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Auch männliche Lehrkräfte können Mädchen im Sport unterrichten
30.06.2020. Das Geschlecht eines Bewerbers oder einer Bewerberin sollte bei der Vergabe von Stellen heutzutage keine Rolle spielen - es sei denn, es kommt bei der Berufstätigkeit ausnahmsweise einmal zwingend auf das Geschlecht an, wie z.B. bei einer Rolle im Film oder bei der Oper oder im Profi-Mannschaftssport.
Fraglich ist, ob das auch im Sportunterricht gilt, zumindest wenn Jugendliche in der Pubertät unterrichtet werden. Sollten hier Jungen nur von männlichen Lehrkräften und Mädchen nur von weiblichen Lehrkräften unterrichtet werden?
Nein, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung: BAG, Urteil vom 19.12.2019, 8 AZR 2/19.
- Männliche Sportlehrer in der Mädchengruppe - geht das?
- Im Streit: Männlicher Pädagoge bewirbt sich auf eine für Sportlehrerinnen ausgeschriebene Stelle
- BAG: Die Ablehnung männlicher Sportlehrer für Unterricht von Mädchen ist eine geschlechtsbedingte Diskriminierung
- Fazit: Ausnahmen von den Benachteiligungsverboten nach dem AGG sind selten
Männliche Sportlehrer in der Mädchengruppe - geht das?
Gemäß § 1, § 2 Abs.1 Nr.1, § 3 Abs.1 und aus § 7 Abs.1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dürfen Arbeitgeber bei der Stellenausschreibung und Stellenbesetzung im Allgemeinen nicht nach dem Geschlecht unterscheiden, d.h. Männer oder Frauen bevorzugen.
Eine Ausnahme macht das Gesetz nur, wenn das Geschlecht wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder wegen der Bedingungen ihrer Ausübung eine „wesentliche und entscheidende“ sowie „angemessene“ berufliche Anforderung ist (§ 8 Abs.1 AGG). Das ist sehr selten der Fall, z.B. wenn ein Männer- oder Frauenrolle im Film oder am Theater besetzt werden soll.
Aber können sich auch Schulen bzw. Schulträger auf dieses Ausnahmerecht berufen, wenn sie Sportlehrer bzw. Sportlehrerinnen einstellen wollen, und zwar zur Unterrichtung von Mädchen ausschließlich durch Sportlehrerinnen bzw. zur Unterrichtung von Jungen allein durch Sportlehrer?
Im Streit: Männlicher Pädagoge bewirbt sich auf eine für Sportlehrerinnen ausgeschriebene Stelle
Eine Privatschule mit den Klassenstufen 1 bis 13 veröffentlichte 2017 eine Stellenausschreibung, mit der nach einer „Fachlehrerin Sport (w)“ gesucht wurde. Ein männlicher Sportlehrer bewarb sich daraufhin - ohne Erfolg. Die Ablehnung begründete die Schule damit, dass man gezielt und ausschließlich eine weibliche Sportlehrkraft für die Mädchen der Oberstufe suche.
Der abgelehnte Sportlehrer bewertete das als verbotene Diskriminierung wegen seines Geschlechts und klagte auf Entschädigung gemäß § 15 Abs.2 AGG. Damit hatte er weder vor dem Arbeitsgericht Nürnberg (Urteil vom 01.02.2018, 16 Ca 3627/17) noch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg Erfolg, d.h. beide Gerichte entschieden gegen den Pädagogen (LAG Nürnberg, Urteil vom 20.11.2019, 7 Sa 95/18, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 19/147 Diskriminierung männlicher Bewerber im Schuldienst?).
Nach Ansicht des LAG Nürnberg ist das „richtige“ Geschlecht der Lehrkraft beim Sportunterricht eine „wesentliche und entscheidende“ berufliche Anforderung im Sinne von § 8 Abs.1 AGG. Denn, so das LAG: Beim Sportunterricht sind körperliche Kontakte zwischen Lehrkraft und Schülern unvermeidlich, und solche Berührungen durch eine Lehrkraft des anderen Geschlechts könnten von den Schülerinnen bzw. Schülern als unangemessen empfunden werden.
