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CGZP
Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu der Frage, wer hinter der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) steht, warum die CGZP nach der Rechtsprechung keine tarifvertragsfähige Gewerkschaft ist und welche rechtlichen und finanziellen Folgen sich aus der Unwirksamkeit der von der CGZP vereinbarten (Schein-)Tarifverträge ergeben.
Außerdem finden Sie Hinweise dazu, unter welchen Umstände Zeitarbeitnehmer, die in der Vergangenheit nach CGZP-Tarifverträgen bezahlt wurden, rückwirkend Ansprüche auf "Equal Pay" geltend machen können, d.h. verlangen können, nachträglich den gleichen Lohn wie vergleichbare Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb zu erhalten. Dazu gehört auch die Frage, ob die Equal Pay-Ansprüche solcher Leiharbeitnehmer durch tarifliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen bedroht sind.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Wer ist die CGZP?
- Welche Gewerkschaften gehören der CGZP an?f
- Seit wann gibt es die CGZP - und warum?
- Wie funktioniert die Abweichung vom Gesetz per CGZP-Tarifvertrag genau?
- Ist die CGZP eine Gewerkschaft oder ein U-Boot im Dienste der Zeitarbeitsunternehmen?
- Erfüllt die CGZP die juristischen Merkmale einer Gewerkschaft?
- Wie beurteilen die Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte die Tariffähigkeit der CGZP?
- Was sagt das Bundesarbeitsgericht zur Tariffähigkeit der CGZP?
- Was folgt aus der BAG-Entscheidung zur Tarifunfähigkeit der CGZP?
- Gilt der CGZP-Beschluss des BAG vom 14.12.2010 auch für die Vergangenheit, d.h. hat er Rückwirkung für die Zeit vor dem 07.12.2009?
- Tarifunfähigkeit der CGZP: Sind Equal-Pay-Ansprüche durch Ausschlussfristen bedroht?
- CGZP-Tarifverträge geplatzt: Wie können Leiharbeitnehmer Nachforderungen durchsetzen?
- Wo finden Sie mehr zum Thema CGZP?
- Was können wir für Sie tun?
Wer ist die CGZP?
CGZP steht als Abkürzung für „Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP)“. Die CGZP ist ein Zusammenschlusss mehrerer christlicher Arbeitnehmervereinigungen unter dem Dach des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB).
Die CGZP beansprucht, die Interessen der in der Leiharbeitsbranche beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber den Leiharbeitsunternehmen und gegenüber ihren Verbänden in ganz Deutschland zu vertreten, d.h. sie will eine Gewerkschaft der Zeitarbeitnehmer sein. In welchen Branchen Zeitarbeitnehmer eingesetzt werden, ist für die von der CGZP in Anspruch genommene Tarifzuständigkeit nicht von Bedeutung, d.h. die CGZP möchte eine Gewerkschaft der Zeitarbeitnehmer aller Wirtschaftszweige sein.
Welche Gewerkschaften gehören der CGZP an?f
Heute gehören der CGZP drei Einzelorganisationen, nämlich die folgenden:
- Christliche Gewerkschaft Metall (CGM)
- DHV - Die Berufsgewerkschaft (DHV)
- Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD)
Die CGM ist, wie ihr Name sagt, als Gewerkschaft in der metallerzeugenden und metallverarbeitenden Industrie sowie im Metallhandwerk tätig.
Die Abkürzung „DHV“ stand ursprünglich für „Deutscher Handlungsgehilfen-Verband“, doch sind von dieser Bezeichnung heute nur noch die drei Buchstaben DHV in dem Verbandsnamen „DHV - Die Berufsgewerkschaft“ übrig geblieben. Die DHV begreift sich „offiziell“ als gewerkschaftlicher Berufsverband für die Angestellten aller Branchen, d.h. nicht nur im Handel und in Dienstleistungsunternehmen, sondern auch in der Industrie und der öffentlichen Verwaltung. Allerdings kann die DHV - wenn überhaupt - Organisationserfolge nur in ihrem angestammten Bereich des Handels und der privaten Dienstleistungen vorweisen, d.h. im produzierenden Gewerbe existiert sie nur auf dem Papier.
Die GÖD versteht sich als Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes. Außerdem beansprucht sie Tarifzuständigkeit für öffentliche und private Dienstleistungsunternehmen.
Seit wann gibt es die CGZP - und warum?
Zum 01.01.2004 wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) geändert. Seitdem gilt für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung ("Leiharbeit", "Zeitarbeit") das Prinzip des „equal pay“ bzw. des „equal treatment“. Dieser Grundsatz besagt, dass Zeitarbeitsunternehmen ihren Arbeitnehmern die Arbeitsbedingungen gewähren müssen, die auch den Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb zustehen.
