- -> zur Mobil-Ansicht
- Arbeitsrecht aktuell
- Tipps und Tricks
- Handbuch Arbeitsrecht
- Gesetze zum Arbeitsrecht
- Urteile zum Arbeitsrecht
- Urteile 2023
- Urteile 2021
- Urteile 2020
- Urteile 2019
- Urteile 2018
- Urteile 2017
- Urteile 2016
- Urteile 2015
- Urteile 2014
- Urteile 2013
- Urteile 2012
- Urteile 2011
- Urteile 2010
- Urteile 2009
- Urteile 2008
- Urteile 2007
- Urteile 2006
- Urteile 2005
- Urteile 2004
- Urteile 2003
- Urteile 2002
- Urteile 2001
- Urteile 2000
- Urteile 1999
- Urteile 1998
- Urteile 1997
- Urteile 1996
- Urteile 1995
- Urteile 1994
- Urteile 1993
- Urteile 1992
- Urteile 1991
- Urteile bis 1990
- Arbeitsrecht Muster
- Videos
- Impressum-Generator
- Webinare zum Arbeitsrecht
-
Kanzlei Berlin
030 - 26 39 62 0
berlin@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Frankfurt
069 - 71 03 30 04
frankfurt@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hamburg
040 - 69 20 68 04
hamburg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hannover
0511 - 89 97 701
hannover@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Köln
0221 - 70 90 718
koeln@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei München
089 - 21 56 88 63
muenchen@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Nürnberg
0911 - 95 33 207
nuernberg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Stuttgart
0711 - 47 09 710
stuttgart@hensche.de
AnfahrtDetails
ArbG Frankfurt (Oder), Urteil vom 09.06.2011, 3 Ca 422/11
Schlagworte: | Aussetzung, Equal-Pay-Klage, Tariffähigkeit der CGZP | |
Gericht: | Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) | |
Aktenzeichen: | 3 Ca 422/11 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 09.06.2011 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
Arbeitsgericht Frankfurt (Oder)
Geschäftszeichen (bitte immer angeben)
3 Ca 422/11
Verkündet am 09.06.2011
als Urkundsbeamter/in
der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit:
###
###
###
hat das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder), 3. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 09.06.2011 durch die Richterin am Arbeitsgericht als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.03.2011 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat 91 % der Kosten; die Klägerin hat 9 % der Kosten zu tragen.
4. Der Streitwert wird auf 16.285,05 Euro festgesetzt.
- 2 -
TATBESTAND:
Die Parteien streiten über Entgeltansprüche aus einem Leiharbeitsvertrag auf der Grundlage des equal pay Anspruchs.
Die ### Jahre alte Klägerin war vom 04.05.2009 bis 30.06.2010 bei der Beklagten als Zeitarbeitnehmerin im Montagebereich mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden und einem Bruttostundenlohn von 6,00 Euro für die Monate Mai und Juni 2009, ab Juli 2009 von 6,15 Euro beschäftigt. Die Klägerin wurde von der Beklagten in der Firma ### in Berlin eingesetzt.
Am 01.07.2010 wurde die Klägerin von dem Entleiherunternehmen, der### übernommen. Dort verrichtet sie die gleiche Arbeit wie zuvor im Vertragsverhältnis mit der Beklagten und erhält ab dem 01.07.2010 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden ein Bruttomonatsentgelt von 1.984,00 Euro. Dies entspricht einem Bruttostundenlohn von 12,84 Euro.
In dem zwischen den Parteien am 30.04.2009 vereinbarten Arbeitsvertrag war, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, Folgendes vereinbart:
„§ 1 Tarifliche Bestimmungen
Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mitteständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.
§ 6 Vergütung
Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in die Entgeltgruppe E 1 gemäß es in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrages eingruppiert.
- 3 -
Der Mitarbeiter erhält
x ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliche Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 Euro brutto.
§ 14 Ausschlussfristen
Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:
Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.
Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."
Mit Änderungsvertrag vom 06.04.2010 vereinbarten die Parteien rückwirkend ab dem 01.01.2010 nachfolgende Änderungen:
„§ 1 Tarifliche Bestimmungen
(Änderung des Absatzes 1)Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelstädtischer Personaldienstleister e. V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV — Die Berufsgewerkschaft e. V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet.
- 4 -
Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen, Tarifverträgen, Entgelt- derzeit und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist."
Die Klägerin erhielt von der Beklagten monatliche Entgeltabrechnungen für die Zeit von Mai 2009 bis Juni 2010, in denen in den Monaten Mai und Juni 2009 die Stunden mit 6,00 Euro brutto, ab Juli 2009 mit 6,15 Euro brutto abgerechnet wurden. Zusätzlich erhielt die Klägerin im Jahr 2009 Fahrtkosten in Höhe von 156,00 Euro bis 276,00 Euro monatlich. Die Höhe der Fahrtkosten variierte. Die Entgeltabrechnungen und die von der Klägerin geleisteten Stunden sind zwischen den Parteien unstreitig.
