurde, dass eine Behinderung entsprechend den spanischen Regelungen vorlag, und zwar im Umfang von 37 Prozent.
Von März 2014 bis April 2015 war Herr Ruiz Conejero fünfmal, meist für kürzere Zeiten, krankheitsbedingt arbeitsunfähig, insgesamt an 76 Kalendertagen, wovon 35 Tage auf die Monate März (12 Tage) und April (23 Tage) 2015 entfielen. Laut ärztlichen Feststellungen waren diese gesundheitlichen Probleme durch eine Gelenkerkrankung und eine Polyarthrose verursacht, die wiederum durch die Adipositas verschlimmert wurden und ihren Ursprung in den Krankheiten hatten, die zur Anerkennung der Behinderung von Herrn Ruiz Conejero geführt hatten.
Der Arbeitgeber sprach daraufhin gemäß Art.52 Buchstabe b) des spanischen Arbeitnehmerstatuts eine krankheitsbedingte Kündigung aus. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift ist eine Kündigung zulässig, wenn der Arbeitnehmer folgende (u.a. krankheitsbedingte) Fehlzeiten aufweist:
- 20 Prozent der Arbeitstage in zwei aufeinanderfolgenden Monaten (was hier im März und April 2015 der Fall war) und insgesamt fünf Prozent in den zwölf Monaten vor der Kündigung (was hier ebenfalls zutraf), oder
- 25 Prozent in vier nicht aufeinanderfolgenden Monaten innerhalb von zwölf Monaten.
Die gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen von dieser Kündigungsmöglichkeit trafen auf Herrn Ruiz Conejero nicht zu. Zu diesen Ausnahmen gehören u.a. Schwangerschaft und Mutterschutz, die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik, längere krankheitsbedingte und von der Gesundheitsbehörde genehmigte Abwesenheitszeiten sowie Fehlzeiten wegen der ärztlichen Behandlung von Krebs oder einer schweren Erkrankung.
Herr Ruiz Conejero klagte gegen die Kündigung und argumentierte, dass die Fehlzeiten durch seine Behinderung bedingt seien. Das mit dem Fall befasste Sozialgericht Nr. 1 von Cuenca setzte das Verfahren aus und fragte den EuGH, ob gesetzliche Kündigungserlaubnisse wie Art.52 Buchstabe b) des spanischen Arbeitnehmerstatuts auf behinderte Arbeitnehmer angewendet werden könnten oder ob eine solche Anwendung eine unzulässige Diskriminierung wegen einer Behinderung im Sinne der Richtlinie 2000/78 wäre.
EuGH: Die Kündigung wegen häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten kann eine mittelbare Diskriminierung sein, wenn die Erkrankungen auf eine Behinderung zurückzuführen sind
Der Gerichtshof stellt in seinem Urteil zunächst im Anschluss an seine bisherige Rechtsprechung klar, dass eine erhebliche Adipositas zwar eine Behinderung im Sinne der o.g. europarechtlichen Definition von „Behinderung“ ist, dass dies aber im Streitfall noch nicht aus der Anerkennung eines Behinderungsgrads von 37 Prozent bei Herrn Ruiz Conejero nach spanischem Recht folgt (Urteil, Rn.29 und 32).
Weiterhin geht der EuGH davon aus, dass die hier streitige Kündigungserlaubnis in Art.52 Buchstabe b) des spanischen Arbeitnehmerstatuts keine unmittelbare Diskriminierung wegen einer Behinderung beinhaltet, denn diese Regelung ist auf behinderte wie nicht-behinderte Arbeitnehmer in gleicher Weise anzuwenden (Urteil, Rn.37).
Allerdings kann diese Vorschrift, so der Gerichtshof unter Verweis auf sein Urteil vom 11.04.2013 (C-335/11 und C-337/11 - HK Danmark, Rn.76), zu einer mittelbaren Diskriminierung behinderter Arbeitnehmer führen. Dazu heißt es in dem Urteil (Rn.39):
„Hierzu ist festzustellen, dass ein Arbeitnehmer mit Behinderung grundsätzlich einem höheren Risiko als ein Arbeitnehmer ohne Behinderung ausgesetzt ist, dass auf ihn Art. 52 Buchst. d des Arbeitnehmerstatuts angewandt wird. Im Vergleich zu einem Arbeitnehmer ohne Behinderung trägt ein Arbeitnehmer mit Behinderung nämlich ein zusätzliches Risiko, wegen einer mit seiner Behinderung zusammenhängenden Krankheit abwesend zu sein. (…) Die in dieser Bestimmung aufgestellte Regel kann daher Arbeitnehmer mit Behinderung benachteiligen und so zu einer mittelbaren Ungleichbehandlung wegen der Behinderung im Sinne von Art.2 Abs.2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 führen (...).“
Daher stellt sich die Frage, ob eine solche mittelbare Benachteiligung behinderter Arbeitnehmer gemäß Art.2 Abs.3 Buchstabe b) (i) Richtlinie 2000/78 durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und ob die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
Hier akzeptiert der Gerichtshof im Ausgangspunkt, dass die fragliche spanische Kündigungserlaubnis dem „Kampf gegen Absentismus am Arbeitsplatz“ dient, d.h. ein solches Ziel ist als beschäftigungspolitische Maßnahme im Prinzip sachlich gerechtfertigt im Sinne von Art.2 Abs.3 Buchstabe b) (i) Richtlinie 2000/78 (Urteil, Rn.44).