Allerdings kann von dem Equal-pay-Grundsatz im Wege eines Tarifvertrags abgewichen werden, d.h. Leiharbeitstarifverträge können den Schutz des „equal treatment“ bzw. des „equal pay“ aushebeln. Zum Abschluss eines Tarifvertrags braucht man aber eine Gewerkschaft, da weder Betriebsräte noch einzelne Arbeitnehmer noch lose zusammengewürfelte Arbeitnehmergruppen rechtlich dazu in der Lage sind, einen Tarifvertrag abzuschließen.
Und hier kommt die CGZP als „Gewerkschaft“ ins Spiel. Gemäß § 9 Nr.2 AÜG kann ein Tarifvertrag vom Equal-Pay-Grundsatz abweichende Regelungen zulassen. Und im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung solcher tariflichen Regelungen vereinbaren. Im Ergebnis lässt das Gesetz zwei Ausnahmen vom Grundsatz der gleichen Bezahlung von Leiharbeitnehmern und Arbeitnehmern des Entleiherbetriebs zu.
Erste Ausnahme:
- Ein (Leiharbeits-)Tarifvertrag sieht Regelungen vor, die von dem Grundsatz des "Equal Pay" bzw. "Equal Treatment" zulasten des Arbeitnehmers abweichen.
- Zeitarbeitsfirma und Arbeitnehmer sind an den Tarifvertrag gebunden: Das Zeitarbeitsunternehmen, weil es entweder Mitglied des Arbeitgeberverbands ist, der den Tarifvertrag abgeschlossen hat, oder ihn selbst abgeschlossen hat („Firmentarifvertrag“). Und auch der Arbeitnehmer ist tarifgebunden, weil er der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft angehört.
Zweite Ausnahme:
- Es gibt einen (Flächen-)Tarifvertrag speziell für die "Branche" der Zeitarbeit.
- Der Betrieb eines Zeitarbeitsunternehmens fällt unter den (räumlichen, fachlichen und betrieblichen) Geltungsbereich dieses Tarifvertrags.
- Das Zeitarbeitsunternehmen und/oder der Arbeitnehmer sind nicht tarifgebunden.
- Im Arbeitsvertrag wird der Tarifvertrag durch eine arbeitsvertragliche Bezugnahme für anwendbar erklärt.
Ende 2002 und damit ein gutes Jahr vor Inkrafttreten dieser Regelungen wurde die CGZP gegründet und schloss schon bald darauf im Jahre 2003 einen ersten Flächentarifvertrag für die Zeitarbeitsbranche ab. Dieser Tarifvertrag und auch später von der CGZP vereinbarte Tarifverträge zeichneten sich dadurch aus, dass sie viele aus Arbeitnehmersicht ungünstige Regelungen wie z.B. kurze Kündigungsfristen, kurze Ausschlussfristen und niedrige Löhne enthielten.
Wie funktioniert die Abweichung vom Gesetz per CGZP-Tarifvertrag genau?
Wie man per CGZP-Tarifvertrag vom AÜG abweichen kann, zeigt folgendes Beispiel:
BEISPIEL: Ein Tarifvertrag, den die CGZP mit einem Zeitarbeitsunternehmen abgeschlossen hat, sieht einen Stundenlohn von 9,00 EUR für kaufmännische Angestellte vor. In den Arbeitsverträgen, den die Zeitarbeitsfirma mit ihren Arbeitnehmern abschließt, wird auf diesen Tarifvertrag bezug genommen, d.h. es wird seine Geltung für das Arbeitsverhältnis vereinbart. Ein Arbeitnehmer wird als kaufmännischer Angestellter eingestellt und an einen Verlag entliehen, der seinen eigenen kaufmännischen Angestellten einen Lohn von 13,00 EUR bezahlt. Nach dem Equal-Pay-Grundsatz könnte der Leiharbeitnehmer hier von der Zeitarbeitsfirma an sich 13,00 EUR verlangen, doch gilt hier gemäß § 9 Nr.2 AÜG vorrangig der CGZP-Tarifvertrag, der nur einen Stundenlohn von 9,00 EUR vorsieht. (Das alles funktioniert rechtlich natürlich nur, wenn der CGZP-„Tarifvertrag“ kein Scheintarifvertrag, sondern ein echter Tarifvertrag ist.)
Wie dieses Beispiel zeigt, können Zeitarbeitstarifverträge aus Arbeitgebersicht richtig sexy sein, vorausgesetzt natürlich, sie schreiben geringe Löhne fest und enthalten auch sonst keine teuren Regelungen. Diese aus Sicht der Zeitarbeitsunternehmen zu stellenden Anforderungen erfüllen die CGZP-„Tarifverträge“.
Ist die CGZP eine Gewerkschaft oder ein U-Boot im Dienste der Zeitarbeitsunternehmen?
Aufgrund der für Arbeitnehmer ungünstigen Inhalte ihrer Tarifverträge steht die CGZP seit Jahren in der Kritik. Wenn die Kritiker recht haben, ist die CGZP gar keine echte Gewerkschaft, sondern vertritt in erster Linie die Interessen der Zeitarbeitsunternehmen, indem sie als Pseudo-Gewerkschaft den Zeitarbeitsunternehmen die (scheinbare) Möglichkeit gibt, Tarifverträge zum Zwecke der Abweichung von Equal-Pay-Grundsatz abzuschließen. Wie die Diskussionen der letzten Jahre gezeigt haben, trifft diese Kritik letztlich wohl zu.