Die Klägerin hat folgende Nettozahlungen (Entgelt, Fahrtkosten und VWL) erhalten:
05/09 |
899,40 Euro |
06/09 | 1.029,74 Euro |
07/09 | 1.057,24 Euro |
08/09 | 973,21 Euro |
09/09 | 1.015,97 Euro |
10/09 | 991,97 Euro |
11/09 | 973,21 Euro |
12/09 | 946,25 Euro |
01/10 | 968,55 Euro |
02/10 | 833,41 Euro |
03/10 | 1.242,03 Euro |
04/10 | 1.122,82 Euro |
05/10 | 1.379,68 Euro |
06/10 | 1.316,55 Euro |
insgesamt 14.750,03 Euro netto.
- 5 -
Am 14.12.2010 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die CGZP keine tariffähige Organisation sei und daher keinen Tarifvertrag abschließen könne (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, NZA 2011, 289 — 300).
Mit der am 09.03.2011 beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen, der Beklagten am 11.03.2011 zugegangenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung der Differenz zwischen dem von der Beklagten abgerechneten und gezahlten Bruttostundenlohn und dem Stundenlohn, den sie als Angestellte in der Firma ### erhalten hat.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie einen Anspruch auf Equal pay aus §§ 9 Ziff. 2, 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz habe. Dies folge aus der Tarifunfähigkeit der CGZP und der sich daraus ergebenden Nichtigkeit der abgeschlossenen Tarifverträge. Alle auf deren Tarifverträge beruhenden Entgeltvereinbarungen seien danach unwirksam. Die Beklagte sei verpflichtet, die Entlohnung der Klägerin nach dem bei dem Entleiher, der Fa. ### geltenden Grundsätze vorzunehmen. Die Beklagte schulde der Klägerin danach die Nachzahlung der Differenz zwischen der für Stammarbeiter der Fa. ### gezahlten Vergütung und der von der Beklagten gezahlten Vergütung, d. h., in den Monaten Mai und Juni 2009 jeweils 6,84 Euro brutto pro Stunde und in den Monaten Juli 2009 bis Juni 2010 jeweils 6,70 Euro brutto pro Stunde.
Die Klägerin meint, die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht allein gegenwartsbezogen, sondern lasse den eindeutigen Schluss zu, dass das BAG auch für die Vergangenheit davon ausgehe, dass die CGZP nicht tariffähig gewesen sei.
Die Beklagte könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die durch die Beklagte zu Lasten der Klägerin begangenen Verstöße gegen die Bestimmungen des AÜG ließen sich nicht nachträglich auf diese Weise rechtfertigen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten im Änderungsvertrag vom 06.04.2010 abgeschlossenen Verweise auf die neuen Tarifverträge seien ebenfalls unwirksam.
- 6 -
Die Klägerin meint, ihre Ansprüche seien auch nicht durch Ausschlussfristen verfallen. Hinsichtlich der in den CGZP-Tarifverträgen enthaltenen Ausschlussfristen würden diese dessen Schicksal teilen und seien danach unbeachtlich. Die vertraglichen Ausschlussfristen kämen nicht zur Anwendung, da es ihr auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 01.12.2010 nicht zugemutet werden könne, die Entgeltansprüche vorab geltend zu machen.
Die Klägerin beziffert ihren Anspruch anhand der von der Beklagten abgerechneten Stunden und der Differenz von 6,84 Euro pro Stunde für die Monate Mai und Juni 2009 und von 6,70 Euro pro Stunde für die Monate Juli 2009 bis Juni 2010. Für die genaue Berechnung wird auf Blatt 8 — 10 der Akte verwiesen.
Hilfsweise beziffert die Klägerin den Anspruch nach dem Bruttomonatsentgelt von 1.984,00 Euro x 14 Monate abzüglich der genannten Nettozahlungen.
Die Klägerin beantragt:
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 16.285,05 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,
2. hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 27.272,00 Euro brutto abzüglich darauf durch die Beklagte geleistete Zahlungen in Höhe von 14.750,03 Euro netto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt:
die Klage abzuweisen.
- 7 -
Sie meint, die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vorn 14.12.2010 sei rein gegenwartsbezogen und entfalte keinerlei Rückwirkung, sondern Rechtswirkungen allein für die Zukunft.
Darüber hinaus könne sie sich berechtigt auf Vertrauensschutz berufen. Sie sei bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 von der Wirksamkeit der seitens der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge ausgegangen. Darüber hinaus gelten für die Klägerin ab dem 01.01.2010 die im Änderungsvertrag abgeschlossenen Tarifverträge.
