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Schutz von Hinweisgebern im Antidiskriminierungsrecht
31.07.2019. Wenn es um die Durchsetzung von Rechten im Zusammenhang mit Diskriminierungen im Arbeitsleben geht, kommt es meist darauf an, wie weit die Beweiserleichterungen gehen, die das europäische und das deutsche Antidiskriminierungsrecht zugunsten von Betroffenen vorsieht.
In einem aktuellen Fall musste der europäische Gerichtshof (EuGH) über die Frage entscheiden, welchen Schutz Kollegen eines diskriminierten Arbeitnehmers/Bewerbers genießen: EuGH, Urteil vom 20.06.2019, C-404/18 (Hakelbracht und Vandenbon gg. WTG Retail).
- Wie weit geht der Schutz von Hinweisgebern im europäischen Antidiskriminierungsrecht?
- Belgisches Unternehmen lehnt eine schwangere Bewerberin wegen ihrer Schwangerschaft ab, die davon durch eine Führungskraft des Unternehmens erfährt
- EuGH: Arbeitnehmer, die auf unzulässige Diskriminierungen hinweisen, sind durch das Europarecht umfassend vor Maßregelungen geschützt
Wie weit geht der Schutz von Hinweisgebern im europäischen Antidiskriminierungsrecht?
Die EU-Richtlinie 2006/54/EG vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen fasst die bisherigen EU-Richtlinien der Europäischen Union (EU) zum Abbau geschlechtsbedingter Diskriminierungen zusammen und löst diese Richtlinien ab, insbesondere die lange Zeit besonders wichtige Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 09.02.1976.
Die EU-Richtlinie 2006/54/EG verpflichtet die EU-Staaten zum Abbau geschlechtsbedingter Benachteiligungen beim Zugang zur Beschäftigung (Art.14), beim Thema Lohn bzw. Gehalt (Art.4) sowie bei der betrieblichen Altersversorgung (Art.5).
Darüber hinaus enthält die Richtlinie auch verfahrensrechtliche Vorschriften zum Schutz der begünstigten Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen. So ist in Art.24 der Richtlinie 2006/54/EG vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen,
„um die Arbeitnehmer sowie die (…) Arbeitnehmervertreter vor Entlassung oder anderen Benachteiligungen durch den Arbeitgeber zu schützen, die als Reaktion auf eine Beschwerde innerhalb des betreffenden Unternehmens oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erfolgen.“
Fraglich ist, ob dieses Verbot der sog. „Viktimisierung“ auch die Konstellation erfasst, dass weder der betroffene Arbeitnehmer selbst noch ein Arbeitnehmervertreter eine Beschwerde wegen einer Diskriminierung vorbringt, sondern ein anderer, nicht unmittelbar betroffener Arbeitnehmer.
Belgisches Unternehmen lehnt eine schwangere Bewerberin wegen ihrer Schwangerschaft ab, die davon durch eine Führungskraft des Unternehmens erfährt
Im Streitfall hatte sich Frau Hakelbracht im Sommer 2015 bei einem belgischen Bekleidungs-Einzelhändler, der Fa. WTG Retail, als Verkäuferin beworben. Das Bewerbungsgespräch führte sie mit einer Führungskraft von WTG Retail, Frau Vandenbon. In dem Bewerbungsgespräch informierte Frau Hakelbracht Frau Vandenbon darüber, dass sie im dritten Monat schwanger sei.
Frau Vandenbon schlug der Unternehmensleitung vor, Frau Hakelbracht einzustellen, was WTG Retail jedoch wegen der bestehenden Schwangerschaft ablehnte. Den Hinweis von Frau Vandenbon, dass die Ablehnung einer Bewerberin mit dieser Begründung rechtlich unzulässig sei, ignorierte WTG Retail und hielt an der ablehnenden Entscheidung fest. Daraufhin teilte Frau Vandenbon der Bewerberin mit, dass ihre Bewerbung wegen ihrer Schwangerschaft nicht erfolgreich gewesen sei.
Im Folgenden machte Frau Hakelbracht gegen WTG Retail Ansprüche wegen der erlittenen geschlechtsbedingten Diskriminierung geltend, was wiederum zur Folge hatte, dass WTG Retail das Arbeitsverhältnis mit Frau Vandenbon im Sommer 2016 beendete. In dem daraufhin von Frau Hakelbracht und Frau Vandenbon angestrengten arbeitsgerichtlichen Prozess verlangten die beiden Klägerinnen jeweils eine Geldentschädigung von sechs Monatsgehältern.
