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Wettbewerbsverbot
Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu der Frage, ob der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Konkurrenz machen darf, welche Art von Wettbewerb er unterlassen muss und mit welchen rechtlichen Sanktionen er bei verbotenem Wettbewerb rechnen muss.
Außerdem finden Sie Hinweise dazu, was ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, wann es nichtig ist und wann nur unverbindlich und wie die vom Arbeitnehmer bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu beanspruchende Karenzentschädigung zu berechnen ist.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Darf man seinem Arbeitgeber Konkurrenz machen?
- Welche Art von Wettbewerb muss der Arbeitnehmer unterlassen?
- Wann liegt ein verbotenes Geschäft im Geschäftszweig des Arbeitgebers vor?
- Was kann dem Arbeitnehmer bei verbotenem Wettbewerb passieren?
- Was ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot?
- Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nichtig?
- Liegt in dem vertraglichen Verweis auf §§ 74 ff. HGB die Vereinbarung einer Karenzentschädigung?
- Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unverbindlich?
- Wie ist die Karenzentschädigung zu berechnen?
- Unter welchen Voraussetzungen kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gelöst werden?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Wettbewerbsverbot?
- Was können wir für Sie tun?
Darf man seinem Arbeitgeber Konkurrenz machen?
Als Arbeitnehmer ist man seinem Arbeitgeber nach der Rechtsprechung in einem gewissen Maß zu "Treue" bzw. zu Loyalität verpflichtet. Der Arbeitgeber kann daher von seinem Arbeitnehmer verlangen, daß er Wettbewerb unterlässt.
Gesetzlich geregelt ist dieser Rechtsgrundsatz nur für kaufmännische Angestellte, die im Handelsgesetzbuch (HGB) etwas altertümlich "Handlungsgehilfen" heißen. § 60 HGB lautet:
"§ 60 [Gesetzliches Wettbewerbsverbot]
(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.
(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart."
Welche Art von Wettbewerb muss der Arbeitnehmer unterlassen?
§ 60 Abs.1 HGB verbietet zwei Dinge, nämlich
- den Betrieb irgendeines Handelsgewerbes ohne Einwilligung des "Prinzipals" bzw. des Arbeitgebers, und
- Geschäfte in dem Handelszweige des Arbeitgebers; hier kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer ein regelrechtes Handelsgewerbe betreibt oder nur hin und wieder einmal tätig ist.
Nach der Rechtsprechung ist das zuerst genannte Verbot wegen zu weitgehender Einschränkung der Berufsfreiheit des kaufmännischen Angestellten (Art.12 Grundgesetz - GG) verfassungswidrig und damit nichtig.
Daher darf ein kaufmännischer Angestellter, wenn sein Arbeitgeber z.B. Automobile verkauft, auch ohne dessen Einwilligung im Nebenberuf gewerblich mit Espressomaschinen, Kuckucksuhren, Rheumadecken etc. handeln - nur eben nicht mit Automobilen.
§ 60 Abs.1 HGB verbietet daher im Ergebnis nur, dass kaufmännische Angestellte ohne Einwilligung des Arbeitgebers in dessen Handelszweig Geschäfte machen.
Dieses gesetzliche Verbot (§ 60 Abs.1 HGB) betrifft zwar nur kaufmännische Angestellte. Für alle anderen Arbeitnehmer gilt jedoch dasselbe, nur dass man das Verbot, im Geschäftszweig des Arbeitgebers Geschäfte zu machen, hier nicht aus § 60 HGB herleitet, sondern aus dem allgemeinen Prinzip von "Treu und Glauben" (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB).
Im Ergebnis kann man daher festhalten: Alle Arbeitnehmer (kaufmännische und andere) dürfen ohne Einwilligung ihres Arbeitgebers in dessen Geschäftszweig keine Geschäfte machen.
Wann liegt ein verbotenes Geschäft im Geschäftszweig des Arbeitgebers vor?