Berühmt-berüchtigt wurde die CGZP Ende 2007 durch einen Bericht des Fernsehmagazins Report Mainz. Das Magazin hatte bei einem Unternehmen in Wuppertal einen CGZP-Haustarif mit einem Stundenlohn von 4,81 EUR brutto für Helfer ausfindig gemacht. Außerdem hatte sich das Zeitarbeitsunternehmen hier anscheinend bei der Einstellung von Arbeitnehmern nicht nur einen Arbeitsvertrag abzeichnen lassen, sondern zugleich mit diesem eine Beitrittserklärung zur „Gewerkschaft“, verbunden mit einer Regelung über das Einziehen der Mitgliedsbeiträge durch den Arbeitgeber.
Erfüllt die CGZP die juristischen Merkmale einer Gewerkschaft?
Vor allem der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die in ihm zusammengeschlossenen Einzelgewerkschaften und viele Arbeitsmarktpolitiker zweifeln die Tariffähigkeit der CGZP an, d.h. sie stellen in Abrede, dass die CGZP überhaupt eine Gewerkschaft im Sinne des Tarifvertragsgesetzes (TVG) ist. Eine Gewerkschaft, die auf der Grundlage des TVG Tarifverträge abschließen kann, ist nämlich nach der Rechtsprechung nicht jede beliebige Arbeitnehmerorganisation, sondern nur eine solche, die folgende Merkmale aufweist:
- Die Organisation muss auf freiwilliger privatrechtlicher Grundlage gebildet werden: Durch den Staat vorgegebenen Berufsverbände mit rechtlichem Beitrittszwang sind keine Gewerkschaften.
- Sie muss das Ziel einer tarifvertraglichen Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen verfolgen, d.h. „tarifwillig“ sein. Organisationen, die keine Tarifverträge abschließen wollen - wie z.B. ein Beamtenverein - sind keine Gewerkschaften.
- Die Organisation muss auf Dauer angelegt sein, d.h. eine gewisse feste Struktur besitzen. Spontane Arbeitnehmerzusammenschlüsse für die Dauer einiger Streikwochen sind keine Gewerkschaften.
- Die Arbeitnehmerorganisation muss von anderen Verbänden, insbesondere von der Arbeitgeberseite als dem sozialen Gegenspieler unabhängig sein. Eine vom Arbeitgeber „gesponserte“ Vereinigung ist keine Gewerkschaft.
- Die Organisation muss das Tarif- und Arbeitskampfrecht anerkennen und nach demokratischen Grundsätzen organisiert sein. Der FDGB war danach keine Gewerkschaft.
- Schließlich muss eine Arbeitnehmerorganisation „sozial mächtig“, d.h. „durchsetzungsstark“ sein, um als Gewerkschaft gelten zu können. Soziale „Mächtigkeit“ heißt zwar nicht unbedingt Bereitschaft zum Streik. Jedenfalls aber muss die Organisation in der Lage sein, der Arbeitgeberseite durch die Ausübung von „Druck“ tarifvertragliche Zugeständnisse abzutrotzen.
Zweifelhaft war und ist bei der CGZP, ob sie die Voraussetzungen 4.) und 6.) erfüllt.
Denn aufgrund der überaus arbeitgeberfreundlichen, im Interesse der Zeitarbeitsunternehmen liegenden Inhalte der von der CGZP abgeschlossenen „Tarifverträge“ und aufgrund der Tatsache, dass sie keine klar erkennbare Organisationsstruktur hat, sondern von Einzelpersonen mit engen Verbindungen zum Arbeitgeberlager gelenkt wird, ist sie von der Arbeitgeberseite (den Zeitarbeitsunternehmen) nicht unabhängig, d.h. sie ist nicht „gegnerfrei“.
Und auch die große Zahl der von der CGZP abgeschlossenen „Tarifverträge“ kann die Zweifel an der Durchsetzungsstärke der CGZP nicht ausräumen. Denn es kommt nicht auf die schiere Anzahl von Tarifverträgen an, die eine Arbeitnehmervereinigung abgeschlossen hat, sondern auch und vor allem auf den Inhalt dieser Tarifverträge.
Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) erst vor kurzem klargestellt (BAG, Beschluss vom 05.10.2010, 1 ABR 88/09 - wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell 11/057: Tariffähigkeit einer Gewerkschaft bestimmt sich nicht nach der Zahl der Tarifabschlüsse).
Nur wenn Tarifverträge der Arbeitgeberseite mehr oder weniger „weh tun“, kann eine Arbeitnehmervereinigung unter Berufung auf solche Tarifverträge behaupten, dass sie über wirkliche Verhandlungsmacht verfügt. Und da die CGZP-„Tarifverträge“ in erster Linie die Interessen der Zeitarbeitsunternehmen bedienen, sind sie kein Beleg für eine Verhandlungsmacht der CGZP.