Weiterhin ist die Beklagte der Ansicht, sämtliche Ansprüche der Klägerin seien verfristet. Die Klägerin habe die unter § 14 des Arbeitsvertrages vom 30.04.2009 wirksame Ausschlussfrist nicht gewahrt. Diese Ausschlussfrist halte einer AGB-Kontrolle stand, etwaige Differenzlohnansprüche seien entsprechend der arbeitsvertraglichen Abrede für jeden Monat am 21. des Folgemonats fällig geworden.
Darüber hinaus würden auch die Ausschlussfristen aus dem Manteltarifvertrag vom 15.03.2010 greifen.
Weiterhin meint die Beklagte, dass die geltend gemachten Ansprüche für Mai und Juni gern. § 9 Ziff. 2 AÜG nicht berechtigt seien, da die Klägerin vor Abschluss des Arbeitsverhältnisses mit ihr arbeitslos war und der Klägerin von ihr ein höheres Nettoentgelt als das zuletzt bezogene Arbeitsentgelt gewährt wurde. Auch hätten in die Lohndifferenz die der Klägerin gezahlten Fahrtkosten einbezogen werden müssen, so dass es lediglich auf eine Nettovergleichsberechnung ankäme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Inhalt der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, verwiesen.
- 8 -
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die Klage ist zulässig und hinsichtlich des Entgeltanspruchs für die Zeit vom 15.6.2009 —30.6.2010 in Höhe von 14.809,29 Euro begründet, für die Zeit vom 4.5.2009 — 14.6.2009 in Höhe von 1.475,76 Euro unbegründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen dem gezahlten Stundenlohn von 6,00 Euro bzw. 6,15 Euro und dem Stundenlohns in Höhe von 12,84 € aus dem Grundsatz des equal pay nach §§ 9 Ziffer 2, 10 Abs. 4 AÜG auf der Basis der in den Abrechnungen angegebenen Stunden.
1.
Nach §§ 9 Ziffer 2, 10 Abs. 4 AÜG hat der Leiharbeitnehmer gegen den Verleiher einen Anspruch auf Zahlung des Lohns vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers, wenn seine Vergütung für die Überlassenszeit unter dieser Lohnhöhe liegt. Die o. g. Regelung der §§ 9,10 AÜG fußt auf der Richtlinie 2008/104 EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Leiharbeit vom 5.10.2008 ( Egal pay Richtlinie) und soll den überlassenen Arbeitnehmer wirtschaftlich so stellen wie einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers.
2.
Von diesem Grundsatz kann abgewichen werden, wenn ein einschlägiger Tarifvertrag vorliegt, der kraft Tarifbindung für die Arbeitsvertragspartner Anwendung findet oder wenn in dessen Geltungsbereich nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelung vereinbart haben. Ist der vereinbarte Tarifvertrag unwirksam, kommt der Grundsatz des equal pay wieder zum tragen.
Die Parteien haben in ihrem Arbeitsvertrag vom 30.4.2009 die Anwendung des Tarifvertrages, der zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträge vereinbart.
- 9 -
Wie das BAG in seiner Entscheidung vom 14.12.2009 (AZ: 1 ABR 19/10, NZA 2011,289-300) festgestellt hat, ist die CGZP keine tariffähige Organisation. Die CGZP ist keine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG, weil sich ihre Mitgliedsgewerkschaften nicht im Umfang ihrer Tariffähigkeit zusammengeschlossen haben. Außerdem geht der in der Satzung der CGZP festgelegte Organisationsbereich für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinaus (BAG vom 14.12.2010, aaO).
Diese Entscheidung gilt entgegen der Meinung der Beklagten nicht nur für die Zukunft (ex nunc), sondern auch für die Vergangenheit und stellt fest, dass die CGZP auch in der von der Klägerin geltend gemachten Zeitraum nicht tariffähig war und damit keine wirksamen Tarifverträge abschließen konnte. Wie das BAG bereits in seiner Entscheidung vom 15.11.2006 (10 ARZ 665/05, NZA 2007, 448) festgestellt hat entfaltet eine rechtskräftige Entscheidung nach §§ 2a Abs. 1, Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG nicht nur für die Zukunft Rechtswirkung, sondern auch für die Vergangenheit. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich keine Umstände ergeben, die die Tariffähigkeit entgegen der gerichtlichen Entscheidung bestätigen würden (BAG vom 15.11.2006 aaO).
