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Betriebsübergang und Leiharbeit
29.03.2014. Wird eine Betriebsabteilung von einem neuen Arbeitgeber übernommen, kann das ein Betriebsteilübergang sein, so dass der neue Arbeitgeber alle Arbeitnehmer der Abteilung weiter beschäftigen muss.
Voraussetzung ist allerdings, dass die Abteilung eine funktionierende "wirtschaftliche Einheit" darstellt. Das ist bei Zeitarbeitsfirmen selten der Fall, denn sie überlassen die Arbeitsorganisation vor Ort ja dem Entleiher.
Eine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit bilden Teams von Leiharbeitnehmern daher nur zusammen mit Verwaltungsangestellten ihrer Zeitarbeitsfirma, d.h. mit Personalsachbearbeitern und Kundenbetreuern: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2013, 8 AZR 1023/12.
- Wann gibt es bei Zeitarbeitsfirmen übergangsfähige Betriebsteile?
- Der Streitfall: Zeitarbeitsfirma übernimmt einen bestehenden Auftrag und 14 dafür eingesetzte Leiharbeiter, aber keine Verwaltungskräfte
- BAG: Übernimmt eine Zeitarbeitsfirma von einer anderen Zeitarbeitsfirma nur Leiharbeitnehmer, aber keine Verwaltungskräfte, liegt kein Betriebsteilübergang vor
Wann gibt es bei Zeitarbeitsfirmen übergangsfähige Betriebsteile?
Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gemäß § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Ob der Erwerber das will oder nicht, ist egal, denn diese gesetzliche Überleitung von Arbeitsverhältnissen ist aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes zwingend.
Anders als beim Übergang kompletter Betriebe ist es bei der Übernahme von Betriebsabteilungen oft nicht klar und daher zwischen den Beteiligten umstritten, ob ein "Betriebsteil" vorliegt oder nicht.
Nach der Rechtsprechung kommt es in solchen Fällen darauf an, ob die übernommenen Betriebsmittel und Arbeitnehmer beim alten Arbeitgeber als abgrenzbare wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, und ob diese Einheit als solche, d.h. unter Wahrung ihrer "Identität" auf den Erwerber übergeht. Eine Betriebsabteilung ist eine "wirtschaftliche Einheit" und damit ein Betriebsteil,
- wenn sie bestimmte, von den Aufgaben anderer Abteilungen abgrenzbare Aufgaben erfüllt, und/oder
- wenn die hier tätigen Arbeitnehmer besondere Qualifikationen oder Fähigkeiten haben und/oder
- wenn die hier tätigen Arbeitnehmer nicht in anderen Betriebsabteilungen eingesetzt werden, und/oder
- wenn die Betriebsabteilung spezielle Kunden oder besondere Kundenbeziehungen hat, und/oder
- wenn die Betriebsabteilung eigene wirtschaftliche Ziele verfolgt, und/oder
- wenn die Betriebsabteilung unter einen eigenen Leitung steht, und/oder
- wenn die Betriebsabteilung über spezielle Sachmittel verfügt, die nur hier eingesetzt werden.
Alle diese Umstände zusammen führen dazu, dass ein übergangsfähiger Betriebsteil vorliegt. Dieser muss dann vom Erwerber
- als identische Einheit übernommen worden sein, d.h. beim Erwerber seine "Identität" behalten.
Alle diese Voraussetzungen liegen bei Teams von Leiharbeitnehmern selten vor, auch wenn sie schon lange in derselben Zusammensetzung beim selben Kunden arbeiten. Denn zur arbeitsorganisatorischen Einheit werden sie ja erst im Betrieb des Entleihers. Der Arbeitgeber dagegen, die Leiharbeitsfirma, hat mit dem Arbeitseinsatz und seiner Organisation dagegen nichts zu tun.
Daher kommt es bei der Frage, ob die Übernahme von Leiharbeitnehmern von einer Leiharbeitsfirma durch eine andere einen Betriebsteilübergang darstellt oder nicht, darauf an, ob die übernehmende Leiharbeitsfirma auch Verwaltungsmitarbeiter des bisherigen Zeitarbeitsunternehmens übernimmt. Ist das der Fall, kann auch beim Überwechseln von Leiharbeitnehmer-Teams ein Betriebsteilübergang vorliegen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 13.09.2007 (C-458/05 - Jouini) entschieden.
Ein solcher Betriebsteilübergang von einer Zeitarbeitsfirma zur anderen kommt aber selten vor, wie ein aktueller, vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedener Fall zeigt: BAG, Urteil vom 12.12.2013, 8 AZR 1023/12.
Der Streitfall: Zeitarbeitsfirma übernimmt einen bestehenden Auftrag und 14 dafür eingesetzte Leiharbeiter, aber keine Verwaltungskräfte
Im Streitfall beschloss ein Zeitarbeitsunternehmen Anfang 2011, das Geschäft mit der Zeitarbeit aufzugeben.
Der Grund dafür war der Beschluss des BAG vom Dezember 2010, dem zufolge die "Tarifverträge" der (Schein-)Gewerkschaft CGZP nichtig waren (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell 11/034 BAG: Die CGZP kann keine Tarifverträge abschließen).
Und weil das Zeitarbeitsunternehmen seine Arbeitnehmer auf der Grundlage der CGZP-"Tarifverträge" bezahlte, hätte es seine bestehenden Arbeitsverträge umstellen müssen, denn ein Großkunde erklärte, ab April 2011 nur noch Leiharbeitnehmer mit sauberen Verträgen einsetzen zu wollen.
