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Arbeitsnachweis
Lesen Sie hier, warum Arbeitgeber zur Erteilung eines Arbeitsnachweises verpflichtet sind und welchen Inhalt der Arbeitsnachweis haben muss.
Im Einzelnen finden Sie Informationen dazu, warum die Pflicht zur Erteilung eines Arbeitsnachweises nichts daran ändert, dass auch mündliche Arbeitsverträge wirksam sind, welche Mindestangaben das Nachweisgesetz (NachwG) für den Arbeitsnachweis vorschreibt und welche Folgen ein Verstoß gegen das NachwG für Arbeitgeber haben kann.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Wozu dient ein Arbeitsnachweis?
- Sind Arbeitsverträge auch ohne Arbeitsnachweis wirksam?
- Was unterscheidet einen Arbeitsnachweis von arbeitsvertraglichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)?
- Was ändert sich beim Arbeitsnachweis 2022?
- Können Arbeitgeber ihre Pflicht zur Erteilung eines Arbeitsnachweises durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag erfüllen?
- Welche Angaben müssen im Nachweis enthalten sein?
- Welche Angaben müssen aufgrund der Reform des Nachweisgesetzes ab August 2022 im Arbeitsnachweis enthalten sein?
- Auf welche Pflichtangaben, die seit 2022 im Arbeitsnachweis enthalten sein müssen, sollten Arbeitgeber besonders achten?
- Wie kann ein Arbeitsnachweis zum Thema Vertragsbeendigung formuliert werden?
- Wie lange Zeit haben Arbeitgeber für die Ausfertigung eines Arbeitsnachweises?
- Welche Folgen kann ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz (NachwG) haben?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Arbeitsnachweis?
- Was können wir für Sie tun?
Wozu dient ein Arbeitsnachweis?
Wenn Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag nur mündlich abgeschlossen haben und daher nicht in Besitz einer Urkunde über den Vertragsinhalt sind, sind Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet, ihnen einen schriftlichen Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen auszuhändigen. Diese Urkunde heißt "Arbeitsnachweis".
Den Arbeitsnachweis müssen Arbeitgeber nach spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses aushändigen, es sei denn, dass der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin nur zur vorübergehenden Aushilfe von höchstens einem Monat eingestellt wurden, vgl. § 1 Abs.1 Satz 1 Nachweisgesetz (NachwG). Diese Monatsfrist wird durch die Neuregelung des Arbeitsnachweises 2022 teilweise erheblich verkürzt.
Sind Arbeitsverträge auch ohne Arbeitsnachweis wirksam?
Die Verpflchtung von Arbeitgebern zur Aushändigung eines schriftlichen Nachweises ändert nichts daran, dass Arbeitsverträge auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten ("stillschweigend") geschlossen werden können.
Auch mündliche Arbeitsverträge sind in vollem Umfang rechtlich verbindlich, d.h. sie sind vollgültige Arbeitsverträge.
Gerade weil auch ein mündlicher Vertrag rechtsverbindlich ist, gibt es überhaupt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen solchen Nachweis verlangen können. Denn die gesetzliche Pflicht zur Aushändigung eines Arbeitsnachweises setzt das rechtliche Bestehen eines Arbeitsvertrages voraus und damit einen wirksam (mündlich oder stillschweigend) vereinbarten Arbeitsvertrag.
Was unterscheidet einen Arbeitsnachweis von arbeitsvertraglichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)?
Mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) werden Vertragsbedingungen einvernehmlich festgelegt, d.h. AGB sind Teil des Arbeitsvertrags.
Arbeitsvertragliche AGB werden zwar einseitig von einer Partei, dem Arbeitgeber als dem AGB-Verwender, ausgearbeitet und dem Arbeitnehmer zur Abzeichnung vorgelegt, aber ohne das OK des Arbeitnehmers können AGB des Arbeitgebers nicht wirksam werden. Das steht in § 305 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Demgegenüber ist ein Arbeitsnachweis eine bloße Bescheinigung, d.h. mit einem Arbeitsnachweis wird keine vertragliche Regelung getroffen, sondern nur der bereits bestehende Inhalt des Arbeitsverhältnisses dokumentiert.