Zwar hat das BAG in seinem Beschluss vom 14.12.2010 in Randnummer 34 und 63 darauf hingewiesen, dass die Anträge gegenwartsbezogen sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie nur für die Zukunft ab dem 14.12.2010 wirken. Das BAG hat die Satzung der CGZP vom 8.10.2009 überprüft und festgestellt, dass die CGZP aufgrund dieser Satzung nicht tariffähig ist. Eine Arbeitnehmervereinigung ist nach der Rechtsprechung des BAG tariffähig, wenn sie sich als satzungsmäßige Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in der Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt hat und willens ist, Tarifverträge abzuschließen (BAG vom 14.12.2010, aaO, Rn 67). Da nach der Satzung 2009 keine Arbeitnehmer, sondern nur die im CGZP zusammengeschlossenen Arbeitnehmerkoalitionen organisiert sind, ist die CGZP keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung. Damit hat das BAG eindeutig festgestellt, dass die CGZP durch ihre Satzung vom 8.10.2009 nicht tariffähig war, dieser daher zumindest ab dem 8.10.2009 die Tariffähigkeit abgesprochen.
Darüber hinaus hat das BAG festgestellt, dass die Satzung 2009 der Satzung 2005 im Wortlaut entspreche (Rn 110) und eindeutig ist. Damit hat das BAG inzidenter auch die Satzung 2005 überprüft. Für die Tariffähigkeit der CGZP ab 2005 kann daher nichts anderes gelten (so auch Schlegel, NZA 2011, S. 380,381; im Ergebnis auch ArbG Herfort, 4.5.2011, 2 Ca 144/11, zitiert nach juris ).
- 10 -
Lediglich hilfsweise wird darauf verwiesen, dass der vom BAG entschiedene Festestellungsantrag zumindest auf den Zeitpunkt der Antragstellung beim Arbeitsgericht Berlin, somit zum Herbst 2008 zurückwirken muss. Zu diesem Zeitpunkt haben die Antragsteller mit eben diesem Antrag das Antragsverfahren nach §§ 97 Abs. 1, 2a Abs 1 Ziffer 4 ArbGG eingeleitet, über eben diesen Antrag hat das Arbeitsgericht Berlin am 1.4.2009 gegenwartsbezogen entschieden. Der Instanzenzug (LAG Berlin vom 7.12.2009, 23 TaBV 1016/09 und BAG vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10) diente lediglich der Überprüfung der o. g. Entscheidung des ArbG Berlin. Somit fußt die BAG Entscheidung gerade auf dem in Herbst 2008 eingeleiteten Verfahren und entscheidet über die damals wie auch zuletzt gestellten Anträge hinsichtlich der Tariffähigkeit der CGZP. Da sich der Sachverhalt vom Eingang der Antragsschrift beim ArbG Berlin bis zur Entscheidung des BAG nicht geändert hat, lediglich am 8.10.2009 eine neue Satzung mit einem für den Rechtstreit bedeutenden gleichen Inhalt in Kraft getreten ist, wirkt die BAG Entscheidung zumindest bis zum Herbst 2008 zurück.
Da die CGZP während der gesamten Dauer des hiesigen Arbeitsverhältnisses nicht tariffähig war, konnte sie auch keine wirksamen Tarifverträge abschließen. Eine Abweichung von der grundsätzlichen Regelung des Anspruches auf gleichen Lohn nach §§ 9,10 AÜG liegt daher nicht vor.
3.
Das Verfahren ist auch nicht auszusetzen.
Nach § 97 Abs. 5 Satz 1 AGG hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Ziffer 4 ArbGG auszusetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits davon abhängig ist, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist.
Die Aussetzung nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG ist allerdings nur dann geboten, wenn die Frage der Tarifzuständigkeit oder der Tariffähigkeit zweifelhaft ist (BAG vom 23.10.1996, 4 AZR 409/95 , NZA 1997, 383 — 385). Eine Aussetzung kommt nicht in Betracht, wenn über die Frage der Tariffähigkeit bereits rechtskräftig entschieden ist und keine wesentliche Veränderung des zugrunde liegenden Sachverhalts eingetreten ist (BAG vom 1.2.1983, 1 ABR 33/78, NJW 1984, 1710-1712; ArbG Dortmund, 16.3.2011, 8 Ca 18/11, zitiert nach juris).
- 11 -
Wie oben dargestellt, hat die Kammer keinen Zweifel, dass die Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 nicht nur für die Zukunft, sondern auch zumindest für die Dauer des hier streitigen Zeitpunkts wirkt und die Tariffähigkeit der CGZP auch für die Vergangenheit, d. h., ab der Satzung von 2005 nicht gegeben ist ( so auch ArbG Dortmund vom 16.3.2011 aaO). Für eine Aussetzung nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG besteht daher ein Raum.
4.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen und konnte nicht bis zur Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 von der Wirksamkeit der seitens der CGZP geschlossenen Tarifverträge ausgehen.
