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Beschwerde eines Arbeitnehmers wegen Benachteiligung
13.11.2020. Fühlen sich Arbeitnehmer bei der Arbeit benachteiligt, können sie sich gemäß § 84 Abs.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) "bei den zuständigen Stellen des Betriebs", d.h. normalerweise beim Vorgesetzten beschweren. Der Arbeitgeber muss dann die Beschwerde dann prüfen und ihr abhelfen, falls er sie für berechtigt hält. Außerdem können Arbeitnehmer den Betriebsrat hinzuziehen.
Können sich Betriebsrat und Arbeitgeber nicht über die Berechtigung der Beschwerde einigen, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen, die dann über die Berechtigung der Beschwerde entscheidet .
Doch darf der Betriebsrat die Einigungsstelle auch dann anrufen, wenn der Arbeitgeber die Beschwerde zwar für unbegründet hält, aber ihr trotzdem vorsorglich abhilft?
Nein, so das Hessische Landesarbeitsgericht (Beschluss vom 17.12.2019, 4 TaBV 136/19).
- Aufgaben des Arbeitgebers und der Einigungsstelle bei Arbeitnehmerbeschwerden
- Streit um eine Bewerbung zum Schichtleiter am Frankfurter Flughafen
- Hessisches LAG: Hält der Arbeitgeber eine Beschwerde eines Arbeitnehmers für unbegründet, hilft ihr aber vorsorglich ab, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle nicht anrufen
Aufgaben des Arbeitgebers und der Einigungsstelle bei Arbeitnehmerbeschwerden
Arbeitnehmerbeschwerden sind nicht nur in § 84 Abs.1 BetrVG vorgesehen, sondern auch in § 13 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wenn es um eine mögliche Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals geht, also z.B. wegen des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, des Alters oder einer Behinderung. Das allgemeine Beschwerderecht (gemäß § 84 Abs.1 BetrVG) und das Beschwerderecht wegen einer Diskriminierung (gemäß § 13 AGG) bestehen nebeneinander.
In beiden Fällen ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Berechtigung der Beschwerde zu prüfen und das Ergebnis der Überprüfung dem Beschwerdeführer mitzuteilen (§ 84 Abs.2 BetrVG; § 13 Abs.1 Satz 2 AGG). Hält der Arbeitgeber eine Beschwerde eines Arbeitnehmers im Sinne von § 84 Abs.1 BetrVG für berechtigt, ist er außerdem verpflichtet, ihr abzuhelfen (§ 84 Abs.2 BetrVG).
Bittet ein Arbeitnehmer den Betriebsrat um Unterstützung bei seiner Beschwerden, muss er die Beschwerde entgegennehmen, prüfen, und beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinwirken, falls er die Beschwerde für berechtigt hält (§ 85 Abs.1 BetrVG). An dieser Stelle, d.h. bei der Frage der Berechtigung einer Beschwerde, kann es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kommen, und dann entscheidet gemäß § 85 Abs.2 Satz 1, 2 BetrVG die Einigungsstelle.
Nicht eindeutig geregelt ist die Frage, ob eine Meinungsverschiedenheit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Berechtigung einer Beschwerde immer dazu führt, dass der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen kann, also auch dann, wenn der Arbeitgeber bereits Abhilfemaßnahmen ergriffen hat - obwohl er die Beschwerde nicht für berechtigt hält.
Streit um eine Bewerbung zum Schichtleiter am Frankfurter Flughafen
Drei Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund, die in einem Betrieb am Frankfurter Flughafen beschäftigt waren, hatten sich um eine Schichtleiterposition beworben und wurden abgelehnt. Bei Aushändigung der Absageschreiben an die drei Bewerber soll ein anderer Arbeitnehmer gesagt haben, dass Arbeitnehmer mit türkischen oder arabischen Namen nicht zum Schichtleiter befördert würden.
Wegen dieser (angeblichen) Äußerung beschwerten sich die drei Arbeitnehmer beim Betriebsrat und forderten kurz darauf eine Diskriminierungsentschädigung vom Arbeitgeber (§ 15 AGG). Der Betriebsrat hielt die Beschwerde für berechtigt, der Arbeitgeber dagegen nicht, und zwar aus folgendem Grund:
Der Arbeitnehmer, gegen den sich die Beschwerde richtete, hatte in einer Anhörung zu dem Vorfall ausgesagt, dass er sich über ein betriebsinternes Gerücht geäußert hätte. Diesem Gerücht zufolge sollen arabische oder türkische Namen zu Nachteilen bei der Beförderung führen. Außerdem habe er (angeblich) klargestellt, dass dieses Gerücht nicht zutreffe. In dem Anhörungsgespräch machte der Arbeitgeber deutlich, dass Äußerungen dieser Art von der Geschäftsführung nicht geduldet würden. Das stellte der Arbeitgeber auch in einem Schreiben an den Betriebsrat klar.
