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Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 26.10.2011, 8 Sa 1554/10

   
Schlagworte: Strafanzeige, Kündigung: Strafanzeige, Whistleblowing
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 8 Sa 1554/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 26.10.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 11.08.2010, 2 Ca 416/10
   

Hes­si­sches Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Verkündet am:

26. Ok­to­ber 2011

Ak­ten­zei­chen: 8 Sa 1554/10
(Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main: 2 Ca 416/10)

Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

In dem Be­ru­fungs­ver­fah­ren

Be­klag­te und
Be­ru­fungskläge­rin

Pro­zess­be­vollmäch­tigt.:

ge­gen

Kläger und
Be­ru­fungs­be­klag­ter

Pro­zess­be­vollmäch­tigt.:

hat das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt, Kam­mer 8,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 26. Ok­to­ber 2011

durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt als Vor­sit­zen­den
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter

für Recht er­kannt:

Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 11.08.2010 – 2 Ca 416/10 – ab­geändert:

Das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en wur­de nicht durch die außer­or­dent­li­che frist­lo­se Kündi­gung der Be­klag­ten vom 28.12.2009 auf­gelöst.

Im übri­gen – hin­sicht­lich der Kündi­gung vom 31.12.2009 zum 30.06.2010 – wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Die Kos­ten des Rechts­streits wer­den ge­gen­ein­an­der auf­ge­ho­ben.

Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung so­wie ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung mit Aus­lauf­frist, die die Be­klag­te je­weils als Tat- und Ver­dachtskündi­gung erklärt hat. Der am 1. Ja­nu­ar 1959 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te und drei Kin­dern zum Un­ter­halt ver­pflich­te­te Kläger ist schwer­be­hin­dert mit ei­nem Grad der Be­hin­de­rung von 100. Der Kläger steht seit 15. No­vem­ber 1989 in den Diens­ten der Be­klag­ten.

Im Ok­to­ber 2009 er­stat­te­te der Kläger bei der Po­li­zei An­zei­ge ge­gen sei­ne Vor­ge­setz­ten A, B und C we­gen Be­lei­di­gung und Nöti­gung. Gemäß der An­zei­ge des Klägers soll­ten sie den Kläger vor Zeu­gen als „Du Wich­ser“, “Idi­ot“, „Depp“, „unfähi­ger Trot­tel“, „Arsch­loch“, „Arsch“, „dum­me Sau“ und mit an­de­ren her­abwürdi­gen­den Äußerun­gen be­lei­digt ha­ben. Mit ei­nem wei­te­ren Schrei­ben, das bei der Po­li­zei am 8. De­zem­ber 2009 ein­ging, schil­der­te der Kläger Schwie­rig­kei­ten, die ihm am Ar­beits­platz ge­macht würden und ei­ne Si­tua­ti­on, die sich am 2. Ok­to­ber 2009 zu­ge­tra­gen ha­be. In dem Schrei­ben heißt es:

„Am 02.10.09 war ich im Kühl­haus (Schock­fros­ter) am Ar­bei­ten. Da kam Herr C (Schicht­lei­ter) und fing so­fort an rum­zu­schrei­en, war­um ich die Kühlung aus­ge­schal­tet hätte. Wo drauf ei­ne lau­te dis­kus­si­on zwi­schen uns ent­stand. Wo ich mei­ne Ar­beit wei­ter ver­rich­te­te, ent­fern­te sich Herr C. Un­mit­tel­bar da­nach ca. 2-3 se­kun­den hat Herr C das roll­tor des Schock fros­ter run­ter­ge­fah­ren und die Kühlung ein­ge­schal­tet. Was ich in letz­ter Se­kun­de ge­merkt ha­be. Weil ich mit dem Rücken zum Roll­tor am ar­bei­ten war. In al­ler­letz­ter Se­kun­de ha­be ich mich ret­ten können, in dem ich mit mei­nen Ar­beits­schu­hen an die si­cher­heits­leis­te un­ter­halb des to­res tre­ten konn­te, da drauf hin das roll­tor wie­der hoch­ge­fah­ren ist. hätte ich es ei­ne hal­be se­kun­de später ge­merkt, wäre ich ein­ge­schlos­sen ge­we­sen und er­fro­ren. In der Auf­re­gung hätte ich gar nicht dran den­ken können, dass ich das Tor auch von in­nen auf­ma­chen kann. An die in­ne­re Si­cher­heits­schal­tung kommt man nicht so leicht dran, weil das Kühl­gut zu hoch auf­ge­sta­pelt war und ich mich zu die­sem Zeit­punkt noch durch­ein­an­der war, we­gen der kurz vor­her ent­stan­de­nen Dis­kus­si­on. Durch die gan­ze Si­tua­ti­on war ich völlig auf­gelöst, durch­ein­an­der und war scho­ckiert, wuss­te nicht, was ich ma­che. Wo ich wie­der draußen war, fing die Dis­kus­si­on wie­der an. An­statt sich zu ent­schul­di­gen, fing Herr C wie­der an zu schrei­en.“

Auf­grund der An­zei­ge wur­de ein Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ge­gen die Vor­ge­setz­ten ein­ge­lei­tet und vom Kläger als Zeu­gen be­nann­te Kol­le­gen mit Zeu­gen­fra­ge­bo­gen um An­ga­ben ge­be­ten. Des­glei­chen wur­den die Vor­ge­setz­ten mit Schrei­ben, die sie am 19. No­vem­ber 2009 er­hiel­ten, als Be­schul­dig­te von den Vorwürfen in Kennt­nis ge­setzt. Der Zeu­ge A tei­le dies der Grup­pen­lei­te­rin Per­so­nal, Frau D, die nicht kündi­gungs­be­rech­tigt ist, am 19. No­vem­ber 2009 mit. Von der Po­li­zei er­fuhr die­se,

 

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dass der Kläger als An­zei­gen­er­stat­ter drei Mit­ar­bei­ter als Zeu­gen be­nannt ha­be. In der Fol­ge führ­te Frau D Gespräche mit den als Zeu­gen an­ge­ge­be­nen Mit­ar­bei­tern und den be­schul­dig­ten Vor­ge­setz­ten, so­wie an­de­ren Schicht­lei­tern und Mit­ar­bei­tern, von de­nen kei­ner die Be­schul­di­gun­gen bestätig­te. Die letz­ten Gespräche fan­den am 4. De­zem­ber 2009 statt.

Mit Schrei­ben vom 9. De­zem­ber 2009 er­bat die Be­klag­te die Zu­stim­mung zur be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen frist­lo­sen Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit dem Kläger beim In­te­gra­ti­ons­amt. Der Kläger nahm da­zu über sei­nen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten Stel­lung, wo­bei der ge­genüber der Po­li­zei ge­schil­der­te Vor­fall im We­sent­li­chen wie­der­holt wur­de. Die Be­klag­te gab dem Kläger mit Schrei­ben vom 21. De­zem­ber 2009 noch­mals Ge­le­gen­heit, zu den Vorwürfen, ins­be­son­de­re dem Vor­gang mit Herrn C, Stel­lung zu neh­men.

