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Ausschlussfristen in Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) gekippt
19.05.2020. Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) kirchlicher Arbeitgeber enthalten ähnliche Vorschriften wie Tarifverträge, z.B. über Lohngruppen, Stundenlöhne und Urlaubstage. Sie sind aber keine Tarifverträge.
Denn Tarifverträge werden von freien und mächtigen Gewerkschaften ausgehandelt, so dass sie von vielen Gesetzen als fairer Kompromiss zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen angesehen werden. Demgegenüber werden AVR von kircheninternen Arbeitsvertragskommissionen beschlossen, so dass sie rechtlich "nur" als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) kirchlicher Arbeitgeber gelten.
Arbeitgeber, die Tarifverträge anwenden, haben es daher manchmal leichter als kirchliche Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer gemäß AVR beschäftigen, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom Herbst 2019 zeigt: BAG, Urteil vom 30.10.2019, 6 AZR 465/18.
- Genügt der Verweis auf AVR im Arbeitsvertrag als Nachweis für Ausschlussfristen, die in den AVR enthalten sind?
- Im Streit: Höhergruppierung eines katholischen Kirchendieners
- BAG: Kirchliche Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmer über AVR-Ausschlussfristen durch einen schriftlichen Arbeitsnachweis im Volltext informieren
Genügt der Verweis auf AVR im Arbeitsvertrag als Nachweis für Ausschlussfristen, die in den AVR enthalten sind?
Tarifanwendende Arbeitgeber können ihre Pflicht zum schriftlichen Nachweis der Geltung vieler wichtiger Vertragsbedingungen gemäß § 2 Abs.1 Nachweisgesetz (NachwG) durch eine pauschale Bezugnahme auf die für sie geltenden Tarifverträge erfüllen.
Denn gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.10 NachwG erstreckt sich die Nachweispflicht auch auf Tarifverträge. Und mit dem schriftlichen Nachweis der geltenden Tarifverträge, z.B. durch eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, erfüllen Arbeitgeber zugleich ihre Pflicht zum Nachweis von Ausschlussfristen, die in den Tarifverträgen enthalten sind, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) schon vor langer Zeit entschieden hat (BAG, Urteil vom 23.01.2002, 4 AZR 56/01, Leitsatz 1).
Das versteht sich nicht von selbst, denn Ausschlussfristen gehören zu den „wesentlichen Vertragsbedingungen“ im Sinne von § 2 Abs.1 Satz 1 NachwG (BAG, Urteil vom 23.01.2002, 4 AZR 56/01, Rn.32, 38). Sie sehen vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer (meist recht kurzen) Frist gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden müssen und bei Fristversäumung ersatzlos untergehen.
Arbeitsvertragliche Verweise auf AVR haben in diesem Punkt nicht denselben Effekt wie Verweise auf Tarifverträge: BAG, Urteil vom 30.10.2019, 6 AZR 465/18.
Im Streit: Höhergruppierung eines katholischen Kirchendieners
Ein Kirchendiener ("Küster"), der bei einer katholischen Gemeinde in Düsseldorf beschäftigt war, klagte nach seiner Berentung auf angebliche Lohnrückstände für 13 Jahre. Denn sein Ex-Arbeitgeber hatte ihn, so der Küster, jahrelang in eine zu niedrige Vergütungsgruppe eingruppiert.
Sein Arbeitsvertrag von 1996 enthielt eine Bezugnahme auf die kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) in ihrer jeweiligen Gestalt. In der KAVO wiederum war eine sechsmonatige Ausschlussfrist enthalten. Sie hatte der Küster für die streitige Zeit (Juli 2002 bis April 2015) nicht eingehalten, da er seine Forderung nach einer Gehaltsnachzahlung erstmals im Dezember 2015 erhoben hatte.
Der Arbeitgeber berief sich auf die AVR-Ausschlussfrist. Der Küster argumentierte, dass ihm die Frist weder im Arbeitsvertrag noch in einem anderen schriftlichen Arbeitsnachweis mitgeteilt worden war.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 12.01.2017, 10 Ca 4540/16) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf wiesen die Klage ab (Urteil vom 10.04.2018, 3 Sa 144/17).
BAG: Kirchliche Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmer über AVR-Ausschlussfristen durch einen schriftlichen Arbeitsnachweis im Volltext informieren
Das BAG entschied gegen den Arbeitgeber. Denn AVR sind keine Tarifverträge, sondern AGB. Nur die Vorschriften des NachwG, in denen neben Tarifverträgen ausdrücklich von „ähnlichen Regelungen“ die Rede ist, gelten auch für AVR, so das BAG.
