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Versetzung mit Ortswechsel per Eilverfahren stoppen?
02.05.2014. Mit einer Versetzung übt der Arbeitgeber sein Weisungsrecht aus, das ihm gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) zusteht und ihn dazu berechtigt, neben dem Inhalt auch den Ort der Arbeitsleistung "nach billigem Ermessen näher bestimmen".
Versetzungen sind einseitige Anordnungen des Arbeitgebers, d.h. sie sind auch dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer nicht einverstanden ist, vorausgesetzt natürlich, sie entsprechen "billigem Ermessen", d.h. sie berücksichtigen auch die Interessen des Arbeitnehmers.
Entspricht es aber noch billigem Ermessen, einen über 36 Jahre am selben Ort beschäftigten dreifachen Familienvater mit geringem Monatslohn an einen 120 km entfernten anderen Arbeitsort zu versetzen? Und wie sollte sich ein Arbeitnehmer in einer solchen Situation am besten gerichtlich zur Wehr setzen? Darum geht es in einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.03.2014, 5 SaGa 13/13.
- Versetzung in eine andere Stadt auch ohne arbeitsvertragliche Versetzungsklausel?
- Der Streitfall: Eilantrag eines gewerblichen Arbeitnehmers mit 1.800 EUR Lohn gegen Versetzung in 120 km entfernte Stadt trotz 36jähriger Tätigkeit am bisherigen Ort
- LAG: Wer sich fast vier Monate mit einer Klage im Hauptsacheverfahren Zeit lässt, kann sich nicht mit einem Eilantrag gegen eine Versetzung wehren
Versetzung in eine andere Stadt auch ohne arbeitsvertragliche Versetzungsklausel?
Oft enthalten Arbeitsverträge einen ausdrücklichen Versetzungsvorbehalt, dem zufolge der Arbeitgeber dazu berechtigt ist, den Arbeitnehmer innerhalb des gesamten Bundesgebiets zu versetzen. Ob eine solche Klausel überhaupt erforderlich ist oder ob sich ein bundesweites Versetzungsrecht des Arbeitgebers auch ohne eine solche Klausel aus dem Gesetz (§ 106 GewO) ergibt, ist in der juristischen Literatur umstritten.
Einerseits kann man sagen, dass ein "normaler" Arbeitsvertrag eine Pflicht zur Tätigkeit innerhalb des Betriebs begründet, für den man eingestellt wird, denn ein "normaler" Betrieb besteht nicht aus Betriebsstätten oder Betriebsteilen, die über das gesamte Gebiet Deutschlands verteilt sind (so dass "der Einstellungsbetrieb" in ganz Deutschlands liegt), sondern aus einer einzigen oder aus mehreren nahe beieinander liegenden Betriebsstätten.
Andererseits heißt es in § 106 GewO ohne jede Einschränkung, dass der Arbeitgeber dazu berechtigt ist, "den Ort" der Arbeitsleistung zu bestimmen. Und dieser Ort kann auch in einer anderen Stadt liegen. Nimmt man den Wortlaut dieser Vorschrift ernst, ist der Arbeitgeber nicht nur dazu berechtigt, den Arbeitsort innerhalb einer bestimmten Stadt festzulegen.
Wenn man in dieser Streitfrage der Meinung ist, der Arbeitgeber könne einen Arbeitnehmer auch ohne deutschlandweiten Versetzungsvorbehalt in andere Städte versetzen, ist damit noch nicht gesagt, dass auch eine konkrete Versetzung zulässig ist. Denn als Weisung muss eine Versetzung auch die berechtigten Interessen des einzelnen betroffenen Arbeitnehmers berücksichtigen, da sie sonst nicht "billigem Ermessen" entspricht.
An der Stelle sind die Gerichte aber großzügig. In vielen Fällen kommen Arbeitgeber daher mit einer Versetzung letztlich durch, vorausgesetzt natürlich, es besteht eine grundsätzliche Befugnis zur Versetzung in eine andere Stadt.
Der Streitfall: Eilantrag eines gewerblichen Arbeitnehmers mit 1.800 EUR Lohn gegen Versetzung in 120 km entfernte Stadt trotz 36jähriger Tätigkeit am bisherigen Ort
Im Streitfall ging es um einen gewerblichen Arbeitnehmer, der seit 36 Jahren als Packer bei einem Lederhersteller in Kirn beschäftigt war. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gab es nicht, und daher auch keine arbeitsvertragliche Versetzungsklausel. Der Arbeitnehmer verdiente je nach monatlichem Stundenumfang zwischen 1.700,00 EUR und 1.800,00 EUR brutto und hatte drei minderjährige Kinder zu versorgen. Seine Frau war nicht berufstätig.
Mitte September 2013 versetzte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von Kirn in das 120 Straßenkilometer weit entfernte Saarbrücken, da er einen Teil seiner Logistik dorthin verlegt hatte. Die Versetzung sollte erst zu Anfang Oktober wirksam sein und wurde dann auf Mitte Oktober verschoben.
Der Arbeitnehmer erkrankte und erhob im arbeitsgerichtlichen Eilverfahren eine Woche nach der Versetzungsmitteilung Klage auf Beschäftigung in Kirn. Eine Klage im Hauptverfahren, d.h. im regulären Verfahren, erhob er nicht. Das Arbeitsgericht Mainz wies den Eilantrag mit Urteil vom 10.10.2013 (6 Ga 9/13), weil es die Versetzung für rechtens ansah.
