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LAG Rhein­land-Pfalz, Be­schluss vom 15.06.2011, 6 Ta 99/11

   
Schlagworte: Tariffähigkeit, CGZP
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 6 Ta 99/11
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 15.06.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Kaiserslautern, Beschluss vom 25.03.2011, 8 Ca 1031/99
   

Ak­ten­zei­chen:
6 Ta 99/11
8 Ca 1031/09
ArbG Kai­sers­lau­tern
Ent­schei­dung vom 15.06.2011

Te­nor:

Die so­for­ti­ge Be­schwer­de des Be­schwer­deführers ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Kai­sers­lau­tern vom 25. März 2011 - 8 Ca 1031/99 - wird auf sei­ne Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

Die Rechts­be­schwer­de wird zu­ge­las­sen.

Gründe:

I. Der be­schwer­deführen­de Kläger wen­det sich ge­gen die gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG er­folg­te Aus­set­zung sei­nes am 29. Ju­ni 2009 ein­ge­lei­te­ten Kla­ge­ver­fah­rens, mit wel­chem er als ver­lie­he­ner Ar­beit­neh­mer ab Au­gust 2003 bis ein­sch­ließlich Ja­nu­ar 2009 equal-pay Ansprüche so­wie Ur­laubs­ab­gel­tungs­ansprüche in Höhe von ins­ge­samt 90.860,21 € ver­folgt.

Die ursprüng­lich un­ter dem Na­men E Per­so­nal- und Ser­vice GmbH fir­mie­ren­de Be­klag­te des Aus­gangs­ver­fah­rens ver­leiht ge­werbsmäßig Ar­beit­neh­mer in an­de­re Be­trie­be.

Der Kläger war im An­spruchs­zeit­raum als Leih­ar­beit­neh­mer beschäftigt.

Der un­ter dem 01. Au­gust 2003 ge­schlos­se­ne For­mu­lar-Ar­beits­ver­trag enthält in § 3 fol­gen­de Re­ge­lung:

§ 3 An­zu­wen­den­der Ta­rif­ver­trag
Die Rech­te und Pflich­ten aus dem Ar­beits­verhält­nis re­geln sich nach dem Ta­rif­ver­trag Zeit­ar­beit und PSA. hier dem Man­tel­ta­rif­ver­trag (MTV) zwi­schen der Ta­rif­ge­mein­schaft C Ge­werk­schaf­ten Zeit­ar­beit und P nach­fol­gend CG­ZP - und der In­ter­es­sen­ge­mein­schaft N Zeit­ar­beit­neh­men e. V. - nach­fol­gend INZ - in der je­weils gülti­gen Fas­sung.

Ergänzend fin­den die ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen An­wen­dung.
Zur Vergütung enthält § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges fol­gen­de Re­ge­lung:

§ 4 Vergütung
Der Mit­ar­bei­ter wird ent­spre­chend der aus­geübten Tätig­keit auf Grund­la­ge des Ent­gelt­rah­men­ta­rif­ver­tra­ges bzw. Ent­gelt­ta­rif­ver­tra­ges, ab­ge­schlos­sen zwi­schen der CG­ZP und der INZ in die ta­rif­li­che Ent­gelt­grup­pe E 4 ein­ge­stuft. Auf Grund­la­ge die­ser Ein­stu­fung er­rech­net sich fol­gen­der Brut­to-St­un­den­lohn:

Ent­gelt­grup­pe E 4
Grund­lohn pro St­un­de 7,80 €
Pro­duk­tiv­lohn pro St­un­de 9,50 €
Vermögens­wirk­sa­me Leis­tun­gen pro Mo­nat 13,50 €

Das Ar­beits­ge­richt Kai­sers­lau­tern, wel­ches den Rechts­streit bis zur Vor­la­ge der vollständi­gen Be­gründung des Ur­teils des BAG vom 14. De­zem­ber 2010 - AZ: 1 ABR 19/10 - mit Be­schluss vom 26. Ja­nu­ar 2011 "aus­ge­setzt" hat­te, fass­te nach Wi­der­auf­ruf des Ver­fah­rens durch den Kläger am 25. März 2011 fol­gen­den Be­schluss:

Der Rechts­streit wird/bleibt gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Er­le­di­gung ei­nes Be­schluss­ver­fah­rens über die Ta­riffähig­keit der Ta­rif­ge­mein­schaft C Ge­werk­schaf­ten für Z und P S Agen­tu­ren (CG­ZP) im Zeit­punkt des Ab­schlus­ses der für den Zeit­raum Au­gust 2003 bis De­zem­ber 2008 ein­schlägi­gen Ta­rif­verträge, ge­schlos­sen zwi­schen der CG­ZP und dem Ar­beit­ge­ber­ver­band mit­telständi­scher Per­so­nal­dienst­leis­ter e. V. (AMP), aus­ge­setzt.