Am Mitt­woch, dem 23. De­zem­ber 2009, ging bei der Be­klag­ten die Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­am­tes schrift­lich und fernmünd­lich ein. Am sel­ben Ta­ge hörte die Be­klag­te den Be­triebs­rat zu den be­ab­sich­tig­ten Kündi­gun­gen schrift­lich an (vgl. Bl. 12-20 und 22-105 des An­la­gen­ban­des). Die Be­klag­te ergänz­te die Anhörung am 24. De­zem­ber 2009 (Bl. 117-137 des An­la­gen­ban­des).

Mit Schrei­ben vom 28. De­zem­ber 2009 erklärte der Be­triebs­rat, dass er den bei­den be­ab­sich­tig­ten Kündi­gun­gen nicht zu­stim­me (vgl. Bl. 15, 16 d.A.).

Mit Schrei­ben vom 28. De­zem­ber 2009, das dem Kläger am sel­ben Tag persönlich über­ge­ben wur­de, erklärte die Be­klag­te dem Kläger die außer­or­dent­li­che frist­lo­se Kündi­gung und wies in dem Schrei­ben dar­auf hin, dass der Be­triebs­rat an­gehört und in­ner­halb der ge­setz­li­chen Wi­der­spruchs­frist der Kündi­gung wi­der­spro­chen hat­te.

Mit wei­te­rem Schrei­ben vom Don­ners­tag, dem 31. De­zem­ber 2009, das dem Kläger am sel­ben Tag über­ge­ben wur­de, erklärte sie die hilfs­wei­se außer­or­dent­li­che Kündi­gung mit so­zia­ler Aus­lauf­frist zum 30. Ju­ni 2010.

Der Kläger hat ge­gen die­se Kündi­gun­gen form- und frist­ge­recht Kla­ge er­ho­ben. Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, ein wich­ti­ger Grund für die Kündi­gun­gen be­ste­he nicht. Ei­ne Straf­an­zei­ge ge­gen ei­nen Mit­ar­bei­ter recht­fer­ti­ge kei­ne Kündi­gung. Seit ei­nem Ver­gleich in ei­nem frühe­ren ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren sei ihm im­mer schwe­re­re Ar­beit zu­ge­teilt wor­den, die er nicht ha­be schaf­fen können. Er sei von den Schicht­lei­tern

 

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un­ter Druck ge­setzt wor­den. Der Schicht­lei­ter B ha­be ihn be­lei­digt und be­schimpft. Am 2. Ok­to­ber 2009 ha­be er im Kühl­haus ge­ar­bei­tet und als Herr C da­zu­ge­kom­men sei, ha­be der ihn so­fort an­ge­schrien, war­um er die Kühlung aus­ge­schal­tet ha­be. Als er wei­ter­ge­ar­bei­tet ha­be, ha­be Herr C das Roll­tor her­un­ter­ge­las­sen und die Kühlung ein­ge­schal­tet. Er, der Kläger, ha­be das erst in letz­ter Se­kun­de be­merkt und ha­be mit den Schu­hen an die Si­cher­heits­leis­te tre­ten können, so dass das Roll­tor wie­der hoch­ge­fah­ren sei.

Ins­ge­samt wer­de er seit Jah­ren durch sei­ne Vor­ge­setz­ten ge­mobbt. Des­halb ha­be er sich nicht an­ders zu hel­fen ge­wusst, als hier we­gen ei­nes be­stimm­ten Vor­falls, des­sen tatsächli­che Umstände er ge­schil­dert ha­be, ei­ne Straf­an­zei­ge zu täti­gen. Je­den­falls ha­be er durch das Schil­dern von Tat­sa­chen bei der Po­li­zei nicht schuld­haft ge­gen ihm ob­lie­gen­de Ver­trags­pflich­ten ver­s­toßen.

Der Kläger hat be­an­tragt,

es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die Kündi­gun­gen der Be­klag­ten vom 28. De­zem­ber 2009 we­der außer­or­dent­lich frist­los auf­gelöst wur­de, noch durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 31. De­zem­ber 2009 außer­or­dent­lich mit so­zia­ler Aus­lauf­frist zum 30. Ju­ni 2010 auf­gelöst wird.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kündi­gung sei be­gründet. Der Kläger ha­be drei sei­ner Vor­ge­setz­ten wis­sent­lich falsch bei der Po­li­zei der Be­ge­hung von Straf­ta­ten be­zich­tigt und un­wah­re und ehr­ver­let­zen­de Tat­sa­chen über das Un­ter­neh­men und des­sen Mit­ar­bei­ter mit­ge­teilt. Bei­de Kündi­gun­gen be­ruh­ten auf der Tat, so­wie vor­sorg­lich hilfs­wei­se auf dem Ver­dacht und höchst vor­sorg­lich für den Fall, dass das Ver­hal­ten des Klägers krank­heits­be­dingt ge­we­sen sei, auf per­so­nen­be­ding­ten Gründen. Sie be­haup­tet, die Vor­ge­setz­ten hätten den Kläger nie be­lei­digt. Der Kläger ha­be ein­mal wei­sungs­wid­rig ei­ne Kühl­hau­be aus­ge­schal­tet und nicht ge­schlos­sen, ob­wohl die Kühl­ket­te für die Le­bens­mit­tel nicht ha­be un­ter­bro­chen wer­den dürfen. Als Herr C die Kühl­hau­be ha­be schließen wol­len, ha­be der Kläger ge­nau in dem Mo­ment die Kühl­hau­be be­tre­ten. Der Kläger ha­be dann den Vor­wurf er­ho­ben, Herr C ha­be ihn

 

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ein­sch­ließen wol­len. Herr Lizar­ra­ga-Peinar­do ha­be nie die Ab­sicht ge­habt, den Kläger ein­zu­sch­ließen. Un­strei­tig ge­be es bei der Be­klag­ten kei­nen Schock­fros­ter und es herr­sche un­strei­tig in der Kühl­hau­be ei­ne Tem­pe­ra­tur von 6 – 8 Grad Cel­si­us. Wei­te­re Be­haup­tun­gen, dass der Kläger fünf Jah­re kei­nen Ur­laub im Som­mer er­hal­ten ha­be, sei­en ge­nau­so un­wahr wie die Be­haup­tung, er wer­de ge­mobbt und sol­le nur we­gen sei­ner Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft gekündigt wer­den.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben mit Ur­teil vom 11. Au­gust 2010, auf das ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der ausführ­li­chen Dar­stel­lung des Sach­ver­hal­tes und des Vor­brin­gens von Kläger und Be­klag­ter Be­zug ge­nom­men wird.

Ge­gen die­ses Ur­teil rich­tet sich die Be­ru­fung der Be­klag­ten. We­gen der für die Zulässig­keit der Be­ru­fung er­heb­li­chen Da­ten wird auf das Pro­to­koll der Sit­zung vom 15. Ju­ni 2011 ver­wie­sen.