Verbotene Konkurrenzgeschäfte, d.h. Geschäfte in dem Geschäftszweig des Arbeitgebers, sind z.B.:
- die Beteiligung am Handelsgewerbe eines Konkurrenten des Arbeitgebers, falls diese Beteiligung mit einem maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftsführung oder mit einer nennenswerten Verbesserung der finanziellen Möglichkeiten des Konkurrenten verbunden ist
- die Gewährung von (nicht unerheblichen) Darlehen an einen Konkurrenten des Arbeitgebers
- das Abwerben von Kunden oder von potentiellen Kunden des Arbeitgebers
- das Abwerben von Arbeitnehmern des Arbeitgebers zum Aufbau eines Konkurrenzunternehmens
Diese Fälle von verbotenen Konkurrenzgeschäften zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen spekulativen, auf Erzielung von Unternehmergewinn gerichteten Charakter haben. Dies ist z.B. bei reinen Buchführungs-, Schreib- oder Verpackungsarbeiten für Konkurrenten des Arbeitgebers nicht der Fall. Auch solche Tätigkeiten kommen dem Konkurrenten des Arbeitgebers zwar zugute, doch haben sie keinen spekulativen, unternehmerischen Charakter.
Erlaubt ist natürlich auch eine geringfügige Beteiligung an einem Unternehmen, das dem Arbeitgeber Konkurrenz macht. Daher stellt es keine verbotene Konkurrenz dar, wenn z.B. ein Arbeitnehmer der Daimler AG einige BMW-Aktien oder einige Aktien eines anderen Autoherstellers besitzt. Solange sich solche Beteiligungen im Rahmen der Geldanlage von Kleinsparern bzw. von Verbrauchern bewegen, sind sie arbeitsrechtlich erlaubt.
Was kann dem Arbeitnehmer bei verbotenem Wettbewerb passieren?
Im Falle verbotener Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer abmahnen oder auch - in gravierenden Fällen - ordentlich aus verhaltensbedingten Gründen oder sogar außerordentlich kündigen. Will der Arbeitgeber am Arbeitsvertrag festhalten, kann er vom Arbeitnehmer verlangen, dass dieser die Konkurrenztätigkeit unterlässt.
Weiterhin hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf Schadenersatz. Als zu ersetzenden Schaden kann er den Gewinn verlangen, der ihm durch die Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers entstanden ist. Dafür muß er allerdings nachweisen, dass er selbst die seinem Arbeitnehmer verbotenen Geschäfte abgeschlossen hätte.
Ist der Arbeitnehmer, der verbotene Konkurrenzgeschäfte macht, ein kaufmännischer Angestellter ("Handlungsgehilfe"), kann der Arbeitgeber statt Schadenersatz auch verlangen, dass der Angestellte den mit der Konkurrenztätigkeit erzielten Gewinn herausgibt. Dieses Recht folgt aus § 61 Abs.1 HGB. Diese Vorschrift lautet:
"§ 61 [Verletzung des Wettbewerbsverbots]
(1) Verletzt der Handlungsgehilfe die ihm nach § 60 obliegende Verpflichtung, so kann der Prinzipal Schadenersatz fordern; er kann statt dessen verlangen, daß der Handlungsgehilfe die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Prinzipals eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete.
(2) Die Ansprüche verjähren in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Prinzipal Kenntnis von dem Abschlusse des Geschäfts erlangt; sie verjähren ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in fünf Jahren von dem Abschlusse des Geschäfts an."
Was ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot?
Unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet die Pflicht des Arbeitnehmers, seinem - ehemaligen - Arbeitgeber keine Konkurrenz zu machen. Der Arbeitnehmer kann also am ersten Tag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses mit Konkurrenzgeschäften "loslegen".
Um dies zu verhindern, sehen Arbeitsverträge oder gesonderte Vereinbarungen nicht selten sog. nachvertragliche Wettbewerbsverbote vor. Solche Vereinbarungen können etwa so lauten:
"(1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich dazu, für die Dauer von zwölf Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder direkt noch indirekt in Deutschland als Arbeitnehmer, Alleineigentümer, Partner, Anteilseigner oder in sonstiger Funktion in einem Unternehmen, das mit dem Arbeitgeber konkurriert oder konkurrieren könnte, tätig zu sein.
(2) Ferner bemüht sich der Arbeitnehmer für die Dauer von zwölf Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht um Geschäfte mit Einzelpersonen oder Gesellschaften, die während der Dauer des Arbeitsverhältnisses Kunden des Arbeitgebers waren, soweit diese Geschäfte den vom Arbeitgeber mit diesen Personen getätigten Geschäften ähnlich sind.
(3) Der Arbeitnehmer erhält für jeden Monat der Dauer des Wettbewerbsverbotes als Karenzentschädigung 50 Prozent der zuletzt bezogenen Gesamtvergütung."
