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Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)
Lesen Sie hier, was Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit) ist und welche gesetzlichen Vorgaben Zeitarbeitsfirmen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) beachten müssen.
Im Einzelnen finden Sie Informationen dazu, was Leiharbeit von Werkverträgen unterscheidet, wie lange Leiharbeitnehmer an denselben Entleiher überlassen werden dürfen, was der Gleichstellungsgrundsatz besagt und ab welchem Zeitpunkt Leiharbeitnehmer den gleichen Lohn wie Stammkräfte des Entleiherbetriebs verlangen können (equal pay).
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Was versteht man unter Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)?
- Wo sind die Rechte von Leiharbeitnehmern und die Pflichten von Verleihern und Entleihern geregelt?
- Worin besteht der Unterschied zwischen Zeitarbeit und Befristung bzw. Zeitvertrag?
- Worin besteht der Unterschied zwischen Arbeitnehmerüberlassung und einem Werkvertrag oder Dienstvertrag als Grundlage des Fremdpersonaleinsatzes?
- Welche vertragliche Beziehung besteht zwischen Verleiher und Entleiher?
- Sind Arbeitnehmer verpflichtet, vorübergehend bei einem anderen Arbeitgeber eingesetzt zu werden?
- Wer braucht eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung und warum?
- Welche rechtlichen Folgen hat eine Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung?
- Wie können sich Unternehmen gegen das Risiko einer ungewollten Arbeitnehmerüberlassung absichern?
- Wie lange dürfen Arbeitnehmer an den denselben Entleiher überlassen werden (Höchstüberlassungsdauer)?
- Welche rechtlichen Folgen hat ein Verstoß gegen die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten?
- Was besagt der Gleichstellungsgrundsatz ("equal pay", "equal treatment") und welche Abweichungen sind möglich?
- Wie hoch ist der Mindestlohn in der Leiharbeit?
- Welche zeitlichen Höchstgrenzen gelten für die Abweichung vom Grundsatz des Equal Pay?
- Welche rechtlichen Folgen hat ein Verstoß gegen den Gleichstellungsgrundsatz?
- Wie erfahren Leiharbeitnehmer, welchen Lohn vergleichbare Stammkräfte im Entleiherbetrieb bekommen?
- Worüber müssen Verleiher den Leiharbeitnehmer informieren?
- Können Leiharbeitnehmer nach Ende ihres Leiharbeitsvertrags zum Entleiher wechseln?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)?
- Was können wir für Sie tun?
Was versteht man unter Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)?
Arbeitnehmerüberlassung ist das zeitlich begrenzte Ausleihen von Arbeitnehmern zur Arbeitsleistung an einen anderen Arbeitgeber, den Entleiher, in dessen Arbeitsorganisation sie eingegliedert sind und dessen Weisungen sie unterliegen. Statt von Arbeitnehmerüberlassung spricht man auch von Zeitarbeit oder von Leiharbeit.
Bei Arbeitnehmerüberlassung fallen Arbeitsvertrag und Arbeitsleistung auseinander:
Der Arbeitsvertrag des Leiharbeitnehmers besteht mit dem Verleiher. Der Verleiher entscheidet über Vertragsverlängerungen, Abmahnungen, Kündigungen und Urlaubsgewährung, und er bezahlt den Leiharbeitnehmer. Der Verleiher ist meist ein Unternehmen, das sich schwerpunktmäßig mit der Personalvermittlung befasst, kann aber auch ein normales Dienstleistungsunternehmen sein, das seine Arbeitnehmer auf Verlangen von Kunden dort als Leiharbeitnehmer einsetzen muss.
Die Arbeitsleistung findet beim Entleiher statt, in dessen Betrieb der Leiharbeitnehmer zeitlich begrenzt eingegliedert ist. Der Entleiher erteilt dem Leiharbeitnehmer Weisungen, überwacht die Arbeitsqualität und legt tägliche Arbeitszeiten und Pausen fest. Dementsprechend muss der Betriebsrat des Entleiherbetriebs jeder einzelnen Überlassung jedes einzelnen Leiharbeitnehmers vorab gemäß § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zustimmen.
Wo sind die Rechte von Leiharbeitnehmern und die Pflichten von Verleihern und Entleihern geregelt?