Die Be­klag­te wie­der­holt und ver­tieft ihr erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen. So­wohl die An­zei­ge bei der Po­li­zei mit den vom Kläger be­haup­te­ten Be­lei­di­gun­gen als auch der vom Kläger ge­genüber der Po­li­zei und in der Stel­lung­nah­me ge­genüber dem In­te­gra­ti­ons­amt be­haup­te­te Vor­fall mit der Kühl­hau­be stell­ten je­weils für sich be­trach­tet ei­nen wich­ti­gen Grund für den Aus­spruch ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung dar. Da­bei sei ins­be­son­de­re auch zu berück­sich­ti­gen, dass ge­gen die Be­schul­dig­ten Mit­ar­bei­ter auf­grund der Vorwürfe nicht nur ein Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet wur­de. Die Zeu­gen A und C sei­en we­gen der An­ge­le­gen­heit zu­dem von der Be­zirks­re­gie­rung Düssel­dorf an­ge­schrie­ben wor­den, da die­se auf­grund der Vorfälle de­ren Zu­verlässig­keit über­prüfen woll­te. Oh­ne ei­ne po­si­ti­ve Zu­verlässig­keitsprüfung ist für die­se ei­ne Tätig­keit bei der Be­klag­ten nicht möglich, da sich der Be­trieb der Be­klag­ten im Si­cher­heits­be­reich des Frank­fur­ter Flug­ha­fens be­fin­det. Der Kläger ha­be mit sei­nem Vor­ge­hen auch noch un­mit­tel­bar den Ar­beits­platz und die Exis­tenz­grund­la­ge der Be­schul­dig­ten Mit­ar­bei­ter gefähr­det. Durch das Ver­hal­ten des Klägers sei der Be­triebs­frie­den in er­heb­li­chem Maße be­ein­träch­tigt wor­den. Der Kläger ha­be sich auch in kei­ner Wei­se ein­sich­tig ge­zeigt. Er ha­be zu ei­nem Zeit­punkt, als die Be­klag­te be­reits beim In­te­gra­ti­ons­amt um Zu­stim­mung zu der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung ge­be­ten ha­be, er­neut öffent­lich fal­sche Aus­sa­gen ge­genüber dem Zeu­gen C getätigt, die nun­mehr so­gar die Di­men­si­on ei­nes ver­such­ten Tötungs­de­likts an­nahm. Der Kläger ha­be die fal­sche Dar­stel­lung be­reits früher ge­genüber der Po­li­zei ab­ge­ge­ben.

 

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Die Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 11. Au­gust 2010 – Az. 2 Ca 416/10 – ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

er ver­tei­digt das erst­in­stanz­li­che Ur­teil. Der Kläger ha­be kei­ne Straf­tat­bestände be­haup­tet. Er ha­be ge­genüber ei­ner Er­mitt­lungs­behörde Tat­sa­chen­sach­ver­hal­te ge­schil­dert, die dann ei­ne Ein­ord­nung vor­ge­nom­men ha­ben. Es sei er­staun­lich, dass die Be­klag­ten­sei­te vor­tra­ge, dass Frau D nicht kündi­gungs­be­rech­tigt ge­we­sen sei. Die­se ha­be den Schrift­ver­kehr mit Behörden geführt. Es könne dem Kläger nicht un­ter­stellt wer­den, er ha­be ge­genüber der Po­li­zei wis­sent­lich fal­sche An­ga­ben ge­macht. Es könne dem Kläger kei­ne Nach­tei­le dar­aus ent­ste­hen, dass er zur Straf­ver­fol­gungs­behörde in ei­ner kon­kre­ten Not­si­tua­ti­on ge­he und ei­nen kon­kre­ten Sach­ver­halt schil­de­re. Es sei ab­we­gig dem Kläger zu un­ter­stel­len, er ha­be et­was frei er­fun­den. Aus dem Ver­merk des Po­li­zei­be­am­ten in der Er­mitt­lungs­ak­te er­ge­be sich, dass der Kläger auf­gelöst und den Tränen na­he ge­we­sen sei. Der Zeu­ge B ha­be den Kläger am 19. April 2009 oder we­ni­ge Ta­ge zu­vor er­heb­lich be­lei­digt. Das ha­be ein Zeu­ge nämlich Herr E mit­be­kom­men.

We­gen des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf Be­ru­fungs­be­gründung und Be­ru­fungs­er­wi­de­rung so­wie die dar­auf fol­gen­den Schriftsätze der Par­tei­en ver­wie­sen.

Das Ge­richt hat Be­weis er­ho­ben durch Ver­neh­mung der Zeu­gen C (Bl. 230 d.A.), des Zeu­gen Mer­kel (Bl. 231 R. d.A.), des Zeu­gen B (Bl. 242 d.A.), des Zeu­gen E (Bl. 244 d.A.), des Zeu­gen A (Bl. 245 d.A.). We­gen der Ein­zel­hei­ten der Aus­sa­gen wird auf die Sit­zungs­pro­to­kol­le vom 15. Ju­ni 2011 und vom 26. Ok­to­ber 2011 ver­wie­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Be­ru­fung ist teil­wei­se be­gründet.

 

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Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en wur­de durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 31.12.2009 mit Aus­lauf­frist zum 30. Ju­ni 2010 be­en­det. Das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en wur­de noch nicht durch die außer­or­dent­li­che frist­lo­se Kündi­gung der Be­klag­ten vom 28.12.2009 auf­gelöst.

A.
Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 31.12.2009 mit so­zia­ler Aus­lauf­frist ist wirk­sam. Die Be­klag­te konn­te dem Kläger gemäß § 42 Abs. 2 des auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en un­strei­ti­ge An­wen­dung fin­den­den Man­tel­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 14 für das Bo­den­per­so­nal (MTV) aus wich­ti­gem Grund kündi­gen, ob­wohl gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 MTV für ihn die or­dent­li­che Kündi­gung aus­ge­schlos­sen war.

I.
Ein wich­ti­ger Grund im Sin­ne des § 42 MTV, der dem wich­ti­gen Grund des § 626 BGB ent­spricht, lag vor.

Es kann ei­nen wich­ti­gen Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung dar­stel­len, wenn ein Ar­beit­neh­mer Kol­le­gen oder Vor­ge­setz­te bei der Po­li­zei an­zeigt und der Be­ge­hung von Straf­ta­ten be­schul­digt. Das ist je­den­falls dann der Fall, wenn die An­schul­di­gun­gen un­zu­tref­fend sind und sie trotz­dem leicht­fer­tig oder vorsätz­lich falsch er­ho­ben wer­den (BAG v. 3.7.2003 – 2AZR 235/02 – DB 2004,878).