Daher übertrug die Zeitarbeitsfirma ihr Geschäft mit diesem Kunden auf eine Tochter-GmbH, die wiederum den bei dem Kunden als Tiefdrucker arbeitenden 16 Leiharbeitnehmern die vertragliche Übernahme ihrer Arbeitsverhältnisse anbot, und zwar auf der Grundlage CGZP-freier Arbeitsverträge. 14 Arbeitnehmer machten mit, zwei weigerten sich, darunter der Kläger. Der Lohn wäre zwar in Ordnung gewesen, aber er wollte keine deutschlandweite Versetzungsklausel schlucken.
Daraufhin erklärte die Zeitarbeitsfirma Ende März "zünftig" die fristlose Kündigung aus betrieblichen Gründen und zwei Monate darauf noch einmal eine ordentliche Kündigung, die vor Gericht Bestand hatte. Der Leiharbeitnehmer verklagte daher das Tochterunternehmen seines Ex-Arbeitgebers mit dem Ziel, den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses gerichtlich feststellen zu lassen. Sein Argument: Hier lag ein Betriebsteilübergang von der Muttergesellschaft auf die Tochter vor.
Das Arbeitsgericht Lübeck (Urteil vom 27.09.2011, 6 Ca 903/11) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein wiesen die Klage ab, weil sie meinten, hier läge kein Betriebsteilübergang, sondern eine bloße Auftragsnachfolge vor (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.04.2012, 5 Sa 436/11).
BAG: Übernimmt eine Zeitarbeitsfirma von einer anderen Zeitarbeitsfirma nur Leiharbeitnehmer, aber keine Verwaltungskräfte, liegt kein Betriebsteilübergang vor
Auch das BAG entschied gegen den Leiharbeitnehmer, der damit in allen drei Instanzen den Kürzeren gezogen hatte.
Das BAG begründet sein Urteil ziemlich knapp unter Verweis auf die Leitentscheidung des EuGH (Urteil vom 13.09.2007, C-458/05 - Jouini) mit dem Argument, dass die verklagte Tochtergesellschaft bereits vor der Übernahme der 14 Tiefdrucker Leiharbeitsaufträge für den Kunden abgewickelte hatte, dass sie eine eigene Personalverwaltung hatte und keinerlei Verwaltungskräfte, d.h. Lohnbuchhalter, Personalsachbearbeiter oder Vertriebskräfte ihrer Muttergesellschaft übernommen hatte.
Damit stand fest, dass die hier übernommen 14 Leiharbeitnehmer für sich allein genommen keinen Betriebsteil ihres Ex-Arbeitgebers bildeten, so dass hier auch kein Betriebsteilübergang stattfinden konnte.
Daher half dem Kläger auch nicht der Verweis auf das Klarenberg-Urteil des EuGH vom 12.02.2009 (C-466/07), mit dem der Gerichtshof klargestellt hatte, dass ein Betriebsteil auch dann unter Wahrung seiner Identität übernommen werden kann, wenn die übernommenen Teams beim Erwerber in eine anderer Organisation hineingestellt werden (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 09/034 Betriebsteilübergang auch bei Verlust der organisatorischen Selbständigkeit).
Denn hier im Streitfall ging es gar nicht darum, ob der "Betriebsteil Tiefdruck" bei dem verklagten Tochterunternehmen in eine andere Organisation eingebunden wurde oder nicht, sondern um die Vorfrage, ob es beim Ex-Arbeitgeber so etwas wie einen abgrenzbaren "Betriebsteil Tiefdruck" jemals gab. Und das war eben nicht der Fall.
Fazit: Es ist praktisch kaum denkbar, dass die Übernahme von Leiharbeitnehmern durch eine andere Zeitarbeitsfirma einen Betriebsteilübergang darstellt, denn dazu müsste die übernehmende Firma zusätzlich zu den beim Kunden eingesetzten Leiharbeitnehmern auch einen speziell diesen Leiharbeitnehmern zugeordneten Teil der Personalverwaltung übernehmen. Und arbeitsrechtlich gewieft, wie die meisten Zeitarbeitsunternehmen sind, werden sie das vermeiden.
Damit haben Leiharbeitnehmer auch beim Thema Betriebsteilübergang einen schwereren Stand und damit eine geringere Arbeitsplatzsicherheit als Stammkräfte. Denn eine abgrenzbare Arbeitsorganisation, die auch wirtschaftlich eigene Ziele verfolgt, gibt es bei normalen Betrieben wesentlich öfter als bei Zeitarbeitsunternehmen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2013, 8 AZR 1023/12
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.04.2012, 5 Sa 436/11
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2011, 8 AZR 455/10
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 13.09.2007, C-458/05 (Jouini)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 12.02.2009, C-466/07 (Klarenberg)
- Bundesarbeitsgericht (Webseite)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Versetzungsvorbehalt, Versetzungsklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsübergang
- Handbuch Arbeitsrecht: CGZP
- Arbeitsrecht aktuell: 14/364 EuGH zum Betriebsübergang im Konzern
- Arbeitsrecht aktuell: 12/357 Betriebsübergang durch Grundstückskauf?
- Arbeitsrecht aktuell: 12/190 Betriebsübergang bei Rettungszweckverband
- Arbeitsrecht aktuell: 11/202 Betriebsteilübergang - BAG entscheidet Klarenberg-Fall pro Arbeitgeber
- Arbeitsrecht aktuell: 11/080a Wann liegt beim Betriebsteilübergang eine wirtschaftliche Einheit vor?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/034 BAG: Die CGZP kann keine Tarifverträge abschließen
- Arbeitsrecht aktuell: 09/034 Betriebsteilübergang auch bei Verlust der organisatorischen Selbständigkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 08/135 Betriebsteilübergang auch ohne Wahrung der organisatorischen Selbständigkeit
Letzte Überarbeitung: 29. Oktober 2014
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