Man kann einen Arbeitsnachweis daher mit einer Gehaltsabrechnung vergleichen: Mit der Gehaltsabrechnung wird keine Vereinbarung über einen Zahlungsanspruch getroffen, sondern sie setzt einen solchen Anspruch voraus. Der Zahlungsanspruch selbst folgt aus dem Arbeitsvertrag.
Arbeitsbescheinigungen können daher richtig oder falsch sein, aber nicht angemessen oder unangemessen. Demgegenüber können arbeitsvertragliche ABG angemessen oder unangemessen sein, aber nicht richtig oder falsch.
Was ändert sich beim Arbeitsnachweis 2022?
Das NachwG wird 2022 geändert und die Nachweispflichten werden erweitert. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie, nämlich die Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union.
Die Richtlinie verschärft die Anforderungen an Arbeitsnachweise und muss spätestens bis zum 01.08.2022 von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Infolge der Richtlinie müssen Arbeitsnachweise künftig umfassender sein, d.h. Arbeitgeber sind verpflichtet, in die Arbeitsnachweise mehr Informationen als bisher aufzunehmen.
Aufgrund der Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie hat die Bundesregierung Anfang Mai 2022 einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Der Gesetzentwurf verändert das NachwG entsprechend den Vorgaben der Richtlinie und übernimmt damit die von der Richtlinie vorgeschriebenen Erweiterungen der Arbeitsnachweise in das deutsche Arbeitsrecht.
Entsprechend der Umsetzungsfrist, die Ende Juli 2022 abläuft, ist geplant, dass die Änderungen des NachG am 01.08.2022 in Kraft treten. Derzeit (18.06.2022) ist das noch nicht der Fall.
Können Arbeitgeber ihre Pflicht zur Erteilung eines Arbeitsnachweises durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag erfüllen?
Ja, das geht. Als Arbeitgeber müssen Sie Ihre Mitarbeiter nicht zweimal über die geltenden Arbeitsbedingungen informieren, einmal durch einen (ausführlichen) schriftlichen Arbeitsvertrag und dann noch einmal durch einen weitgehend inhaltsgleichen Arbeitsnachweis. Das wird in § 1 Abs.4 NachwG ausdrücklich klargestellt. Hier heißt es:
"Wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, entfällt die Verpflichtung nach den Absätzen 1 und 2, soweit der Vertrag die in den Absätzen 1 bis 3 geforderten Angaben enthält."
Welche Angaben müssen im Nachweis enthalten sein?
Nach bisheriger Rechtslage, d.h. bis zur Reform des NachwG 2022, sind folgende Angaben in den Arbeitsnachweis aufzunehmen (§ 2 Abs.1 Satz 2 NachwG - alte Fassung):
1. | Name und die Anschrift der Vertragsparteien |
2. | der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses |
3. | bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses |
4. | der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann |
5. | eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit |
6. | die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgeltes einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgeltes und deren Fälligkeit |
7. | die vereinbarte Arbeitszeit |
8. | die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs |
9. | die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses |
10. | ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind |
TIPP: Arbeitgeber, die Tarifverträge anwenden, haben beim Arbeitsnachweis einen Vorteil, denn sie können sich kurz fassen. Sie müssen zwar auf die Tarifanwendung (aufgrund Tarifbindung oder freiwilliger Tarifbefolgung) hinweisen (s. oben Nr.10), doch erspart man sich durch den Hinweis auf die im Betrieb geltenden Tarifverträge die Beschreibung der - manchmal ziemlich komplizierten - Regelungen zu den Themen Lohn und Gehalt (s. oben Nr.6), Arbeitszeiten (s. oben Nr.7), Urlaub (s. oben Nr.8) und Kündigungsfristen (s. oben Nr.9) sparen. Das folgt aus § 2 Abs.3 Satz 1 NachwG. Diese Vorschrift lautet:
"Die Angaben nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 bis 9 und Absatz 2 Nr. 2 und 3 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf die einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und ähnlichen Regelungen, die für das Arbeitsverhältnis gelten."
