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Wettbewerbsverbot ohne Gegenleistung
11.11.2015. Im Allgemeinen sind arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die dem Arbeitnehmer ein Konkurrenzverbot für die Zeit nach Vertragsbeendigung auferlegen, null und nichtig, falls das Wettbewerbsverbot keine Zusage des Arbeitgebers enthält, dem Arbeitnehmer als Gegenleistung eine Geldentschädigung ("Karenzentschädigung") zu zahlen.
Allerdings bestätigen Ausnahmen bekanntlich die Regel. Eine solche Ausnahme hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einer aktuellen Entscheidung gemacht und den Arbeitgeber zur Zahlung einer Karenzentschädigung verurteilt, obwohl die streitige Wettbewerbsvereinbarung eigentlich nichtig war, weil sie keine Entschädigungszusage beinhaltete. Dafür aber enthielt der Arbeitsvertrag eine sog. salvatorische Klausel: LAG Hamm, Urteil vom 05.06.2015, 10 Sa 67/15.
- Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Zusage einer Karenzentschädigung ausnahmsweise wirksam?
- Der Streitfall: Teilzeitkraft mit 1.200 EUR Gehalt soll Konkurrenz unterlassen - ohne Gegenleistung und bei 10.000 EUR Vertragsstrafe
- LAG Hamm: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung kann wirksam sein, wenn der Vertrag eine salvatorische Klausel enthält
Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Zusage einer Karenzentschädigung ausnahmsweise wirksam?
Nach Beendigung des Arbeitsvertrags kann er Ex-Arbeitnehmer seinem Ex-Arbeitgeber nach Herzenslust Konkurrenz machen, denn schließlich genießen beide ehemaligen Vertragspartner Berufsfreiheit (Art.12 Grundgesetz - GG). Dagegen kann sich der Arbeitgeber durch die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots schützen, was allerdings voraussetzt, dass er in den Geldbeutel greift.
Denn gemäß § 74 Abs.2 Handelsgesetzbuch (HGB) ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur verbindlich, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Dauer der Abstinenz ("Karenz") die Hälfte seiner zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen verspricht bzw. bezahlt. Liegt die vereinbarte Karenzentschädigung unter diesem gesetzlichen Minimum, ist das Verbot unverbindlich, d.h. der Arbeitnehmer kann frei entscheiden, ob er sich trotzdem daran halten will (dann bekommt er allerdings nur die geringe Entschädigung in vereinbarter Höhe) oder nicht (dann kann er Wettbewerb machen, bekommt aber natürlich kein Geld).
Enthält eine Wettbewerbsabrede dagegen gar keine Gegenleistung des Arbeitgebers, d.h. soll der Arbeitnehmer "für null" Wettbewerbshandlungen unterlassen, ist das Wettbewerbsverbot nicht nur unverbindlich, sondern nichtig, d.h. es hat überhaupt keine Rechtswirkungen.
Fraglich ist allerdings, wann Vereinbarungen über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot "gar keine" Entschädigungsregelungen enthalten.
Dazu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahre 2006 entschieden, dass bereits der pauschale Hinweis auf die ergänzende Geltung der §§ 74 ff. HGB als Entschädigungsvereinbarung ausreicht (BAG, Urteil vom 28.06.2006, 10 AZR 407/05, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 06/07 BAG: Karenzabrede auch bei pauschalem Verweis auf HGB). Und auch eine Karenzentschädigung, deren Höhe im Ermessen des Arbeitgebers steht, ist als wirksame finanzielle Zusage anzusehen (BAG, Urteil vom 15.01.2014, 10 AZR 243/13, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/133 Wettbewerbsklausel mit unbestimmter Karenzentschädigung).
Aber genügt es auch, wenn die Wettbewerbsklausel weder eine finanzielle Gegenleistung des Arbeitgebers noch einen Verweis auf die §§ 74 ff. HGB enthält, dafür aber der Arbeitsvertrag eine "salvatorische" Klausel (Heilungsklausel)? Mit einer solchen Klausel vereinbaren die Parteien, dass rechtlich unwirksame vertragliche Vereinbarungen
- nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrags führen sollen (Erhaltungsklausel) und/oder
- durch eine dem Parteiwillen möglichst gut entsprechende wirksame Vereinbarung ersetzt werden soll (Ersetzungsklausel).
Um diese Frage dreht sich die Entscheidung des LAG Hamm.
Der Streitfall: Teilzeitkraft mit 1.200 EUR Gehalt soll Konkurrenz unterlassen - ohne Gegenleistung und bei 10.000 EUR Vertragsstrafe
Im Fall des LAG Hamm war eine Industriekauffrau von 2008 bis Ende 2013 beschäftigt, zuletzt in Teilzeit für 1.209,38 EUR brutto. Ihr Arbeitsvertrag enthielt ein umfassendes, vom Arbeitgeber professionell vorformuliertes Wettbewerbsverbot, das der Kauffrau für die gesetzliche Höchstdauer von zwei Jahren jegliche Konkurrenz verbot. Für jede Zuwiderhandlung sollte sie 10.000,00 EUR Vertragsstrafe zahlen.
