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Befristete Arbeitszeiterhöhung als Dauermodell?
02.01.2014. Die befristete Aufstockung der Arbeitszeit ist manchmal eine unangemessene Benachteiligung des betroffenen Arbeitnehmers. Dann ist die Befristung unwirksam.
Die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung kann vor allem dann unwirksam sein, wenn eine solche Vereinbarung auf die andere folgt, so dass der Arbeitnehmer im Laufe der Jahre durchgehend länger arbeitet als eigentlich vertraglich vorgesehen, sich aber auf die erhöhten Arbeitszeiten und das entsprechend erhöhte Gehalt nicht verlassen kann.
Arbeitnehmer können sich gegen eine solche jahrelange Kettenbefristung von Arbeitszeiterhöhungen zur Wehr setzen, wenn der befristet erhöhte Anteil der Arbeitszeit "erheblich" ist und wenn der Arbeitgeber mit dieser Vorgehensweise Missbrauch treibt: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2013, 1 Sa 2/13.
- Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit durch immer erneut befristete Vereinbarungen?
- Der Fall des LAG Baden-Württemberg: In Teilzeit beschäftigter Lehrer macht über zehn Jahre lang befristete Arbeitszeitverlängerungen mit
- LAG Baden-Württemberg: Der Unterschied zwischen einer halben und einer Zweidrittelstelle ist "erheblich" und eine elfjährige Aufstockung per Kettenbefristung missbräuchlich
Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit durch immer erneut befristete Vereinbarungen?
Wer ohne Sachgrund länger als zwei Jahre auf der Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrags beschäftigt wird, kann auf Entfristung klagen, d.h. auf die Feststellung, dass die zuletzt vereinbarte Befristung unwirksam ist. Denn um einer cleveren "Vermeidung" des Kündigungsschutzes durch immer erneute Befristungen einen Riegel vorzuschieben, können Zeitverträge ohne Sachgrund gemäß § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) nicht länger als maximal für zwei Jahre vereinbart werden.
Gegen eine Befristung von Vertragsbestandteilen hilft § 14 TzBfG aber nicht, denn diese Vorschrift gilt nur für die Befristung des gesamten Arbeitsverhältnisses. Trotzdem ist die soziale Unsicherheit für die betroffenen Arbeitnehmer vergleichbar groß, wenn sie sich über Jahre hinweg auf einen bestimmten Umfang ihrer Tätigkeit und damit ihres Gehaltes nicht verlassen können, weil die Aufstockung ihrer Arbeitszeit immer zeitlich befristet vereinbart wird.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat daher entschieden, dass die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthaltene Befristung der Erhöhung der Arbeitszeit "in einem erheblichen Umfang" eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne von § 307 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, wenn der Arbeitgeber für diese Teilbefristung keine Sachgründe vorweisen kann, die eine Befristung des gesamten Vertrags gemäß § 14 Abs.1 TzBfG rechtfertigen würden (BAG, Urteil vom 15.12.2011, 7 AZR 394/10). Ein solcher Sachgrund könnte z.B. die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers sein.
Diese Rechtsprechung ist leider ziemlich unklar: Einerseits soll das TzBfG im Allgemeinen überhaupt nicht für die Befristung von Vertragsbestandteilen gelten. Andererseits sollen die Sachgründe des § 14 Abs.1 TzBfG trotzdem bei der Kontrolle der (Un-)Angemessenheit einer im "Kleingedruckten" enthaltenen befristeten Arbeitszeitaufstockung anzuwenden sein.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat in einem aktuellen Urteil einem in Teilzeit beschäftigten Lehrer Recht gegeben, der mehr als zehn Jahre lang immer erneute befristete Arbeitszeiterhöhungen mitgemacht hat und zuletzt wieder auf seine ursprüngliche arbeitsvertragliche halbe Stelle zurückfallen sollte.
Der Fall des LAG Baden-Württemberg: In Teilzeit beschäftigter Lehrer macht über zehn Jahre lang befristete Arbeitszeitverlängerungen mit
Im Streitfall hatte ein angestellter Lehrer geklagt, der im Bereich der Erzdiözese Freiburg bei einem katholischen Schulträger seit September 2000 mit einer halben Stelle fest angestellt war. In der Zeit von September 2001 bis September 2012, d.h. elf Jahre lang, vereinbarte er mit dem Arbeitgeber immer erneut für ein Schuljahr eine befristete Aufstockung seiner Unterrichtsstunden, wobei die Befristungen in AGB des Arbeitgebers enthalten waren. In einigen Jahren entsprach die Arbeitszeit einer Vollzeitstelle.
Obwohl der Lehrer um eine dauerhafte Erhöhung seiner Arbeitszeit gebeten hatte, wurde ihm diese verweigert. Und auch zu weiteren befristeten Arbeitszeiterhöhungen war der Arbeitgeber ab September 2012 nicht mehr bereit.
Die zuletzt vereinbarte und im September 2012 auslaufende Zeitaufstockung betrug gut vier Unterrichtsstunden, so dass die gesamte Arbeitszeit einer Zwei-Drittel-Stelle entsprach. Diese wollte der Lehrer dauerhaft haben und klagte daher auf die entsprechende gerichtliche Feststellung.
