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HANDBUCH ARBEITSRECHT

Ar­beits­ver­trag und all­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) - Ver­set­zungs­vor­be­halt, Ver­set­zungs­klau­sel

In­for­ma­tio­nen zum The­ma Ar­beits­ver­trag und all­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) - Ver­set­zungs­vor­be­halt, Ver­set­zungs­klau­sel: Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
Geschäftsführer hinter Schreibtisch mit Bauarbeitern

Auf die­ser Sei­te in­for­mie­ren wir Sie, wo­zu ein Ver­set­zungs­vor­be­halt bzw. ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel dient, wel­chen In­halt ein Ver­set­zungs­vor­be­halt bzw. ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel ha­ben kann und wann es sich da­bei um all­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) des Ar­beit­ge­bers han­delt.

Wei­ter­hin fin­den Sie In­for­ma­tio­nen da­zu, ob der Ar­beit­ge­ber durch ei­nen ge­schickt ab­ge­fass­ten Ver­set­zungs­vor­be­halt sei­ne Ver­set­zungs­be­fug­nis­se über die Gren­zen des Wei­sungs­rechts hin­aus er­wei­tern kann oder ob ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel da­zu nicht taugt.

von Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht Ber­lin

Wo­zu dient ein Ver­set­zungs­vor­be­halt?

Ei­ne Ver­set­zung ist die ein­sei­ti­ge:

  • Zu­wei­sung neu­er Ar­beits­auf­ga­ben, und/oder
  • Zu­tei­lung zu ei­ner an­de­ren Be­triebs­ab­tei­lung, und/oder
  • Zu­wei­sung ei­nes weit ent­fern­ten neu­en Ar­beits­or­tes,

durch den Ar­beit­ge­ber, der da­bei von sei­nem Wei­sungs­recht Ge­brauch macht, d.h. auf die Zu­stim­mung des Ar­beit­neh­mers nicht an­ge­wie­sen ist. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu, wann ei­ne Ver­set­zung vor­liegt, fin­den Sie un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Ver­set­zung.

Da Ver­set­zun­gen nur in dem Rah­men zulässig sind, in dem sich der Ar­beit­neh­mer ver­trag­lich zur Ar­beits­leis­tung ver­pflich­tet hat, d.h. von der ar­beits­ver­trag­li­chen Auf­ga­ben­be­schrei­bung abhängig ist, möch­te der Ar­beit­ge­ber durch ei­nen ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­set­zungs­vor­be­halt sei­ne recht­li­chen Möglich­kei­ten zur Ver­set­zung er­wei­tern.

Ein im Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­ner Ver­set­zungs­vor­be­halt dient da­her den In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers und nicht de­nen des Ar­beit­neh­mers. Statt von Ver­set­zungs­vor­be­halt spricht man auch von Ver­set­zungs­klau­sel.

Wel­che In­halt kann ein Ver­set­zungs­vor­be­halt ha­ben?

Ar­beits­verträge können Ver­set­zungs­klau­seln ent­hal­ten, die nur den Um­kreis der mögli­chen Ar­beits­auf­ga­ben fest­ge­le­gen bzw. be­schrei­ben, zu de­nen sich der Ar­beit­neh­mer ver­pflich­tet. Ei­ne sol­che Ver­set­zungs­klau­sel legt die Haupt­leis­tungs­pflicht des Ar­beit­neh­mers fest, nämlich sei­ne Pflicht, ent­spre­chend den vom Ar­beit­ge­ber er­teil­ten Wei­sun­gen zu ar­bei­ten (Ar­beits­pflicht). Sie könn­te z.B. lau­ten:

(Klau­sel 1) „Der Ar­beit­neh­mer wird als Re­dak­teur ein­ge­stellt und der Wirt­schafts­re­dak­ti­on zu­ge­ord­net. Der Ar­beit­ge­ber behält sich vor, den Ar­beit­neh­mer auch in an­de­ren Re­dak­tio­nen als der Wirt­schafts­re­dak­ti­on ein­zu­set­zen.“

Ein der­ar­ti­ger Ver­set­zungs­vor­be­halt (= mögli­cher Ein­satz in an­de­ren Re­dak­tio­nen als der Wirt­schafts­re­dak­ti­on) bringt nur die Ver­ein­ba­rung zum Aus­druck, dass der Ar­beit­neh­mer als Re­dak­teur in be­lie­bi­gen Re­dak­tio­nen ein­setz­bar sein soll. In­ner­halb die­ses ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Rah­mens hat der Ar­beit­ge­ber das übli­che, über die nor­ma­len Gren­zen nicht hin­aus­ge­hen­de Wei­sungs­recht.

