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ARBEITSRECHT AKTUELL // 12/125

Füh­rungs­po­si­ti­on auf Zeit

Kei­ne Sach­grund-Be­fris­tung ei­ner au­ßer­ta­rif­li­chen Füh­rungs­po­si­ti­on auf der Grund­la­ge von § 32 TVöD: Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 23.08.2011, 11 Sa 1047/11
Sanduhr mit rotem Sand

20.03.2012. Ge­mäß § 14 Abs.2 Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG) kön­nen Ar­beits­ver­trä­ge bei Neu­ein­stel­lun­gen oh­ne sach­li­chen Grund für höchs­tens zwei Jah­re be­fris­tet wer­den. In Ta­rif­ver­trä­gen kann auch ei­ne län­ge­re Höchst­dau­er von Neu­ein­stel­lungs-Be­fris­tun­gen ge­re­gelt wer­den.

Liegt kei­ne Neu­ein­stel­lung vor, ist ein sach­li­cher Grund für ei­ne Be­fris­tung nö­tig. § 14 Abs.1 Tz­B­fG lis­tet acht Be­fris­tungs-Sach­grün­de auf. Da die­se Lis­te nicht ab­schlie­ßend ist, kön­nen Ar­beits­ver­trä­ge und/oder Ta­rif­ver­trä­ge auch zu­sätz­li­che, d.h. im Ge­setz nicht ge­nann­te („un­ge­schrie­be­ne“) Sach­grün­de ent­hal­ten. In ei­nem ak­tu­el­len Ur­teil hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ber­lin-Bran­den­burg ent­schie­den, dass § 32 des Ta­rif­ver­trags für den öf­fent­li­chen Dienst (TVöD) kei­ne Sach­grund-Be­fris­tung für ei­ne Füh­rungs­po­si­ti­on er­laubt, wenn der Stel­len­in­ha­ber ge­mäß sei­nem Ar­beits­ver­trag als au­ßer­ta­rif­li­cher An­ge­stell­ter (AT-An­ge­stell­ter) ge­führt wird: Ur­teil vom 23.08.2011, 11 Sa 1047/11.

Enthält § 32 TVöD („Führung auf Zeit“) ei­ne über § 14 Abs.1 Tz­B­fG hin­aus­ge­hen­de Möglich­keit der Sach­grund­be­fris­tung?

Be­fris­te­te Ar­beits­verträge en­den mit dem Ab­lauf der ver­ein­bar­ten Frist. Das ist für Ar­beit­ge­ber prak­tisch, da dann das The­ma Kündi­gungs­schutz kei­ne Rol­le spielt. Da­mit der Kündi­gungs­schutz nicht durch Be­fris­tun­gen aus­ge­he­belt wird, er­laubt das Tz­B­fG Be­fris­tun­gen nur un­ter en­gen Vor­aus­set­zun­gen.

Wie oben erwähnt ist die sach­grund­lo­se Be­fris­tung im All­ge­mei­nen nur bei Neu­ein­stel­lun­gen möglich und da­her für Ar­beit­ge­ber nur von be­grenz­tem In­ter­es­se. Al­ler­dings können Ta­rif­verträge ei­ne Zeit­dau­er von mehr als zwei Jah­ren für sol­che sach­grund­lo­sen Neu­ein­stel­lungs-Be­fris­tun­gen vor­se­hen (§ 14 Abs.2 Satz 3 Tz­B­fG), wo­bei die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en im Gel­tungs­be­reich ei­nes sol­chen Ta­rif­ver­tra­ges die sei­ne Gel­tung ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­ba­ren können.

Ein sol­cher Ta­rif­ver­trag gibt Ar­beit­ge­bern aber nicht die Möglich­keit ei­ner über zwei Jah­re hin­aus­ge­hen­den sach­grund­lo­sen Be­fris­tung ei­ner außer­ta­rif­li­chen Ar­beits­verhält­nis­ses. AT-Kräfte sind in der Re­gel Führungs­kräfte oder so­gar lei­ten­de An­ge­stell­te. Möch­te der Ar­beit­ge­ber sol­che Ar­beit­neh­mer über zwei Jah­re hin­aus be­fris­tet beschäfti­gen, weil er an ei­ner Ro­ta­ti­on von Führungs­kräften in­ter­es­siert ist ("Führung auf Zeit"), müss­te das Prin­zip der "Führung auf Zeit" ein sach­li­cher Grund für ei­ne mehr als zweijähri­ge Be­fris­tung sein.

Da­bei kann sich der Ar­beit­ge­ber zwar nicht un­mit­tel­bar auf Ta­rif­verträge be­ru­fen, aber das braucht er bei ei­ner Sach­grund­be­fris­tung auch nicht un­be­dingt, denn hier genügt schon das ob­jek­ti­ve Vor­lie­gen ei­nes sol­chen Sach­grun­des, wenn er im Ar­beits­ver­trag zur Grund­la­ge der be­fris­te­ten Ein­stel­lung ge­macht wur­de.