Die Rechte des Leiharbeitnehmers und die Pflichten des Verleihers und Entleihers sind im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Die wichtigsten Bestimmungen betreffen
- die Erlaubnispflicht für wirtschaftlich tätige Verleiher,
- die zeitliche Begrenzung der Überlassung an einen Entleiher,
- die finanzielle Gleichstellung mit vergleichbaren Stammkräften im Entleiherbetrieb, von der nur zeitlich begrenzt und nur auf tarifvertraglicher Grundlage abgewichen werden kann, und
- das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer, falls der Verleiher keine Überlassungserlaubnis hat und/oder falls die Überlassungshöchstdauer überschritten wird.
Das AÜG wurde durch das Gesetz zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze, vom 21.02.2017 (BGBl I, S.258), in wesentlichen Punkten geändert. Die Neuregelungen traten zum 01.04.2017 in Kraft (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/366 Reform der Leiharbeit 2017 und in Arbeitsrecht aktuell: 17/146 Welche Auswirkungen hat das AÜG 2017 für den Betriebsrat?).
Worin besteht der Unterschied zwischen Zeitarbeit und Befristung bzw. Zeitvertrag?
Zeitarbeit im Sinne von Arbeitnehmerüberlassung ist nicht mit einer Befristung des Arbeitsvertrags zu verwechseln, die oft als "Zeitvertrag" bezeichnet wird.
Wer als "Zeitarbeitnehmer" tätig ist, d.h. als Leiharbeitnehmer, hat in der Regel einen unbefristeten Arbeitsvertrag, nur eben mit einem Personalvermittler oder einem anderen Dienstleistungsunternehmen, dem Verleiher.
Zeitlich begrenzt ist nur der Einsatz beim Entleiher bzw. Kunden, aber nicht (unbedingt) das Vertragsverhältnis mit der Zeitarbeitsfirma.
Worin besteht der Unterschied zwischen Arbeitnehmerüberlassung und einem Werkvertrag oder Dienstvertrag als Grundlage des Fremdpersonaleinsatzes?
Wer als Werk- oder Dienstleistungsunternehmen einen vertraglich klar festgelegten Auftrag im Betrieb seines Kunden ausführt, muss seine Arbeitnehmer in den Betrieb des Kunden schicken, wo sie die werkvertraglichen Leistungen im Sinne von § 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erbringen oder mithelfen, einen Dienstvertrag gemäß § 611 BGB zu erfüllen.
Die Weisungen gegenüber den Arbeitnehmern erteilt nicht der Kunde, sondern der Werkunternehmer bzw. das Dienstleistungsunternehmen. Die Arbeitnehmer des Werkunternehmers sind auch nicht in die Arbeitsorganisation des Kunden eingegliedert, sondern Fremdpersonal.
Anders ist es bei der Arbeitnehmerüberlassung. Hier arbeiten zwar auch die Arbeitnehmer einer "Fremdfirma" (Werkunternehmer, Dienstleistungsunternehmen) im Betrieb des Kunden, aber nach den Weisungen des Kunden vor Ort, d.h. der Entleiher erteilt die Anweisungen. Er kontrolliert auch die Arbeitsqualität und legt die täglichen Arbeitszeiten fest. Leiharbeitnehmer sind daher in den Betrieb des Entleihers (Kunden, Auftraggebers) eingegliedert.
Zwischen der Arbeitnehmerüberlassung und dem Einsatz von echtem Fremdpersonal eines Werkunternehmers oder eines Dienstleistungsunternehmens liegt eine Grauzone. Denn auch ein Werkunternehmer bzw. ein Dienstleister und seine Arbeitnehmer müssen sich bei der Arbeit im Betrieb des Kunden mit ihm und seinen Mitarbeitern abstimmen, und sie müssen werk- oder dienstvertragliche Vorgaben umsetzen, die arbeitsrechtlichen Weisungen manchmal zum Verwechseln ähnlich sind.
Ist der Fremdpersonaleinsatz in Wahrheit Arbeitnehmerüberlassung, muss der Betriebsrat des Entleihers gemäß § 99 BetrVG vorab zustimmen, d.h. er hat ein Mitbestimmungsrecht. Entscheidend ist dann oft die Frage, wer dem Fremdpersonal Weisungen erteilt (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 15/003 Missbrauch von Scheinwerkverträgen und in Arbeitsrecht aktuell: 17/017 Mitbestimmung beim Einsatz von Fremdfirmen).
Welche vertragliche Beziehung besteht zwischen Verleiher und Entleiher?