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist also eine vertragliche Vereinbarung, mit der sich der Arbeitgeber das Unterlassen von Wettbewerb für eine bestimmte Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses "erkauft".
Da die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes praktisch immer vom Arbeitgeber ausgeht, steht dahinter das Kalkül des Arbeitgebers, dass das Unterlassen von Konkurrenz durch seinen Arbeitnehmer für ihn günstiger ist als die damit einhergehende finanzielle Belastung durch die Karenzentschädigung.
Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nichtig?
Ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nichtig, dann hat es überhaupt keine rechtlichen Wirkungen, d.h. es ist rechtlich nicht vorhanden. Nichtig ist ein Wettbewerbsverbot insbesondere dann,
- wenn es nicht schriftlich vereinbart wurde (denn § 74 Abs.1 HGB verlangt die Schriftform), wenn
- wenn überhaupt keine Vereinbarung über eine Karenzentschädigung getroffen wurde, oder
- wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch keine 18 Jahre alt war, d.h. minderjährig (§ 74a Abs.2 Satz 1 HGB).
Liegt in dem vertraglichen Verweis auf §§ 74 ff. HGB die Vereinbarung einer Karenzentschädigung?
Mit Urteil vom 28.06.2006 (10 AZR 407/05) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, daß die in Wettbewerbsverboten oft anzutreffenden pauschalen Verweise auf die §§ 74 ff. HGB als ausreichend bestimmte Vereinbarung einer Karenzentschädigung anzusehen sind. Solche Vertragsklauseln lauten z.B. so:
"Im übrigen gelten die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB."
Ein solcher Verweis soll laut BAG als Vereinbarung einer Karenzentschädigung in bestimmter Höhe, nämlich in Höhe des gesetzlichen Minimums anzusehen sein, d.h. in Höhe der Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung (wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell: 06/07 Wirksames Wettbewerbsverbot bei pauschalem Verweis auf HGB).
Diese Entscheidung führt dazu, dass viele Wettbewerbsvereinbarungen, die bislang mangels einer Vereinbarung über eine Karenzentschädigung als nichtig anzusehen waren, künftig als verbindlich betrachtet werden müssen. Das hat für beide Vertragspartner erhebliche Auswirkungen. Arbeitnehmer müssen das Wettbewerbsverbot beachten, und Arbeitgeber sind mit erheblichen, aus der Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung folgenden finanziellen Pflichten belastet.
Diese Rechtsfolgen (wirksame Vereinbarung einer Karenzentschädigung und damit eines Wettbewerbsverbots) hat ein pauschaler Verweis auf die §§ 74 ff. HGB auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis schon während der Probezeit beendet wird.
Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unverbindlich?
Wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur "unverbindlich" ist, hat der Arbeitnehmer die Wahl, ob er er sich an das Verbot halten und dafür die Karenzentschädigung kassieren möchte oder ob er lieber frei sein möchte, seinem ehemaligen Arbeitgeber Konkurrenz machen zu dürfen.
Unverbindlich ist ein Wettbewerbsverbot z.B. in folgenden Fällen:
- Es ist eine Karenzentschädigung vereinbart, aber sie ist zu gering, d.h. sie beträgt nicht mindestens 50 Prozent des zuletzt bezogenen Gehaltes bzw. Lohnes des Arbeitnehmers (§ 74 Abs.2 HGB).
- Das Wettbewerbsverbot soll länger als die maximal zulässige Zeit von zwei Jahren gelten (§ 74a Abs.1 Satz 3 HGB).
- Das Wettbewerbsverbot dient keinem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers (§ 74a Abs.1 Satz 1 HGB).
- Das Wettbewerbsverbot führt zu einer unangemessenen Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Arbeitnehmers (§ 74a Abs.1 Satz 2 HGB).
In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer rechtlich die Wahl,
- ob er das (unverbindliche) Wettbewerbsverbotes einhalten will (dann kann er die Karenzentschädigung beanspruchen, muss aber Wettbewerbshandlungen unterlassen), oder
- ob er sich an das (unverbindliche) Wettbewerbsverbot nicht halten will (dann kann er keine Karenzentschädigung beanspruchen, ist aber beruflich ungebunden, d.h. kann zum Wettbewerber gehen oder selbst Wettbewerb machen).
Dieses Wahlrecht muss der Arbeitnehmer zu Beginn der Karenzzeit ausüben, d.h. er muss sich entscheiden, ob er das Verbot beachten will oder nicht. Allerdings muss er dem Arbeitgeber diese Entscheidung nicht unmittelbar bei Ausscheiden und unaufgefordert mitteilen.
