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Kündigung wegen Anzeige gegen den Arbeitgeber
08.01.2013. "Hinweisgeber" oder "Whistleblower" sind Arbeitnehmer, die ihren Arbeitgeber wegen angeblicher Gesetzesverstößen oder angeblicher Straftaten bei Aufsichtsbehörden, bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft anzeigen.
Hinweisgeber riskieren eine verhaltensbedingte Kündigung. Denn die meisten Arbeitgeber betrachten ein solches Verpfeifen als massiven Vertrauensbruch, und natürlich sind die meisten Arbeitgeber fest davon überzeugt, dass die Anzeige völlig haltlos war.
Die Arbeitsgerichte müssen hier einen Mittelweg finden zwischen der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers und dem Schutz der berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Sie verlangen daher, dass Hinweisgeber vor einer Anzeige zunächst einmal versuchen, die über die Missstände innbetrieblich zu reden, d.h. mit dem Arbeitgeber eine Klärung von Verdachtsmomenten und/oder eine Beseitigung der Missstände zu erreichen.
An dieser Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte hat sich auch durch das Heinisch-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 21.07.2011 (28274/08) nichts geändert (wir berichteten über diese Entscheidung in Arbeitsrecht aktuell: 11/175 Verpfeifen / Whistleblowing ohne Risiko einer Kündigung?). Denn der EGMR hatte damals zwar einer prominenten deutschen Hinweisgeberin, der Altenpflegerin Brigitte Heinisch, recht gegeben, aber mit einer Begründung, die die Haltung der deutschen Arbeitsgerichte nicht wirklich in Frage stellt.
Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln: LAG Köln, Urteil vom 05.07.2012, 6 Sa 71/12.
- Wann dürfen Arbeitgeber einem Hinweisgeber wegen einer unbegründeter Anzeige kündigen?
- Der Fall des LAG Köln: Ordentlich gekündigte Haushälterin verpfeift ihre Arbeitgeber beim Jugendamt
- LAG Köln: Das Heinisch-Urteil des EGMR hat die Rechtsgrundsätze der deutschen Gerichten "weiter präzisiert"
Wann dürfen Arbeitgeber einem Hinweisgeber wegen einer unbegründeter Anzeige kündigen?
Haben Arbeitnehmer Anhaltspunkte dafür, dass Ihr Arbeitgeber oder dass Arbeitskollegen oder Vorgesetzte Straftaten verüben, sind sie wie jeder Bürger dazu berechtigt, eine Strafanzeige zu erstatten, d.h. die Polizei oder die Staatsanwaltschaft zu informieren - jedenfalls im Prinzip.
„Im Prinzip“ heißt, dass Arbeitnehmer zwar wie jeder Bürger in solchen Fällen das Recht zur Strafanzeige haben, dass sie aber als Arbeitnehmer zugleich auch dazu verpflichtet sind, Rücksicht auf die geschäftlichen Interessen und auf den guten Ruf ihres Arbeitgebers zu nehmen.
Daher droht Arbeitnehmern, die ihren Arbeitgeber "verpfeifen", die fristlose Kündigung, falls die Strafanzeige "leichtfertig" erstattet wurde. Und leichtfertig sind Strafanzeigen, wenn der anzeigende Arbeitnehmer nicht zuvor versucht hat, den Verdacht im Betrieb zu klären. Nur in seltenen Ausnahmefällen dürfen Arbeitnehmer sich direkt, d.h. ohne einen solchen innbetrieblichen Klärungsversuch, an die zuständigen Behörden wenden und ihren Arbeitgeber "verpfeifen".
Außerdem darf der Arbeitnehmer nicht bewusst unwahre Behauptungen aufstellen. Das versteht sich eigentlich von selbst, wird aber manchmal von "beleidigten" Arbeitnehmern übersehen, wie die Entscheidung des LAG Köln zeigt.