Bei der Leiharbeit handelt es sich meist um Arbeitnehmerüberlassung zu wirtschaftlichen Zwecken. Der Verleiher überlässt seine Arbeitnehmer nicht aus Gefälligkeit an einen anderen Arbeitgeber, sondern im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und damit meist auch gegen Geld.
Bei der Arbeitnehmerüberlassung besteht zwischen Verleiher und Entleiher ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag oder ein Personalservicevertrag. Darin ist insbesondere festgelegt,
- welche - namentlich genannten - Arbeitnehmer
- mit welchen Qualifikationen
- in welchem Zeitraum und
- zu welchem Preis
an den Verleiher überassen werden.
Anders als bei der Arbeitsvermittlung, die mit dem Abschluss des Arbeitsvertrags beendet ist, sind die Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher (als Arbeitgeber) und Leiharbeitnehmer und die Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher (als Personalservice-Anbieter) und Entleiher auf Dauer angelegt.
Sind Arbeitnehmer verpflichtet, vorübergehend bei einem anderen Arbeitgeber eingesetzt zu werden?
Nein, im Allgemeinen sind Arbeitnehmer nicht dazu verpflichtet, bei einem anderen Arbeitgeber zu arbeiten. Eine solche Verpflichtung besteht nur mit ihrem Einverständnis.
Im Normfall eines Arbeitsvertrags gilt nämlich § 613 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Hier heißt es:
"Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar."
Wie sich § 613 Satz 1 BGB ergibt, muss der Arbeitnehmer ("der zur Dienstleistung Verpflichtete") seine Arbeit in Person leisten, d.h. er kann nicht einfach einen Ersatzarbeitnehmer zur Arbeit schicken, um z.B. länger Urlaub zu machen.
Aus § 613 Satz 2 BGB folgt dementsprechend für den Arbeitgeber, dass er seinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die Arbeitsleistung nicht an einen anderen Arbeitgeber abtreten oder in anderer Weise übertragen kann.
Für die Überlassung eines Arbeitnehmers an einen Entleiher ist daher im Normalfall ein Leiharbeitsvertrag erforderlich. Durch den Leiharbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer, auf Anweisung seines Arbeitgebers in dem Betrieb eines anderen Arbeitgebers unter dessen Leitungsmacht zu arbeiten.
Wer braucht eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung und warum?
Personalvermittlungs-Unternehmen und Dienstleistungsunternehmen, die ihre Arbeitnehmer auf Verlangen ihrer Kunden dort als Leiharbeitnehmer einsetzen, überlassen ihre Arbeitnehmer "im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung". Dafür ist eine Erlaubnis erforderlich, die die Arbeitsagenturen auf Antrag erteilen. In § 1 Abs.1 Satz 1 AÜG heißt es dazu:
"Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis."
Eine solche "wirtschaftlichen Tätigkeit" liegt immer vor, wenn ein Unternehmen Güter oder Dienstleistungen anbietet, d.h. auf die Absicht der Gewinnerzielung oder auf den gewerblichen Charakter der Arbeitnehmerüberlassung kommt es nicht an. Auch ein Personalservice-Unternehmen, das innerhalb eines Konzerns Arbeitnehmer ohne Gewinnerzielungsabsicht anderen Konzernunternehmen überlässt, braucht eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs.1 Satz 1 AÜG.
Nur in wenigen Ausnahmefällen ist eine Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis zulässig. Diese Ausnahmen werden in § 1 Abs.3 AÜG aufgezählt. Nach dieser Ausnahmeregelung ist eine Arbeitnehmerüberlassung z.B. erlaubnisfrei
- zwischen Konzernunternehmen im Sinne von § 18 Aktiengesetz, wenn der überlassene Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird, oder
- zwischen Arbeitgebern, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der überlassene Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird, oder
- zwischen einem Unternehmen des öffentlichen Dienstes als Entleiher nach einem Betriebsübergang auf einen Entleiher im Wege der tariflich geregelten Personalgestellung.
Mit der Erlaubnispflicht soll erreicht werden, dass der Verleiher die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, wenn er im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit Arbeitnehmerüberlassung betreibt. Daher überprüfen die Arbeitsagenturen vor der Erlaubniserteilung die Muster-Arbeitsverträge und die Muster-Arbeitnehmerüberlassungsverträge, die der Antragsteller künftig verwenden will.
Abgesehen davon gilt ein generelles Verbot der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden, § 1b Satz 1 AÜG.