BEISPIEL: In der Wettbewerbsvereinbarung steht, dass die Karenzentschädigung eines angestellten Autoverkäufers "50 Prozent es zuletzt bezogenen Grundgehaltes unter Ausschluss von Provisionen und des Wertes der Dienstwagenberechtigung" betragen soll. Die Entschädigung liegt unterhalb des gesetzlichen Minimums, so dass das Wettbewerbsverbot unverbindlich ist (§ 74 Abs.2 HGB). Der Angestellte kündigt und eröffnet ein Restaurant. Zwei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fordert er den Arbeitgeber auf, ihm für die vergangenen beiden Monate die vereinbarte Karenzentschädigung zu zahlen. Hier hat sich der Angestellte durch die Eröffnung des Restaurants für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots entschieden, denn mit dieser Berufstätigkeit macht er seinem Ex-Arbeitgeber offenbar keine Konkurrenz.
Wie ist die Karenzentschädigung zu berechnen?
In die Berechnung gehen alle Vergütungsbestandteile ein, die der Arbeitnehmer zuletzt bezogen hat.
Dazu gehören auch Sachleistungen wie die private Nutzungsmöglichkeit eines Dienstwagens sowie sämtliche variablen Vergütungsbestandteile.
Variable Leistungen wie insbesondere Provisionen sind gemäß § 74b Abs.2 HGB bei der Berechnung der Karenzentschädigung nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre in Ansatz zu bringen. Hat die arbeitsvertragliche Vereinbarung über die Provision bzw. sonstige variable Vergütung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht drei Jahre bestanden, so ist der Durchschnitt in dem Zeitraum maßgeblich, in dem arbeitsvertragliche Regelung in Kraft war.
Bei der Berechnung der Karenzentschädigung gilt gemäß § 74c HGB, dass sich der Arbeitnehmer anderweitigen Verdienst anrechnen lassen muss. Einkünfte, die er während der Dauer des Wettbewerbsverbotes durch ein anderes Arbeitsverhältnis oder durch selbständige Tätigkeit erzielt, mindern also die Karenzentschädigung.
Allerdings wird ein anderweitiger Verdienst nicht etwa, wie das z.B. beim Annahmeverzugslohn gemäß § 615 BGB der Fall ist, einfach "eins zu eins" von der Karenzentschädigung abgezogen. Vielmehr werden der anzurechnende anderweitige Verdienst und die Karenzentschädigung zusammengerechnet und dann geprüft, ob beides zusammen mehr als 110 Prozent der zuletzt bezogenen Vergütung ausmacht. Erst wenn das der Fall ist, wird die Karenzentschädigung gemindert.
BEISPIEL: Der Arbeitnehmer hat zuletzt einschließlich variabler Gehaltsbestandteile und unter Einbeziehung der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Dienstwagens 8.000,00 EUR brutto pro Monat verdient. Die Karenzentschädigung soll vereinbarungsgemäß in gesetzlicher Mindesthöhe gezahlt werden und beträgt daher 4.000,00 EUR monatlich. Während der Dauer des Wettbewerbsverbots verdient der Arbeitnehmer im Rahmen eines neuen Arbeitsverhältnisses 5.000,00 EUR brutto pro Monat. Demzufolge beträgt die Summe von Karenzentschädigung und anderweitigem Verdienst 9.000,00 EUR pro Monat. Dieser Betrag liegt um 200,00 EUR über dem maßgeblichen Grenzwert von 110 Prozent der zuletzt bezogenen monatlichen Vergütung (= 8.800,00 EUR), so dass die monatliche Karenzentschädigung um 200,00 EUR zu kürzen ist und daher 3.800,00 EUR pro Monat beträgt (und zwar ohne Abzüge von Sozialabgaben, denn Karenzentschädigungen sind kein Entgelt im Sinne der Sozialversicherung bzw. im Sinne von § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV).
Wie dieses Beispiel deutlich macht, kann man sich auf der Grundlage einer Karenzentschädigung finanziell besser stehen als beim Ex-Arbeitgeber, da man insgesamt 110 Prozent der zuletzt bezogenen Vergütung verdienen kann. Das ist korrekt, denn die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots und die damit verbundene Pflicht zur Karenzentschädigung ist keine soziale Überbrückungsmaßnahme zugunsten des Arbeitnehmers. Vielmehr erkauft sich der Arbeitgeber damit den Verzicht auf Wettbewerb, und das hat eben seinen Preis.