Wie sich aus dieser Regelung ergibt, funktioniert die Vereinfachung des Arbeitsnachweises auch bei einem Verweis auf Betriebsvereinbarungen oder Dienstvereinbarungen, wenn hier z.B. arbeitszeitrechtliche Regelungen enthalten sind, etwa zum Thema Schichtarbeit, Gleitzeit oder Überstunden.
Welche Angaben müssen aufgrund der Reform des Nachweisgesetzes ab August 2022 im Arbeitsnachweis enthalten sein?
Durch die Reform des NachwG 2022 werden die Pflichtangaben erweitert und teilweise inhaltlich geändert, so dass ein Arbeitsnachweis folgende Angaben enthalten muss:
1. | Name und die Anschrift der Vertragsparteien |
2. | der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses |
3. | bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses |
4. | der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann |
5. | eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit |
6. | sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit |
7. | die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung |
8. | die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen |
9. | bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes: a) die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, b) die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, c) der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und d) die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat |
10. | sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen |
11. | die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs |
12. | ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung |
13. | wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist |
14. | das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden |
15. | ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen |
Auf welche Pflichtangaben, die seit 2022 im Arbeitsnachweis enthalten sein müssen, sollten Arbeitgeber besonders achten?
Die Erweiterung der gesetzlichen Pflichtangaben im Arbeitsnachweis ist auf den ersten Blick ziemlich umfangreich. Nicht alle neue Pflichtangaben sind aber wirklich wichtig.
Einige der neuen Pflichtangaben müssen oder sollten Arbeitgeber schon im eigenen Interesse in einem schriftlichen Arbeitsvertrag festhalten. Gibt es einen schriftlichen Arbeitsvertrag, ist ein zusätzlicher Arbeitsnachweis dann gesetzlich nicht mehr nötig (§ 1 Abs.4 NachwG - alte Fassung / § 1 Abs.5 NachwG - neue Fassung).
Das Enddatum eines befristeten Arbeitsvertrags (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.3 NachwG - neue Fassung) muss schriftlich durch arbeitsvertragliche Vereinbarung festgehalten werden, da die zeitliche Befristung sonst unwirksam ist (§ 14 Abs.4 Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG). Ein zusätzlicher Arbeitsnachweis ist dann nicht nötig.
Auch Probezeitvereinbarungen (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.6 NachwG - neue Fassung) kommen praktisch nur als Probezeitklauseln in schriftlichen Arbeitsverträgen vor. Ein zusätzlicher Arbeitsnachweis ist dann nicht nötig.
Dass Arbeitnehmer den Arbeitsort frei wählen können (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.4 NachwG - neue Fassung) oder einen Anspruch auf eine arbeitgeberseitig bereitgestellte Fortbildung haben (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.12 NachwG - neue Fassung), ist selten und wird dann meist in einem schriftlichen Arbeitsvertrag festgehalten werden. Ein zusätzlicher Arbeitsnachweis ist dann nicht nötig.
Abrufarbeit (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.9 NachwG - neue Fassung) ist mittlerweile aufgrund der vom Arbeitgeber zu beachtenden Formalitäten nur noch sehr schwer umzusetzen, und sie ist bei Arbeitnehmern nicht beliebt. Manchmal schafft sie mehr Probleme als sie lösen hilft. Arbeitgeber, für die Abrufarbeit nicht in Betracht kommt, müssen sie auch nicht in den Arbeitsnachweis aufnehmen.
Die "Möglichkeit der Anordnung von Überstunden" (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.10 NachwG - neue Fassung) betrifft das Recht des Arbeitgebers, vom Arbeitnehmer Überstunden verlangen zu können, d.h. seine rechtliche Anordnungsbefugnis. Sie versteht sich nicht von selbst und muss daher (falls sie sich nicht aus einem Tarfvertrag ergibt) ausdrücklich arbeitsvertraglich vereinbart werden. Ein zusätzlicher Arbeitsnachweis ist dann nicht nötig. (Dass und wie geleistete Überstunden ggf. zu bezahlen sind, hat mit der Anordnungsbefugnis nichts zu tun und betrifft das Thema Lohn und Gehalt gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.7 NachwG - neue Fassung.)