Die dahingehende Argumentation unter anderem von Thüsing, Mengel (AÜG, 2. Aufl. § 9 Rn. 46 a) ist durch die klaren Worte des BAG: „Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird nicht geschützt" (BAG vom 15.11.2006, Leitsatz und Rn. Nr. 23 aaO) hinfällig. Dem ist nichts hinzuzufügen.
5.
Die zwischen den Parteien mit Änderungsvertrag vom 06.04.2010 rückwirkend zum 01.01.2010 vereinbarte Anwendung der Tarifverträge des Arbeitgeberverbandes Mittelstädtischer Personaldienstleister e. V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaft, Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DW, die Berufungsgewerkschaft e. V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industriegewerbe Dienstleistung (BIGD) im Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftliche Berufe (ALEP) sowie medsonet können eine wirksame Tarifbindung der Parteien nicht begründen. Die dahingehende Vereinbarung zwischen den Parteien ist nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam.
Eine arbeitsvertragliche Regelung, welche die Anwendung bestimmter Tarifverträge regelt, ohne klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen der jeweilige Tarifvertrag zur Anwendung kommt, hält einer Inhaltskontrolle gern. § 307 Abs. 1 BGB nicht stand (so auch ArbG Bielefeld vom 09.02.2010, 5 AZR 2730/09, zitiert nach juris).
- 12 -
Der zwischen den Parteien vereinbarte Änderungsvertrag stellt in diesem Punkt als Formulararbeitsvertrag eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar. Es ist weder vorgetragen noch aus dem Gesamtzusammenhang ersichtlich, dass gerade diese Regelung von den Parteien in Vertragsverhandlungen explizit vereinbart wurde. Die Regelung unterliegt daher der Inhaltskontrolle gern. §§ 307 ff. BGB.
Gemäß § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gemäß Satz 2 der Vorschrift liegt eine unangemessene Benachteiligung auch dann vor, wenn die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Nach dem Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen in einem Arbeitsvertrag so genau beschrieben werden, dass keine vermeidbaren Unklarheiten und keine ungerechtfertigten Spielräume für den Verwender entstehen. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners/des Verwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt (BGH, Urteil vom 03.03.2004, VIII ZR 153/03, NZM 2004, 379). Dabei ist zudem zu beachten, dass eine Verweisung auf die Vorschriften eines Tarifvertrages, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet ist, für sich genommen noch nicht zur Intransparenz führt. Sinn des Transparenzgebots ist nämlich, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitnehmer von Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Erst wenn die Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Bestimmungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB vor (BAG vom 01.09.2010, 5 AZR 517/09 in NZA 2011, 575 — 576; BAG vom 10.12.2008, 4 AZR 801/07, NZA RR 2010, 7-15; BAG vom 14.03.2007, 5 AZR 630/06, NZA 2008, 45-48).
Angewandt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass es für die Klägerin nach dem Änderungsvertrag vom 06.04.2010 nicht ersichtlich ist, welche tarifvertraglichen Regelungen für sie nunmehr gelten. Es wird auf Tarifverträge von 5 verschiedenen Gewerkschaften und dem Dachverband verwiesen, die zum Teil unterschiedliche Anwendungsbereiche haben bzw. aus verschieden Branchen sind. Insbesondere die nebeneinander stehenden Tarifverträge der Dachgewerkschaft CGZP und der Einzelgewerkschaften lassen nicht erkennen, welche tarifvertraglichen Regelungen die Beklagte nunmehr anwenden will und ob zunächst die Tarifverträge der CGZP und im Fall von deren Unwirksam die übrigen Tarifverträge und wenn ja, welche gelten sollen.
- 13 -
Durch die arbeitsverträgliche Regelung wird für die Klägerin nicht hinreichend deutlich, wann welche Regelung von welchem Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Anwendung kommen soll. Aus der Tätigkeit der Klägerin ist zunächst nicht offensichtlich, unter welcher Branche die Klägerin fällt und ob diese von den genannten Tarifverträgen umfasst ist. Damit entspricht § 1 des Änderungsvertrages vom 06.04.2010 nicht dem Bestimmheits- und Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Verweisung auf die Tarifverträge nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist damit unwirksam. Nach § 306 Abs. 1 BGB bleibt im Übrigen der Änderungsvertrag wirksam.
Folgen der Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 BGB ist, dass sich der Inhalt der Verträge nach den gesetzlichen Vorschriften richtet (§ 306 Abs. 2 BGB). Damit findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kein Tarifvertrag Anwendung, so dass es nach §§ 9 Ziff. 2, 10 Abs. 4 AÜG bei dem Grundsatz der gleichen Bezahlung verbleibt.
6.
Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verfallen.
Die tariflichen Ausschlussfristen unterliegen dem gleichen Schicksal wie der Tarifvertrag selbst. Entweder kommen sie wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP und der sich daraus ergebenden Nichtigkeit des TV oder wegen der Unwirksamkeit der in Bezugnahme nach § 307 Abs. 1 Ziffer 2 BGB nicht zur Anwendung.
