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Diskriminierung von Frauen bei der Bewerbung
26.09.2014. Lehnt ein Arbeitgeber eine Bewerberin ab, weil sie ein sieben Jahre altes Kind hat, könnte das eine mittelbare Diskriminierung von Frauen bei der Bewerbung sein.
Denn obwohl die Elternschaft Arbeitnehmerinnen als Mütter eigentliche in gleicher Weise "trifft" wie Arbeitnehmer als Väter, stecken im Allgemeinen mehr Frauen als Männer im Berufsleben zurück, um Familie und Beruf vereinbaren zu können.
Mit solchen allgemeinen bzw. abstrakten Statistiken kann eine abgelehnte Bewerberin aber nicht argumentieren, um zu belegen, dass sie wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurde: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2014, 8 AZR 753/13.
- Liegt eine mittelbare Frauendiskriminierung vor, wenn eine Bewerberin wegen ihrer familiären Verpflichtungen abgelehnt wird?
- Der Fall des BAG: Arbeitgeber vermerkt auf dem Lebenslauf einer Bewerberin neben der Angabe „Verheiratet, ein Kind“ handschriftlich „7 Jahre alt!“ und stellt dann einen anderen ein
- BAG: Wird eine Bewerberin wegen ihres Kindes nicht eingestellt, belegt das noch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts
Liegt eine mittelbare Frauendiskriminierung vor, wenn eine Bewerberin wegen ihrer familiären Verpflichtungen abgelehnt wird?
Viele Frauen stecken im Berufsleben zurück, weil sie sich um ihre Kinder kümmern wollen, und arbeiten daher jahrelang in Teilzeit oder gar nicht. Das könnten Väter eigentlich auch tun, machen es aber traditionell viel seltener als Frauen. Diese Unterschiede im Erwerbsverhalten von Männern und Frauen sind statistisch ziemlich genau belegt.
Hat eine Frau bei der Bewerbung keinen Erfolg, weil sie ein siebenjähriges Kind versorgen muss, d.h. hat der Arbeitgeber die Bewerberin aus diesem Grund abgelehnt, könnte man darin eine mittelbare Frauendiskriminierung sehen.
Denn eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn ein dem Anschein nach neutrales Merkmal (hier: die zeitliche Belastung mit elterlichen Pflichten) bei einem Geschlecht (hier: den weiblichen Beschäftigten) tatsächlich viel häufiger vorkommt als beim anderen Geschlecht (hier: den männlichen Beschäftigten).
Über einen solchen Fall hatte letzte Woche das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden.
Der Fall des BAG: Arbeitgeber vermerkt auf dem Lebenslauf einer Bewerberin neben der Angabe „Verheiratet, ein Kind“ handschriftlich „7 Jahre alt!“ und stellt dann einen anderen ein
Im Streitfall ging es um eine Stellenausschreibung, mit der ein Radiosender im Frühjahr 2012 eine Buchhaltungskraft in Vollzeit suchte.
Eine fachlich für die Stelle geeignete Interessentin übersandte ihre Bewerbungsmappe und machte im beigefügten Lebenslauf die Angabe „Familienstand: verheiratet, ein Kind“.
Anfang Mai 2012 erhielt sie eine Absage. Merkwürdiger Weise hatte der Arbeitgeber auf dem zurückgesandten Lebenslauf die Angabe zum Familienstand ("verheiratet, ein Kind") handschriftlich mit dem Vermerk „7 Jahre alt!“ ergänzt.
Die Bewerberin interpretierte diesen handschriftlichen Vermerk in der Weise, dass der Arbeitgeber eine Vollzeittätigkeit und die Betreuung eines siebenjährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte. Das bewertete die Bewerberin als geschlechtsbedingte Diskriminierung und zog daher vor das Arbeitsgericht Siegen, um dort eine Diskriminierungsentschädigung auf der Grundlage von § 15 Abs.2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) einzuklagen.
Das klappte erst einmal nicht, denn das Arbeitsgericht Siegen wies die Klage ab (Urteil vom 22.01.2013, 1 Ca 907/12). Demgegenüber gab das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm der Bewerberin in der zweiten Instanz recht (LAG Hamm, Urteil vom 06.06.2013, 11 Sa 335/13). Denn nach Ansicht des LAG Hamm lag hier eine mittelbare Diskriminierung von Frauen bei der Einstellung vor.
