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Karenzentschädigung nach Ermessen des Arbeitgebers
29.07.2013. Mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot verpflichtet sich der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Karenzentschädigung dazu, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in Konkurrenz zu seinem (Ex-)Arbeitgeber zu treten.
Beträgt die vereinbarte Karenzentschädigung nicht entsprechend § 74 Abs.2 Handelsgestzbuch (HGB) mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen, ist das Wettbewerbsverbot unverbindlich, so dass der Arbeitnehmer wählen kann, ob er sich daran halten möchte (trotz geringer Entschädigung) oder nicht (dann ist er frei, kriegt aber natürlich kein Geld).
Vereinbaren die Parteien überhaupt keine Karenzentschädigung, ist das Wettbewerbsverbot nichtig, d.h. es hat von vornherein keinerlei Rechtswirkungen.
Fraglich ist, ob ein Wettbewerbsverbot die Höhe der Karenzentschädigung komplett in das Ermessen des Arbeitgebers stellen kann, d.h. ob in diesem Fall eine Vereinbarung über die Karenzentschädigung vorliegt oder nicht. Zu dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen in einer aktuellen Entscheidung geäußert: LAG Niedersachsen, Urteil vom 09.01.2013, 16 Sa 563/12.
- Liegt eine Vereinbarung einer Karenzentschädigung vor, wenn deren Höhe in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt wird?
- Der Streitfall: Firma verpflichtet sich zur Zahlung einer Entschädigung, die "in ihr Ermessen gestellt" wird
- LAG Niedersachsen: Ein Wettbewerbsverbot, das die Entschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, ist nicht von vornherein nichtig
Liegt eine Vereinbarung einer Karenzentschädigung vor, wenn deren Höhe in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt wird?
Nach der Rechtsprechung ist ein Wettbewerbsverbot nichtig, wenn die Parteien überhaupt keine Vereinbarung über die Karenzentschädigung getroffen haben.
So findet man z.B. oft in Arbeitsverträgen Klauseln, denen zufolge sich der Arbeitnehmer ohne Gegenleistung dazu verpflichtet, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Kunden des (Ex-)Arbeitgebers nicht zu kontaktieren oder mit ihnen Geschäfte zu machen. Solche Klauseln sind nichtig und bringen dem Arbeitgeber rechtlich nichts.
Fraglich ist, was man von einer Vereinbarung halten soll, die den Arbeitgeber zwar zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet, deren Höhe aber seinem Ermessen überlässt. Ist eine solche Klausel als eine Vereinbarung über eine Karenzentschädigung anzusehen oder nicht? Falls nicht, wäre die gesamte Wettbewerbsvereinbarung nichtig.
Der Streitfall: Firma verpflichtet sich zur Zahlung einer Entschädigung, die "in ihr Ermessen gestellt" wird
In dem vom LAG Niedersachsen entschiedenen Fall hatten ein Futtermittelproduzent und ein Exportvertriebsmitarbeiter Streit miteinander. Der Vertriebler hatte im Januar 2008 angefangen, konnte aber die bei seiner Einstellung besprochenen Vertriebszahlen nicht erreichen. Daher wurde er Mitte 2010 gekündigt.
Der Arbeitsvertrag enthielt eine Wettbewerbsvereinbarung. Deren ersten zwei Absätze lauteten:
"Der Mitarbeiter verpflichtet sich, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer von 2 Jahren für kein Konkurrenzunternehmen selbstständig und unselbstständig tätig zu werden.
Die Firma verpflichtet sich, dem Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen, die in ihr Ermessen gestellt wird. Die Karenzentschädigung ist fällig am Ende eines jeden Monats."
Bei Ablauf der Kündigungsfrist teilte der Vertriebler dem Arbeitgeber vorsichtshalber schriftlich mit, dass er sich an das vereinbarte Wettbewerbsverbot halten werde und daher um Zahlung der Karenzentschädigung bitte.
Der (Ex-)Arbeitgeber hielt dem Vertriebler daraufhin vor, er hätte bei der Einstellung über künftige Umsatzzahlen getäuscht, weshalb der Arbeitgeber die Anfechtung des Arbeitsvertrags erklärte (wegen angeblicher arglistiger Täuschung). Das Wettbewerbsverbot sei nichtig, da eine Karenzentschädigung gar nicht vereinbart sei, so der Arbeitgeber. Vorsorglich setzte er die Karenzentschädigung auf 20 Prozent der zuletzt bezogenen Vergütung fest.