Damit hatte er vor dem Arbeitsgericht Ulm Erfolg (Urteil vom 10.12.2012, 4 Ca 280/12). Seine weitergehende Klage auf Verpflichtung des Arbeitgebers, einer Vollzeittätigkeit zuzustimmen, wurde dagegen abgewiesen, da dieses Klageziel nur auf der Grundlage von § 9 TzBfG begründet gewesen wäre. Hierzu wäre eine freie Vollzeitstelle erforderlich gewesen, die es aber nicht gab.
LAG Baden-Württemberg: Der Unterschied zwischen einer halben und einer Zweidrittelstelle ist "erheblich" und eine elfjährige Aufstockung per Kettenbefristung missbräuchlich
Das LAG wies die Berufung des Schulträgers zurück und entschied, dass der Lehrer einen Arbeitsvertrag mit 16 Unterrichtstunden hat.
In seiner Begründung bewertet das Gericht den zeitlichen und finanziellen Unterschied zwischen einer halben und einer Zweidrittelstelle als "erheblich" im Sinne der Vorgaben des BAG, so dass der Arbeitgeber einen Sachgrund für die immer erneute Befristung der Verlängerung der Arbeitszeit im Sinne von § 14 Abs.1 TzBfG belegen musste.
Das konnte er zwar, denn die umstrittene letzte Aufstockung von 12 auf 16 Unterrichtsstunden für die Zeit von September 2011 bis September 2012 war durch die Prognose gerechtfertigt, dass der Bedarf an den zusätzlichen vier Stunden nur vorübergehend im Sinne von § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.1 TzBfG sein würde. Denn infolge der Reduzierung der Gymnasialzeit von neun (G 9) auf acht Jahre (G 8) war künftig mit verminderten Schülerzahlen zu rechnen.
Das half dem Arbeitgeber aber letztlich nicht, denn das LAG bewertete seine langjährige Verlängerungspraxis trotzdem als Rechtsmissbrauch, wobei es sich auf das Urteil des BAG vom 18.07.2012, 7 AZR 443/09 (Kücük) berief (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 12/263 Kettenbefristung kann Missbrauch sein). Dazu das LAG:
"Der Kläger ist seit 01.02.1995 auf der Grundlage von 19 befristeten Arbeitsverträgen und einem unbefristeten Arbeitsvertrag bei der Beklagten beschäftigt. Bis zum Schuljahr 2000/2001 waren die Arbeitsverträge insgesamt befristet. Seit dem Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrags vom 12./16.08.2000 mit einer Teilzeitbeschäftigung von 12 Wochenstunden schlossen die Parteien zahlreiche Zusatzverträge über eine befristete Arbeitszeiterhöhung ab. Die Aufstockungen pendelten hierbei zwischen 3 Wochenstunden und 13 Wochenstunden. Aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation war der Kläger an einer befristeten Teilzeitbeschäftigung nie interessiert."
Vor diesem Hintergrund war die immer wieder befristete Aufstockung der Arbeitszeit im Wege der Kettenbefristung missbräuchlich und daher unwirksam, so das LAG. Angesichts der mehr als 10jährigen befristeten Arbeitszeitaufstockungen bewertete das Gericht das Interesse des Lehrers an einem unbefristeten Arbeitsvertrag als vorrangig.
Dabei verweist es nicht nur auf sein Interesse an einem dauerhaften Auskommen und einer längerfristigen Lebensplanung, sondern auch darauf, dass der von Jahr zu Jahr wechselnde Umfang der Aufstockungen noch nicht einmal mit der Planung einer anderweitigen Nebentätigkeit vereinbar war.
Fazit: Das Urteil ist nicht nur für eher speziellen Fall einer Befristung von Vertragsbestandteilen von Bedeutung, sondern auch für die Frage, unter welchen Umständen des Einzelfalls die Befristung des gesamten Vertrags "missbräuchlich" ist. Bei dieser Frage kommt es nämlich auf eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen im Einzelfall an. Diese Interessenabwägung wird in ähnlicher Weise auch in Kündigungsfällen praktiziert.
Praktisch gesehen ist Arbeitnehmern zu empfehlen, bereits nach einer Kettenbefristung von einer Gesamtdauer von sechs bis sieben Jahren anwaltlich prüfen zu lassen, ob eine Entfristungsklage sinnvoll ist oder (noch) nicht. Im vorliegenden Fall hätte sich der Lehrer besser gestanden, wenn er die zuvor vereinbarte Befristung angegriffen hätte, denn dann hätte er auf die Feststellung des Bestehens eines vollzeitigen Arbeitsverhältnisses klagen können.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2013, 1 Sa 2/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeit und Arbeitszeitrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung von Vertragsbestandteilen
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Handbuch Arbeitsrecht: Teilzeitbeschäftigung (Teilzeitarbeit, Teilzeit)
- Arbeitsrecht aktuell: 17/034 Anhebung der Wochenarbeitszeit und Behinderung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/135 Befristung von Arbeitsverträgen und Missbrauchskontrolle
- Arbeitsrecht aktuell: 12/263 Kettenbefristung kann Missbrauch sein
- Arbeitsrecht aktuell: 11/137 Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit durch langfristige Arbeitszeitüberschreitung?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/030 Verlängerung der Arbeitszeit auf Vollzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 10/091 Anspruch auf Erhöhung von Teilzeit auf Vollzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 08/111 Schadensersatz bei rechtswidriger Verweigerung von Arbeitszeitverlängerung
- Arbeitsrecht aktuell: 07/14 Bundesarbeitsgericht hilft Teilzeitkräften bei Arbeitszeitverlängerung
Letzte Überarbeitung: 6. Februar 2017
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