Denn laut den vom LAG erwähnten Statistiken entscheiden sich viel mehr Frauen bzw. junge Mütter als Männer für eine Teilzeitarbeit, um Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können. Daher sprach das LAG der Klägerin eine Diskriminierungsentschädigung von 3.000,00 ER zu.
BAG: Wird eine Bewerberin wegen ihres Kindes nicht eingestellt, belegt das noch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts
Diese Begründung machte das BAG nicht mit und hob die Entscheidung des LAG Hamm auf. Allerdings wies die Klage nicht selbst ab, sondern verwies den Rechtsstreit an das LAG zurück. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Das vom LAG herangezogene statistische Zahlenmaterial zum Anteil von Ehefrauen mit Kind an allen Vollzeitbeschäftigten lässt keine Aussagen für den konkreten Streitfall zu, so das BAG. Damit bestätigt das BAG seine Meinung zu statistischen Belegen für Diskriminierungen.
Argumentieren Frauen in Diskriminierungsfällen mit einer statistisch höheren Männerquote im Betrieb ihres Arbeitgebers, genügt das nicht bzw. erst dann, wenn das Zahlenmaterial auf die Managementebene bezogen ist, auf die sich eine Frau beworben hat (BAG, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/036 Frauenquote im Management).
Demgegenüber sind allgemeine, d.h. nicht unternehmensbezogene Statistiken in den Fällen ein klarer bzw. ausreichender Beleg für eine mittelbare Frauendiskriminierung bei der Einstellung, wenn es um ein einzelnes, für sich allein ausreichendes KO-Kriterium geht wie z.B. um eine Mindestkörpergröße (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/228 Körpergröße als Einstellungsvoraussetzung diskriminiert Frauen).
Im vorliegenden Fall hielten es die Erfurter Richter allerdings für denkbar, dass das Verhalten des Arbeitgebers als "unmittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau" zu bewerten ist, was "eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf erfordert", so das BAG.
Fazit: Auf der Grundlage der Pressemeldung ist die Haltung des BAG widersprüchlich und daher nicht recht überzeugend (hier werden voraussichtlich erst die Urteilsgründe Klarheit bringen). Denn die Merkmale "verheiratet" und "ein (siebenjähriges) Kind" können offenbar ebenso gut auf weibliche wie auf männliche Bewerber zutreffen, so dass eine unmittelbare geschlechtsbedingte Diskriminierung hier kaum denkbar ist. Aus diesem Grund hatte das LAG Hamm ja überhaupt "statistische Klimmzüge" gemacht, um herauszuarbeiten, dass Frauen in stärkerem Maße als Männer von Vorbehalten gegenüber Beschäftigten mit schulpflichtigen Kindern betroffen sind.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2014, 8 AZR 753/13
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2014, 8 AZR 753/13 (Pressemeldung des BAG)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 06.06.2013, 11 Sa 335/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Allgemein
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Geschlecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Teilzeitbeschäftigung (Teilzeitarbeit, Teilzeit)
- Arbeitsrecht aktuell: 20/099 Gender Lifetime Earnings Gap
- Arbeitsrecht aktuell: 20/087 Ablehnung eines Schwerbehinderten ohne Bewerbungsgespräch
- Arbeitsrecht aktuell: 20/079 Auch männliche Lehrkräfte können Mädchen im Sport unterrichten
- Arbeitsrecht aktuell: 19/147 Diskriminierung männlicher Bewerber im Schuldienst?
- Arbeitsrecht aktuell: 17/292 Frauenförderung durch Kölner Autohaus
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- Arbeitsrecht aktuell: 14/338 Gleichbehandlung bei der Dienstkleidung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/228 Körpergröße als Einstellungsvoraussetzung diskriminiert Frauen
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- Arbeitsrecht aktuell: 13/076 Diskriminierung von Frauen beim Gehalt
- Arbeitsrecht aktuell: 12/347 Diskriminierung wegen des Geschlechts aufgrund von Dienstkleidung?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/209a Gesetzliche Frauenquote in DAX-Unternehmen
- Arbeitsrecht aktuell: 11/127 Frauendiskriminierung: Geldentschädigung im Berliner Sony-Fall
- Arbeitsrecht aktuell: 11/036 Frauenquote im Management
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- Arbeitsrecht aktuell: 08/049 Beweislastverteilung bei geschlechtsspezifischer Diskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 08/002 Europarechtswidrige Benachteiligung von Teilzeit-Beamten bei Überstunden
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Urteilsgründe veröffentlicht. Den vollständigen Text des Urteils mit Urteilsgründen finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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