An­ders als ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel die­ser Art sol­len an­de­re Ver­set­zungs­vor­be­hal­te dem Ar­beit­ge­ber da­ge­gen das Recht ge­ben, über den ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Um­kreis von mögli­chen Ar­beits­auf­ga­ben hin­aus wei­te­re, ins­be­son­de­re ge­rin­ger­wer­ti­ge und/oder schlech­ter be­zahl­te Auf­ga­ben zu­zu­wei­sen. Ein sol­cher Ver­set­zungs­vor­be­halt könn­te et­wa lau­ten:

(Klau­sel 2) „Herr Dr. M. wird als Ober­arzt ein­ge­stellt und der Anästhe­sie­ab­tei­lung zu­ge­ord­net. Er ist dem Chef­arzt der Anästhe­sie­ab­tei­lung un­ter­stellt. Der Ar­beit­ge­ber behält sich vor, Herrn Dr. M. im Fal­le be­trieb­li­cher Not­wen­dig­kei­ten - auch dau­er­haft - mit den Auf­ga­ben ei­nes Fach­arz­tes zu be­trau­en.“

Der Un­ter­schied zwi­schen die­sen bei­den Ar­ten von Ver­set­zungs­klau­seln liegt in der Gleich­wer­tig­keit bzw. Un­gleich­wer­tig­keit der Auf­ga­ben:

Mit Ver­set­zungs­klau­sel Nr.1 behält sich der Ar­beit­ge­ber nur vor, gleich ver­ant­wor­tungs­vol­le und da­her gleich be­zahl­te Auf­ga­ben zu­zu­wei­sen (nämlich die Auf­ga­ben ei­nes Re­dak­teurs). Da sol­che Klau­seln nur den Um­fang mögli­cher Ar­beits­auf­ga­ben des Ar­beit­neh­mers fest­le­gen, sind sie recht­lich „harm­los“.

Mit Ver­set­zungs­klau­sel Nr.2 da­ge­gen behält sich der Ar­beit­ge­ber vor, we­ni­ger ver­ant­wor­tungs­vol­le und da­her im All­ge­mei­nen schlech­ter be­zahl­te Auf­ga­ben zu­zu­wei­sen (nämlich die Auf­ga­ben ei­nes Fach­arz­tes, der im Kran­ken­haus den Oberärz­ten un­ter­stellt ist und we­ni­ger Geld als ein Ober­arzt ver­dient). Ei­ne sol­che Klau­sel soll da­her das Wei­sungs­recht über den Um­kreis der ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Auf­ga­ben hin­aus er­wei­tern und ist da­her al­les an­de­re als „harm­los“.

Gehört ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel zu den all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) des Ar­beit­ge­bers?

All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) sind gemäß § 305 Abs.1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB):

  • vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gun­gen,
  • die für ei­ne Viel­zahl von Verträgen aus­ge­ar­bei­tet wur­den, und
  • die ei­ne Ver­trags­par­tei, der AGB-Ver­wen­der, der an­de­ren Ver­trags­par­tei bei Ab­schluss ei­nes Ver­trags stellt.

Die­se De­fi­ni­ti­on macht deut­lich, dass AGB das „Klein­ge­druck­te“ ei­nes Ver­trags sind. AGB kom­men bei Ar­beits­verträgen oft vor, wo­bei der Ar­beit­ge­ber der­je­ni­ge ist, der die AGB zur Ver­trags­aus­ge­stal­tung in sei­nem In­ter­es­se ent­wirft und dem Ar­beit­neh­mer zur An­nah­me stellt.