Wie beurteilen die Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte die Tariffähigkeit der CGZP?
Im November 2008 setzte das Arbeitsgericht Limburg einen Gerichtsprozess vorläufig bis zur rechtsverbindlichen gerichtlichen Klärung der Tariffähigkeit der CGZP aus (Arbeitsgericht Limburg, Beschluss vom 19.11.2008, 1 Ca 541/08). Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Inhalte der CGZP-Tarifverträge kein Beleg für eine soziale Mächtigkeit der CGZP seien, sondern umgekehrt eher ein Indiz dafür, dass die CGZP den Interessen der Zeitarbeitsfirmen dient (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 09/026 Zweifel an der Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit mehren sich).
Ende 2008 reichten der DGB, die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales beim Arbeitsgericht Berlin einen abgestimmten Antrag auf arbeitsgerichtliche Überprüfung der Tariffähigkeit der CGZP ein. Auf diesen Antrag hin entschied das Arbeitsgericht Berlin im April 2009, dass die CGZP nicht tariffähig ist (Arbeitsgericht Berlin, Beschluss vom 01.04.2009, 35 BV 17008/08 - wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell 09/099: Die CGZP ist nicht tariffähig).
Wie das Arbeitsgericht Limburg so begründete auch das Arbeitsgericht Berlin seinen Beschluss mit der seiner Ansicht nach fehlenden „sozialen Mächtigkeit“ der CGZP. Denn die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge dienten hauptsächlich dem Interesse der Zeitarbeitsunternehmen, das Gebot des „Equal Pay“ auszuhebeln, und enthielten niedrige Löhne und auch sonst keine substantiellen Vergünstigungen für Arbeitnehmer.
Nachdem die CGZP gegen diesen Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin Beschwerde eingelegt hatte, bestätigte das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg als Beschwerdegericht durch Beschluss vom 07.12.2009 (23 TaBV 1016/09) die fehlende Tariffähigkeit der CGZP (wir berichteten darüber in: Arbeitsrecht aktuell 10/013: Fehlende Tariffähigkeit der CGZP bestätigt).
Allerdings begründete das LAG seine Entscheidung vollkommen anders als das Arbeitsgericht, d.h. die Frage der sozialen Mächtigkeit spielte für das LAG keine Rolle. Wesentlich war vielmehr für das LAG, dass die Mitgliedsorganisationen, die sich zur CGZP zusammengeschlossen hatten, der CGZP einerseits nur einen Teil ihrer Tarifzuständigkeit übertragen hatten, andererseits aber auch die allgemeine Tarifzuständigkeit für den Bereich der Leiharbeit, obwohl sie selbst als Mitgliedsorganisation keine solche allgemeine Tarifzuständigkeit für die Leiharbeit in Anspruch nehmen.
So gesehen hatten die Mitgliedsorganisationen ihrem „Kind“, der CGZP, mehr vermacht als sie selbst besaßen - und so etwas geht nicht auf der Grundlage des TVG.
Was sagt das Bundesarbeitsgericht zur Tariffähigkeit der CGZP?
Nachdem das LAG Berlin-Brandenburg die Tarifunfähigkeit der CGZP bestätigt hatte, legte die CGZP Rechtsbeschwerde beim BAG ein. Im Dezember 2010 entschied das BAG als letzte Instanz, dass die CGZP tarifunfähig ist (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell 11/034 BAG: Die CGZP kann keine Tarifverträge abschließen).
Auch das BAG begründet die fehlende Tariffähigkeit der CGZP mit formaljuristischen Fehlern bei der Gründung der CGZP. Wie das LAG Berlin-Brandenburg ist auch das BAG der Ansicht, die Mitgliedsunternehmen der CGZP hätten dieser bei der CGZP-Gründung nicht eine inhaltlich weitergehende Tarifzuständigkeit übertragen können als sie selbst - d.h. als Mitgliedsorganisationen - für sich in Anspruch nehmen. Wenn eine Kompetenz übertragen wird, muss sie vor der Übertragung schon vorhanden sein, und für die Leiharbeitnehmer aller Branchen war vor Gründung der CGZP weder die CGM noch die DHV noch die GÖD zuständig.
Was folgt aus der BAG-Entscheidung zur Tarifunfähigkeit der CGZP?
Werden Leiharbeitnehmer auf der Grundlage von Arbeitsverträgen beschäftigt, die auf die Scheintarifverträge der CGZP verweisen, haben diese arbeitsvertraglichen Bezugnahmen keine Rechtswirkung. Denn weil die CGZP tarifunfähig ist, sind die von ihr vereinbarten „Tarifverträge“ rechtlich unwirksam, d.h. sie stehen nur auf dem Papier.