Ein Ar­beit­neh­mer ist grundsätz­lich be­rech­tigt, straf­ba­res Ver­hal­ten ei­nes Ar­beit­ge­bers, sei­ner Vor­ge­setz­ten oder sei­ner Kol­le­gen bei Straf­ver­fol­gungs­behörden an­zu­zei­gen. Er ist ins­be­son­de­re auch be­rech­tigt ei­ne Straf­an­zei­ge und den dar­in lie­gen­den Straf­an­trag bei der Po­li­zei zu stel­len, wenn er im Ar­beits­verhält­nis be­lei­digt wur­de. Es kann da­bei da­hin­ste­hen, ob im Ein­zel­fall zunächst ei­ne in­ner­be­trieb­li­che Klärung ge­bo­ten sein kann.

Die Pflich­ten aus dem Ar­beits­verhält­nis ver­letzt ein Ar­beit­neh­mer aber dann, wenn er leicht­fer­tig oder vorsätz­lich fal­sche An­schul­di­gun­gen ge­gen Vor­ge­setz­te oder Ar­beits­kol­le­gen er­hebt. Die vorsätz­lich fal­sche An­schul­di­gung ist rechts­wid­rig und kann ih­rer­seits ei­ne Straf­tat dar­stel­len (§ 145 d StGB). Mit ei­ner leicht­fer­ti­gen und vorsätz­li­chen fal­schen An­schul­di­gung wer­den die Persönlich­keits­rech­te des An­ge­schul­dig­ten schwer­wie­gend be­ein­träch­tigt, die Grund­la­gen ei­ner ge­deih­li­chen Zu­sam­men­ar­beit im Ar­beits­verhält­nis und das Mi­ni­mum an Ver­trau­en zerstört. Ei­ne

 

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leicht­fer­tig oder vorsätz­lich fal­sche An­schul­di­gung ist da­mit grundsätz­lich als wich­ti­ger Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ge­eig­net.

II.
Die Kam­mer ist auf­grund des un­strei­ti­gen Sach­ver­halts, dem Vor­trag der Par­tei­en und der Be­weis­auf­nah­me da­von über­zeugt, dass der Kläger sei­ne Vor­ge­setz­ten, die Zeu­gen A, B und C vorsätz­lich, zu­min­dest leicht­fer­tig, ge­genüber der Po­li­zei an­ge­schul­digt hat in der Zeit zwi­schen 01. Ju­li 2006 bis 23. Ok­to­ber 2009 vor Zeu­gen als „du Wich­ser“, “Idi­ot“, „Depp“, „unfähi­ger Trot­tel“, „Arsch­loch“, „Arsch“, „dum­me Sau“ und mit an­de­ren her­abwürdi­gen­den Äußerun­gen be­lei­digt zu ha­ben. Der Kläger hat ei­ne ent­spre­chen­de An­zei­ge bei der Po­li­zei ge­macht, Zeu­gen dort an­ge­ge­ben und es wur­de dar­auf­hin ein ent­spre­chen­des Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet. Der Kläger hat nicht in Ab­re­de ge­stellt, dass dem ein ent­spre­chen­der Straf­an­trag zu­grun­de lag.

1.
Nach Über­zeu­gung der Kam­mer ha­ben die vom Kläger an­ge­schul­dig­ten ihn nicht in die­ser Art be­lei­digt. Der Kläger selbst hat im Lau­fe des Ver­fah­rens und in den münd­li­chen Ver­hand­lun­gen die in der An­zei­ge er­ho­be­nen Be­schul­di­gun­gen in kei­ner Wei­se näher kon­kre­ti­siert. Aus sei­nem Vor­trag vor Ge­richt er­gibt sich nichts dafür, dass ei­nes der von ihm auf­geführ­ten Schimpf­wor­te durch ei­nen der Be­schul­dig­ten ge­genüber ihm geäußert wur­de. Er hat le­dig­lich in all­ge­mei­ner Form hin­sicht­lich des Zeu­gen B vor­ge­tra­gen, dass die­ser ihn un­ter Druck ge­setzt ha­be, in dem er ihn be­lei­dig­te und be­schimpf­te, wo­bei dies von die­sem so ge­steu­ert wor­den sei, dass es ge­schah, wenn man al­lei­ne war (vgl. Schrift­satz vom 08. Ju­ni 2010, S. 7, Bl. 56 d.A.). Die be­lei­di­gen­den Äußerun­gen hätten am 19. April 2009 statt­ge­fun­den. Wei­ter­hin trägt der Kläger in all­ge­mei­ner Form vor, dass der Zeu­ge A ihn be­lei­digt ha­be. Wenn der Kläger selbst im ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren kei­ne nähe­ren An­ga­ben darüber ma­chen kann, ob und wel­che der von ihm wört­lich zi­tier­ten Be­schimp­fun­gen fie­len und er hin­sicht­lich des Zeu­gen A über­haupt nur ei­ne Ge­le­gen­heit nennt, bei der er von die­sem be­lei­digt wor­den sei, ist es schon nach dem ei­ge­nen Vor­trag des Klägers zu­min­dest leicht­fer­tig die drei Vor­ge­setz­ten ge­genüber der Po­li­zei zu be­schul­di­gen, über länger be­stimm­te üble Schimpf­wor­te ihm ge­genüber vor Zeu­gen geäußert zu ha­ben.

 

- 10 -

2.
Wei­ter ist die Kam­mer auf­grund der Be­weis­auf­nah­me zur Über­zeu­gung ge­kom­men, dass die Zeu­gen A und C den Kläger nicht wie in der An­zei­ge be­haup­tet, be­lei­digt ha­ben.

a)
Die Zeu­gen ha­ben glaubwürdig und glaub­haft be­kun­det, dass sie den Kläger nie mit Schimpf­wor­ten be­lei­digt ha­ben. Ih­re Aus­sa­gen sind glaub­haft und glaubwürdig. So­wohl der Zeu­ge C wie der Zeu­ge A ha­ben auf die Kam­mer ei­nen glaubwürdi­gen und um die Wahr­heit bemühten Ein­druck ge­macht. Der Zeu­ge A hat wei­ter be­kun­det, dass der Ton zwi­schen den Kol­le­gen sehr gut sei und kei­nes­wegs Schimpf­wor­te zwi­schen den Kol­le­gen, auch nicht im freund­schaft­li­chen Ton, ge­braucht würden. Er hat wei­ter be­kun­det, dass er als Sach­ge­biets­lei­ter der Be­reit­stel­lung als Vor­ge­setz­ter so­wohl des Klägers wie der Zeu­gen B und C kei­ne Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit dem Kläger ge­habt ha­be.