Ver­trags­be­stim­mun­gen sind kei­ne AGB, wenn sie in­di­vi­du­ell aus­ge­han­delt sind, was bei Ar­beits­verträgen meist nur bei Haupt­leis­tungs­pflich­ten wie z.B. dem Ar­beits­lohn oder bei der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit der Fall ist - wenn über­haupt, da auch Ar­beits­zei­ten und Be­zah­lung in vie­len Fällen ein­sei­tig und for­mu­lar­ver­trag­lich vom Ar­beit­ge­ber vor­ge­ge­ben wer­den. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Ar­beits­ver­trag und all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB).

Ver­set­zungs­vor­be­hal­te sind prak­tisch im­mer AGB. Sie be­tref­fen zwar das Wei­sungs­recht des Ar­beit­ge­bers bzw. den In­halt der Ar­beits­pflicht und dem­zu­fol­ge Haupt­pflich­ten aus dem Ar­beits­verhält­nis. Die­se Ar­beit­ge­ber­rech­te bzw. Ar­beit­neh­mer­pflich­ten be­tref­fen sie aber nur für den Fall ei­ner Ver­set­zung, mit der die meis­ten Ar­beit­neh­mer bei Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses erst ein­mal nicht rech­nen.

Da­her sind Ver­set­zungs­vor­be­hal­te nur sel­ten Ge­gen­stand in­di­vi­du­el­ler Ver­trags­ver­hand­lun­gen zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer. Als AGB sind Ver­set­zungs­vor­be­hal­te auf ih­re Klar­heit und in­halt­li­che An­ge­mes­sen­heit hin zu über­prüfen. Grund­la­ge die­ser recht­li­chen Kon­trol­le von An­rech­nungs­vor­be­hal­ten sind die §§ 305 ff. BGB.

Als AGB muss ein Ver­set­zungs­vor­be­halt / ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel fol­gen­de An­for­de­run­gen erfüllen:

  • Ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel darf nicht an ver­steck­ter Stel­le in den Ver­trag hin­ein­ge­mo­gelt wer­den (sonst ist sie als „über­ra­schen­de Klau­seln“ zu be­wer­ten und wird nicht Ver­trags­be­stand­teil, § 305c Abs.1 BGB). Am bes­ten wer­den Ver­set­zungs­vor­be­hal­te un­ter ei­ner Über­schrift wie z.B. „Wei­sungs­recht“ oder „Ver­set­zung“ in den Ver­trag auf­ge­nom­men.
  • Ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel muss für ei­nen „durch­schnitt­li­chen“ Ar­beit­neh­mer klar und verständ­lich sein (sonst ist sie nicht „trans­pa­rent“ und hat aus die­sem Grund kei­ne Gel­tung, § 307 Abs.1 Satz 2 BGB).
  • Ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel darf kei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers ent­hal­ten (sonst hat sie aus die­sem Grund kei­ne Gel­tung, § 307 Abs.1 Satz 1, Abs.2 BGB).

Wann ist ein Ver­set­zungs­vor­be­halt un­klar und aus die­sem Grund un­wirk­sam?

Behält sich der Ar­beit­ge­ber in ei­ner Ver­trags­klau­sel die Zu­wei­sung an­de­rer Tätig­kei­ten als der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten vor, so muss die Klau­sel nach ei­nem Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Köln die Klar­stel­lung ent­hal­ten, dass nur gleich­wer­ti­ge Ar­bei­ten zu­ge­wie­sen wer­den können (LAG Köln, Ur­teil vom 09.01.2007, 9 Sa 1099/06 - wir be­rich­te­ten darüber in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 07/12 LAG Köln: Kein Ver­set­zungs­recht oh­ne Gleich­wer­tig­keits­klau­sel).