Folglich gilt der in § 9 Nr.2 AÜG gesetzlich festgelegte Grundsatz des „Equal Pay“, d.h. Leiharbeitnehmer mit CGZP-Klauseln im Arbeitsvertrag können verlangen, den Lohn zu erhalten, der vergleichbaren Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb zusteht. Und nicht nur den Arbeitslohn, sondern auch sämtliche anderen als Gegenleistung gewährten Arbeitsbedingungen, d.h. Zulagen, Urlaubstage, Urlaubsgeld, Sonderzahlungen, Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld, 13. Gehalt), Kündigungsfristen usw.
Auf Zeitarbeitsunternehmen, die Arbeitsverträge mit CGZP-Klauseln verwenden, können daher erhebliche Lohnnachforderungen zukommen, die die betroffenen Leiharbeitnehmer notfalls auch arbeitsgerichtlich im Wege einer Lohnklage durchsetzen können. Einen allgemeinen Überblick über die rechtlichen Folgen, die sich aus der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge ergeben, finden Sie hier: Arbeitsrecht aktuell: 09/134 Zur Tariffähigkeit der „Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen“ (CGZP).
Gilt der CGZP-Beschluss des BAG vom 14.12.2010 auch für die Vergangenheit, d.h. hat er Rückwirkung für die Zeit vor dem 07.12.2009?
Angesichts der CGZP-Entscheidung des BAG stellte sich die Frage, ob Leiharbeitnehmer Lohnnachzahlungen auf Basis des Equal-Pay-Grundsatzes auch für die vergangenen Jahre geltend machen bzw. gerichtlich durchsetzen könnten.
Die Sozialversicherungsträger standen vor einem ähnliche Problem, denn wenn Zeitarbeitsunternehmen aufgrund der Anwendung der Scheintarife der CGZP den Arbeitnehmern einen zu geringen Lohn gezahlt haben, haben sie dementsprechend auch zuwenig Sozialabgaben abgerechnet und abgeführt. Auch hier kommen auf die Zeitarbeitsunternehmen Nachzahlungspflichten zu (wir berichteten hierüber in Arbeitsrecht aktuell: 09/134 Zur Tariffähigkeit der „Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen“ (CGZP)).
Da die Antragsteller in dem vom BAG am 14.12.2010 entschiedenen Gerichtsverfahren ihre Anträge auf Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP nur gegenwartsbezogen gestellt haben, konnte das BAG auch nur über die Tariffähigkeit der CGZP zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entscheiden, d.h. über die Tariffähigkeit der CGZP an dem Tag, an dem das LAG Berlin-Brandenburg als letzte „Tatsacheninstanz“ seine Entscheidung getroffen hat. Und das war wie oben erwähnt der 07.12.2009.
Diesen Gegenwartsbezug seiner Entscheidung stellt das BAG ausdrücklich klar (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, Rn.33). Hier heißt es:
„Der Antrag von ver.di und der Hauptantrag des Landes Berlin sind auf die Gegenwart gerichtet und nicht vergangenheitsbezogen. Beiden Antragstellern geht es ersichtlich um die gegenwärtige Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Dies folgt aus der ausdrücklich auf die Gegenwart bezogenen Antragsformulierung („tarifunfähig ist“) und der dazu gegebenen Begründung. Der Wortlaut ihrer Feststellungsanträge ist in den Vorinstanzen unverändert geblieben, während die Antragsteller ihren Vortrag im Verfahrensverlauf an der jeweils geltenden Satzung der CGZP ausgerichtet haben. Dies war zunächst die Satzung vom 5. Dezember 2005 und nach deren Änderung ihre seit dem 8. Oktober 2009 geltende Fassung. Auch das Landesarbeitsgericht hat die Anträge als auf eine gegenwärtige Feststellung gerichtet verstanden.“
Entsprechend diesen eindeutigen Klarstellungen des BAG können sich Lohnklagen von Leiharbeitnehmern, mit denen Equal-Pay-Ansprüche für die vergangenen Jahre und insbesondere für die Zeit vor der LAG-Entscheidung (= 07.12.2009) geltend gemacht werden, nicht auf die BAG-Entscheidung vom 14.12.2010 berufen. Vielmehr ist in diesen Fällen eine Aussetzung des Verfahrens erforderlich, da zunächst noch über die Tarifunfähigkeit der CGZP in der Zeit vor dem 07.12.2009 entschieden werden muss. In diesem Sinne haben bislang folgende Gerichte entschieden:
- Arbeitsgericht Freiburg, Beschluss vom 13.04.2011, 3 Ca 497/10 (Aussetzung einer Lohnklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines Beschlussverfahrens über die Frage, ob die CGZP bereits am 19.06.2006 tariffähig war)
- LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.06.2011, 11 Ta 10/11 (Bestätigung von Arbeitsgericht Freiburg, Beschluss vom 13.04.2011, 3 Ca 497/10)
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.06.2011, 6 Ta 99/11 (Aussetzung einer Lohnklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines Beschlussverfahrens über die Frage, ob die CGZP in der Zeit vom August 2003 bis Dezember 2008 tariffähig war)
Trotz der an sich eindeutigen Aussagen in dem CGZP-Beschluss vom 14.12.2010 sehen einige Arbeitsgerichte diese Frage anders und sind der Ansicht, dieser Beschluss habe Rechtswirkung auch für die Zeit vor dem 07.12.2009. In diesem Sinne haben folgende Gerichte entschieden:
- Arbeitsgericht Frankfurt (Oder), Beschluss vom 09.06.2011, 3 Ca 422/11
- Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, Beschluss vom 12.05.2011, 5 Ca 5129/10
- Arbeitsgericht Dortmund, Beschluss vom 16.03.2011, 8 Ca 18/11
Letztlich war diese Streitfrage nur für eine mehr oder weniger lange Übergangszeit von Bedeutung, da das Arbeitsgericht Berlin bereits in einem neu geführten Feststellungsverfahren entschieden hat, dass die CGZP auch in der Vergangenheit nicht tariffähig war (Arbeitsgericht Berlin, Beschluss vom 30.05.2011, 29 BV 13947/10).