b)
Die­se Aus­sa­gen sind glaub­haft und glaubwürdig. Wohl sind die Zeu­gen Be­schul­dig­te und sie würden sich scha­den, wenn sie die Be­haup­tun­gen des Klägers in den An­zei­gen bestätig­ten. Das schließt aber ih­re Glaubwürdig­keit als Zeu­gen nicht aus. Sie hätten un­ter die­sem Ge­sichts­punkt die Aus­sa­ge ver­wei­gern können. Die Zeu­gen ha­ben aber de­fi­ni­tiv und aus­drück­lich aus­ge­schlos­sen, dass sie sol­che Be­lei­di­gun­gen geäußert ha­ben. An­de­rer­seits hat der Kläger hin­sicht­lich die­ser Zeu­gen nichts Kon­kre­tes vor­ge­tra­gen, bei wel­chen Ge­le­gen­hei­ten, in wel­cher Häufig­keit oder mit wel­chen Wor­ten ei­ne Be­lei­di­gung mit den be­haup­te­ten Schimpf­wor­ten er­folgt sei. Wenn die Zeu­gen in Kennt­nis der Straf­an­dro­hung für ei­ne fal­sche Aus­sa­ge aus­drück­lich die in der An­zei­ge be­haup­te­ten Be­lei­di­gun­gen aus­sch­ließen, be­steht für die Kam­mer kein vernünf­ti­ger An­lass an der Wahr­heit ih­rer Aus­sa­ge zu zwei­feln. So­wohl der Zeu­ge A wie der Zeu­ge C ha­ben bei ih­ren Aus­sa­gen ei­nen glaubwürdi­gen Ein­druck auf die Kam­mer ge­macht.

3.
Auch der Zeu­ge B hat be­kun­det, dass er den Kläger we­der vor Zeu­gen noch oh­ne Zeu­gen als „du Wich­ser“, “Idi­ot“, „Depp“, „unfähi­ger Trot­tel“, „Arsch­loch“, „Arsch“, „dum­me Sau“ be­zeich­net hätte. Er hat auch be­kun­det, dass er den Kläger auch nicht im April 2009 be­schimpft hätte in Zu­sam­men­hang mit ei­nem Vor­fall, hin­sicht­lich des­sen

 

- 11 -

sich der Kläger bei ei­nem ge­mein­sa­men Vor­ge­setz­ten, dem Herrn F, be­schwert hat­te. Auch die Aus­sa­ge des Zeu­gen B ist glaub­haft.

a)
Al­ler­dings hat der Kläger hier vor­ge­tra­gen, der Zeu­ge B ha­be ihn am 19. April 2009 oder we­ni­ge Ta­ge zu­vor er­heb­lich be­lei­digt. Der Zeu­ge hat da­zu be­kun­det, dass es ei­nen Vor­fall gab, bei dem der Zeu­ge den Kläger zur Be­fol­gung von Ar­beits­an­wei­sun­gen auf­ge­for­dert ha­be. Der Zeu­ge B sei zum ge­mein­sa­men Vor­ge­setz­ten, Herrn F, hoch­ge­ru­fen wor­den sei und ihm von Herrn F vor­ge­hal­ten wor­den sei, dass der Kläger be­haup­tet ha­be, er, der Zeu­ge B, ha­be den Kläger mit den Wor­ten „blöder Hund“ be­lei­digt. Der Zeu­ge hat be­kun­det, dass er dies nicht zum Kläger ge­sagt ha­be, son­dern nur, dass er sei­ne Ar­beit ma­chen sol­le. Er ha­be auch bei die­ser Ge­le­gen­heit den Kläger nicht be­schimpft.

b)
Die Glaubwürdig­keit des Zeu­gen und die­ser Aus­sa­ge wird nicht berührt durch die Aus­sa­ge des Zeu­gen E. Die­ser hat be­kun­det, dass sich der Kläger und der Zeu­ge B ge­gen­sei­tig mit Wor­ten wie „Arsch­loch“ und „Sch­wuch­tel“ be­lei­dig­ten und zwar am frühen Nach­mit­tag an ei­nem Tag im April.

c)
Die Kam­mer glaubt dem Zeu­gen E nicht. Er hat bei sei­ner Aus­sa­ge auf die Kam­mer kei­nen glaubwürdi­gen Ein­druck ge­macht. Als er hin­sicht­lich des Zeit­punk­tes vom Kläger­ver­tre­ter be­fragt wur­de, wand­te er sich zum Kläger und äußer­te: „Ich den­ke, dass es letz­tes Jahr ge­we­sen sein soll, oder?“ Wei­ter ist auffällig, dass der Kläger den Zeu­gen we­der bei der Po­li­zei noch bis zur ers­ten münd­li­chen Ver­hand­lung in der Be­ru­fungs­in­stanz, son­dern erst da­nach be­nannt hat. Er hat das da­mit in sei­nem Schrift­satz vom 30. Au­gust 2011 erklärt, dass der Zeu­ge an den Kläger her­an­ge­tre­ten sei, nach­dem er von dem Rechts­streit gehört ha­be. Nach der Dar­stel­lung des Klägers ha­be der Zeu­ge ihn, den Kläger, und Herrn B an­ge­spro­chen. Da­mit schei­det nach dem Vor­trag des Klägers aus, dass er von der An­we­sen­heit ei­nes Zeu­gen nichts be­merkt hätte. Der Zeu­ge E wie­der­um hat be­kun­det, dass der Kläger ihn an­ge­ru­fen ha­be und ihm ge­sagt ha­be, dass es da ei­nen Vor­fall ge­ge­ben ha­be, dass Herr B und er sich ge­gen­sei­tig be­schimpft hätten und ob der Zeu­ge das aus­sa­gen könn­te. In Zu­sam­men­hang mit der Re­ak­ti­on des Zeu­gen E auf die Fra­ge nach dem Zeit­punkt und den Auffällig­kei­ten hin­sicht­lich der späten Be­nen­nung des Zeu­gen und der Be­haup­tung des Klägers, der Zeu­ge an ihn her­an­ge­tre­ten, lässt dies den Schluss zu, dass der

 

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Kläger den Zeu­gen zu der Aus­sa­ge ver­an­lasst hat. Hin­zu kommt die mit Ko­pi­en von An­we­sen­heits­lis­ten be­leg­te Be­haup­tung der Be­klag­ten, dass im ge­sam­ten April 2009 der Kläger, der Zeu­ge B und der Zeu­ge E an kei­nem Tag zu­sam­men­ge­ar­bei­tet ha­ben. Wohl hat der Kläger die Rich­tig­keit der Lis­ten zulässi­ger­wei­se mit Nicht­wis­sen be­strit­ten. Sie stel­len gleich­wohl ein zusätz­li­ches In­diz dar. Die Kam­mer geht nicht da­von aus, dass die Be­klag­te die­se Lis­ten gefälscht hat.

d)
Die Kam­mer glaubt des­halb auch dem Zeu­gen B, dass er den Kläger nicht mit de­nen in der An­zei­ge auf­geführ­ten Wor­ten be­lei­digt hat. Der Zeu­ge B hat auf die Kam­mer ei­nen glaubwürdi­gen Ein­druck ge­macht und an­ge­sichts der nach­drück­li­chen Be­leh­rung über die Straf­bar­keit ei­ner fal­schen Aus­sa­ge und er Un­glaubwürdig­keit der Aus­sa­ge des Zeu­gen E, be­ste­hen kei­ne vernünf­ti­gen Zwei­fel dar­an, dass der Zeu­ge B die Wahr­heit be­kun­det hat.