Welche rechtlichen Folgen hat eine Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung?
Wenn Sie als Arbeitgeber nicht die gemäß § 1 Abs.1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzen, dürfen Sie ihre Arbeitnehmer nicht an einen Kunden zur Arbeit überlassen. Auch der Einsatz durch einen Entleiher ist in einem solchen Fall rechtlich unzulässig.
Ein solcher Gesetzesverstoß hat gravierende rechtliche Folgen:
Erstens: Der überlassene Arbeitnehmer hat keinen wirksamen Arbeitsvertrag (mehr) mit dem Verleiher, d.h. als Verleiher haben Sie einen Mitarbeiter verloren. Das folgt aus § 9 Abs.1 Nr.1 AÜG, wonach der Arbeitsvertrag zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam ist.
Zweitens: Der überlassene Arbeitnehmer stattdessen einen Arbeitsvertrag mit dem Entleiher, d.h. als Entleiher haben Sie kraft Gesetzes einen neuen Mitarbeiter, d.h. ohne es zu wollen und oft auch ohne es wissen. Das folgt aus § 10 Abs.1 Satz 1 AÜG.
Drittens: Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher ist unwirksam, d.h. als Verleiher haben Sie nicht nur einen Mitarbeiter verloren, sondern auch einen Auftrag und den damit verbundenen Umsatz, d.h. Sie haben kein Anspruch (mehr) auf Bezahlung der Arbeitnehmerüberlassung.
Die einzige Person, die die ersten beiden Rechtsänderungen verhindern kann, ist der überlassene Arbeitnehmer, und zwar durch eine sog. Festhaltenserklärung. Eine solche Erklärung muss der überlassene Arbeitnehmer schriftlich abgeben, und zwar bis zum Ablauf eines Monats nach dem geplanten Beginn der Überlassung. Eine vorsorgliche Vorab-Festhaltenserklärung wird rechtlich nicht anerkannt.
Diese Regelungen wird ergänzt durch die Pflicht des gesetzeswidrig tätigen Verleihers, die auf den Arbeitslohn entfallenden Sozialabgaben zu entrichten, falls der unwirksame Arbeitsvertrag bereits durch Lohnzahlung vollzogen worden ist. Dazu wäre er eigentlich nicht verpflichtet, da kein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Arbeitnehmer besteht (der vielmehr ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleihers hat). In § 10 Abs.3 AÜG heißt es:
"Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner."
Im Ergebnis tragen sowohl der Verleiher als auch der Entleiher erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Risiken, wenn sie ein objektiv durch Eingliederung der Arbeitnehmer des Verleihers in den Betrieb des Entleihers eine gesetzeswidrige Arbeitnehmerüberlassung praktizieren.
Dies kann ungewollt passieren, wenn der Einsatz der Arbeitnehmer eines Werk- oder eines Dienstleistungsunternehmens im Betrieb des Kunden rechtlich als Fremdpersonaleinsatz bewertet wird, obwohl die Arbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des Kunden eingegliedert sind und dessen Weisungen unterliegen, so dass objektiv eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt.
Wie können sich Unternehmen gegen das Risiko einer ungewollten Arbeitnehmerüberlassung absichern?
Wie erwähnt, kann es beim Vollzug eines Werk- oder Dienstvertrags leicht zu einer ungewollten verdeckten Arbeitnehmerüberlassung kommen, wenn die Tätigkeit der Arbeitnehmer des Werkunternehmers bzw. des Dienstleistungsunternehmens im Betrieb des Kunden rechtlich als Arbeitnehmerüberlassung zu bewerten ist.
Bis Ende März 2017 konnten sich die beteiligten Unternehmen gegen die Rechtsfolgen einer gesetzeswidrigen Arbeitnehmerüberlassung dadurch absichern, dass das Werk- bzw. das Dienstleistungsunternehmen eine vorsorgliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung "in der Schublade" hatte, d.h. eine sog. Vorratserlaubbnis. Dieses Vorgehen hatten die Gerichte auf der Grundlage der damaligen Gesetzesfassung anerkannt (BAG, Urteil vom 12.07.2016, 9 AZR 352/15, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/224 Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung).
Das ist seit April 2017 aufgrund der Reform des AÜG nicht mehr möglich. Denn eine Arbeitnehmerüberlassung muss seitdem zwingend in den Verträgen als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet werden. Dazu heißt es in § 1 Abs.1 Satz 5 und 6 AÜG:
"Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren."