Kurz darauf wurde der Vorfall nochmals in großer Runde besprochen. Anwesend waren Vertreter des Arbeitgebers und des Betriebsrats, die drei Beschwerdeführer sowie der Arbeitnehmer, der sich in diskriminierender Weise geäußert haben soll. Er blieb bei seiner Version, ebenso wie die drei Beschwerdeführer.
In einem weiteren Gespräch mit dem Betriebsrat beteuerte der Arbeitgeber nochmals, dass die von den Beschwerdeführern behaupteten Äußerungen nicht akzeptabel seien.
Schlussendlich hielt der Arbeitgeber die Version der Beschwerdeführer nicht für glaubhaft, der Betriebsrat dagegen schon. Er beantragte daher die gerichtliche Einsetzung der Einigungsstelle (§ 100 Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG) zur Klärung der Frage, ob die Beschwerde berechtigt war. Damit hatte er in der ersten Instanz Erfolg (Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 20.09.2019, 8 BV 442/19).
Hessisches LAG: Hält der Arbeitgeber eine Beschwerde eines Arbeitnehmers für unbegründet, hilft ihr aber vorsorglich ab, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle nicht anrufen
Das LAG entschied andersherum und wies die Anträge des Betriebsrats zurück. Zur Begründung heißt es:
Die vom Betriebsrat angerufene Einigungsstelle hat nicht über Abhilfemaßnahmen zu entscheiden, sondern nur über die Berechtigung einer Beschwerde. Auf dieser Grundlage kann (und muss) der Arbeitgeber über Abhilfemaßnahmen entscheiden - und zwar nach seinem Ermessen. Das heißt laut LAG: Ein Einigungsstellenverfahren nach § 85 Abs.2 BetrVG ist nicht mehr erforderlich, wenn der Arbeitgeber den Aussagen eines Beschwerdeführers zwar nicht glaubt, aber trotzdem Abhilfemaßnahmen ergreift.
Das hatte der Arbeitgeber hier gemacht, denn er hatte drei Gespräche wegen der Beschwerde geführt, nämlich zunächst mit dem Arbeitnehmer, gegen den sich die Beschwerde richtete, dann mit allen Beteiligten und zuletzt mit dem Betriebsrat. Dabei hatte der Arbeitgeber deutlich gemacht, dass Äußerungen von der Art, wie von den Beschwerdeführern vorgetragen, nicht geduldet würden.
Fazit: Die Aufgaben der Einigungsstelle beim Streit über die Berechtigung einer Beschwerde sind begrenzt. Denn wenn es um Rechtsansprüche des Arbeitnehmers geht, sind die betrieblichen Einigungsstellen nicht zuständig (§ 85 Abs.2 Satz 3 BetrVG), sondern der Streit gehört vor die staatlichen Gerichte. Aber auch in den verbleibenden Fällen kann die Einigungsstelle über betriebliche Abhilfemaßnahmen nicht entscheiden, denn dazu ist der Arbeitgeber bereits kraft Gesetzes verpflichtet (§ 84 Abs.2 BetrVG) und kann außerdem nach seinem Ermessen entscheiden, welche Abhilfemaßnahmen er ergreift.
Daher ist die Entscheidung des LAG richtig, denn der Arbeitgeber hatte die Beschwerde, ob nun berechtigt oder nicht, ernst genommen und dem Arbeitnehmer, der sich diskriminierend geäußert haben soll, deutlich vor Augen geführt, dass solche Äußerungen nicht akzeptiert werden. Das ist bereits eine Abhilfemaßnahme, auch wenn sie vom Betriebsrat und/oder den drei Beschwerdeführern möglicherweise als unzureichend bewertet werden. Damit ist das Beschwerdeverfahren gemäß §§ 84, 85 BetrVG abgeschlossen.
Weitere Informationen finden Sie hier:
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.12.2019, 4 TaBV 136/19
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Einigungsstelle
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Allgemein
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Erlaubte Benachteiligungen
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Ethnische Herkunft, Rassismus
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Arbeitsrecht aktuell: 20/082 Unzulässige Anrufung der Einigungsstelle
- Arbeitsrecht aktuell: 20/079 Auch männliche Lehrkräfte können Mädchen im Sport unterrichten
- Arbeitsrecht aktuell: 19/178 Schutz von Hinweisgebern im Antidiskriminierungsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 19/104 Ein Zusatzfeiertag nur bei Kirchenzugehörigkeit ist diskriminierend
- Arbeitsrecht aktuell: 16/358 Diskriminierung und Eignung des Bewerbers
- Arbeitsrecht aktuell: 16/243 Keine Entschädigung für Scheinbewerber
- Arbeitsrecht aktuell: 14/153 AGG-Entschädigungsklage kann Rechtsmissbrauch sein
- Arbeitsrecht aktuell: 09/238 Zuständigkeit der Einigungsstelle bei Mobbing
- Arbeitsrecht aktuell: 09/139 Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim Verfahren der Beschwerdestelle nach dem AGG
Letzte Überarbeitung: 16. November 2021
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