Der Fall des LAG Köln: Ordentlich gekündigte Haushälterin verpfeift ihre Arbeitgeber beim Jugendamt
Im Streitfall hatte eine ordentliche gekündigte Haushälterin gegenüber dem Jugendamt behauptet, ihre Arbeitgeber, ein Ehepaar mit zwei kleinen Kindern, hätten ihre Kinder vernachlässigt bzw. verwahrlosen lassen. Wie sich später herausstellte, gab es von Verwahrlosung keine Spur.
Aufgrund dieser Anzeige kündigten die Eheleute erneut, diesmal fristlos. Dagegen die erhob die gekündigte Haushälterin Kündigungsschutzklage und vertrat die Ansicht, sie habe - nach Erhalt der ordentlichen Kündigung - das Recht zu einer Information des Jugendsamtes gehabt.
Das Jugendamt sei nicht die Staatsanwaltschaft, sondern solle klären, ob Missstände vorlägen. Es sei sinnvoll, bei überlasteten Eltern das Jugendamt einzuschalten.
Komme das Amt zu dem Ergebnis, dass eine Misshandlung des Kindes vorliege, so habe es gegebenenfalls die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Die bloße Information des Jugendamtes stelle noch keine unzulässige Handlung zu Lasten des Arbeitgebers dar, so die Haushälterin.
Von diesen Rechtsansichten ließ sich das Arbeitsgericht Aachen nicht überzeugen und wies die Kündigungsschutzklage ab (Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 13.12.2011, 5 Ca 2681/11 d ).
LAG Köln: Das Heinisch-Urteil des EGMR hat die Rechtsgrundsätze der deutschen Gerichten "weiter präzisiert"
Auch das LAG Köln als Berufungsgericht entschied gegen die Haushälterin, wobei es kurz zur der oben erwähnten Heinisch-Entscheidung des EGMR Stellung nahm.
Mit diesem Urteil hat der Menschengerichtshof, so das LAG Köln, bestätigt, dass es in den Hinweisgeber-Fällen darauf ankommt, die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Dabei kommt es nicht nur auf die durch Art.10 der Menschenrechtskonvention geschützte Meinungsfreiheit des Hinweisgebers an und auf die Interessen der Allgemeinheit an einer Aufdeckung innerbetrieblicher Missstände an. Vielmehr müssen die Gerichte auch das berechtigte Interesse des Arbeitgebers im Auge behalten, nicht ohne vorherige innerbtriebliche Klärungsversuche angezeigt zu werden.
Hier im Streitfall sprach alles gegen die Haushälterin, denn sie hatte ihren Arbeitgeber völlig grundlos und ohne vorherige innerbetrieblichen Klärungsversuch verpfiffen, und das nicht etwa gutgläubig, sondern als Reaktion auf die zuvor ausgesprochene ordentliche Kündigung. Daher wies das LAG ihre Klage zurecht ab.
Fazit: Trotz des Heinisch-Urteils des EGMR hat eine Strafanzeige in vielen Fällen eine fristlose Kündigung zur Folge, gegen die sich der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage wehren muss. Ob er vor Gericht osbiegt oder nicht, hängt dann davon ab, wie sorgfältig er seine Anzeige vorbereitet hatte. Ohne einen innerbetrieblichen Klärungsversuch haben Arbeitnehmer hier keine guten Chancen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 05.07.2012, 6 Sa 71/12
- Landesarbeitsgericht Köln (Webseite)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Whistleblowing, Anzeige gegen den Arbeitgeber
- Arbeitsrecht aktuell: 19/178 Schutz von Hinweisgebern im Antidiskriminierungsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 19/082 EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern
- Arbeitsrecht aktuell: 12/187 Fristlose Kündigung wegen Strafanzeige
- Arbeitsrecht aktuell: 12/141 Kündigung wegen unberechtigter Strafanzeige
- Arbeitsrecht aktuell: 11/175 Verpfeifen / Whistleblowing ohne Risiko einer Kündigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/049 Öffentliche Kritik am Arbeitgeber
Letzte Überarbeitung: 2. August 2019
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