HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 13/323

Frist­lo­se Kün­di­gung we­gen Wett­be­werbs

Ei­ne ge­ring­fü­gig aus­ge­üb­te Ne­ben­tä­tig­keit als Rei­ni­gungs­kraft bei ei­nem Wett­be­wer­ber des Ar­beit­ge­bers recht­fer­tigt kei­ne frist­lo­se Kün­di­gung: Lan­des­ar­beits­ge­richt Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 04.09.2013, 4 TaBV 15/13
Rechte Hand mit roter Karte Abend­job beim Kon­kur­ren­ten als Grund für ei­ne frist­lo­se Kün­di­gung?

07.11.2013. Wer sei­nem Ar­beit­ge­ber Wett­be­werb macht, ris­kiert sei­nen Job. Und Kon­kur­renz wäh­rend des be­ste­hen­den Ar­beits­ver­hält­nis­ses ist auch dann ver­bo­ten, wenn da­von nichts im Ar­beits­ver­trag steht.

Bei er­heb­li­chen Ver­stö­ßen ge­gen das Wett­be­werbs­ver­bot kommt ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kün­di­gung, in be­son­ders schwe­ren Fäl­len auch ei­ne au­ßer­or­dent­li­che und frist­lo­se Kün­di­gung in Be­tracht.

In ei­ner ak­tu­el­len Ent­schei­dung muss­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Düs­sel­dorf be­ur­tei­len, ob die frist­lo­se Kün­di­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds we­gen ge­ring­fü­gi­ger Rei­ni­gungs­tä­tig­keit für ein Kon­kur­renz­un­ter­neh­men des Ar­beit­ge­bers zu­läs­sig wä­re. Da der Ar­beit­ge­ber selbst ei­ne Rei­ni­gungs­fir­ma war, war er über die­sen Ne­ben­job nicht amü­siert: LAG Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 04.09.2013, 4 TaBV 15/13.

Recht­fer­tigt ein ge­ringfügi­ger Ne­ben­job bei ei­nem Wett­be­wer­ber des Ar­beit­ge­bers die frist­lo­se Kündi­gung?

Gemäß § 60 Han­dels­ge­setz­buch (HGB) dürfen kaufmänni­sche An­ge­stell­te oh­ne Ein­wil­li­gung ih­res Ar­beit­ge­bers in des­sen Geschäfts­zweig nicht ge­gen Geld tätig wer­den. Die­ses Wett­be­werbs­ver­bot gilt für selbständi­ge Tätig­kei­ten eben­so wie für ei­ne abhängi­ge Beschäfti­gung in ei­nem an­de­ren Ar­beits­verhält­nis. Ob­wohl § 60 Abs.1 HGB nur kaufmänni­sche An­ge­stell­te be­trifft, gilt für al­le an­de­ren Ar­beit­neh­mer nach der Recht­spre­chung das­sel­be.

Ein Ver­s­toß ge­gen die­ses Ver­bot recht­fer­tigt in je­dem Fall ei­ne Ab­mah­nung, in schwe­ren Fällen auch ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung. Für ei­ne außer­or­dent­li­che und frist­lo­se Kündi­gung muss die Ver­let­zung des Kon­kur­renz­ver­bots al­ler­dings schon sehr schwer sein.

An die­ser Stel­le fragt sich, ob ein­fa­che Tätig­kei­ten wie Rei­ni­gungs­ar­bei­ten oder Aus­hilfs­jobs für ei­nen Wett­be­wer­ber schon so schwer wie­gen, dass sie ei­ne frist­lo­se Kündi­gung recht­fer­ti­gen. Hier sind Zwei­fel an­ge­bracht, je­den­falls dann, wenn der Ne­ben­job bei der Kon­kur­renz nur in ge­ringfügi­gem Um­fang aus­geübt wird.

Der Fall des LAG Düssel­dorf: Frei­ge­stell­te Be­triebsrätin mit Voll­zeit­ver­trag rei­nigt 19 St­un­den mo­nat­lich für die Kon­kur­renz

Im Streit­fall ging es um ei­ne frei­ge­stell­te Be­triebsrätin ei­nes Rei­ni­gungs­un­ter­neh­mens, die auf der Grund­la­ge ei­nes Voll­zeit­ver­trags 2.500,00 EUR mo­nat­lich ver­dien­te. Sie ar­bei­te­te ne­ben­her oh­ne Kennt­nis ih­res Ar­beit­ge­bers als Rei­ni­gungs­kraft in den Abend­stun­den nach Fei­er­abend für ei­ne an­de­re Rei­ni­gungs­fir­ma. Da­mit ver­dien­te sie sich 185,00 EUR hin­zu.

Pi­kan­ter­wei­se rei­nig­te sie in ei­nem Ob­jekt, das ihr Ar­beit­ge­ber selbst ein­mal be­treut hat­te, bis er die­sen Auf­trag im Mai 2011 an ei­nen Wett­be­wer­ber ver­lor. Und für die­sen Wett­be­wer­ber ar­bei­te­te die Be­triebsrätin.