Al­ler­dings ist das per­so­nal­wirt­schaft­li­che Ziel ei­ner "Führung auf Zeit" in der Sach­grund­lis­te des § 14 Abs.1 Tz­B­fG nicht ent­hal­ten, so dass sei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung als Be­fris­tungs­grund nur rech­tens ist, wenn ein sol­cher un­ge­schrie­be­ner Be­fris­tungs­grund den im Ge­setz ent­hal­te­nen Be­fris­tungs-Sach­gründen gleich­wer­tig ist.

Die­se Sicht der Din­ge liegt mögli­cher­wei­se § 32 TVöD zu­grun­de, der es er­laubt, Führungs­po­si­tio­nen mit ei­ner vierjähri­gen Be­fris­tung zu ver­ge­ben und dann so­gar noch ein­mal um vier Jah­re zu verlängern. Ab Ent­gelt­grup­pe 13 soll so­gar ei­ne wei­te­re Verlänge­rung bis zur Ge­sam­dau­er von zwölf (!) Jah­ren zulässig sein. Hier al­ler­dings stellt sich die Fra­ge, ob die­se TVöD-Re­ge­lun­gen noch mit den ge­setz­lich an­er­kann­ten Sach­gründen gleich­wer­tig sind.

LAG Ber­lin-Bran­den­burg: Kei­ne Sach­grund-Be­fris­tung ei­ner außer­ta­rif­li­chen Führungs­po­si­ti­on auf der Grund­la­ge von § 32 TVöD

Der Lei­ter ei­nes städti­schen Grünflächen­am­tes hat­te sich ge­gen die auf § 32 TVöD gestütz­te Be­fris­tung sei­nes Ar­beits­ver­tra­ges ge­wehrt. An­ders als vor dem Ar­beits­ge­richt Pots­dam (Ur­teil vom 16.03.2011, 8 Ca 2521/10) hat­te er da­mit vor dem LAG Er­folg.

Ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung konn­te das Ge­richt aus­sch­ließen, da im Ar­beits­ver­trag ei­ne außer­ta­rif­li­che An­stel­lung ver­ein­bart war. Da­her nutz­te es dem Ar­beit­ge­ber nichts, dass ei­ne über zwei Jah­re hin­aus­ge­hen­de sach­grund­lo­se Be­fris­tung auf ta­rif­li­cher Grund­la­ge möglich wäre.

Da­her kam es auf das Vor­lie­gen ei­nes Sach­grun­des an, wo­bei sich der Ar­beit­ge­ber im Streit­fall auf § 32 TVöD be­rief, und zwar als wei­te­rer Be­fris­tungs­grund außer­halb des Ka­ta­logs des § 14 Abs. 1 Tz­B­fG, der die ar­beits­ver­trag­li­che Be­fris­tungs­ab­re­de wirk­sam ma­chen soll­te.

Die­se Re­ge­lung gibt Ar­beit­ge­bern aber nach An­sicht des LAG nicht das Recht, al­le mögli­chen "Führungs­kräfte" nach dem Prin­zip der "Führung auf Zeit" über zwei Jah­re hin­aus be­fris­tet zu beschäfti­gen. Denn da­zu müss­te das Prin­zip der "Führung auf Zeit" mit den ge­setz­li­chen Sach­gründen für ei­ne Be­fris­tung gleich­wer­tig sein. Das ist aber nicht der Fall, da der ein­zi­ge in Be­tracht kom­men­de Sach­grund des § 14 Abs.1 Nr.4 Tz­B­fG ("Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung") auf an­de­re Fälle gemünzt ist. Die­ser ge­setz­li­che Sach­grund ist für Fälle ge­dacht, in de­nen sich die be­son­de­re Qua­li­fi­ka­ti­on des Ar­beit­neh­mers ty­pi­schwer­wei­se im Lau­fe der Zeit "ver­sch­leißt" wie z.B. bei künst­le­ri­schen Lei­tern oder bei Sport­trai­nern.

Da­von konn­te hier kei­ne Re­de sein, denn die be­klag­te Stadt hat­te sich nur dar­auf be­ru­fen, dass sie zu viel Rou­ti­ne ver­hin­dern bzw. ei­ne in­no­va­ti­ve Führung fördern wol­le. Dafür müss­te die Stel­le des "Fach­be­reichs­lei­ters des Fach­be­reichs Grün- und Ver­kehrs­flächen" aber be­son­ders be­deu­tend oder be­son­ders an­spruchs­voll sein. Das war nach An­sicht des LAG nicht der Fall.

Fa­zit: Der all­ge­mei­ne Befürch­tung ei­nes „In­no­va­ti­ons­staus“ genügt als Be­fris­tungs­grund eben­so we­nig wie das Prin­zip ei­ner "Führung auf Zeit". Dafür müss­ten ein be­son­de­rer „Ver­sch­leiß“ oder her­aus­ra­gen­de Stel­len­an­for­de­run­gen vor­lie­gen. Führungs­kräfte im öffent­li­chen Dienst, die als AT-An­ge­stell­te geführt wer­den und un­ter Be­ru­fung auf das Prin­zip der "Führung auf Zeit" un­ter Ver­weis auf § 32 TVöD länger als zwei Jah­re be­fris­tet beschäftigt wer­den, soll­ten da­her bei Aus­lau­fen ih­res Ar­beits­ver­trags ei­ne Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge er­he­ben.

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Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021

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