Konkret hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden, dass die CGZP bereits am 29.11.2004, am 19.06.2006 und am 09.07.2008 nicht dazu in der Lage war, Tarifverträge abzuschließen. Auch die zu diesen Zeitpunkten abgeschlossenen „Tarifverträge“ der CGZP sind daher nichtig bzw. rechtlich bedeutungslos (wir berichteten über diese Entscheidung in Arbeitsrecht aktuell 11/105: CGZP war auch in der Vergangenheit nicht tariffähig).
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin hat das LAG Berlin-Brandenburg mittlerweile bestätigt (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.01.2012, 24 TaBV 1285/11, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell 12/010 CGZP-Tariffähigkeit).
Seit dem 22.05.2012 ist alles klar, denn an diesem Tag hat auch das BAG entschieden, dass die CGZP auch in der Zeit vor dem 07.12.2009 tarifunfähig war (BAG, Beschluss vom 22.05.2012, 1 ABN 27/12, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 12/211 CGZP - Tarifverträge endgültig gekippt).
Tarifunfähigkeit der CGZP: Sind Equal-Pay-Ansprüche durch Ausschlussfristen bedroht?
Ausschlussfristen besagen, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, d.h. endgültig untergehen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Zeit nach Fälligkeit des Anspruchs gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. Wie lange diese Frist ist und auf welche Weise der Anspruch "geltend gemacht" werden muss, ist in jeder Ausschlussfristenregelung anders geregelt:
Arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln sehen z.B. meist eine Frist von drei bis zwölf Monaten nach Fälligkeit des Anspruchs vor und verlangen meist eine schriftliche Aufforderung zur Leistung ("Geltendmachung"), manchmal aber auch zusätzlich das Einklagen des Anspruchs. Tarifvertragliche Ausschlussfristen sind oft kürzer als vertragliche und können z.B. zwei Monate lang sein.
Ob Equal-Pay-Ansprüche von Ausschlussfristen bedroht sind, hängt davon ab, woraus sich die Geltung einer solchen Ausschlussfrist ergeben soll.
Ausschlussfristen in einem CGZP-„Tarifvertrag: Auf Ausschlussfristen, die in einem CGZP-„Tarifvertrag“ enthalten sind, können sich Zeitarbeitsunternehmen nicht berufen, denn diese „Tarifverträge“ haben ja aufgrund der (jedenfalls für die Zeit ab dem 17.12.2009 rechtskräftig feststehenden) Tarifunfähigkeit der CGZP keine rechtlichen Wirkungen, d.h. es handelt sich um Scheintarifverträge. In rechtlich unwirksamen Scheintarifverträgen enthaltene Ausschlussfristen sind ebenso unwirksam wie der gesamte Tarifvertrag.
Ausschlussfristen in einem vom Zeitarbeitsunternehmen vorformulierten Arbeitsvertrag: Oft enthalten auch Arbeitsverträge von Leiharbeitnehmern Ausschlussklauseln, und diese können Equal-Pay-Nachforderungen zunichte machen, wenn der Arbeitnehmer die in der Klausel festgelegte Ausschlussfrist nicht beachtet. Hierbei ist aber zu bedenken, dass Ausschlussfristen praktisch immer Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Arbeitgebers sind.
Als AGB können arbeitsvertragliche bzw. formularvertragliche Ausschlussklauseln je nach ihrer Formulierung unklar sein oder als „überraschende Klauseln“ in den Vertrag geschmuggelt worden sein oder sie können aufgrund ihres Inhalts eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen. In allen diesen Fällen sind vertragliche Ausschlussklauseln unwirksam. So sind z.B. arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln, die eine Frist von weniger als drei Monaten enthalten, nach der Rechtsprechung wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers unwirksam.
Weitergehend hat das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) entschieden, dass sich Zeitarbeitsunternehmen frühestens ab dem CGZP-Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) auf formulararbeitsvertragliche Ausschlussfristen berufen können, da zuvor eine rechtliche Unsicherheit über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von CGZP-Tarifverträgen bestand (Arbeitsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 09.06.2011, 3 Ca 422/11, Rn.78).
