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Anhebung der Wochenarbeitszeit und Behinderung
31.01.2107. Wer beim beruflichen Fortkommen wegen seines Alters, seines Geschlechts oder wegen einer Behinderung diskriminiert wird, kann eine Geldentschädigung gemäß § 15 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verlangen.
Da sich solche Diskriminierungen nur schwer beweisen lassen, sieht § 22 AGG eine Beweiserleichterungen zugunsten von Arbeitnehmern vor, die (möglicherweise) Opfer einer Diskriminierung geworden sind. Sie müssen nicht die Diskriminierung selbst, sondern nur Umstände beweisen, die eine Diskriminierung vermuten lassen.
In einem Urteil vom Donnerstag letzter Woche hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine Rechtsprechung bekräftigt, wonach Indizien im Sinne von § 22 AGG mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine Diskriminierung schließen lassen müssen: BAG, Urteil vom 26.01.2017, 8 AZR 736/15 (Pressemeldung des BAG).
- Gleichbehandlung und Diskriminierung bei der Arbeitszeiterhöhung
- Streit über eine Stundenaufstockung bei einem Frankfurter Kurierdienst
- BAG: Keine Vermutung der behinderungsbedingten Diskriminierung bei verweigerter Arbeitszeiterhöhung bei Wahrscheinlichkeit der Benachteiligung unter 50 Prozent
Gleichbehandlung und Diskriminierung bei der Arbeitszeiterhöhung
Wer als teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer seine Arbeitszeit verlängern will, kann beim Arbeitgeber den Finger heben und auf § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) verweisen. Denn nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber
„einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen“.
Wie diese Vorschrift allerdings deutlich macht, besteht der Anspruch auf Heraufsetzung der Arbeitszeit nur dann, wenn es einen „freien Arbeitsplatz“ gibt, den der Arbeitgeber besetzen will. Der bloße Wunsch des Arbeitnehmers, seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit heraufzusetzen, ist nicht als freier Arbeitsplatz anzusehen.
Daraus folgt: Entscheidet sich der Arbeitgeber angesichts eines vermehrten Arbeitsanfalls gegen die Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes und bietet er einem oder mehreren Arbeitnehmern eine Erhöhung der Arbeitszeiten an, ist er an § 9 TzBfG nicht gebunden.
Auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt hier nicht. Denn das BAG hat bereits 2007 entschieden, dass der Arbeitgeber bei der Auswahl derjenigen Arbeitnehmer frei ist, denen er eine Vertragsänderung zum Zwecke der Stundenaufstockung anbietet. Er muss hier auch nicht nach „billigem Ermessen“ entscheiden, denn das Gebot billigen Ermessens betrifft sein Weisungsrecht gemäß § 106 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO), wohingegen eine Stundenaufstockung den Arbeitsvertrag ändert (BAG, Urteil vom 13.02.2007, 9 AZR 575/05). Und hier gilt das Prinzip der Vertragsfreiheit.
Immerhin sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer durch die Diskriminierungsverbote des AGG geschützt, wenn ihr Wunsch nach einer Arbeitszeiterhöhung vom Arbeitgeber abgelehnt wird, während die Arbeitszeit vergleichbarer Kollegen aufgestockt wird. Da aber eine Benachteiligung nur dann eine verbotene Diskriminierung ist, wenn sie auf einem der in § 1 AGG genannten persönlichen Merkmale beruht (z.B. Geschlecht, Alter, Behinderung), müssen Betroffene Indizien dafür vorlegen können, dass eines dieser Merkmale für die Benachteiligung ursächlich war. Dann muss der Arbeitgeber beweisen, dass keine Diskriminierung vorgelegen hat (§ 22 AGG).
Aber kann man eine behinderungsbedingte Diskriminierung schon dann vermuten, wenn der Arbeitgeber die Wochenstundenzahl von 14 Arbeitnehmern aufstockt, die Aufstockung aber einem weiteren, schwerbehinderten Arbeitnehmer verweigert?
Streit über eine Stundenaufstockung bei einem Frankfurter Kurierdienst
Geklagt hatte ein schwerbehinderter Kurierfahrer, der wöchentlich 27,5 Stunden bei einem Kurierdienst arbeitete. Im Juni 2013 verteilte der Arbeitgeber ein zusätzliches Stundenvolumen von 66,5 Stunden an 14 teilzeitbeschäftigte Kuriere, d.h. er stockte deren Wochenarbeitszeit per Änderungsvertrag um jeweils fünf Stunden auf (bei einem der 14 Arbeitnehmer nur um 1,5 Stunden). Der Kläger ging mit seinem Wunsch nach einer Arbeitszeiterhöhung leer aus, ebenso wie ein weiterer teilzeitbeschäftigter Kollege, der erst vor kurzem in der Kurierstation arbeitete. Diese beiden Fahrer waren die einzigen von insgesamt 16 teilzeitbeschäftigten Kurierfahrern der Station, die keine Arbeitszeiterhöhung bekamen.