Kirchliche Arbeitgeber können ihre Arbeitsnachweise dadurch gemäß § 2 Abs.3 Satz 1 NachwG vereinfachen, indem sie bei den in § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.6 bis 9 NachwG genannten Vertragsbedingungen auf die AVR verweisen, d.h. bei Löhnen, Arbeitszeiten, Urlaubsansprüchen und Kündigungsfristen. Für Ausschlussfristen besteht diese Möglichkeit allerdings nicht. Denn Ausschlussfristen werden in § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.6 bis 9 NachwG nicht genannt.
Auch § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.10 NachwG hilft kirchliche Arbeitgebern nicht, denn hier ist nur von Tarifverträgen, aber eben nicht von „ähnlichen Regelungen“ (= AVR) die Rede. Die BAG-Rechtsprechung, der zufolge tarifliche Ausschlussfristen gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.10 NachwG durch einen Hinweis auf die Tarifverträge nachgewiesen werden können, kann nicht auf kirchliche Arbeitgeber bzw. auf AVR übertragen werden, so das BAG.
Fazit: Kirchliche Arbeitgeber müssen AVR-Ausschlussfristen dem Arbeitnehmer gegenüber im Volltext nachweisen.
Gibt der (schriftliche) Arbeitsvertrag oder ein ergänzender schriftlicher Arbeitsnachweis die AVR-Ausschlussregelungen nicht wörtlich wieder, ist sie zwar Vertragsbestandteil geworden, falls im Arbeitsvertrag auf die AVR verwiesen wird. Davon kann sich der Arbeitgeber aber "nichts kaufen", denn im Ergebnis müssen die Arbeitnehmer die Frist nicht einhalten. Sie haben nämlich einen Schadensersatzanspruch, da sie infolge der Verletzung der Nachweispflicht durch den Arbeitgeber einen Schaden erlitten haben (§ 280 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Infolge des Schadensersatzanspruchs sind sie so zu stellen, wie sie stünden, wenn die Ausschlussfrist korrekt nachgewiesen worden wäre.
Für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei kirchlichen Einrichtungen beschäftigt sind, gelten daher im Ergebnis keine Ausschlussfristen. Das betrifft Einrichtungen der Caritas ebenso wie Einrichtungen der Diakonie. Kirchliche Arbeitgeber können diese Rechtslage ändern, ohne dafür auf das Einverständnis ihrer Arbeitgeber angewiesen zu sein. Ein ergänzender schriftlicher Arbeitsnachweis genügt, d.h. die schriftliche Information darüber, dass AVR-Ausschlussfristen gelten und einen bestimmten (wörtlichen) Inhalt haben.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.10.2019, 6 AZR 465/18
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.10.2019, 6 AZR 465/18 (Pressemeldung des Gerichts)
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.04.2018, 3 Sa 144/17
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsnachweis
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR)
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Eingruppierung
- Handbuch Arbeitsrecht: Haftung des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnrückstand - Arbeitgeberpflichten
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnrückstand - Arbeitnehmerrechte
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Zahlungsverzug des Arbeitgebers
- Update Arbeitsrecht 04|2019 vom 13.11.2019, BAG: Kirchliche Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmer im Volltext über AVR-Ausschlussfristen informieren
- Arbeitsrecht aktuell: 20/109 Klage gegen Versetzung und Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 20/057 Betriebsvereinbarungen können arbeitsvertragliche Verweise auf AVR nicht beseitigen
- Arbeitsrecht aktuell: 19/049 BAG setzt Chefarzt-Urteil des EuGH um
- Arbeitsrecht aktuell: 18/232 Ausschlussklauseln ohne Mindestlohn-Ausnahme sind unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 18/127 Arbeitsvertragsrichtlinien sind nicht zwingend
- Arbeitsrecht aktuell: 16/254 Neuregelung zur Schriftform bei Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 15/141 Reform der Grundordnung für den kirchlichen Dienst
- Arbeitsrecht aktuell: 10/106 Beweiserleichterung bei Lohnnotbedarf
- Arbeitsrecht aktuell: 02/02 Tarifliche Ausschlussfrist und Arbeitsnachweis
Letzte Überarbeitung: 16. November 2021
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