4.
Die ob­jek­tiv fal­sche An­schul­di­gung der Vor­ge­setz­ten ge­genüber der Po­li­zei er­folg­te auch vorsätz­lich, je­den­falls leicht­fer­tig.

a)
Wenn der Kläger ge­genüber der Po­li­zei be­haup­tet, sei­ne Vor­ge­setz­ten A, C und B hätten ihn mit be­stimm­ten Schimpf­wor­ten über länge­re Zeit be­lei­digt und Straf­an­trag stellt, ob­wohl die­se sol­che Be­lei­di­gun­gen nicht aus­ge­spro­chen ha­ben, hat er wis­sent­lich und wil­lent­lich fal­sche An­schul­di­gun­gen er­ho­ben. Der Kläger hat nicht vor­ge­tra­gen und es ist nichts dafür er­sicht­lich, dass er un­ter Sin­nentäuschun­gen litt. Ins­be­son­de­re der lan­ge Zeit­raum in dem die Be­lei­di­gun­gen er­folgt sein sol­len und die Viel­zahl von Schimpf­wor­ten, die von je­den der drei An­ge­zeig­ten ge­braucht wor­den sein sol­len, lässt nur den Schluss zu, dass der Kläger ge­nau wuss­te, was er be­haup­tet und dass dem kei­ne Tat­sa­chen zu­grun­de la­gen.

b)
Je­den­falls wa­ren die An­schul­di­gun­gen leicht­fer­tig. Selbst wenn man zu­guns­ten des Klägers un­ter­stellt, dass et­wa der Zeu­ge B bei dem Vor­fall im April 2009 oder Zeu­ge C in Zu­sam­men­hang mit dem Vor­fall bei den Kühl­hau­ben sich be­lei­di­gend geäußert hätten, könn­te das nicht recht­fer­ti­gen, die­se zu be­schul­di­gen ihn über ei­nen länge­ren Zeit­raum mit den in der An­zei­ge auf­geführ­ten unfläti­gen Schimpf­wor­ten be­lei­digt zu

 

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ha­ben. Hin­sicht­lich des Zeu­gen A er­gibt sich auch aus dem Vor­trag des Klägers kei­ner­lei An­halts­punkt für der­ar­tig gra­vie­ren­de An­zei­gen.

5.
Ein wich­ti­ger Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung be­steht auch dar­in, dass der Kläger den Zeu­gen C ge­genüber der Po­li­zei und im Ver­fah­ren über die Zu­stim­mung zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung beim In­te­gra­ti­ons­amt be­schul­digt hat, ver­sucht zu ha­ben, ihn in ei­nen Schock­fros­ter ein­zu­sper­ren und die Kühlung ein­zu­schal­ten.

a)
In sei­nem Schrei­ben an die Po­li­zei gibt der Kläger an, er wäre ein­ge­schlos­sen ge­we­sen und er­fro­ren, wenn er dies nur ei­ne hal­be Se­kun­de später be­merkt hätte. Ge­genüber dem In­te­gra­ti­ons­amt schreibt er, dass er sich „ret­ten“ konn­te und man nicht aus­sch­ließen könne, was pas­siert wäre, wenn eben hier das Roll­tor nicht mehr hätte geöff­net wer­den könne. Der Kläger gibt da­mit zu ver­ste­hen, dass der Zeu­ge C ver­sucht ha­be, ihn in ei­nem Schock­fros­ter ein­zu­sch­ließen, was ver­mut­lich zu Fol­ge ge­habt hätte, dass er dar­in er­friert. Er wirft dem Zeu­gen C da­mit ver­such­te Frei­heits­be­rau­bung und ver­such­ten Tot­schlag vor.

Un­strei­tig han­del­te es sich aber nicht um ei­nen Schock­fros­ter, son­dern um ei­ne Kühl­hau­be, in der bei ein­ge­schal­te­ter Kühlung ei­ne Tem­pe­ra­tur von 6 bis 8 Grad herrscht. Wei­ter­hin ist un­strei­tig, dass die Kühl­hau­ben von in­nen geöff­net wer­den können, was der Kläger in sei­ner Dar­stel­lung ge­genüber der Po­li­zei auch ein­geräumt hat.

Schon dar­aus er­gibt sich, dass der Kläger mit sei­ner Dar­stel­lung ei­nen fal­schen Ein­druck von ihm dro­hen­den Ge­fah­ren er­weckt hat und durch sei­ne Über­trei­bun­gen den Zeu­gen C schwers­ter Straf­ta­ten be­schul­dig­te. So­weit der Kläger gel­tend macht, nicht er selbst ha­be die An­zei­ge ge­genüber der Po­li­zei for­mu­liert und die An­ga­be „Schock­fros­ter“ sei ein Miss­verständ­nis, kann die Kam­mer das nicht glau­ben. Der Kläger hat auch durch sei­nen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten ge­genüber dem In­te­gra­ti­ons­amt das Glei­che vor­tra­gen las­sen und er hat ge­genüber der Po­li­zei zusätz­lich an­ge­ben las­sen, dass er in der Ge­fahr stand, zu er­frie­ren. Das hat und konn­te der Kläger nicht als Miss­verständ­nis bei der For­mu­lie­rung sei­nes Schrei­bens an die Po­li­zei erklären.

 

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b)
Auf­grund der Aus­sa­ge des Zeu­gen C ist das Ge­richt da­von über­zeugt, dass die­ser Zeu­ge das Roll­tor her­un­ter­ließ oh­ne zu wis­sen, dass der Kläger sich in der Kühl­hau­be be­fand und selbst den Sch­ließvor­gang un­ter­brach, als das Roll­tor erst we­nig her­un­ter­ge­fah­ren war. Wei­ter ist die Kam­mer über­zeugt, dass der Zeu­ge C den Kläger so­gleich dar­auf hin­wies, dass es sich um ein Ver­se­hen ge­han­delt ha­be und sich ent­schul­dig­te. Wie es un­strei­tig ist und vom Zeu­gen C be­kun­det, hat­te der Kläger ent­ge­gen den all­ge­mei­nen Re­geln die Haupt­schal­ter für die Kühl­hau­ben aus­ge­schal­tet und die Roll­to­re für Kühl­hau­ben nicht ge­schlos­sen, in de­nen be­reits Ma­te­ri­al war. Der Zeu­ge hat be­kun­det, dass es des­halb er­for­der­lich war, die Haupt­schal­ter für die Kühl­hau­ben an de­nen der Kläger ge­ar­bei­tet hat­te, zu betäti­gen, um die au­to­ma­ti­sche Kühlung zu ermögli­chen und die Roll­to­re zu schließen. Wei­ter hat der Zeu­ge be­kun­det, dass er an­nahm, dass der Kläger an der Rei­he B der Kühl­hau­ben tätig war und dass er, der Zeu­ge, an der Hau­ben­rei­he A die Hau­ben schließen und die Kühlung an­stel­len woll­te. Wei­ter hat der Zeu­ge be­kun­det, dass der Kläger nicht durch ei­nen Tritt an die Si­cher­heits­schie­ne in letz­ter Se­kun­de ver­hin­dert hätte, dass das Roll­tor ganz her­un­terfährt, da er auf der Sei­te der Kühl­hau­be ge­stan­den ha­be, wo das Tor schon her­un­ter­ge­gan­gen war.