In die­sem Fall hat­te ei­ne Ein­zel­han­dels­ket­te ei­ne An­ge­stell­te als „Nie­der­las­sungs­lei­te­rin“ für ei­ne in Köln ge­le­ge­ne Fi­lia­le ein­ge­stellt. In dem schrift­li­chen, von der Ein­zel­han­dels­ket­te vor­for­mu­lier­ten Ar­beits­ver­trag hat­te sich die­se vor­be­hal­ten, die­ses Auf­ga­ben­ge­biet zu ergänzen und der Ar­beit­neh­me­rin ei­ne an­de­re Tätig­keit im Be­trieb zu­zu­wei­sen, die ih­ren Kennt­nis­sen und Fähig­kei­ten ent­sprach.

Un­ter Be­ru­fung auf die­sen Ver­set­zungs­vor­be­halt ent­zog das Un­ter­neh­men der Ar­beit­neh­mer die Lei­tung der Fi­lia­le und wies ihr Ar­beits­auf­ga­ben in ei­nem Re­pa­ra­tur­be­trieb zu. Das war nicht zulässig, da die Auf­ga­ben nicht gleich­wer­tig wa­ren und es da­her auf die Wirk­sam­keit der Klau­sel an­kam. Die aber war nach An­sicht des LAG we­gen un­an­ge­mes­se­ner Be­nach­tei­li­gung der Ar­beit­neh­me­rin un­wirk­sam, da sie nicht die aus­drück­lich Ein­schränkung ent­hielt, dass nur an­de­re gleich­wer­ti­ge Ar­bei­ten zu­ge­wie­sen wer­den könn­ten.

Ob­wohl sich das LAG bei sei­ner Ent­schei­dung auf § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB be­rief, kann man die Un­wirk­sam­keit ei­ner sol­chen Klau­sel auch aus § 307 Abs.1 Satz 2 BGB her­lei­ten. Denn oh­ne ei­ne sol­che aus­drück­li­che Ein­schränkung ei­nes Ver­set­zungs­vor­be­hal­tes ist die­ser un­klar. Das liegt dar­an, dass der „durch­schnitt­li­che“ Ar­beit­neh­mer auf­grund ei­ner sol­chen Klau­sel fälsch­lich den­ken könn­te, der Ar­beit­ge­ber könne ihm auch ge­rin­ger­wer­ti­ge Auf­ga­ben zu­wei­sen.

Kann der Ar­beit­ge­ber durch ei­nen vor­for­mu­lier­ten Ver­set­zungs­vor­be­halt sein Ver­set­zungs­recht über die Gren­zen des Wei­sungs­rechts hin­aus er­wei­tern?

Ei­ne Klau­sel die­ser Art ist die oben als Bei­spiel ge­nann­te Klau­sel Nr.2.), mit der sich das Kran­ken­haus vor­be­hal­ten hat, den Ober­arzt „im Fal­le be­trieb­li­cher Not­wen­dig­kei­ten - auch dau­er­haft - mit den Auf­ga­ben ei­nes Fach­arz­tes zu be­trau­en“. Ei­ne sol­che Ver­set­zungs­klau­sel ist un­wirk­sam.

Sie enthält nämlich ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Ober­arz­tes im Sin­ne von § 307 Abs.1 Satz 1 BGB, da er dem Kran­ken­haus ei­ne kaum ein­ge­grenz­te Be­fug­nis zur Ver­tragsände­rung an die Hand gibt und da­mit den An­spruch des Ober­arz­tes auf ver­trags­gemäße Beschäfti­gung und auch sei­nen Kündi­gungs­schutz weit­ge­hend aus­he­belt. Denn nor­ma­ler­wei­se müss­te der Ar­beit­ge­ber, wenn er den Arzt nicht mehr als Ober­arzt, son­dern ei­ne Hier­ar­chie­ebe­ne dar­un­ter als Fach­arzt beschäfti­gen möch­te, ei­ne Ände­rungskündi­gung aus­spre­chen.