Die einzelvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen in § 14 des Arbeitsvertrages vom 30.4.2009 halten zwar einer ABG - Kontrolle stand. Sie sind weder überraschend noch mit 3 Monaten Frist für die schriftliche Geltendmachung und 3 weiteren Monaten Frist für die Klageeinreichung zu kurz und benachteiligen die Klägerin nach der Rechtsprechung des BAG nicht unangemessen (Vgl. hierzu BAG vom 28.9.2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149). Die arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen sind auch unabhängig von der Geltung des Tarifvertrages vereinbart, sodass es hier auf die Wirksamkeit der Tarifverträge nicht ankommt.
- 14 -
Dennoch ist der Anspruch der Klägerin nicht wegen der in § 14 des Arbeitsvertrages vereinbarten Ausschlussfristen verfallen, da der Lauf der Ausschlussfristen frühestens erst mit der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 beginnt.
Die Ausschlussfristen dienen dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit im Vertragsverhältnis. Der Schuldner soll binnen einer angemessenen Frist darauf hingewiesen werden, welche Ansprüche gegen ihn noch geltend gemacht werden (ErfK-Preis, 11. Aufl. 2011, § 194 — 218 BGB Rn 32).
a.
Der Beginn der Ausschlussfrist setzt die Fälligkeit des Anspruchs voraus. Ein Anspruch ist regelmäßig erst dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann. Der Begriff der Fälligkeit wird dabei von den Gerichten für Arbeitssachen unter Einbeziehung des Kenntnisstandes des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichts¬punkte interessengerecht ausgelegt (BAG 1.3.2006, 5 AZR 511/05, NZA 2006, 783 Rn 14; BAG vom 28.9.2005, 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149 Rn 33). Hierbei wird Rückgriff genommen auf die Regelungen zur Verjährung.
Für die Verjährung von Ansprüchen nach §§ 194 ff. BGB ist neben den objektiven Voraussetzungen auch eine subjektive Komponente nach § 199 Abs. 1 Satz 2 BGB notwendig. Der Wertung des § 199 Abs. 1 Satz 2 BGB ist auch in den Ausschlussfristen dadurch Rechnung zu tragen, dass für den Fristenbeginn die Fälligkeit des Anspruchs maßgebend ist. Nur wenn der Anspruch erkennbar und durchsetzbar ist, ist er fällig. Eine andere Regelung wäre mit dem Grundgedanken, wonach für den Beginn der Verjährungsfrist Voraussetzung ist, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, unvereinbar ist (BAG 1.3.2006 aaO.).
Im Verjährungsrecht ist auch anerkannt, dass der Verjährungsbeginn dann wegen Rechtsunkenntnis
hinausgeschoben sein kann, wenn die Rechtslage unübersichtlich oder zweifelhaft ist, sodass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehle es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH 25.2.1999 — IX ZR 30/98, NJW 1999, 2041).
- 15 -
Auch die Literatur geht davon aus, dass die Reform des Verjährungsrechts konkrete Auswirkungen auf den Beginn der Ausschlussfristen hat und stellt auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Nichtkenntnis als Fristenbeginn ab (Thüsing, BB 2005, 1566).
Es ist damit zumindest nicht grob fahrlässig, wenn der Arbeitnehmer bei unklarer Rechtslage eine rechtskräftige Entscheidung der Obergerichte abwartet.
Bei Anwendung dieser Kriterien wurde der Lauf der Ausschlussfrist erst frühestens am 14.12.2010 in Gang gesetzt. Bis zur Entscheidung des BAG an diesem Tag zur Tariffähigkeit der CGZP lag eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vor. In der Literatur gab es zahlreiche, sich widersprechende Rechtspositionen. So gingen z.B. Jacobs (ZfA 2010, 27), Thüsing (2. Aufl. § 9 AÜG Rn 46) und Lembke (NZA 2008, 451) von der Wirksamkeit der Tarifverträge der CGZP aus, Schüren (NZA 2008, 453) und Brors (AuR 2010, 406) verneinten sie. Bis zur Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 war daher eine Prognose über die Tariffähigkeit der CGZP und damit auch der Wirksamkeit der Tarifverträge völlig unsicher (so auch Schüren, AuR 2011, 142, 144). Für die Klägerin und viele Arbeitnehmer war es ungewiss, ob ein Anspruch besteht oder nicht. Hierbei ist zu bedenken, dass der Anspruch equal pay aus § 10 Abs. 4 AÜG erst entsteht, wenn ein Tarifvertrag nicht oder nicht mehr zur Anwendung kommt. Erst in dem Moment, in dem die Nichtigkeit des Tarifvertrags rechtskräftig festgestellt ist, wird diese Rechtsunsicherheit beseitigt. Ob es hierbei auf das Datum der Entscheidung, die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch Presseerklärung oder Medien oder auf den Zugang des abgesetzten Urteils ankommt, war hier nicht zu entscheiden, da die Klägerin innerhalb von 3 Monaten nach dem 14.12.20010 Klage eingereicht hat und diese zugestellt wurde.