Ausschlussfristen in einem Tarifvertrag, der im Entleiherbetrieb angewandt wird: Wenn die mit dem Leiharbeitnehmer vergleichbaren Stammkräfte im Entleiherbetrieb nach Tarif bezahlt werden und wenn dieser Entleiher-Tarifvertrag Ausschlussfristen enthält, müssen Leiharbeitnehmer diese Ausschlussfristen nicht beachten.
Eine solche Pflicht zur Beachtung der Ausschlussfristen des Entleihertarifvertrags hat zwar das LAG München einmal vertreten (LAG München, Urteil vom 12.11.2009, 3 Sa 579/09 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 10/031 Auch Equal-pay-Ansprüche unterliegen Ausschlussfristen), doch hat das BAG mittlerweile andersherum entschieden (BAG, Urteil vom 23.03.2011, 5 AZR 7/10 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell 11/064 Equal pay-Ansprüche und tarifliche Ausschlussfristen).
Leiharbeitnehmer können daher auch dann, wenn sie die in einem Entleiher-Tarifvertrag enthalten Ausschlussfristen nicht beachtet haben, gemäß dem Grundsatz des Equal Pay Bezahlung nach diesem Tarifvertrag verlangen. Dies jedenfalls dann, wenn ihr Arbeitgeber sie nicht über die Entleiher-Tarife schriftlich informiert hat.
CGZP-Tarifverträge geplatzt: Wie können Leiharbeitnehmer Nachforderungen durchsetzen?
Lohnnachforderungen von Leiharbeitnehmern auf der Grundlage von § 9 Nr.2 AÜG bestehen rechtlich und können notfalls mit einer Lohnklage durchgesetzt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Arbeitnehmer war auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags tätig, der auf einen Scheintarifvertrag der CGZP verweist.
- Der Scheintarifvertrag der CGZP wurde nach dem 07.12.2009 vereinbart.
- Der Arbeitnehmer wurde bei einem Entleiher eingesetzt, der vergleichbare Arbeitnehmer besser bezahlt als das Zeitarbeitsunternehmen auf der Grundlage des Scheintarifvertrags der CGZP. Zur besseren „Bezahlung“ der vergleichbaren Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb gehören sämtliche finanziellen und sonstigen Vergünstigungen wie insbesondere Zulagen, zusätzliche Urlaubstage, Urlaubsgeld, Sonderzahlungen, Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld, 13. Gehalt), längere Kündigungsfristen usw. Dabei ist es unerheblich, ob die Stammkräfte im Entleiherbetrieb nach einem Tarifvertrag bezahlt werden oder sich auf rein arbeitsvertraglicher Grundlage besser stehen als die Leiharbeitnehmer.
Die gerichtliche Durchsetzung von Lohndifferenzansprüchen ist eher unproblematisch, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Der Arbeitnehmer wurde dauerhaft bzw. über mehrere Monate oder Jahre in ein und demselben Entleiherbetrieb eingesetzt (oder zumindest bei einigen wenigen Entleiherbetrieben).
- In dem (oder den) Entleiherbetrieb(en) gibt es viele und eindeutig „vergleichbare“ Arbeitnehmer.
- Der oder die Vergleichsarbeitnehmer im Entleiherbetrieb werden nach Tarif bezahlt.
BEISPIEL: Ein Leiharbeitnehmer, in dessen Arbeitsvertrag auf einen CGZP-Tarifvertrag verwiesen wird und der dementsprechend nach dem CGZP bezahlt wird, wird als Produktionshelfer in einem metallverarbeitenden Betrieb eingesetzt. Gemäß dem in seinem Arbeitsvertrag genannten CGZP-„Tarif“ erhält er einen Stundenlohn von 7,80 EUR, während die Produktionshelfer nach dem in dem Entleiherbetrieb angewandten Metalltarif 12,50 EUR erhalten.
Umgekehrt ist die gerichtliche Durchsetzung von Lohndifferenzansprüchen in folgenden Fällen eher schwierig:
- Der Leiharbeitnehmer hat den Einsatzbetrieb oft gewechselt.
- In den (vielen) Entleiherbetrieben gibt es keinen eindeutig vergleichbaren Arbeitnehmer, d.h. es gibt keinen Arbeitnehmer, der ganz klar ähnliche Aufgaben wie der Zeitarbeitnehmer verrichtet.
- Die Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb werden nicht nacht Tarif bezahlt, sondern allein auf der Grundlage arbeitsvertraglicher Vereinbarungen.