Ge­gen den am 29. März 2011 zu­ge­stell­ten Be­schluss rich­tet sich die am 12. April 2011 ein­ge­leg­te so­for­ti­ge Be­schwer­de des Klägers. In ihr wird ei­ne man­geln­de Er­kenn­bar­keit de­ren Aus­set­zung und ih­re Be­rech­ti­gung so­wie die Vor­ge­hens­wei­se des Ar­beits­ge­rich­tes be­an­stan­det.

Zu den Ein­zel­hei­ten der Be­gründung wird auf die Schriftsätze vom 28. April 2011 (Bl. 174 - 176 d. A.) und 6. Ju­ni 2011 (Bl. 268 - 271 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Die Be­klag­te hat in ih­rem Zurück­wei­sungs­an­trag ins­be­son­de­re dar­auf ab­ge­stellt, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt in der maßgeb­li­chen Ent­schei­dung vom 14. De­zem­ber 2010 - 1 ABR 19/10 - für die strei­ti­gen Zeiträume kei­ne rechts­kräfti­gen Ent­schei­dun­gen ge­trof­fen ha­be. In den Be­schluss­gründen sei aus­geführt, dass auf­grund der er­folg­ten An­trag­stel­lung nur ei­ne ge­gen­warts­be­zo­ge­ne Ent­schei­dung ha­be ge­trof­fen wer­den können.

Auf die dies­bezügli­che Be­gründung im Schrift­satz vom 28. März 2011 (Bl. 160 - 161 d. A.) so­wie die je­wei­li­gen späte­ren Ergänzun­gen im Schrift­satz vom 14. Ju­ni 2011 (Bl. 328 - 330 d. A.) wird Be­zug ge­nom­men.

II. Die statt­haf­te und ins­ge­samt zulässi­ge so­for­ti­ge Be­schwer­de ist n i c h t be­gründet.

Die Aus­set­zungs­ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts vom 25. März 2011 ist nach § 95 Abs. 5 ArbGG ge­recht­fer­tigt. Sie stellt die Re­ak­ti­on auf den aus­drück­lich zu­letzt ge­stell­ten Aus­set­zungs­an­trag der Be­klag­ten dar und ist ent­ge­gen der An­sicht des Klägers auch in­halt­lich deut­lich. Die For­mu­lie­rung des un­ter I der Gründe dar­ge­stell­ten Te­nors des an­ge­foch­te­nen Be­schlus­ses ("wird/bleibt" "aus­ge­setzt") ist an § 97 Abs. 5 ArbGG fest­ge­macht und will zu­gleich er­kenn­bar an der Aus­set­zungs­be­rech­ti­gung gemäß dem ursprüng­li­chen Be­schluss vom 26. Ja­nu­ar 2011 fest­hal­ten.

Für das Be­schwer­de­ver­fah­ren ist von recht­li­cher Be­deu­tung, dass die Auf­fas­sung des aus­set­zen­den Ge­richts über die Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit der Ta­riffähig­keit nur be­grenzt nach­prüfbar ist. Sie ist so­lan­ge an­zu­neh­men, wie der Man­gel der Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit n i c h t o f f e n s i c h t li c h ist (zu­tref­fend: Schwab/Weth/Wal­ker, Kom­men­tar zum Ar­beits­ge­richts­ge­setz, 3. Aufl., § 97 Rz. 48 m. w. N. auf BAG Be­schluss vom 28. Ja­nu­ar 2008 - 3 AZB 30/07 = NZA 2008, 489 BAG Be­schluss vom 26. Ok­to­ber 2009 - 3 AZB 24/99 = NZA 2009, 1436). Dies ist vor­lie­gend nicht der Fall.