Es war daher nicht grob fahrlässig, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die bestehenden Rechte auf eqal pay nicht vor Entscheidung der BAG über die Tariffähigkeit der CGZP und die Wirksamkeit der Tarifverträge eingeklagt haben.
b.
Ein Abstellen auf eine frühere Geltendmachung des Anspruchs vor dem 14.12.2010 entspricht auch nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
- 16 -
Das BAG hat für die Vereinbarung von Ausschlussfristen in einer Betriebsvereinbarung entschieden, dass es dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht entspreche, von Arbeitnehmern zu verlangen, zusammen mit der Kündigungsschutzklage auch das jeweilige Annahmeverzugsentgelt gerichtlich geltend zu machen. Es verwies dabei auch auf die beachtliche Kostenlast, die nach § 12a ArbGG nicht erstattet wird (BAG vom 12.12.2006, 1 AZR 96/06, NZA 2007, 453-458; Kothe, JR 2009,88).
Die vor der Entscheidung des BAG bestandene unklare Rechtslage steht außerhalb der Rechtsbeziehungen der Parteien und kann wegen der Besonderheit des Verfahrens nach § 97 ArbGG auch von diesen nicht isoliert geklärt werden. Auch wenn die Klägerin eine Entgeltklage eingereicht hätte, so hätte die Frage der Tariffähigkeit der CGZP nicht inzidenter von dem Arbeitsgericht geprüft werden können, sondern es hätte ein Statusverfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG eingeleitet werden müssen.
Dies ist jedoch einem normalen Leiharbeitnehmer/einer normalen Leiharbeitnehmerin nicht zumutbar. Wie Schüren an einem Beispiel plastisch dargelegt hat, trägt der Arbeitnehmer auch bei einer obsiegenden Entscheidung in einem Statusverfahren nach § 97 ArbGG die erstinstanzlichen Kosten des Verfahrens. Da diese bei den hohen Streitwerten eines solchen Verfahrens allein an Anwaltskosten mehrere Tausend € betragen können, wären die Kosten höher als der Nachzahlungsanspruch des Arbeitnehmers, sodass der Arbeitnehmer selbst bei vollständigem Erfolg einen wirtschaftlichen Verlust erleiden würde (Schüren, AuR 2011, 142, 144).
Auch das BVerfG geht davon aus, dass Ausschlussfristen im Hinblick auf Entgeltansprüche dann nicht zur Anwendung kommen dürfen, wenn das dem Zahlungsanspruch zugrunde liegende Rechtsverhältnis (dort der Bestand des Arbeitsverhältnisses) noch unklar ist (BVerfG 1.12.2010 — 1 BvR 1682/07 — NZA 2011, 354). Die dort als Argument angeführten Kostenbarrieren sind auf den hiesigen Fall übertragbar.
Ob es hierbei auf das Datum der Entscheidung des BAG, der Bekanntgabe durch Presseerklärung oder der Zustellung des abgesetzten Urteils ankommt mag dahingestellt bleiben. Die von der Klägerin am 8.3.2011 eingereichte Klage ist der Beklagten am 11.3.2011 zugegangen. Damit ist der erste und zweite Teil der dreimonatigen Ausschlussfrist eingehalten, auch wenn man von dem frühesten Termin am 14.12.2010 ausgeht.
- 17 -
7.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen dem Bruttostundenlohn der vergleichbaren Arbeitnehmer in Höhe von 12,84 Euro und des gezahlten Bruttostundenlohnes in Höhe von 6,00 Euro bzw. 6,15 Euro. Ein Nettovergleich und eine Anrechnung von der Beklagten neben dem Bruttostundenlohn gezahlten Sonderleistungen wie Fahrtkosten sind nicht vorzunehmen.
Nach § 10 Abs. 4 AÜG kann der Leiharbeitnehmer im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Verleiher von diesem die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für den vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgeltes verlangen. Zur Höhe und dem Umfang des Entgeltanspruchs wird auf § 9 verwiesen.