Damit ist allerdings noch nicht gesagt, dass die spanische Kündigungserlaubnis auch zur Erreichung dieses Ziels angemessen ist und nicht über das zur Erreichung des Zieles Erforderliche hinausgeht. Diese Prüfung überträgt der EuGH zwar dem spanischen Streitgericht, gibt ihm dabei aber einige Hinweise mit auf den Weg:
Erforderlich und angemessen ist Art.52 Buchstabe b) des spanischen Arbeitnehmerstatuts nur, wenn die hier festgelegten Kündigungsvoraussetzungen tatsächlich geeignet sind, „Absentismus am Arbeitsplatz zu bekämpfen, ohne rein punktuelle und sporadische Fehlzeiten zu erfassen“ (Urteil, Rn.46). Ausdrücklich erwähnt der Gerichtshof hier die Frage, ob Art.52 Buchstabe b) Arbeitnehmerstatut „Arbeitgebern einen Anreiz zur Einstellung und Weiterbeschäftigung bietet, indem er das Recht vorsieht, Arbeitnehmer zu entlassen, die krankheitsbedingt wiederholt eine Reihe von Tagen abwesend sind“ (Urteil, Rn.48). Schließlich sind die Krankheitskosten auf Arbeitgeberseite sowie die besonderen Schwierigkeiten behinderter Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt zu berücksichtigen (Urteil, Rn.47 und 51).
Fazit: Übertragen auf das deutsche Kündigungsschutzrecht könnte man vor dem Hintergrund der aktuellen EuGH-Entscheidung fragen, ob Arbeitnehmer, die unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fallen, weil sie länger als sechs Monate (§ 1 Abs.1 KSchG) in einem Betrieb mit mehr als 10,25 Arbeitnehmern arbeiten (§ 23 Abs.1 KSchG), bei häufigen krankheitsbedingten Fehlzeiten in ausreichender Weise vor krankheitsbedingten Kündigungen geschützt sind.
Eine solche Kündigung kommt nach der Rechtsprechung in Betracht, wenn Arbeitnehmer über drei Jahre hinweg pro Jahr durchschnittlich (deutlich) länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt sind. Eine solche Krankheitsanfälligkeit könnte man als „Behinderung“ im Sinne der EuGH-Rechtsprechung ansehen, was zur Folge hätte, dass der Kündigungsschutz möglicherweise verstärkt werden müsste.
Dagegen spricht aber zum einen, dass man damit (entgegen dem EuGH) die Begriffe „Krankheit“ und „Behinderung“ gleichsetzen würde. Und zum anderen verpflichtet § 167 Abs.2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) den Arbeitgeber dazu, bei mehr als sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit pro Jahr ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchzuführen, und zwar unabhängig vom Vorliegen einer Behinderung, d.h. auch im Falle einer nur möglichen Behinderung. Das bEM dient der Suche nach Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden, wie einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden und wie damit der Arbeitsplatz erhalten werden kann.
Dieser besondere Schutz behinderter oder von einer Behinderung bedrohter Arbeitnehmer ergänzt die hohen Hürden, die Arbeitgeber bei einer krankheitsbedingten Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen überwinden müssen. Insbesondere muss die Kündigung das letzte Mittel sein und es ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist das deutsche Kündigungsschutzrecht mit dem hier besprochenen EuGH-Urteil vereinbar, wie auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) vor kurzem für den Fall einer außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung mit Auslauffrist festgestellt hat (BAG, Urteil vom 25.04.2018, 2 AZR 6/18, S.14).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 18.01.2018, C-270/16 (Ruiz Conejero)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 18.12.2014, C-354/13 (Kaltoft)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 11.04.2013, C-335/11 und C-337/11 (HK Danmark)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 11.07.2006 C-13/05 (Chacón Navas)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, 2 AZR 6/18
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Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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