Mit dieser Klage hatte zunächst nur Frau Hakelbracht Erfolg, da das Gericht in ihrem Fall von einer Diskriminierung ausging. In der Angelegenheit Frau Vandenbons hingegen kam es darauf an, ob sie sich auf eine belgische Regelung berufen konnte, der zufolge Zeugen geschützt werden, die zugunsten von Diskriminierungsopfern aussagen. Im vorliegenden Fall war Frau Vandenbon allerdings bis zu ihrer Entlassung nur als Unterstützerin Frau Hakelbrachts aufgetreten, aber nicht als Zeugen in einem formellen Verfahren.
Vor diesem Hintergrund wollte das Arbeitsgericht Antwerpen vom EuGH wissen, ob der in Art.24 der Richtlinie 2006/54/EG vorgesehene verfahrensrechtliche Schutz von „Arbeitnehmern“ auch solche Arbeitnehmer umfasst, die sich bei einer innerbetrieblichen Auseinandersetzung auf die Seite eines diskriminierten Kollegen schlagen.
EuGH: Arbeitnehmer, die auf unzulässige Diskriminierungen hinweisen, sind durch das Europarecht umfassend vor Maßregelungen geschützt
Der Gerichtshof entschied die Vorlagefrage im Sinne der betroffenen Arbeitnehmerin, Frau Vandenbon.
Obwohl der Wortlaut von Art.24 der Richtlinie 2006/54/EG eher nahelegt, dass durch diese Vorschrift nur der betroffene Arbeitnehmer selbst (hier also Frau Hakelbrecht als abgelehnte Bewerberin) sowie Mitglieder betrieblicher Arbeitnehmervertretungen vor Repressalien geschützt sind, kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Schutz vor Maßregelungen sämtliche Arbeitnehmer umfasst, „gegen die der Arbeitgeber als Reaktion auf eine wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts eingereichte Beschwerde Vergeltungsmaßnahmen ergreifen kann“ (Urteil, Rn.27, 28).
Zur Begründung meint der EuGH zunächst, der Wortlaut der Regelung bzw. der Begriff des Arbeitnehmers sei eben „weit zu verstehen“ (Urteil, Rn.27). Darüber hinaus ist diese Regelung, so die Luxemburger Richter, als spezielle Ausprägung des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes zu verstehen (Urteil, Rn.32), was auch für eine großzügige Interpretation spricht.
Art.24 der Richtlinie 2006/54/EG schützt demzufolge nicht nur Diskriminierungsbetroffene und Arbeitnehmervertreter, sondern jeden Arbeitnehmer, der vom Arbeitgeber benachteiligt werden könnte, weil er einen Diskriminierungsbetroffenen unterstützt hat, sei es formell oder informell (Urteil, Rn.35).
Fazit: Der rechtliche Schutz von Unterstützern ist im deutschen Recht, anders als dies anscheinend in Belgien der Fall ist, bereits weitgehend umgesetzt. So heißt es in § 16 Abs.1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG):
„Der Arbeitgeber darf Beschäftigte nicht wegen der Inanspruchnahme von Rechten nach diesem Abschnitt oder wegen der Weigerung, eine gegen diesen Abschnitt verstoßende Anweisung auszuführen, benachteiligen. Gleiches gilt für Personen, die den Beschäftigten hierbei unterstützen oder als Zeuginnen oder Zeugen aussagen.“
Aus der Entscheidung des EuGH vom 20.07.2019 (C-404/18) ergibt sich, dass der rechtliche Schutz von Unterstützern europarechtlich geboten und im Sinne des EuGH-Urteils umfassend auszulegen ist. So kann eine Unterstützung im Sinne dieser Vorschrift auch darin bestehen, dass Informationen über Diskriminierungen nach außen getragen werden. Das entspricht auch den Vorgaben der im Januar 2019 beschlossenen EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern (s. dazu Arbeitsrecht aktuell: 19/082 EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20.06.2019, C-404/18
- Handbuch Arbeitsrecht: Datenschutz im Arbeitsrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Geschlecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Haftung des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Whistleblowing, Anzeige gegen den Arbeitgeber
- Arbeitsrecht aktuell: 21/017 Geplante EU-Richtlinie für Lohngleichheit
- Arbeitsrecht aktuell: 20/110 Beschwerde eines Arbeitnehmers wegen Benachteiligung
- Arbeitsrecht aktuell: 19/086 Datenschutz contra Hinweisgeberschutz im Arbeitsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 19/082 EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern
- Arbeitsrecht aktuell: 18/058 Mitarbeiterbefragung und Mitbestimmung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/070 Aufhebungsvertrag mit Klageverzicht nach Drohung mit Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/005 Kündigung wegen Anzeige gegen den Arbeitgeber
- Arbeitsrecht aktuell: 12/188 Gesetzesentwurf für Whistleblower-Schutzgesetz
- Arbeitsrecht aktuell: 12/187 Fristlose Kündigung wegen Strafanzeige
Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
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