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Ablehnung eines Schwerbehinderten ohne Bewerbungsgespräch
25.08.2020. Schreibt ein öffentlicher Arbeitgeber einen Arbeitsplatz öffentlich aus, so ist er verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgesprächeinzuladen. Unstreitig liegt eine unzulässige Diskriminierung vor, wenn der Arbeitgeber den nicht eingeladenen Bewerber später aufgrund seiner Behinderung ablehnt. Aber liegt eine Diskriminierung bereits darin, dass der Arbeitgeber seine Einladungspflicht verletzt?
Nein, denn Nicht-Einladung zum Vorstellungsgespräch ist zwar ein Indiz für eine Benachteiligung, aber nicht schon die Diskriminierung selbst, so das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2020, 8 AZR 484/18.
- Worin liegt die Diskriminierung eines schwerbehinderten Bewerbers, der von einem öffentlichen Arbeitgeber nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird?
- Im Streit: Erfolglose Bewerbung eines schwerbehinderten Quereinsteigers für den Gerichtsvollzieherdienst
- BAG: Bietet ein öffentlicher Arbeitgeber einem schwerbehinderten Bewerber kein Vorstellungsgespräch an, ist das nur ein Indiz für eine Diskriminierung
Worin liegt die Diskriminierung eines schwerbehinderten Bewerbers, der von einem öffentlichen Arbeitgeber nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird?
Öffentliche Arbeitgeber müssen bei öffentlichen Stellenausschreibungen gemäß § 165 Satz 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) darauf achten, dass sie schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Die Einladungspflicht, die bis Ende 2017 in § 82 Satz 2 SGB IX alte Fassung enthalten war, gilt nur ausnahmsweise nicht, nämlich dann, wenn der Bewerber „offensichtlich" fachlich ungeeignet ist (§ 165 Satz 3 SGB IX / § 82 Satz 3 SGB IX alte Fassung).
Der Verstoß gegen die Einladungspflicht ist ein Diskriminierungsindiz. Wird der schwerbehinderte Bewerber später abgelehnt (nachdem er schon nicht eingeladen wurde), ist zu vermuten, dass er wegen seiner Behinderung abgelehnt und daher diskriminiert wurde (§ 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG).
Aber ist bereits die Verletzung der Einladungspflicht als solche eine behinderungsbedingte Diskriminierung? Dann müsste der Arbeitgeber bereits deshalb eine Entschädigung zahlen, weil er gegen die Einladungspflicht verstoßen hat. In diesem Sinne hat vor einigen Jahren das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden (BVerwG, Urteil vom 03.03.2011, 5 C 16.10, Rn.17 ff.).
Im Streit: Erfolglose Bewerbung eines schwerbehinderten Quereinsteigers für den Gerichtsvollzieherdienst
Im Sommer 2015 schrieb das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) eine Stelle als Quereinsteiger für den Gerichtsvollzieherdienst aus. Ein Bewerber mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30, der für die Stelle nicht offensichtlich ungeeignet war und einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt war, bewarb sich unter auf seine Behinderung, wurde aber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Später erhielt er eine Ablehnung.
Daraufhin klagte er auf eine Diskriminierungs-Entschädigung gemäß § 15 AGG. Das Land NRW versuchte, die unterbliebene Einladung mit ungenauen Absprachen zwischen den Verwaltungsmitarbeitern zu entschuldigen, die für die Eingangsbearbeitung von Bewerbungen zuständig waren. Dadurch soll die Bewerbung des Klägers - angeblich aus Versehen - übersehen worden sein.
Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage ab (Urteil vom 20.12.2017 - 2 Ca 1016/17). Demgegenüber sprach das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln dem Kläger eine Entschädigung von eineinhalb Monatsgehältern zu, denn bereits die unterbliebene Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch war eine Diskriminierung, so jedenfalls das LAG (LAG Köln, Urteil vom 23.08.2018 - 6 Sa 147/18).
BAG: Bietet ein öffentlicher Arbeitgeber einem schwerbehinderten Bewerber kein Vorstellungsgespräch an, ist das nur ein Indiz für eine Diskriminierung
Das BAG segnete das LAG-Urteil ab, kritisierte aber die Begründung des LAG. Denn die Nicht-Einladung zum Vorstellungsgespräch ist als solche noch keine Diskriminierung eines schwerbehinderten Bewerbers, sondern nur ein Diskriminierungsindiz im Sinne von § 22 AGG. Demnach hat der Arbeitgeber - jedenfalls theoretisch - noch die rechtliche Möglichkeit, dieses Indiz zu widerlegen.
Diese Möglichkeit half dem beklagten Land NRW aber im Streitfall nicht, denn es konnte die Vermutung nicht widerlegen. Die Bewerbung des Klägers war ihm nämlich zugegangen, und das Land hatte auch die Möglichkeit der Kenntnisnahme. Jedenfalls hatte es nicht vorgetragen, dass ihm ausnahmsweise eine Kenntnisnahme nicht möglich gewesen sein sollte.
Denn ein öffentlicher Arbeitgeber kann die Vermutung einer Diskriminierung, die sich aus einer Verletzung der Einladungspflicht ergibt, nur durch den Nachweis widerlegen, dass die Nicht-Einladung keinerlei Bezug zur Behinderung und/oder fachlichen Eignung des Bewerbers hat (BAG, Urteil vom 23.01.2020, 8 AZR 484/18, Rn.69-77; BAG, Urteil vom 16.02.2012, 8 AZR 697/10, Rn.59). Hier im Streitfall konnte aber nicht ausgeschlossen werden, dass einer der zuständigen Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen die Bewerbung des Klägers gelesen und „ausgemustert“ hatte, weil ihm/ihr die Eignung des Klägers und/oder seine Behinderung nicht gefiel.
Fazit: In den meisten Fällen läuft es aufs Gleiche hinaus, ob man die Nicht-Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers als entschädigungspflichtige Diskriminierung ansieht oder „nur“ als widerlegliches Diskriminierungsindiz. Denn wie der vom BAG entschiedene Fall zeigt, ist die Widerlegung eines Diskriminierungsindizes nur in seltenen Ausnahmefällen möglich.
Daher müssen öffentliche Arbeitgeber, wenn sie einen schwerbehinderten Bewerber nicht zum Vorstellungsgespräch einladen, mit großer Wahrscheinlichkeit eine Entschädigung zahlen. Darüber lohnt es praktisch nie, über die Entschädigungspflicht Prozesse zu führen.
Weitere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2020, 8 AZR 484/18
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 23.08.2018 - 6 Sa 147/18
- Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 20.12.2017 - 2 Ca 1016/17
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2012, 8 AZR 697/10
- Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.03.2011, 5 C 16.10
- Handbuch Arbeitsrecht: Behinderung, Menschen mit Behinderung
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Letzte Überarbeitung: 16. November 2021
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