c)
Die Kam­mer glaubt der Dar­stel­lung des Zeu­gen C. Sie ist schlüssig und wird vom Kläger nur in­so­weit be­strit­ten, als er be­haup­tet, das Roll­tor sei schon weit her­un­ter­ge­gan­gen und er ha­be es mit ei­nem Tritt ge­gen die Si­cher­heits­schie­ne ge­stoppt. Die Be­kun­dun­gen des Zeu­gen sind plau­si­bler als die Be­haup­tun­gen des Klägers. Es lag na­he, dass die vor­schrifts­wid­rig geöff­ne­ten Kühl­hau­ben mit ab­ge­stell­ten Haupt­schal­ter sämt­lich in re­gel­gemäßen Zu­stand ver­setzt wer­den muss­ten und der Zeu­ge da­von aus­ging, dass er dies für die ei­ne Rei­he und der Kläger für die an­de­re Rei­he vor­neh­men wer­de. Wei­ter ist plau­si­bel, dass der Zeu­ge nicht ge­se­hen hat­te und nicht an­neh­men konn­te, dass der Kläger in ei­ne Kühl­hau­be der Rei­he ging, bei der er, der Zeu­ge, die Haupt­schal­ter an­schal­te­te und de Roll­to­re her­un­ter­ließ. Hier­ge­gen ist die Dar­stel­lung des Klägers da­von ge­kenn­zeich­net, dass er den Vor­fall Drit­ten ge­genüber schil­dert oh­ne den Zu­sam­men­hang mit der Not­wen­dig­keit die vor­schrifts­wid­rig geöff­ne­ten Roll­to­re zu schließen. Ähn­lich wie hin­sicht­lich des Zeu­gen B hat der Kläger feh­ler­haft und wei­sungs­wid­rig ge­ar­bei­tet und so­dann den Vor­ge­setz­ten, der ihn dafür rügt be­schul­digt. Der Zeu­ge C hat bei sei­ner Aus­sa­ge glaubwürdig ge­wirkt und die Kam­mer sieht kei­nen An­lass ihm nicht zu glau­ben. Dies gilt

 

- 15 -

auch, wenn man berück­sich­tigt, dass er schwe­re Nach­tei­le zu befürch­ten hätte, wenn die Be­schul­di­gung des Klägers zu­träfe. Das al­lei­ne be­sei­tigt nicht die Glaubwürdig­keit des Zeu­gen.

6.
Für die Glaubwürdig­keit der Zeu­gen und ge­gen die Glaubwürdig­keit der An­schul­di­gun­gen des Klägers spricht auch, dass der Kläger es auch in den Ver­hand­lun­gen des Ge­richts nicht un­ter­las­sen hat fal­sche Be­haup­tun­gen über sei­ne Be­hand­lung durch die Be­klag­te auf­zu­stel­len. So hat er sei­ne be­reits früher in an­de­ren Zu­sam­menhängen er­ho­be­nen Vorwürfe, die Be­klag­te ha­be ihn in den letz­ten fünf Jah­ren kei­nen Som­mer­ur­laub gewährt und er wer­de ab­sicht­lich nicht be­hin­der­ten­ge­recht ein­ge­setzt, wie­der­holt. Tatsächlich hat die Be­klag­te un­wi­der­spro­chen dar­ge­legt, tatsächlich hat­te der Kläger nach­dem er im Som­mer 2004 durchgängig krank war in den Jah­ren 2005, 2008 und 2009 Ur­laub in den Som­mer­fe­ri­en und im Jahr 2007 im Ju­ni und Ju­li, wo­bei die Ur­laubs­ver­ga­be bei der Be­klag­ten nach ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung mit Punk­te­sys­tem rich­tet. Wei­ter ist der Kläger un­strei­tig beschäftigt ge­we­sen ent­spre­chend den me­di­zi­ni­schen At­tes­ten und zu­letzt ent­spre­chend ei­ner Ei­ni­gung mit dem Kläger mit Ver­brin­gung von Ma­te­ri­al der Elek­trohänge­bahn zu den Kühl­hau­ben und dem Scan­nen der Ma­te­ria­li­en, ei­ner der un­strei­tig leich­tes­ten Tätig­kei­ten bei der Be­klag­ten.

III.
Nach Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen und Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände war es der Be­klag­ten nicht zu­mut­bar dem Kläger über den Ab­lauf ei­ner so­zia­len Aus­lauf­frist hin­aus zu beschäfti­gen.

1.
Un­ter den ge­ge­be­nen Umständen be­durf­te es kei­ner Ab­mah­nung. Der Kläger muss­te wis­sen, dass die Be­klag­te vorsätz­lich fal­sche An­schul­di­gun­gen bei der Po­li­zei ge­genüber Vor­ge­setz­ten nicht hin­neh­men würde.

2.
Der Kläger hat vorsätz­lich, zu­min­dest leicht­fer­tig, drei sei­ner Vor­ge­setz­ten bzw. Kol­le­gen falsch be­schul­digt. er hat da­mit de­ren Persönlich­keits­rech­te schwer ver­letzt und sie der Ge­fahr der Straf­ver­fol­gung und Be­stra­fung und schwe­rer be­ruf­li­cher Nach­tei­le aus­ge­setzt. So droh­te dem Zeu­gen C der Ver­lust sei­nes Ar­beits­plat­zes, wenn ihm auf­grund der An­ga­ben des Klägers hin­sicht­lich des Vor­falls mit der Kühl­hau­be ei­ne

 