Eine Karenzentschädigung war nicht vereinbart, und der Vertrag enthielt auch keinen Verweis darauf, dass "im übrigen" oder "ergänzend" die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB gelten sollten, was ja nach der o.g. Rechtsprechung des BAG zur Folge gehabt hätte, dass die Kauffrau eine Entschädigung in gesetzlicher Mindesthöhe (= Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung, § 74 Abs.2 HGB) hätte verlangen können.
Allerdings enthielt der Arbeitsvertrag im Abspann unter "Nebenbestimmungen" folgende salvatorische Klausel:
"Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages nichtig oder unwirksam sein, so soll dadurch der Vertrag im Übrigen in seinem rechtlichen Bestand nicht berührt werden. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrages gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss dieses Vertrages die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten."
Die Kauffrau machte ihrem Ex-Arbeitgeber ab Anfang 2014 keine Konkurrenz und verlangte dafür Geld, nämlich die Hälfte ihrer zuletzt bezogenen Vergütung bzw. 604,69 EUR pro Monat. Da der Ex-Arbeitgeber nicht zahlte, zog sie vor das Arbeitsgericht Rheine und bekam dort Recht (Arbeitsgericht Rheine, Urteil vom 27.11.2014, 4 Ca 1218/14). Dabei berief sich das Arbeitsgericht auf die o.g. salvatorische Klausel. Der Arbeitgeber legte Berufung zum LAG Hamm ein.
LAG Hamm: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung kann wirksam sein, wenn der Vertrag eine salvatorische Klausel enthält
Auch das LAG Hamm gab der Klägerin Recht und ließ zugleich die Revision zum BAG zu. Zur Begründung beruft sich das LAG wie schon das Arbeitsgericht auf die im Arbeitsvertrag enthaltene salvatorische Klausel.
Zwar kann eine salvatorische Klausel nach Ansicht des LAG nicht in jedem Fall das Fehlen einer Entschädigungsvereinbarung heilen, aber hier im Streitfall war es ausnahmsweise einmal so. Dabei bezieht sich das Gericht auf die Vereinbarung einer extrem hohen Vertragsstrafe von immerhin 10.000,00 EUR, d.h. von mehr als acht Monatsgehältern.
Eine so hohe Vertragsstrafe "lässt darauf schließen, dass die Parteien damit rechneten, dass eine Verletzung des Wettbewerbsverbots zu erheblichen finanziellen Einbußen für die Beklagte führen kann, und dass die Klägerin auf jeden Fall Wettbewerb unterlassen sollte", so das LAG.
Ist aber aufgrund der hohen Vertragsstrafe von einem ernsthaften Willen der Vertragsparteien auszugehen, auf jeden Fall ein rechtlich wirksames Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, beinhaltet dieser "hypothetische Parteiwille" nach Ansicht des Gerichts auch die Zahlung einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Mindesthöhe, d.h. in Höhe eines halben Durchschnittsgehalts.
Fazit: Obwohl der Prozess hier zugunsten der klagenden Ex-Arbeitnehmerin ausgegangen ist, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass das LAG-Urteil zweischneidig ist: Liegt ein verbindliches Wettbewerbsverbot vor, hat sich auch der Arbeitnehmer daran zu halten. Letztlich hätte das, wenn sich der Streitfall anders entwickelt hätte, dazu führen können, dass der Arbeitgeber seiner Ex-Mitarbeiterin eine Tätigkeit beim Wettbewerber hätte untersagen lassen können, und auch die (extrem hohe) Vertragsstrafe hätte dann im Raum gestanden.
Andererseits spricht für die Entscheidung des LAG Hamm, dass viele Wettbewerbsvereinbarungen offenbar bewusst und damit schlitzohrig das Thema Karenzentschädigung mit keiner Silbe erwähnen, wohl in der Hoffnung darauf, dass sich der Arbeitnehmer auch von einem nichtigen Verbot beeindrucken lässt. Solche Vertragsgestaltungen sind unredlich und ein guter Grund für die Gerichte, über eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers ernsthaft nachzudenken.
Ob das Urteil des LAG Hamm richtig ist, muss demnächst das BAG entscheiden, denn mittlerweile hat der Arbeitgeber Revision eingelegt (Aktenzeichen des BAG: 10 AZR 448/15).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 05.06.2015, 10 Sa 67/15
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.01.2014, 10 AZR 243/13
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.06.2006, 10 AZR 407/05
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 09.01.2013, 16 Sa 563/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Wettbewerbsverbot
- Arbeitsrecht aktuell: 14/133 Wettbewerbsklausel mit unbestimmter Karenzentschädigung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/216 Karenzentschädigung nach Ermessen des Arbeitgebers
- Arbeitsrecht aktuell: 12/113 Wettbewerbsverbot - Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 06/07 BAG: Karenzabrede auch bei pauschalem Verweis auf HGB
Hinweis: Zwischenzeitlich hat das BAG zu diesem Fall entschieden. Das Urteil sowie den entsprechenden Artikel finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2017, 10 AZR 448/15 (Pressemeldung des BAG)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2017, 10 AZR 448/15
- Arbeitsrecht aktuell: 17/086 Wettbewerbsverbot ohne Entschädigung, aber mit salvatorischer Klausel?
Letzte Überarbeitung: 2. April 2018
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