Darüber hinaus ist die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung, d.h. ein Verstoß gegen § 1 Abs.1 Satz 5 AÜG, eine Ordnungswidrigkeit (§ 16 Abs.1 Nr.1c AÜG), die mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 EUR im Einzelfall geahndet werden kann (§ 16 Abs.2 AÜG).
Vor diesem Hintergrund verlangen Unternehmen, die Werk- oder Dienstaufträge vergeben oder im Rahmen längerfristiger Projektverträge mit Dienstleistern zusammenarbeiten, zunehmend oft von ihren Dienstleistern, dass diese ihre Arbeitnehmer vorsichtshalber auf der Grundlage einer Arbeitnehmerüberlassung einsetzen. Der Schutz gegen das Risiko einer ungewollten Arbeitnehmerüberlassung besteht somit in der "gewollten" Arbeitnehmerüberlassung.
Daher werden Werkverträge, Dienstaufträge bzw. Projektverträge durch ergänzt um einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, was voraussetzt, dass der Dienstleister die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt. Außerdem muss der Dienstleister die bei ihm bestehenden Arbeitsverträge ergänzen, denn die beim Kunden eingesetzten Arbeitnehmer sind dann ganz offiziell Leiharbeitnehmer.
TIPP: Lassen Sie sich als Dienstleistungsunternehmen bei der Erstellung eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags und bei der notwendigen Ergänzung der bestehenden Arbeitsverträge von einer Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht unterstützen. Denn bei der Ausarbeitung dieser Verträge können Sie sich nicht auf vorhandene Formulare verlassen, sondern es müssen individuelle Regelungen getroffen werden, v.a. aufgrund der Pflicht zur Beachtung des Gleichstellungsgrundsatzes gemäß § 8 Abs.1 Satz AÜG. Danach muss sichergestellt sein, dass für die beim Kunden eingesetzten Arbeitnehmer mindestens die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gelten.
Wie lange dürfen Arbeitnehmer an den denselben Entleiher überlassen werden (Höchstüberlassungsdauer)?
Derselbe Leiharbeitnehmer darf höchstens 18 Monate an denselben Verleiher überlassen werden. Die Höchstüberlassungsdauer ist in § 1 Abs.1b Sätze 1 bis 3 AÜG enthalten. Diese Regelung lautet:
"Der Verleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen. In einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche kann eine von Satz 1 abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden."
Wird zwischen den Überlassungszeiten eine Karenzzeit von mindestens drei Monaten und einem Tag eingehalten (= "mehr als drei Monate"), darf der Leiharbeitnehmer erneut an denselben Entleiher verliehen werden.
Eine (gesetzlich unbegrenzte) Verlängerung der Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten ist nur möglich, wenn die Tarifparteien der Einsatzbranche einen entsprechenden Tarifvertrag vereinbaren. Höchstüberlassungszeiten von mehr als 18 Monaten in der metallverarbeitenden Industrie und im metallverarbeitenden Handwerk müssten daher von der IG Metall per Tarifvertrag abgesegnet worden sein. Ein Tarifvertrag der Leiharbeitsbranche genügt hier nicht.
Welche rechtlichen Folgen hat ein Verstoß gegen die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten?
Ein Verstoß gegen die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten gemäß § 1 Abs.1b Satz 1 AÜG ist eine Ordnungswidrigkeit, die ein Bußgeld von bis zu 30.000 EUR je Einzelfall nach sich ziehen kann (§ 16 Abs.1 Nr.1e, Abs.2 AÜG). Weiterhin droht dem Verleiher der Verlust der Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung.
Ähnlich wie bei anderen Gesetzesverstößen hat auch eine Missachtung der 18monatigen Höchstüberlassungszeit zur Folge, dass der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam ist (§ 9 Abs.1 Nr.1b AÜG), es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt, dass er trotzdem an seinem Arbeitsverhältnis mit der Zeitarbeitsfirma festhalten möchte.
Gibt es keine Festhaltenserklärung, hat die Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer die weitere Folge, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande kommt (§ 10 Abs.1 Satz 1 AÜG).
Was besagt der Gleichstellungsgrundsatz ("equal pay", "equal treatment") und welche Abweichungen sind möglich?
Nach dem Gesetz haben Leiharbeitnehmer bereits ab dem ersten Tag der Überlassung an einen Entleiher das Recht auf gleiche Bezahlung ("equal pay") und auch ansonsten gleiche Behandlung ("equal treatment") wie vergleichbare Stammkräfte des Entleihers. Dieses Recht ist in § 8 Abs.1 AÜG festgeschrieben. Diese Vorschrift lautet:
"Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Erhält der Leiharbeitnehmer das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers im Entleihbetrieb geschuldete tarifvertragliche Arbeitsentgelt oder in Ermangelung eines solchen ein für vergleichbare Arbeitnehmer in der Einsatzbranche geltendes tarifvertragliches Arbeitsentgelt, wird vermutet, dass der Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts im Sinne von Satz 1 gleichgestellt ist. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen."
Es ist aber zulässig, von dem Grundsatz der Gleichstellung zu Ungunsten der Leiharbeitnehmer abzuweichen, falls der Verleiher seinen Leiharbeitnehmer nach einem Tarifvertrag bezahlt.
Tarifverträge im Sinne dieser Regelung sind die Leiharbeitstarifverträge, die zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) vereinbart und und aktualisiert werden. Sie sehen zwar vergleichsweise gute Löhne und Arbeitsbedingungen für die Leiharbeitnehmer vor, reichen aber trotzdem nicht an die Bezahlung vergleichbarer Stammkräfte heran.
Die Abweichungsmöglichkeit auf der Grundlage von Leiharbeitstarifverträgen ist in § 8 Abs.2 AÜG geregelt und setzt (neben der Bezahlung nach einem Leiharbeitstarif) voraus, dass die Leiharbeitstarifverträge nicht die für die Leiharbeit festgesetzten Mindestlöhne gemäß § 3a Abs.2 AÜG unterschreiten.
Wie hoch ist der Mindestlohn in der Leiharbeit?
Aktuell ergeben sich die Leiharbeits-Mindestlöhne aus der Fünften Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung, vom 20.12.2022, die 01.01.2023 bis zum 31.03.2024 gilt.
Danach beträgt der Mindestlohn in der Leiharbeit
- ab 01.01.2023: 12,43 EUR,
- ab 01.04.2023: 13,00 EUR und
- ab 01.01.2024: 13,50 EUR.
Diese Verordnung und ihre Vorgänger-Verordnungen schreiben folgende Mindest-Bruttostundenlöhne (EUR) vor, die in Ostdeutschland bis Ende März 2021 geringer waren als im Westen (zu Ostdeutschland gehört dabei neben den neuen Bundesländern auch Berlin).
Bis Ende 2022 wurde der Mindestlohn in der Leiharbeit schrittweise wie folgt angehoben:
Zeitraum | Ost | West |
01.06.2017 bis 31.03.2018: | 8,91 EUR | 9,23 EUR |
01.04.2018 bis 31.12.2018: | 9,27 EUR | 9,49 EUR |
01.01.2019 bis 31.03.2019: | 9,49 EUR | 9,49 EUR |
01.04.2019 bis 30.09.2019: | 9,49 EUR | 9,79 EUR |
01.10.2019 bis 31.12.2019: | 9,66 EUR | 9,96 EUR |
01.01.2020 bis 31.08.2020 | (kein geltender Mindestlohn) | |
01.09.2020 bis 30.09.2020 | 9,88 EUR | 10,15 EUR |
01.10.2020 bis 31.03.2020 | 10,10 EUR | 10,15 EUR |
01.04.2021 bis 31.03.2022 | deutschlandweit 10,45 EUR | |
01.03.2022 bis 31.12.2022 | deutschlandweit 10,88 EUR |
Welche zeitlichen Höchstgrenzen gelten für die Abweichung vom Grundsatz des Equal Pay?
Die Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz auf der Grundlage von Leiharbeitstarifverträgen ist zeitlich begrenzt.
Spätestens nach neun Monaten der Überlassung an denselben Entleiher müssen Leiharbeitnehmer denselben Lohn wie vergleichbare Stammkräfte im Entleiherbetrieb bekommen.
Wenn für den Entleiherbetrieb tarifliche Regelungen über sog. Branchenzuschläge gelten, die sich nach und nach stufenweise erhöhen und die Bezahlung der Vergütung von Stammkräften annähern sollen, kann bis zu 15 Monate lang vom Gleichbehandlungsgrundsatz abgewichen werden. Weitere Voraussetzung ist, dass der nach 15 Monaten erreichte Gesamtlohn (Grundlohn und Branchenzuschlag) in dem Leiharbeitstarifvertrag als "gleichwertig" mit der Stammkräftebezahlung bewertet wird, und dass die Bezahlung von Branchenzuschlägen bereits nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen einsetzt, d.h. nicht allzu lang aufgeschoben wird.
Diese Regelungen sind in § 8 Abs.4 AÜG enthalten.
Welche rechtlichen Folgen hat ein Verstoß gegen den Gleichstellungsgrundsatz?
Verstoßen Verleiher gegen den Gleichstellungsgrundsatz, kann das ein Bußgeld von bis zu 500.000 EUR zur Folge haben (§ 16 Abs.1 Nr.7a, Abs.2 AÜG) und den Verlust der Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung nach sich ziehen.
Wie bisher können betroffene Leiharbeitnehmer den Unterschiedsbetrag zwischen der erhaltenen Bezahlung und der Vergütung für vergleichbare Stammarbeitnehmer einklagen.
Darüber hinaus können sie gesetzwidrige Unterbezahlung abmahnen, bei erheblichen Zahlungsrückständen die Arbeitsleistung verweigern sowie bei fruchtloser Abmahnung im Wiederholungsfall fristlos kündigen und Schadensersatz gemäß § 628 BGB verlangen.
Im Unterschied zur Überschreitung der 18monatigen Höchstüberlassungsdauer hat eine arbeitsvertragliche Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz nur die Unwirksamkeit der Lohnvereinbarung zur Folge (§ 9 Abs.1 Nr.2 AÜG), führt aber nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Arbeitsvertrags.
Dementsprechend greift hier § 10 Abs.1 AÜG nicht ein, d.h. es entsteht kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher (Gesetzentwurf der Bundesregierung, vom 20.07.2016, BT Drucks. 18/9232, S.26).
Wie erfahren Leiharbeitnehmer, welchen Lohn vergleichbare Stammkräfte im Entleiherbetrieb bekommen?
Wenn Leiharbeitnehmer den gleichen Lohn und auch im Übrigen gleiche Arbeitsbedingungen beanspruchen können wie die im Entleihbetrieb tätigen Stammkräfte, stellt sich die Frage, wie man herausfinden kann, wie diese Löhne und sonstigen Arbeitsbedingungen ausgestaltet sind.
Diese Frage wird im AÜG durch einen Auskunftsanspruch des Leiharbeitnehmers gegenüber dem Entleiher beantwortet: Gemäß § 13 AÜG können Leiharbeitnehmer bei Überlassung an einen Entleiher von diesem Auskunft über die im Entleiherbetrieb für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen verlangen. § 13 AÜG lautet:
"Der Leiharbeitnehmer kann im Falle der Überlassung von seinem Entleiher Auskunft über die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen; dies gilt nicht, soweit die Voraussetzungen der in § 8 Absatz 2 und 4 Satz 2 genannten Ausnahme vorliegen."
Wie die Einschränkungen des zweiten Halbsatzes zeigen, besteht der Auskunftsanspruch nicht, wenn Leiharbeitnehmer unter die oben genannten Ausnahmen vom Gleichstellungsgrundsatz fallen (Bezahlung gemäß Leiharbeitstarif, ggf. mit Branchenzuschlägen). Denn in einem solchen Fall haben sie von vornherein keinen Anspruch auf "equal pay" bzw. auf "equal treatment". Dann gibt es auch keinen Auskunftsanspruch.
Worüber müssen Verleiher den Leiharbeitnehmer informieren?
Verleiher sind als Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers aufgrund des Nachweisgesetzes (NachwG) verpflichtet, den bei ihnen tätigen Leiharbeitnehmern einen schriftlichen Arbeitsnachweis auszuhändigen, der alle wesentlichen Arbeitsbedingungen festhält. Was das im Einzelnen bedeutet, ist in § 2 Abs.1 NachwG geregelt.
Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen eines Leiharbeitsverhältnisses muss über die in § 2 Abs.1 des Nachweisgesetzes genannten Angaben darüber hinaus gemäß § 11 Abs.1 AÜG folgende Angaben enthalten:
- Firma und Anschrift des Verleihers, die Erlaubnisbehörde sowie Ort und Datum der Erteilung der Erlaubnis nach § 1 AÜG
- Art und Höhe der Leistungen für Zeiten, in denen der Leiharbeitnehmer nicht verliehen ist.
Außerdem sind Verleiher gemäß § 11 Abs.2 AÜG verpflichtet, Leiharbeitnehmern bei Vertragsschluss ein Merkblatt der Erlaubnisbehörde über den wesentlichen Inhalt dieses Gesetzes auszuhändigen. Nichtdeutsche Leiharbeitnehmer erhalten das Merkblatt und den Nachweis nach Absatz 1 auf Verlangen in ihrer Muttersprache.
Schließlich haben Verleiher gegenüber Leiharbeitnehmern eine weitere gesetzliche Informationspflicht für den Fall, dass die behördliche Erlaubnis fortfällt. Für diesen Fall bestimmt § 11 Abs.3 AÜG folgendes:
"Der Verleiher hat den Leiharbeitnehmer unverzüglich über den Zeitpunkt des Wegfalls der Erlaubnis zu unterrichten. In den Fällen der Nichtverlängerung (§ 2 Abs. 4 Satz 3), der Rücknahme (§ 4) oder des Widerrufs (§ 5) hat er ihn ferner auf das voraussichtliche Ende der Abwicklung (§ 2 Abs. 4 Satz 4) und die gesetzliche Abwicklungsfrist (§ 2 Abs. 4 Satz 4 letzter Halbsatz) hinzuweisen."
Können Leiharbeitnehmer nach Ende ihres Leiharbeitsvertrags zum Entleiher wechseln?
Ja, das können sie, und zwar auch dann, wenn in dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher eine gegenteilige Regelung enthalten ist.
§ 9 Abs.1 Nr.4 AÜG bestimmt nämlich, dass Vereinbarungen unwirksam sind,
"die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen".
In ähnlicher Weise ist auch die Arbeitsvertragsfreiheit des Entleihers geschützt. Auch er darf einen ehemaligen Leiharbeitnehmer bei sich einstellen, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher beendet ist: § 9 Abs.1 Nr.3 AÜG regelt, dass Vereinbarungen unwirksam sind,
"die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus".
Durch diese Vorschriften werden die allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze über die Zulässigkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote eingeschränkt.
Wo finden Sie mehr zum Thema Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)?
Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit) interessieren könnten, finden Sie hier:
- Dritte Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung, vom 26.05.2017
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze, Gesetzentwurf der Bundesregierung, vom 20.07.2016, Bundestag Drucks. 18/9232
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: CGZP
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Nebentätigkeit
- Übersicht Handbuch Arbeitsrecht
- Tipps und Tricks: Arbeitsvertrag - Checkliste
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit) finden Sie hier:
Arbeitsrecht aktuell 2023
Arbeitsrecht aktuell 2021
Arbeitsrecht aktuell 2020
- Arbeitsrecht aktuell: 20/115 Verbot von Werkverträgen in der Fleischwirtschaft
- Arbeitsrecht aktuell: 20/095 Reform des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes
- Arbeitsrecht aktuell: 20/084 Austausch von Leiharbeitnehmern über 18 Monate hinaus
Arbeitsrecht aktuell 2019
Arbeitsrecht aktuell 2018
Eine vollständige Übersicht unserer Beiträge zum Thema Arbeitnehmerüberlassung finden Sie unter:
Urteile und Kommentare: Arbeitnehmerüberlassung
Letzte Überarbeitung: 2. Februar 2023
Was können wir für Sie tun?
Wenn Sie als Dienstleistungsunternehmen von einem Kunden aufgefordert werden, Ihre für den Kunden tätigen Mitarbeiter offiziell als Leiharbeitnehmer einzusetzen, und Sie daher einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sowie Ergänzungen für Ihre bestehenden Arbeitsverträge benötigen, beraten wir Sie gerne. Wir unterstützen Werkvertrags- und Dienstleistungsunternehmen sowie deren Auftraggeber auch, wenn der Vorwurf gesetzeswidriger Arbeitnehmerüberlassung im Raum steht, z.B. aufgrund einer vom Zoll durchgeführten Ermittlung. Möglicherweise haben Sie auch als Geschäftsführer, Arbeitnehmer oder Betriebsrat Fragen im Zusammenhang mit dem Thema Leiharbeit. Auch diese Fragen klären wir gerne, falls nötig auch kurzfristig. Für eine möglichst rasche und effektive Beratung benötigen wir folgende Unterlagen:
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