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ne­ga­ti­ve Zu­verlässig­keitsprüfung droh­te, die zur Fol­ge ge­habt hätte, dass er bei der Be­klag­ten am Flug­ha­fen nicht mehr hätte ein­ge­setzt wer­den können. Der Kläger hat sei­ne Be­schul­di­gun­gen of­fen­sicht­lich ein­ge­setzt, wenn er von Vor­ge­setz­ten we­gen Fehl­ver­hal­tens an­ge­spro­chen wur­de. Der Kläger hat mit sei­nen fal­schen An­schul­di­gun­gen sei­ne Ver­trags­pflich­ten in schwers­ter Wei­se ver­letzt. Zu die­sen gehört es, Vor­ge­setz­te und Kol­le­gen nicht falsch an­zu­schul­di­gen. Der Kläger kann auch nicht da­mit gehört wer­den, er ha­be le­dig­lich Tat­sa­chen ge­genüber ei­ner Behörde ge­schil­dert und er ha­be sich nicht mehr an­ders zu hel­fen ge­wusst. Der Kläger hat ge­ra­de nicht zu­tref­fen­de Tat­sa­chen ge­schil­dert, son­dern fal­sche Be­haup­tun­gen auf­ge­stellt. Er hat sich auch nicht al­lein an die Po­li­zei ge­wen­det um Kum­mer los­zu­wer­den oder Hil­fe in sei­nem Ar­beits­verhält­nis zu er­lan­gen. Er hat viel­mehr we­gen der Be­lei­di­gun­gen Straf­an­trag ge­gen die Zeu­gen A, B und C ge­stellt. Er ist al­so zur Po­li­zei ge­gan­gen, um mit de­ren Hil­fe ei­ne Be­stra­fung der Vor­ge­setz­ten zu er­rei­chen, die ihn we­gen Fehl­ver­hal­tens kri­ti­siert hat­ten. Der Be­klag­ten ist es auf Dau­er nicht zu­zu­mu­ten ei­nen Ar­beit­neh­mer auf Dau­er wei­ter­zu­beschäfti­gen, der Vor­ge­setz­te und Kol­le­gen ge­genüber der Po­li­zei falsch be­schul­digt, wenn er mit die­sen hin­sicht­lich der Ar­beit Aus­ein­an­der­set­zun­gen hat. Wenn es dem Kläger al­lein um Hil­fe im Ar­beits­verhält­nis ge­gan­gen wäre, hätte es na­he­ge­le­gen, sich wie früher auch, an Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung und Be­triebs­rat zu wen­den. Der Kläger be­tont selbst, dass die­se ihn ge­genüber der Be­klag­ten un­terstützt und ihm Recht ge­ge­ben hätten.

3.
Dem­ge­genüber können die zu­guns­ten des Klägers spre­chen­den Umstände das Be­en­di­gungs­in­ter­es­se der Be­klag­ten nicht ent­fal­len las­sen. Der Kläger wird an­ge­sichts sei­nes Al­ters und sei­ner Schwer­be­hin­de­rung nur äußerst schwer wie­der ei­nen Ar­beits­platz fin­den können. Wei­ter ist zu berück­sich­ti­gen, dass der Kläger ver­hei­ra­tet und drei Kin­dern un­ter­halts­pflich­tig ist und be­reits seit über 20 Jah­ren bei der Be­klag­ten beschäftigt war. Ge­genüber die­sen ge­wich­ti­gen Gründen ist aber auf­grund der Schwe­re der Ver­trags­pflicht­ver­let­zun­gen des Klägers dem Be­en­di­gungs­in­ter­es­se der Be­klag­ten den Vor­rang zu ge­ben. Al­ler­dings recht­fer­ti­gen die­se zu­guns­ten des Klägers spre­chen­den schwer­wie­gen­den Gründe, dass die Be­en­di­gung nicht frist­los, son­dern mit so­zia­ler Aus­lauf­frist ge­recht­fer­tigt ist.

IV.
Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 31. De­zem­ber 2009 mit so­zia­ler Aus­lauf­frist lei­det auch nicht an sons­ti­gen Mängeln.

 

- 17 -

1.
Es kann da­hin­ste­hen, ob für die außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus wich­ti­gem Grund mit ei­ner der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist ent­spre­chen­den Aus­lauf­frist die Erklärungs­frist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 91 Abs. 5 SGB IX ein­zu­hal­ten war. Je­den­falls ist die außer­or­dent­li­che Kündi­gung un­verzüglich nach Er­tei­lung der Zu­stim­mung erklärt wor­den. Die Zu­stim­mung war am Mitt­woch, den 23. De­zem­ber er­teilt wor­den. Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung am Don­ners­tag, den 31. De­zem­ber 2009 un­mit­tel­bar nach Ab­lauf der für or­dent­li­che Kündi­gung gel­ten­den Erklärungs­frist des Be­triebs­rats bei or­dent­li­cher Kündi­gung erklärt wor­den. Das ist als un­verzüglich an­zu­se­hen, ins­be­son­de­re da da­zwi­schen noch die bei­den Weih­nachts­fei­er­ta­ge la­gen. Mit der Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­amts vom 23. De­zem­ber 2009 war dem Er­for­der­nis des § 85 SGB IX erfüllt, wo­nach die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­nes schwer­be­hin­der­ten Men­schen durch den Ar­beit­ge­ber der vor­he­ri­gen Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­amts be­darf. Die Zu­stim­mung zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung war auch in­ner­halb der 14-Ta­ge-Frist des § 91 Abs. 2 SGB IX beim In­te­gra­ti­ons­amt be­an­tragt wor­den. Die Be­klag­te hat­te zu er­mit­teln, ob die vom Kläger in sei­ner An­zei­ge, die der Be­klag­ten am 19. No­vem­ber be­kannt ge­wor­den war, er­ho­be­nen Vorwürfe zu­tra­fen. Die­se Er­mitt­lun­gen wa­ren mit der Ver­neh­mung des letz­ten Zeu­gen am 04. De­zem­ber 2009 ab­ge­schlos­sen und nah­men kei­nen übermäßig großen Zeit­raum in An­spruch. Da­mit war der An­trag auf Zu­stim­mung zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung, der beim In­te­gra­ti­ons­amt am 10. De­zem­ber 2009 ein­ging, recht­zei­tig ge­stellt.

2.
Die Kündi­gung ist auch nicht we­gen Mängeln bei der Anhörung des Be­triebs­rats gem. § 102 Abs. 1 Be­trVG un­wirk­sam. Die Be­klag­te hat dem Kläger un­ter Dar­le­gung al­ler für die Kündi­gung maßge­ben­de und von ihr zur Ab­wehr der Kündi­gungs­schutz­kla­ge her­an­ge­zo­ge­ne Umstände am 23. De­zem­ber 2009 an­gehört und nach des­sen Stel­lung­nah­me vom 28. De­zem­ber 2009 gekündigt.

B.
Hin­sicht­lich der frist­lo­sen Kündi­gung vom 28. De­zem­ber 2009 war die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen. Zwar lag, wie oben aus­geführt, ein wich­ti­ger Grund für sie vor. An­ge­sichts der schwer­wie­gen­den Gründe zu­guns­ten des Klägers, ins­be­son­de­re sei­ner Schwer­be­hin­de­rung, sei­ner Un­ter­halts­pflich­ten, sei­nes Al­ters und der lan­gen Be­triebs­zu­gehörig­keit scheint es nicht un­zu­mut­bar, für die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­ne Aus­lauf­frist zu gewähren.

 

- 18 -

C.
Die Kos­ten des Rechts­streits wa­ren ge­gen­ein­an­der auf­zu­he­ben, da die Par­tei­en in glei­chem Maße un­ter­la­gen und ob­sieg­ten.

Für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­steht kein Grund.

 


 

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