Das Gesetz enthält keine Begriffsbestimmung des Arbeitsentgeltes. Arbeitsentgelt ist all das, was für die Arbeitsleistung pro Zeiteinheit (Zeitentgelt) oder für das Arbeitsergebnis (Akkord-/Prämienlohn) bezahlt wird. Provisionen, Tantiemen, Gewinnbeteiligungen und Sachleistungen gehören dazu. Auch Zulagen, die in die Arbeitsstunden geknüpfte Belastungen ausgleichen sind Arbeitsentgelt. Nebenleistungen hingegen dürften keine wesentlichen Arbeitsbedingungen sein (Schüren-Haman, § 9 AÜG, Rn. 25 und 129). Anknüpfungspunkt ist daher der Bruttostundenlohn, der für die Arbeitsleistung der Klägerin pro Zeiteinheit gezahlt wurde. Die Fahrtkosten sind Sachleistungen, die unabhängig von der Zahl der geleisteten Stunden und der Dauer der täglichen Arbeitszeit anfallen. Sie werden bei Leiharbeitnehmern üblicherweise für die Erschwernisse der wechselnden Arbeitsstellen und der damit verbundenen Kosten gezahlt. Daher sind sie andere Vergütungsbestandteile, die bei der Berechnung nicht mit einzubeziehen sind.
Der Anspruch der Klägerin berechnet sich somit danach, welchen Bruttostundenlohn sie von der Beklagten erhalten hat und welcher Bruttostundenlohn ihr später als vergleichbare Arbeitnehmerin gezahlt wurde. Die Berechnung erfolgt anhand der von der Beklagten abgerechneten unstreitig geleisteten Arbeitszeit.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug, §§ 286, 288, 291 BGB.
- 18 -
II.
Für die Zeit vom 04.05.2009 bis 14.06.2009 steht der Klägerin nach § 9 Ziff. 2 AÜG kein Anspruch auf Differenzlohn zu. Die Klage war daher in Höhe von 1.475,76 Euro abzuweisen.
Nach § 9 Nr. 2 AÜG können Verleiher zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis nicht tariflich geregelt ist, für die ersten sechs Wochen der Überlassung an einen Entleiher geringer entlohnen als die reguläre gesetzliche Einsatzvergütung. Diese Sonderregelung greift bei der erstmaligen Einstellung des Leiharbeitnehmers. Dabei ist die Untergrenze das dem Leiharbeitnehmer zuletzt ausbezahlte Arbeitslosengeld. Die Nettovergütung muss — um gesetzeskonform zu sein — mindestens dieses Arbeitslosengeld erreichen (Schüren, Haman aaO, § 9 Rn. 139, 142).
Die Parteien haben im Kammertermin unstreitig gestellt, dass die Klägerin vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten arbeitslos war und ein Arbeitslosengeld erhalten hat, das unter dem von der Beklagten gezahlten Nettoentgelt von 899,40 Euro im Mai 2009 und 1.029,74 Euro im Juni 2009 lag. Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Zahlung der Differenz für die ersten sechs Wochen des Arbeitsverhältnisses. Dies betrifft die Zeit vom 04.05.2009 bis 14.06.2009 und berechnet sich für den Monat Mai in Höhe von 963,07 Euro wie eingeklagt und für den Monat Juni 2009 für 9 Arbeitstage und einen Feiertag in Höhe von 512,69 Euro.
III.
Über den Hilfsantrag war nicht zu entscheiden, da dem Hauptantrag stattgegeben wurde.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, § 92 ZPO. Da die Parteien jeweils teilweise obsiegt haben und teilweise unterlegen waren, waren die Kosten anteilig zu quoteln.
Für den nach § 61 Abs. 1 ArbGG festzusetzenden Streitwert wurde die beantragte Summe zu Grunde gelegt.
- 19 -
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien Berufung eingelegt werden.
Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt oder einem Vertreter einer Gewerkschaft bzw. einer Arbeitgebervereinigung oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände eingereicht werden.
Die Berufungsschrift muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat
bei dem
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg,
Magdeburger Platz 1, 10785Berlin,
eingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass Berufung gegen dieses Urteil eingelegt werde.
Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb einer Frist von zwei Monaten in gleicher Form schriftlich zu begründen.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Der Schriftform wird auch durch Einreichung eines elektronischen Dokuments im Sinne des §
46 c ArbGG über den elektronischen Gerichtsbriefkasten genügt. Die Startseite für den
elektronischen Gerichtsbriefkasten befindet sich auf der Internetseite
http://www.gerichtsbriefkasten.de. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Internetseite unter www.erv.brandenburg.de.
Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit der Einlegung in den Briefkasten oder einer ähnlichen Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt.
Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung.
Das Zustellungsdatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt.
Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der
ehrenamtlichen Richter erbeten.
Weitere Statthaftigkeitsvoraussetzungen ergeben sich aus § 64 Abs.2 ArbGG : "Die Berufung kann nur eingelegt werden,
a) wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist,
b) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c) in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d) wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe."
Barzen
Richterin am Arbeitsgericht
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |