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Kündigung wegen unberechtigter Strafanzeige
Zwar sind die Details umstritten, klar ist aber, dass sich Arbeitnehmer mit ihren Beschuldigungen nicht zu weit aus dem Fenster lehnen sollten. Sonst ergeht es ihnen wie dem Kläger in einem vom Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) entschiedenen Fall, der seine Vorgesetzten und Kollegen in völlig überzogener Weise beschuldigte (Urteil vom 26.10.2011, 8 Sa 1554/10).
- Darf ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Kollegen anzeigen?
- Wissentlich falsche Strafanzeige gegen Kollegen kann eine außerordentliche Kündigung zur Folge haben
Darf ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Kollegen anzeigen?
Eigentlich hat jeder das Recht als Bürger, Straftaten der Polizei mitzuteilen und Strafantrag zu stellen. Doch als Arbeitnehmer hat man zugleich auch die Pflicht, Rücksicht auf die Interessen seines Arbeitgebers zu nehmen (§ 241 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB).
Die Arbeitsgerichte verlangen daher vom Arbeitnehmer, beim Verdacht strafbaren Verhaltens von Betriebsangehörigen zunächst einmal "innerbetriebliche Abhilfemöglichkeiten" zu nutzen, bevor man Außenstehende informiert. Ausnahmen werden nur gemacht, wenn es um schwere Straftaten geht oder wenn man Gefahr läuft, sich ohne Strafanzeige selbst strafbar zu machen. In solchen und ähnlichen Fällen wäre der Versuch einer innerbetrieblichen Klärung sinnlos und/oder unzumutbar und man darf daher ohne einen solchen Versuch die Poilzei einschalten.
So oder so ist die typische Reaktion des Arbeitgebers Empörung über den „Maulwurf“ und es folgt meist eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung. Die Begründung des Arbeitgebers lautet dann, der Arbeitnehmer habe die Vorwürfe "leichtfertig" erhoben und/oder sie seien „völlig aus der Luft gegriffen“. Werden die Ermittlungen später ergebnislos eingestellt, läuft der Arbeitnehmer Gefahr, dass das Arbeitsgericht im Kündigungsschutzverfahren die Bewertung des Arbeitgebers teilt.
Wissentlich falsche Strafanzeige gegen Kollegen kann eine außerordentliche Kündigung zur Folge haben
Ein gemäß Tarifvertrag ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer beschuldigte einige seiner Vorgesetzten und Kollegen bei der Polizei, ihn über einen längeren Zeitraum immer wieder massiv beleidigt zu haben. Außerdem behauptete er, sein Schichtleiter habe ihn in einen Schockfroster einsperren und die Kühlung einschalten wollen. Er habe sich nur in letzter Sekunde vor dem drohenden Kältetod retten können.
Der Arbeitgeber kündigte wegen dieser Anschuldigungen Ende 2009 verhaltensbedingt außerordentlich, wobei er eine Auslauffrist bis Mitte 2010 gewährte. Das Arbeitsgericht Frankfurt (Urteil vom 11.08.2010, 2 Ca 416/10) gab der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers statt, doch das LAG wies sie anschließend ab.
Denn während seine Kollegen in einer Beweisaufnahme glaubhaft aussagten, den Arbeitnehmer nie beleidigt zu haben, konnte er seinerseits keine konkreten Vorfälle benennen. Zudem entpuppte sich der "Schockfroster" als Kühlhaube, in der Plusgrade herrschen. Das LAG kam daher zu dem Ergebnis, dass die Anschuldigungen falsch waren und dass der Arbeitnehmer mit der Strafanzeige seinen Kollegen Unrecht getan hatte. Daher war die außerordentliche Kündigung in Ordnung, da der Arbeitgeber so fair war, eine halbjährige Auslauffrist zu gewähren.
Fazit: Strafanzeigen gegen Kollegen oder den Arbeitgeber sind immer eine heikle Angelegenheit. Sie sollten daher sehr detailliert und auf der Grundlage objektiver Beweise erstattet werden. Denn viele Strafverfahren werden ohne Beweisaufnahme eingestellt, so dass "die Wahrheit" in diesem Rahmen oft nicht geklärt wird. Damit eine solche Verfahrenseinstellung dem Arbeitnehmer nicht schadet, sollte seine Anzeige möglichst gut begründet sein.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 26.10.2011, 8 Sa 1554/10
- Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 11.08.2010, 2 Ca 416/10
- Hessisches Landesarbeitsgericht (Webseite)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verdachtskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Whistleblowing, Anzeige gegen den Arbeitgeber
- Arbeitsrecht aktuell: 13/005 Kündigung wegen Anzeige gegen den Arbeitgeber
- Arbeitsrecht aktuell: 12/187 Fristlose Kündigung wegen Strafanzeige
- Arbeitsrecht aktuell: 12/155 Kündigung wegen Meckerns
- Arbeitsrecht aktuell: 11/175 Verpfeifen / Whistleblowing ohne Risiko einer Kündigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/126 Fristlose Kündigung wegen Drohung mit Strafanzeige
- Arbeitsrecht aktuell: 11/019 Behauptung "menschenverachtenden Umgangs" wird durch Meinungsfreiheit geschützt
- Arbeitsrecht aktuell: 10/137 Keine Kündigung wegen „Verpfeifens“ des Arbeitgebers
- Arbeitsrecht aktuell: 10/049 Öffentliche Kritik am Arbeitgeber
Letzte Überarbeitung: 21. Juni 2018
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