Ei­ne Ände­rungskündi­gung ist ei­ne Kündi­gung, ver­bun­den mit dem An­ge­bot der Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu geänder­ten, in al­ler Re­gel schlech­te­ren Be­din­gun­gen. Dar­auf kann der Ar­beit­neh­mer, wenn das Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) An­wen­dung fin­det, durch An­nah­me des Ände­rungs­an­ge­bots un­ter dem Vor­be­halt sei­ner so­zia­len Recht­fer­ti­gung re­agie­ren (§ 2 KSchG), was ihm dann die Möglich­keit ver­schafft, die aus dem Ände­rungs­an­ge­bot fol­gen­de Ver­schlech­te­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen ge­richt­lich über­prüfen zu las­sen.

Der Ar­beit­ge­ber muss dann im Fal­le ei­ner Ände­rungs­schutz­kla­ge dar­le­gen, dass die dem Ar­beit­neh­mer vor­ge­schla­ge­ne Ände­rung bzw. Ver­schlech­te­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen „so­zi­al ge­recht­fer­tigt“ ist, d.h. aus be­triebs­be­ding­ten oder in der Per­son des Ar­beit­neh­mers lie­gen Gründen oder aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen un­aus­weich­lich not­wen­dig war. Ei­nen sol­chen Nach­weis kann der Ar­beit­ge­ber oft nicht führen. All die­se recht­li­chen Pro­ble­me will er mit Klau­sel Nr.2) los­wer­den, und das geht nicht auf­grund der recht­lich zwin­gen­den Wir­kung des ge­setz­li­chen Kündi­gungs­schut­zes.

Außer­dem ist Klau­sel Nr.2) auch für ei­nen nor­ma­len Ar­beit­neh­mer un­klar („in­trans­pa­rent“) im Sin­ne von § 307 Abs.1 Satz 2 BGB. Denn der Ober­arzt kann nicht er­ken­nen, was un­ter „be­trieb­li­chen Not­wen­dig­kei­ten“ zu ver­ste­hen ist. Dem­ent­spre­chend weiß er nicht, un­ter wel­chen kon­kre­ten Vor­aus­set­zun­gen er mit ei­ner Ver­set­zung auf ei­nen Fach­arzt­ar­beits­platz rech­nen muss. Er weiß noch nicht ein­mal, ob er im Fal­le ei­ner sol­chen Ver­set­zung nur noch ein Fach­arzt­ge­halt an­statt ei­nes Ober­arzt­ge­hal­tes be­kom­men würde.

Mit Klau­sel Nr.2) kann der Ar­beit­ge­ber da­her sein Ver­set­zungs­recht nicht über die Gren­zen des Di­rek­ti­ons­rechts hin­aus er­wei­tern. Mögli­cher­wei­se geht das aber mit fol­gen­der Klau­sel:

(Klau­sel 3) „Herr Dr. M. wird als Ober­arzt ein­ge­stellt und der Anästhe­sie­ab­tei­lung zu­ge­ord­net. Er ist dem Chef­arzt der Anästhe­sie­ab­tei­lung un­ter­stellt. Der Ar­beit­ge­ber behält sich vor, Herrn Dr. M. bis zur Dau­er von höchs­tens sechs Mo­na­ten un­ter Fort­zah­lung sei­ner Vergütung als Ober­arzt mit den Auf­ga­ben ei­nes Fach­arz­tes zu be­trau­en, wenn dies aus zwin­gen­den be­trieb­li­chen Gründen er­for­der­lich ist. Sol­che Gründe lie­gen vor, wenn Oberärz­tin Dr. F. vor dem ...... 2012 wie­der an ih­ren Ar­beits­platz zurück­keh­ren soll­te und wenn gleich­zei­tig die An­zahl der in der Anästhe­sie­ab­tei­lung beschäftig­ten Fachärz­te für Anästhe­sio­lo­gie acht oder we­ni­ger be­tra­gen soll­te.“

Die­se Klau­sel dürf­te wirk­sam sein. Denn im Un­ter­schied zu Klau­sel Nr.2) be­schränkt sie die Dau­er der Ver­set­zungsmöglich­keit auf sechs Mo­na­te und stellt klar, dass dem Ober­arzt auch in die­sem Fal­le sei­ne bis­he­ri­ge Vergütung nicht ge­nom­men wer­den soll. Da sie außer­dem zwei Be­din­gun­gen für ei­ne sol­che vorüber­ge­hen­de Beschäfti­gung als Fach­arzt kon­kret be­nennt, ist sie je­den­falls nicht un­klar im Sin­ne von § 307 Abs.1 Satz 2 BGB.