Ist der Arbeitnehmer aufgrund des Wettbewerbsverbots gezwungen, seinen Wohnsitz zu verlegen, so tritt an die Stelle des Schwellenwertes von 110 Prozent der zuletzt bezogenen Vergütung ein erhöhter Schwellenwert von 125 Prozent der zuletzt bezogenen Vergütung (§ 74 c Abs. 1 Satz 2 HGB)..
Unter welchen Voraussetzungen kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gelöst werden?
Der Normalfall, für den ein Wettbewerbsverbot abgeschlossen wird, ist die ordentliche Eigenkündigung des Arbeitnehmers, der sich beruflich verändern möchte. In einem solchen Fall gilt das Wettbewerbsverbot für beide Parteien, es sei denn, bei seiner Formulierung wurden Fehler gemacht, die zur Nichtigkeit oder Unverbindlichkeit führen (s. oben).
In allen anderen Fällen der Vertragsbeendigung muss geprüft werden, ob das Wettbewerbsverbot Bestand hat oder nicht.
Kündigt der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag aus wichtigem Grunde wegen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers, dann wird das vereinbarte Wettbewerbsverbot unverbindlich, d.h. der Arbeitnehmer hat die Wahl zwischen einer Beachtung des Verbots (gegen Zahlung der Karenz) und seiner Nichtbeachtung. Wählt er die Nichtbeachtung, wird das Wettbewerbsverbot unwirksam. Dies folgt aus § 75 Abs.1 HGB.
Ein solches Wahlrecht hat der Arbeitnehmer im allgemeinen auch immer dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag ordentlich kündigt. Auch dann wird das Wettbewerbsverbot unverbindlichmit der Folge einer Wahlmöglichkeit des Arbeitnehmers. Dies ergibt sich aus § 75 Abs.2 Satz 1, 1. Halbsatz HGB. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen (z.B.: unbefriedigende Leistungen), ordentlich kündigt. In einem solchen Fall bleibt das Wettbewerbsverbot für beide Seiten wirksam.
Kündigt der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag dagegen aus wichtigem Grunde wegen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers, dann hat nach der Rechtsprechung er - und nicht der Arbeitnehmer - die Wahl zwischen der Beachtung und Nichtbeachtung des Wettbewerbsverbots.
Eine Sonderregelung enthält § 75a HGB. Diese Vorschrift lautet:
"§ 75a [Verzicht des Prinzipals auf das Wettbewerbsverbot]
Der Prinzipal kann vor der Beendigung des Dienstverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot mit der Wirkung verzichten, daß er mit dem Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird."
Der einseitige Verzicht auf das Wettbewerbsverbot führt dazu, dass die Unterlassungspflicht sofort wegfällt, der Arbeitnehmer also nicht mehr daran gebunden ist, während der Arbeitgeber noch bis zum Ablauf eines Jahres nach der Erklärung die Karenzentschädigung zahlen muss. Das ist aus Arbeitgebersicht nur sinnvoll, wenn das Arbeitsverhältnis voraussichtlich noch einige Zeit Bestand haben wird. Erklärt der Arbeitgeber dagegen kurz vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Verzicht, dann kann ihm der Arbeitnehmer sofort nach seinem Ausscheiden Konkurrenz machen, während der Arbeitgeber bis zum Ablauf der Jahresfrist zahlungspflichtig ist.
Schließlich können die Parteien des Arbeitsverhältnisses ein vereinbartes Wettbewerbsverbot jederzeit durch einvernehmlich, d.h. zum Beispiel im Rahmen eines Aufhebungsvertrags beseitigen.
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- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
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- Update Arbeitsrecht 02|2021 LAG Berlin-Brandenburg: Einbeziehung variabler Gehaltsbestandteile bei der Berechnung der Karenzentschädigung
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- Arbeitsrecht aktuell: 15/316 Wettbewerbsverbot ohne Gegenleistung
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- Arbeitsrecht aktuell: 10/107 Wettbewerbsverbot trotz unwirksamer Auskunftsklausel
- Arbeitsrecht aktuell: 10/087 Entschädigung bei überschießendem Wettbewerbsverbot
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Letzte Überarbeitung: 9. September 2022
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