Das wollte sich der Ex-Vertriebsmitarbeiter nicht gefallen lassen und zog gegen die Anfechtung des Arbeitsvertrags und die Verweigerung der Karenzentschädigung vor Gericht. Das Arbeitsgericht Oldenburg stellte die Unwirksamkeit der Anfechtung fest und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung von Karenzentschädigung entsprechend den gesetzlichen Regelungen, da es die Ermessensentscheidung des Arbeitgebers (nur 20 Prozent) für unbillig hielt (Arbeitsgericht Oldenburg, Teilurteil vom 20.03.2012, 1 Ca 531/10).
LAG Niedersachsen: Ein Wettbewerbsverbot, das die Entschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, ist nicht von vornherein nichtig
Auch das LAG entschied gegen den Arbeitgeber, da die von ihm erklärte Arglistanfechtung offensichtlich wirkungslos war und den Arbeitsvertrag samt Wettbewerbsabrede daher nicht aus der Welt schaffen konnte.
Außerdem meinte das LAG wie zuvor auch das Arbeitsgericht, dass im Streitfall eine Karenzentschädigung wirksam vereinbart worden war. Dass deren Höhe allein im Ermessen des Arbeitgebers stand, änderte nichts daran, dass ein - notfalls einklagbarer - Anspruch auf Karenzentschädigung bestand.
Denn gemäß § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss der zu einer Ermessensleistung verpflichtete Vertragspartner sein Ermessen korrekt (der "Billigkeit" entsprechend) ausüben und der andere Vertragspartner - hier im Streitfall der Arbeitnehmer - kann die Ermessensausübung gerichtlich überprüfen lassen. Notfalls setzt das Gericht den Umfang der Leistung fest.
Und da sich der Arbeitgeber hier bei seiner Ermessensausübung nicht an der gesetzlichen Mindesthöhe der Karenzentschädigung orientiert hatte, d.h. an § 74 Abs.2 HGB, hielt das LAG sie ohne viel Federlesen für unbillig bzw. unwirksam und segnete die vom Arbeitsgericht vorgenommene gerichtliche Festsetzung entsprechend dem gesetzlichen Minimum ab.
Nicht klar gesagt hat das LAG aber, ob eine Karenzentschädigung nach Ermessen dazu führt, dass die Wettbewerbsvereinbarung unverbindlich ist, d.h. zu einem Wahlrecht des Arbeitnehmers zwischen Befolgung und Nichtbefolgung führt.
Für die Unverbindlichkeit spricht, dass eine solche Klausel ja nicht eindeutig klarstellt, ob der Arbeitnehmer wenigstens das gesetzliche Minimum gemäß § 74 Abs.2 HGB erhalten soll, d.h. die Hälfte seiner zuletzt bezogenen Gesamtvergütung.
Da das Wettbewerbsverbot im vorliegenden Fall ohnehin aufgrund der vom Arbeitgeber offiziell aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung unverbindlich geworden war, und weil der Arbeitnehmer erklärt hatte, sich an das Verbot zu halten, musste das LAG diese Frage nicht entscheiden.
Fazit: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nicht deshalb nichtig, weil die Karenzentschädigung vom Arbeitgeber nach seinem Ermessen festzusetzen ist. Eine solche Vereinbarung führt aber wohl zur Unverbindlichkeit des Verbots, weil nicht klar geregelt ist, dass der Arbeitnehmer die gesetzliche Mindest-Karenzentschädigung erhalten soll.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 09.01.2013, 16 Sa 563/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Wettbewerbsverbot
- Arbeitsrecht aktuell: 17/086 Wettbewerbsverbot ohne Entschädigung, aber mit salvatorischer Klausel?
- Arbeitsrecht aktuell: 15/316 Wettbewerbsverbot ohne Gegenleistung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/133 Wettbewerbsklausel mit unbestimmter Karenzentschädigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/113 Wettbewerbsverbot - Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 06/07 BAG: Karenzabrede auch bei pauschalem Verweis auf HGB
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) über den Fall entschieden und das Urteil des LAG Niedersachsen abgesegnet. Informationen zu dem BAG-Urteil finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.01.2014, 10 AZR 243/13
- Arbeitsrecht aktuell: 14/133 Wettbewerbsklausel mit unbestimmter Karenzentschädigung
Letzte Überarbeitung: 23. März 2017
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