Und auch ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung im Sin­ne von § 307 Abs.1 Satz 1 BGB be­inhal­tet sie nicht, weil sie die Ver­set­zung auf ei­nen Fach­arzt­ar­beits­platz von trif­ti­gen be­trieb­li­chen Gründen abhängig macht, weil ei­ne sol­che Ver­set­zung zeit­lich auf höchs­tens sechs Mo­na­te be­schränkt wird und weil sie kei­ne Ein­kom­mens­ein­bußen zur Fol­ge ha­ben soll. Un­ter sol­chen Vor­aus­set­zun­gen wäre auch ei­ne Ände­rungskündi­gung aus be­trieb­li­chen Gründen so­zi­al ge­recht­fer­tigt, so dass dem Ober­arzt auch der ge­setz­li­che Schutz ge­genüber Ände­rungskündi­gun­gen nicht ge­nom­men wird.

Emp­fiehlt es sich für den Ar­beit­ge­ber, durch ei­ne Ver­set­zungs­klau­sel sein Ver­set­zungs­recht über die Gren­zen des Wei­sungs­rechts hin­aus zu er­wei­tern?

Die Un­ter­schie­de zwi­schen Klau­sel Nr.2) und Klau­sel Nr.3) ma­chen deut­lich, dass es für Ar­beit­ge­ber sehr mühse­lig ist, den An­for­de­run­gen des AGB-Rechts bei der Ab­fas­sung von for­mu­lar­ver­trag­li­chen Ver­set­zungs­vor­be­hal­ten ge­recht zu wer­den, wenn ei­ne sol­che Klau­sel das „ehr­gei­zi­ge“ Ziel ver­folgt, die Gren­zen des Wei­sungs­rechts zu­guns­ten des Ar­beit­ge­bers zu er­wei­tern, d.h. wenn ihm die Klau­sel ei­ne Ver­set­zung des Ar­beit­neh­mers auf ei­nen ge­rin­ger­wer­ti­gen und/oder schlech­ter be­zahl­ten Ar­beits­platz ermögli­chen soll.

Ei­ne sol­che Klau­sel ist nur wirk­sam, wenn sie die Be­din­gun­gen der vom Ar­beit­ge­ber vor­be­hal­te­nen ver­schlech­tern­den Ver­set­zung sehr kon­kret be­schreibt. Ei­ne sol­che „Trans­pa­renz“ soll den Ar­beit­neh­mer war­nen, was wie­der­um zu Dis­kus­sio­nen bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen führen kann.

Im ungüns­tigs­ten Fall wird ein Be­wer­ber miss­trau­isch und ver­liert das In­ter­es­se an der Stel­le, so dass der Ar­beits­ver­trag nicht zu­stan­de kommt. Da­her wäre ei­ne Klau­sel von der Art der Klau­sel Nr.2) „smart“, da sie sehr all­ge­mein ge­hal­ten ist und da­her kaum zu Dis­kus­sio­nen führen wird. Nur lei­der ist sie da­her un­wirk­sam.

Im Er­geb­nis lohnt sich für Ar­beit­ge­ber da­her die Mühe nicht, an Ver­trags­klau­seln zu bas­teln, mit de­nen die Gren­zen des Wei­sungs­rechts er­wei­tert wer­den. Stellt sich im Ver­lauf des Ar­beits­verhält­nis­ses her­aus, dass ei­ne Ver­set­zung auf ei­nen we­ni­ger ver­ant­wor­tungs­vol­len und/oder schlech­ter be­zahl­ten Ar­beits­platz er­for­der­lich wird, kann der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer ei­ne Ver­tragsände­rung vor­schla­gen und not­falls ei­ne Ände­rungskündi­gung aus­spre­chen.

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Letzte Überarbeitung: 26. Februar 2022

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