BAG: Die Ablehnung männlicher Sportlehrer für Unterricht von Mädchen ist eine geschlechtsbedingte Diskriminierung
Das BAG entschied andersherum und gab dem Lehrer recht. Nach Zurückverweisung des Falles zum LAG Nürnberg muss das LAG nun über die Höhe der Geldentschädigung entscheiden, denn eine Entschädigung steht dem Lehrer zu, so die Erfurter Richter.
Die beklagte Schule hatte laut BAG gerade nicht nachweisen können, dass für die Stelle einer Sportlehrkraft hier im Streitfall das weibliche Geschlecht eine wesentliche und entscheidende sowie angemessene berufliche Anforderung ist (§ 8 Abs.1 AGG). Dabei verweisen die Erfurter Richter u.a. auf das Europarecht und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der nur wenige Ausnahmen von den Diskriminierungsverboten zulässt.
Fazit: Ausnahmen von den Benachteiligungsverboten nach dem AGG sind selten
Das Urteil des BAG ist richtig. Die Ausnahme gemäß § 8 Abs.1 AGG trifft nur auf äußerst seltene Fälle zu. Andernfalls würde die Antidiskriminierungsregel, dass das Geschlecht keine Voraussetzung für den Berufszugang sein darf, recht bald ausgehöhlt werden. Daher kommt es auch bei Berufstätigkeiten mit gewissen körperlichen Kontakten (ärztliche Versorgung, Physiotherapie, Sporttraining) im Allgemeinen nicht auf das Geschlecht an. Das gilt auch für den Sportunterricht und Schulen und Vereinen.
Daran ändert auch ein BAG-Urteil aus dem Jahr 2009 nichts, in dem das BAG entschieden hatte, dass ein Mädcheninternat gezielt nach Erzieherinnen suchen darf (BAG, Urteil vom 28.05.2009, 8 AZR 536/08, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 09/091 BAG bestätigt Ablehnung eines männlichen Bewerbers für Erzieherinnenstelle in Mädcheninternat). Denn damals ging es um Internats-Erzieherinnen, die die Mädchen auch nachts beaufsichtigen und dabei, falls nötig, Umkleideräume und Schlafsäle betreten müssen. Für solche speziellen pädagogischen bzw. betreuerischen Aufgaben sind männliche Erzieher wegen des Schamgefühls der im Internat wohnenden Mädchen ungeeignet.
Arbeitgeber sollten daher auch bei scheinbar "typischen" Berufsrollen oder beruflichen "Erwartungen" der Versuchung widerstehen, gezielt nach Frauen oder Männern zu suchen. Ausnahmen sind Mannschaftssportler/Innen, Schauspieler/Innen, Internats-Erzieher/Innen, (weibliche) Gleichstellungsbeauftragte (BAG, Urteil vom 18.03.2010, 8 AZR 77/09) oder die Geschäftsführerin eines Frauenverbandes (Arbeitsgericht München, Urteil vom 14.02.2001, 38 Ca 8663/00).
In der Regel sind daher geschlechtsneutrale Stellenausschreibungen zu empfehlen, die heutzutage auch berücksichtigen müssen, dass es seit dem 22.12.2018 ein rechtlich anerkanntes drittes (diverses) Geschlecht gibt, § 22 Abs.3 Personenstandsgesetz (PStG) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 18.12.2018 (BGBl. I S.2635). Eine rechtlich korrekte Ausschreibung kann daher z.B. lauten, dass eine „Verkaufskraft (m/w/d)“ gesucht wird oder ein „Produktionshelfer (m/w/d)“.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.12.2019, 8 AZR 2/19
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.12.2019, 8 AZR 2/19 (Pressemeldung des Gerichts)
- Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 20.11.2019, 7 Sa 95/18
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.05.2009, 8 AZR 536/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Erlaubte Benachteiligungen
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
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Letzte Überarbeitung: 16. November 2021
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