Mit seiner Klage wollte der schwerbehinderte Kurierfahrer in erster Linie eine Arbeitszeiterhöhung durchsetzen. Hilfsweise klagte er auf Schadensersatz wegen behinderungsbedingter Diskriminierung gemäß § 15 Abs. 1 AGG in Höhe des entgangenen zusätzlichen Lohns. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies die Klage ab (Urteil vom 29.01.2014, 14 Ca 6332/13), während das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) ihr teilweise stattgab.
Eine Arbeitszeiterhöhung konnte der Kläger zwar nicht durchsetzen, da er sich dafür weder auf § 9 TzBfG noch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen konnte. Aber immerhin lag eine Diskriminierung nach Ansicht des LAG vor, weil der Kläger ausreichend viele Indizien dafür vorgebracht hatte, "dass er wegen seiner Schwerbehinderung unmittelbar benachteiligt worden sein kann" (Hessisches LAG, Urteil vom 25.09.2015, 18 Sa 520/14, zu III. 3.a) cc) der Gründe). Die vom Arbeitgeber vorgebrachten Rechtfertigungen (angebliche Leistungsmängel und Pflichtverstöße, nur geringe Überstunden) kaufte ihm das LAG nicht ab.
BAG: Keine Vermutung der behinderungsbedingten Diskriminierung bei verweigerter Arbeitszeiterhöhung bei Wahrscheinlichkeit der Benachteiligung unter 50 Prozent
In Erfurt hatte der Arbeitgeber Erfolg, denn das BAG hob das LAG-Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das LAG. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Das Urteil des LAG, das sich auf Diskriminierungs-Indizien gemäß § 22 AGG gestützt hatte, trägt nicht. Denn die Vermutung einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes besteht nur, wenn Indizien vorliegen, die mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" darauf schließen lassen, dass ein in § 1 AGG genannter Grund ursächlich für die Benachteiligung war. Demgegenüber kam das LAG (nach Vernehmung von Zeugen) nur zu dem Ergebnis, dass die Behinderung möglicherweise für die Benachteiligung ursächlich war, und das reicht nicht.
Fazit: Diskriminierungsindizien können sich nur dann aus „statistischen“ Merkmalen der Belegschaft ergeben, wenn auch weitere (zusätzliche) Umstände belegen, dass die Personalentscheidungen des Arbeitgebers diskriminierend sind (BAG, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell: 11/036 Frauenquote im Management). Ohne solche weiteren, das Zahlenmaterial ergänzenden Umstände besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung, so dass sich Betroffene nicht auf § 22 AGG berufen können. Diese Grundsätze hat das BAG mit seiner aktuellen Entscheidung bekräftigt.
Im vorliegenden Fall kam hinzu, dass das LAG in seinen Urteilsgründen ausdrücklich nur die Feststellung getroffen hatte, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung "benachteiligt worden sein kann". Eine solche abstrakte Möglichkeit genügt für § 22 AGG nicht.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2017, 8 AZR 736/15 (Pressemeldung des BAG)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2017, 8 AZR 736/15
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.02.2007, 9 AZR 575/05
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2015, 18 Sa 520/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Behinderung, Menschen mit Behinderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Behinderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen
- Handbuch Arbeitsrecht: Schwerbehinderung, schwerbehinderter Mensch
- Handbuch Arbeitsrecht: Teilzeitbeschäftigung (Teilzeitarbeit, Teilzeit)
- Handbuch Arbeitsrecht: Weisungsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 20/087 Ablehnung eines Schwerbehinderten ohne Bewerbungsgespräch
- Arbeitsrecht aktuell: 14/002 Befristete Arbeitszeiterhöhung als Dauermodell?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/137 Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit durch langfristige Arbeitszeitüberschreitung?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/036 Frauenquote im Management
- Arbeitsrecht aktuell: 11/030 Verlängerung der Arbeitszeit auf Vollzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 08/136: Gläserne Decken auf dem Weg nach oben
- Arbeitsrecht aktuell: 08/111 Schadensersatz bei rechtswidriger Verweigerung von Arbeitszeitverlängerung
- Arbeitsrecht aktuell: 07/14 Bundesarbeitsgericht hilft Teilzeitkräften bei Arbeitszeitverlängerung
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 7. September 2021
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