§ 97 Abs. 5 ArbGG, wo­nach das Ge­richt das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen hat, wenn die Ent­schei­dung ei­nes Rechts­streits u. a. von der Ta­riffähig­keit ei­ner Ver­ei­ni­gung abhängt, will mit der nor­mier­ten Not­wen­dig­keit im Pro­ce­de­re ein Höchst­maß an Klar­heit für die Be­fug­nis zur Norm­set­zung er­rei­chen (vgl. BAG Be­schluss vom 25. Sep­tem­ber 1996 - 1 ABR 25/96 = NZA 1997, 668 (670) m. zust. Anm. Oet­ker in AP Nr. 4 zu § 97 ArbGG 1979). Die An­nah­me des Ar­beits­ge­richts, dass die Ent­schei­dung des vor­lie­gen­den Rechts­streits von der Ta­riffähig­keit der Ta­rif­ge­mein­schaft C Ge­werk­schaf­ten Z und P -CG­ZP - abhängt, ist an­ge­sichts des dar­ge­stell­ten ein­ge­schränk­ten Prüfungs­maßsta­bes nicht of­fen­sicht­lich un­zu­tref­fend. Die Kla­ge­for­de­rung kann nämlich nur be­gründet sein, wenn die in ar­beits­ver­trag­lich in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­verträge un­wirk­sam sind. Dies könn­te sich er­sicht­lich le­dig­lich aus ei­ner feh­len­den Ta­riffähig­keit der CG­ZP im An­spruchs­zeit­raum er­ge­ben. Dies wird auch aus § 9 Nr. 2 des Ge­set­zes zur Re­ge­lung der ge­werbsmäßigen Ar­beit­neh­merüber­las­sung (AÜG) deut­lich, wo­nach Ver­ein­ba­run­gen un­wirk­sam sind, die für den Leih­ar­beit­neh­mer für die Zeit der Über­las­sung an ei­nen Ent­lei­her schlech­ter als die im Be­trieb des Ent­lei­hers für ei­nen ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mer des Ent­lei­hers gel­ten­den we­sent­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen, ein­sch­ließlich des Ar­beits­ent­gel­tes vor­se­hen, falls nicht ei­ne zeit­lich be­grenz­te Über­las­sung ei­nes zu­vor ar­beits­lo­sen Leih­ar­beit­neh­mers ge­ge­ben ist.

Die Auf­fas­sung der Be­klag­ten, wo­nach im Be­schluss des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 14. De­zem­ber 2010 - 1 ABR 19/10 - aus­drück­lich dar­auf ab­ge­ho­ben wird, dass "die ge­gen­warts­be­zo­ge­ne Fest­stel­lungs­anträge" be­gründet sind (Zif­fer 63 des Be­schlus­ses des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes) hat im Rah­men der Of­fen­sicht­lich­keitsprüfung da­her recht­li­che Re­le­vanz. Dass für die kla­ge­ge­genständ­li­chen Zeiträume noch kei­ne rechts­kräfti­ge Ent­schei­dung ge­trof­fen wur­de und da­mit letzt­lich ein Aus­set­zungs­be­darf be­steht, ist nicht von der Hand zu wei­sen. Mit dem Kläger ist für die Be­stim­mung des Um­fangs der Rechts­kraft zwar vom Te­nor der Ent­schei­dung aus­zu­ge­hen; maßgeb­lich bleibt je­doch auch der Kla­ge­an­trag über den ent­schie­den wur­de, wenn der In­halt der Ent­schei­dung an­hand des Te­nors nicht ein­deu­tig be­stimmt wer­den kann. In den Gründen des Be­schlus­ses des BAG vom 14. De­zem­ber 2010 - 1 ABR 19/10 - wird auf die Ge­gen­warts­be­zo­gen­heit des An­tra­ges hin­ge­wie­sen, so dass ein mögli­cher Aus­set­zungs­grund we­gen der kla­ge­ge­genständ­li­chen Zeiträume vor dem Ent­schei­dungs­da­tum des BAG-Be­schlus­ses be­steht.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Grund für die Zu­las­sung der Rechts­be­schwer­de be­ruht auf §§ 72 Abs. 2, 78 Satz 2 ArbGG.

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