Schließlich können Arbeitgeber, die Tarifverträge anwenden, den Arbeitsnachweis nach der bisherigen wie nach der neuen Fassung von § 2 NachwG durch einen Hinweis auf Tarifverträge ersetzen. Soweit nachweispflichtige Regelungen in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen enthalten sind, genügt auch der Hinweis auf Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen. Ein zusätzlicher (spezieller) Arbeitsnachweis ist dann nicht nötig.
Infolge der Neuregelung haben kirchlich gebundene Dienstgeber ebenfalls diese Möglichkeit, sich Arbeitsnachweise zu erleichtern, und zwar durch einen Hinweis auf die bei ihnen geltenden kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR), s. § 2 Abs.4 NachwG - neue Fassung. Ein zusätzlicher Arbeitsnachweis ist dann auch nicht mehr nötig.
Die vereinfachte Möglichkeit des Arbeitsnachweises durch Hinweis auf Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Dienstvereinbarungen oder AVR betrifft die folgenden Pflichtangaben. Arbeitgeber, die solche kollektiven Regelungen nicht anwenden, sollten darauf achten, dass sie ihre Mitarbeiter durch schriftliche Arbeitsverträge oder durch schriftliche Arbeitsnachweise ausreichend über folgende Themen informiert haben:
- Probezeit (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.6 NachwG - neue Fassung)
- Lohn und Gehalt, Zuschläge, Zulagen, Prämien, Überstundenvergütung usw. (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.7 NachwG - neue Fassung)
- Arbeitszeit, Pausen, Schichten (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.8 NachwG - neue Fassung)
- Überstunden-Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.10 NachwG - neue Fassung)
- Urlaub (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.11 NachwG - neue Fassung)
- Fortbildungsanspruch (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.12 NachwG - neue Fassung)
- Betriebsrententräger (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.13 NachwG - neue Fassung)
- Vertragsbeendigung (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.14 NachwG - neue Fassung)
Wie kann ein Arbeitsnachweis zum Thema Vertragsbeendigung formuliert werden?
Etwas "speziell" ist auch die neue Vorgabe gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.14 NachwG - neue Fassung. Danach müssen Arbeitgeber im Arbeitsnachweis den Arbeitnehmer schriftlich informieren über
"das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage".
Hier hilft die gesetzliche Möglichkeit eines Verweises auf Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und AVR nicht weiter. Denn in solchen Regelungen wird die gesetzliche Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage (§ 4 Kündigungsschutzgesetz - KSchG) bislang nicht erwähnt.
Immerhin grenzt das Gesetz durch das Wort "mindestens" die Pflichtangaben wieder weitgehend ein. Arbeitsnachweise müssen daher keine seitenlange "Kurzfassung des deutschen Kündigungsrechts" enthalten.
Eine arbeitsvertragliche Klausel, die auch als Arbeitsnachweis zum Thema Vertragsbeendigung (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.14 NachwG - neue Fassung) verwendet werden kann, könnte z.B. lauten:
"Probezeit, Kündigungsfristen, Verfahren bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses
(1) Die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Parteien mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
(2) Nach Ablauf der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Die vom Arbeitgeber zu beachtende Kündigungsfrist verlängert sich in Abhängigkeit von der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemäß § 622 Abs.2 BGB. Es wird vereinbart, dass die gemäß § 622 Abs.2 BGB zugunsten des Arbeitnehmers verlängerte Kündigungsfrist auch von ihm zu beachten ist, d.h. bei einer von ihm erklärten ordentlichen Kündigung.
(3) Eine Kündigung muss schriftlich erklärt werden.
(4) Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass eine vom Arbeitgeber erklärte Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle einer vom Arbeitgeber erklärten Änderungskündigung ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab."
Wie lange Zeit haben Arbeitgeber für die Ausfertigung eines Arbeitsnachweises?
Nach der bis zur Reform des NachwG 2022 geltenden Rechtslage haben Arbeitgeber einen Monat Zeit, um Arbeitnehmern nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses einen Arbeitsnachweis auszuhändigen, vgl. § 1 Abs.1 Satz 1 NachwG.
Die Neuregelung 2022 bringt auch hier eine Verschärfung. Arbeitsnachweise müssen jetzt schneller ausgefertigt werden. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen verschiedenen Pflichtinhalten des Arbeitsnachweises, für die verschieden lange Fristen gelten.
Ein Arbeitsnachweis muss bereits am ersten Tag der Arbeitsleistung mit den folgenden Mindestinformationen erteilt werden:
- Name und die Anschrift der Vertragsparteien (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.1 NachwG - neue Fassung)
- Lohn und Gehalt, Zuschläge, Zulagen, Prämien, Überstundenvergütung usw. (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.7 - neue Fassung)
- Arbeitszeit, Pausen, Schichten (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.8 NachwG - neue Fassung)
Ein Arbeitsnachweis muss am siebten Kalendergag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses mit den folgenden weiteren Informationen erteilt werden:
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.2 NachwG - neue Fassung)
- bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.3 NachwG - neue Fassung)
- der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.4 NachwG - neue Fassung)
- eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.5 NachwG - neue Fassung)
- sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.6 NachwG - neue Fassung)
- bei Abrufarbeit die in § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.9 NachwG - neue Fassung genannten Angaben
- eine Überstunden-Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers, falls vereinbart (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.10 NachwG - neue Fassung)
Ein Arbeitsnachweis muss wie bisher spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses mit den folgenden weiteren Informationen erteilt werden:
- Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.11 NachwG - neue Fassung)
- Etwaiger Fortbildungsanspruch (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.12 NachwG - neue Fassung)
- Betriebsrententräger (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.13 NachwG - neue Fassung)
- Verfahren bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.14 NachwG - neue Fassung)
- Anwendung von Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen oder Arbeitsvertragsrichtlinien (§ 2 Abs.1 Satz 2 Nr.15 NachwG - neue Fassung)
TIPP: Arbeitgeber sollten sich mit diesen umständlichen gesetzlichen Fristenregelungen nicht weiter befassen und ihre Arbeitsverträge generell schriftlich festhalten, d.h. mit schriftlichen Arbeitsverträgen arbeiten. Die schriftlichen Arbeitsverträge sollten Angaben zu allen gemäß § 2 NachwG nachweispflichtigen Arbeitsbedingungen enthalten. Sie sollten von beiden Parteien unterzeichnet werden, und zwar spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung vor Arbeitsbeginn .
Welche Folgen kann ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz (NachwG) haben?
Verstöße gegen das NachwG sind eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 2.000,00 EUR geahndet werden kann.
Für Arbeitgeber kann auch zivil- bzw. arbeitsrechtlich nachteilig sein, keinen oder einen nur unvollständigen Arbeitsnachweis zu erteilen. Wenn z.B. in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag Ausschlussfristen enthalten sind, kann die Berufung des Arbeitgebers auf diese Ausschlussfristen daran scheitern, dass er es unterlassen hat, in einem schriftlichen Arbeitsnachweis auf die Geltung dieses Tarifvertrags hinzuweisen.
In diesem Sinne haben das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Urteil vom 17.05.2001, 5 (3) Sa 45/01, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 01/05 Tarifliche Ausschlussfristen und Arbeitsnachweis) und das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden (Urteil vom 17.04.2002, 5 AZR 89/01, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 02/02 Tarifliche Ausschlussfrist und Arbeitsnachweis).
Wo finden Sie mehr zum Thema Arbeitsnachweis?
Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Arbeitsnachweis interessieren könnten, finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Ausschlussklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Empfangsbestätigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfristen
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Übersicht Handbuch Arbeitsrecht
- Musterschreiben: Arbeitsnachweis
- Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union
- Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 pp., Gesetzentwurf der Bundesregierung, vom 02.05.2022, Bundestag Drucks. 20/1636
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema Arbeitsnachweis finden Sie hier:
- Arbeitsrecht aktuell: 20/063 Ausschlussfristen in Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) gekippt
- Arbeitsrecht aktuell: 19/130 Neue EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/224 Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/137 Betriebsübliche Arbeitszeit muss eingehalten werden
- Arbeitsrecht aktuell: 10/106 Beweiserleichterung bei Lohnnotbedarf
- Arbeitsrecht aktuell: 02/02 Tarifliche Ausschlussfrist und Arbeitsnachweis
- Arbeitsrecht aktuell: 01/05 Tarifliche Ausschlussfristen und Arbeitsnachweis
Letzte Überarbeitung: 18. Juni 2022
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