BEISPIEL: Ein Leiharbeitnehmer, in dessen Arbeitsvertrag auf einen CGZP-Tarifvertrag verwiesen wird und der dementsprechend nach dem CGZP bezahlt wird, wird als Gas- und Wasserinstallateur jeweils wochenweise, teilweise auch nur für einen oder zwei Tage an Handwerksbetriebe verliehen. Dort werden keine Tarifverträge angewandt. Der Gas- und Wasserinstallateur enthält gemäß einem CGZP-„Tarifvertrag“, auf den der Arbeitsvertrag verweist, 10,50 EUR brutto. Seiner Einschätzung nach erhalten mit ihm vergleichbare Arbeitnehmer der entleihenden Handwerksbetriebe einen deutlich höheren Stundenlohn, den er aber nicht genau kennt.
In jedem Fall sollten sich Arbeitnehmern, die durch arbeitsvertragliche Verweise auf CGZP-„Tarifverträge“ um ihre Equal-Pay-Ansprüche gebracht wurden, durch einen Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin beraten lassen, denn die Durchsetzung von Equal-Pay-Ansprüchen hängt von schwierigen Rechtsfragen ab. Außerdem sollten Betroffene rasch handeln, weil ihre Ansprüche wie oben erwähnt durch Ausschlussfristen in Gefahr geraten können.
Zeitarbeitsunternehmen, die in der Vergangenheit in ihren Arbeitsverträgen auf die Scheintarifverträge der CGZP verwiesen und ihre Arbeitnehmer entsprechend gering bezahlt haben, können bei Lohnklagen ihrer (ehemaligen) Arbeitnehmer zwar nicht hoffen, dass ihnen Arbeitsrichter Sympathien entgegenbringen. Damit sind aber Equal-pay-Klagen noch nicht automatisch gewonnen.
Wo finden Sie mehr zum Thema CGZP?
Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema CGZP interessieren könnten, finden Sie hier:
- Christliche Gewerkschaft Metall (CGM) - Selbstdarstellung
- DHV - Die Berufsgewerkschaft (DHV) - Selbstdarstellung
- Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD) - Selbstdarstellung
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Ausschlussklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsfristen
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und PersonalService-Agenturen (CGZP) - Selbstdarstellung
- Übersicht Handbuch Arbeitsrecht
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema CGZP finden Sie hier:
- Arbeitsrecht aktuell: 18/155 Tariffähigkeit einer Gewerkschaft hängt weiter von ihrer Mächtigkeit ab
- Arbeitsrecht aktuell: 14/265 Equal pay auch bei Arbeitseinsatz im Ausland
- Arbeitsrecht aktuell: 14/109 Betriebsübergang und Leiharbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 13/071 Gleicher Lohn für Leiharbeitnehmer und Ausschlussfrist
- Arbeitsrecht aktuell: 13/015 Bei Leiharbeit equal pay trotz DGB-Leiharbeitstarifen?
- Arbeitsrecht aktuell: 12/211 CGZP - Tarifverträge endgültig gekippt
- Arbeitsrecht aktuell: 12/192 Für Leiharbeitsfirmen werden die CGZP-Tarifverträge teuer
- Arbeitsrecht aktuell: 12/010 CGZP-Tariffähigkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 11/182 Mindestlohn für Leiharbeit - noch immer nicht umgesetzt
- Arbeitsrecht aktuell: 11/105 CGZP war auch in der Vergangenheit nicht tariffähig
- Arbeitsrecht aktuell: 11/064 Equal pay-Ansprüche und tarifliche Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 11/057 Tariffähigkeit einer Gewerkschaft bestimmt sich nicht nach der Zahl der Tarifabschlüsse
- Arbeitsrecht aktuell: 11/048 Mindestlohn für Leiharbeiter?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/034 BAG: Die CGZP kann keine Tarifverträge abschließen
- Arbeitsrecht aktuell: 10/031 Auch Equal-pay-Ansprüche unterliegen Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 10/013 Fehlende Tariffähigkeit der CGZP bestätigt
- Arbeitsrecht aktuell: 09/134 Zur Tariffähigkeit der „Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen“ (CGZP)
- Arbeitsrecht aktuell: 09/099 Die CGZP ist nicht tariffähig
- Arbeitsrecht aktuell: 09/026 Zweifel an der Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit mehren sich
Letzte Überarbeitung: 30. Oktober 2020
Was können wir für Sie tun?
Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit dem Thema CGZP-Tarifverträge haben, insbesondere wenn Sie als Leiharbeitnehmer Ihr Recht auf gleiche Bezahlung von Leiharbeitnehmern und Stammarbeitnehmern gerichtlich geltend machen möchten, oder wenn es Probleme im Zusammenhang mit einer vom Arbeitgeber gewünschten Vertragsänderung gibt, beraten und vertreten wir Sie gerne. Je nach Lage des Falles bzw. entsprechend Ihren Wünschen treten wir entweder nach außen nicht in Erscheinung oder aber wir verhandeln in Ihrem Namen mit Ihrem Arbeitgeber. Sollte eine Lohnklage auf Erfüllung von Equal-Pay-Ansprüchen erforderlich sein, vertreten wir Sie vor allen Arbeitsgerichten Deutschlands. Für eine möglichst rasche und effektive Beratung benötigen wir folgende Unterlagen:
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Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
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