Die Urteilsgründe lagen dem Arbeitnehmer bzw. seinem Anwalt bereits kurz darauf, am 21.10.2013, vor. Trotzdem brauchte der Anwalt beinahe drei Monate, nämlich bis Mitte Januar 2014, um eine Berufung einzulegen und zu begründen.
Ende Januar sprach der Arbeitgeber eine erneute Versetzung nach Saarbrücken aus und bot dem Arbeitnehmer an, die Arbeitszeit um eine Stunde pro Tag bei vollem Lohnausgleich zu verkürzen und ihm ein Dienstfahrzeug zu stellen, vorausgesetzt, dieses würde nicht nur von ihm, sondern auch von einigen Kollegen genutzt. Gegen diese Versetzung erhob der Arbeitnehmer Anfang Februar 2014 eine reguläre Klage.
LAG: Wer sich fast vier Monate mit einer Klage im Hauptsacheverfahren Zeit lässt, kann sich nicht mit einem Eilantrag gegen eine Versetzung wehren
Das LAG wies die Berufung des Arbeitnehmers zurück, und zwar mit der Begründung, er hätte die besondere Dringlichkeit seines Eilantrags durch die von ihm zu verantwortenden Zeitverzögerungen im Gerichtsverfahren "selbst widerlegt".
Denn wer eine Eilentscheidung des Gerichts, d.h. eine einstweilige Verfügung, haben möchte, braucht dazu nicht nur einen rechtlichen Anspruch, der sein Verfügungsbegehren trägt, sondern auch einen Verfügungsgrund, d.h. besondere Argumente dafür, dass das Gericht bei seiner Entscheidung den Turbo einschaltet. Einen solchen Verfügungsgrund konnte der Kläger aber nicht vorweisen, jedenfalls nicht (mehr) zum Zeitpunkte der Entscheidung des LAG (März 2014), und zwar aus drei Gründen:
Erstens hätte der Arbeitnehmer bereits im September 2013, d.h. zusammen mit seinem Eilantrag, eine gegen die Versetzung gerichtete reguläre Klage ("Klage im Hauptsacheverfahren") einreichen können, was er aber nicht tat. Erstmals reichte er eine solche Klage im Februar 2014, d.h. fast vier Monate später ein. Innerhalb von vier Monaten können die flinken Arbeitsgerichte aber bereits ein Hauptsacheverfahren in der ersten Instanz erledigen, d.h. ein Urteil erlassen.
Zweitens hatte sich der Arbeitnehmer mit seiner Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz zu lange Zeit gelassen. Anstatt Berufungseinlegung und Berufungsbegründung binnen ein bis zwei Wochen nach Erhalt des (mit Gründen versehenen) Urteils beim LAG einzureichen, hatte sich der Kläger damit insgesamt fast drei Monate Zeit gelassen, nämlich vom 21.10.2013 (Zustellung der Urteilsgründe des Arbeitsgerichts) bis zum 17.01.2014 (Ablauf der vom LAG verlängerten Frist zur Berufungsbegründung).
Drittens war der Arbeitnehmer seit Wochen und Monaten krank, und es war nicht konkret abzusehen, dass die Arbeitsunfähigkeit demnächst enden würde.
Fazit: Der vorliegende Fall macht deutlich, dass die Rechtsauffassung wohl kaum richtig ist, der zufolge jeder Arbeitnehmer und damit auch Geringverdiener ohne arbeitsvertragliche Versetzungsklausel allein aufgrund von § 106 GewO deutschlandweit versetzt werden können. Aber auch dann, wenn man dieser Ansicht folgt, war die Versetzung hier im Streitfall wahrscheinlich "unbillig", da so weite tägliche Wege bei wahrscheinlich fortbestehenden Einsatzmöglichkeiten in Kirn und einem so geringen Verdienst unzumutbar sind.
Darüber musste sich das LAG aber nicht den Kopf zerbrechen, denn der Arbeitnehmer hatte nun einmal im Eilverfahren geklagt und bei der Prozessführung zu lange herumgetrödelt. Das allerdings ist seinem Anwalt anzulasten, der den Prozess nicht sachgerecht geführt hat. Denn wer einen Beschäftigungsanspruch im Eilverfahren durchsetzen möchte und/oder sich gegen eine Versetzung wehrt, muss immer zusammen mit dem Eilantrag eine Klage im Hauptsacheverfahren erheben, und wenn das Arbeitsgericht den Eilantrag abweist, sind schnellstmögliche Einlegung und Begründung der Berufung erste Anwaltspflicht.
Nähere Informationen finden sie hier:
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.03.2014, 5 SaGa 13/13
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 04.01.2013, 10 Sa 901/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Versetzungsvorbehalt, Versetzungsklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Beschäftigung, Beschäftigungsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Versetzung
- Handbuch Arbeitsrecht: Weisungsrecht
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- Arbeitsrecht aktuell: 17/160 Arbeitsverweigerung wegen unzumutbarer Weisung?
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- Arbeitsrecht aktuell: 14/398 Versetzung und Arbeitsverweigerung
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Letzte Überarbeitung: 11. Juni 2020
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