Mit­glie­der des Be­triebs­rats ge­nießen ei­nen be­son­ders star­ken Kündi­gungs­schutz und können da­her nur außer­or­dent­lich gekündigt wer­den (ab­ge­se­hen von den sel­te­nen Fällen ei­ner Be­triebs­sch­ließung und der Sch­ließung ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung im Sin­ne von § 15 Abs.4 und 5 Kündi­gungs­schutz­ge­setz - KSchG). Der Ar­beit­ge­ber be­an­trag­te da­her gemäß § 103 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) beim Be­triebs­rat die Zu­stim­mung zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung der Ne­ben­job­be­rin.

Da der Be­triebs­rat die be­gehr­te Zu­stim­mung ver­wei­ger­te, zog der Ar­beit­ge­ber vor Ge­richt und be­an­trag­te die ge­richt­li­che Er­set­zung der ver­wei­ger­ten Zu­stim­mung des Be­triebs­rats. Da­mit hat­te er in der ers­ten In­stanz vor dem Ar­beits­ge­richt Duis­burg Er­folg (Be­schluss vom 29.01.2013, 5 BV 105/12).

LAG Düssel­dorf: Ei­ne ge­ringfügig aus­geübte Ne­bentätig­keit als Rei­ni­gungs­kraft bei ei­nem Wett­be­wer­ber des Ar­beit­ge­bers recht­fer­tigt kei­ne frist­lo­se Kündi­gung

Das LAG Düssel­dorf hob den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts auf und wies den An­trag der Rei­ni­gungs­fir­ma auf Zu­stim­mungs­er­set­zung ab. Denn aus Sicht des LAG hat­te die Be­triebsrätin nicht so schwer ge­gen das Wett­be­werbs­ver­bot ver­s­toßen, dass ei­ne außer­or­dent­li­che und frist­lo­se Kündi­gung ge­recht­fer­tigt wäre.

Da­bei stell­te das LAG al­ler­dings ent­ge­gen der An­sicht der be­trof­fe­nen Be­triebsrätin klar, dass die Rei­ni­gungstätig­keit bei der Kon­kur­renz­fir­ma als Ver­let­zung des Wett­be­werbs­ver­bots zu be­wer­ten ist. Denn man kann nicht all­ge­mein sa­gen, dass "ein­fa­che" Tätig­kei­ten wie hier das Put­zen beim Wett­be­wer­ber ge­ne­rell kei­nen Wett­be­werbs­ver­s­toß dar­stel­len. Denn hier be­stand das Kern­geschäft des Ar­beit­ge­bers (und das sei­nes Kon­kur­ren­ten) eben in Rei­ni­gungs­ar­bei­ten.

Außer­dem be­ton­te das LAG, dass ein Ver­s­toß ge­gen das Wett­be­werbs­ver­bot im All­ge­mei­nen ein aus­rei­chen­der ("wich­ti­ger") Grund für ei­ne frist­lo­se Kündi­gung im Sin­ne von § 626 Abs.1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) dar­stel­len kann.

Al­ler­dings ging hier die In­ter­es­sen­abwägung zu­guns­ten der Be­triebsrätin aus. Denn sie war be­reits seit über sechs Jah­ren beschäftigt und hat­te kei­ne Geschäfts­ge­heim­nis­se an den Kon­kur­ren­ten ih­res Ar­beit­ge­bers wei­ter­ge­ge­ben. Da ih­re Ar­beit we­nig spe­zia­li­siert war, hätte der Kon­kur­rent sie je­der­zeit er­set­zen können. Außer­dem war der strei­ti­ge Ne­ben­job letzt­lich klein-klein, d.h. es ging um 19 St­un­den pro Mo­nat für 185,00 EUR Zu­satz­ver­dienst. Auch ei­ne "böse Ab­sicht" war bei der Be­triebsrätin nicht er­kenn­bar.

Für ei­nen Ar­beits­zeit­be­trug gab es kei­ne aus­rei­chen­den Ver­dachts­mo­men­te, denn die Be­triebsrätin ar­bei­te­te stets nach Fei­er­abend. Da­her wäre die be­ab­sich­tig­te außer­or­dent­li­che Kündi­gung auch als Ver­dachtskündi­gung nicht rech­tens ge­we­sen.

Fa­zit: Nicht ge­neh­mig­te Ne­bentätig­kei­ten bei der Kon­kur­renz in dem Kern­geschäft des Ar­beit­ge­bers und des Kon­kur­ren­ten sind für Ar­beit­neh­mer brand­gefähr­lich, auch wenn es sich um we­nig spe­zia­li­sier­te Ar­bei­ten wie die Un­ter­halts­rei­ni­gung han­delt. Dass das Ver­fah­ren hier vor dem LAG für die Be­triebsrätin po­si­tiv aus­ge­gan­gen ist, heißt nicht, dass ähn­li­che Fälle nicht künf­tig an­ders­her­um ent­schie­den wer­den. Denn dass ei­ne ver­bo­te­ne Kon­kur­renztätig­keit "nur" in ge­ringfügi­gem Um­fang als Ne­ben­job aus­geübt wird, ist ty­pisch bei Voll­zeit­kräften.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 10. April 2017

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Bewertung:

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de