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BAG, Ur­teil vom 13.10.2011, 8 AZR 455/10

   
Schlagworte: Betriebsteilübergang
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 8 AZR 455/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 13.10.2011
   
Leitsätze: Ein Übergang eines Betriebsteils auf einen Erwerber iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nur dann vor, wenn die übernommenen Betriebsmittel und/oder Beschäftigten bereits beim Veräußerer eine abgrenzbare organisatorische wirtschaftliche Einheit, dh. einen Betriebsteil dargestellt haben.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Wesel, Urteil vom 29.11.2006, 4 Ca 1826/06
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2010, 9 Sa 303/07
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

8 AZR 455/10
9 Sa 303/07
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Düssel­dorf

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

13. Ok­to­ber 2011

UR­TEIL

Schmidt, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Ach­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 13. Ok­to­ber 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Hauck, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Böck und
 


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Brein­lin­ger so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Warn­ke und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Döring für Recht er­kannt:

Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 29. Ja­nu­ar 2010 - 9 Sa 303/07 - in der Kos­ten­ent­schei­dung und in­so­weit auf­ge­ho­ben, als es fest­ge­stellt hat, dass zwi­schen den Par­tei­en seit dem 9. De­zem­ber 2005 ein Ar­beits­verhält­nis be­steht.

Auch in­so­weit wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Der Kläger hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nur noch darüber, ob zwi­schen ih­nen seit dem 9. De­zem­ber 2005 in Fol­ge ei­nes Be­triebsüber­gangs ein Ar­beits­verhält­nis be­steht.


Der Kläger war seit dem 1. Ja­nu­ar 1989 bei der ET GmbH (im Fol­gen­den: ET) beschäftigt. Die ET war auf dem Ge­biet „In­dus­tri­el­le Au­to­ma­ti­sie­rung“ so­wie „Mess- und Re­gel­tech­nik“ tätig. Zu ih­ren Kun­den zähl­ten ua. Stahl-, Alu­mi­ni­um- und Kup­ferhütten­wer­ke. Der Kläger war seit 1. Mai 1998 als Lei­ter der Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz­werk/IBS tätig. Ar­beits­schwer­punkt die­ser Ab­tei­lung war die Mess- und Re­gel­tech­nik. Die­se Ab­tei­lung glie­der­te sich in drei Grup­pen, nämlich die Grup­pen F+E/ET-Sys­te­me, EDV/Netz­werk/Ser­ver­sys­te­me/Da­ten­si­che­rung und Pro­duk­ti­on/Schalt-schränke/Pla­ti­nen. Dem Kläger ob­lag ne­ben der Lei­tung der ge­sam­ten Ab­tei­lung auch die Lei­tung der Grup­pe F+E/ET-Sys­te­me. Stell­ver­tre­ten­der Ab­tei­lungs­lei­ter und zu­gleich Lei­ter der Grup­pe Pro­duk­ti­on/Schalt­schränke/Pla­ti­nen war Herr N. In der vom Kläger ge­lei­te­ten Grup­pe F+E/ET-Sys­te­me wa­ren ua. die In­ge­nieu­re H, Ho, P, Dr. T und Dr. L beschäftigt. De­ren Auf­ga­be war die Ent­wick­lung, Pro­jekt­pla­nung, In­be­trieb­set­zung und Do­ku­men­ta­ti­on der Mess- und Re­gel­sys­te­me. Außer­dem
 


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er­le­dig­ten sie Ser­vice­auf­ga­ben. Dr. T war im We­sent­li­chen in der For­schung und Ent­wick­lung neu­er Pro­duk­te tätig, Herr N war im Be­reich ET-Sys­te­me in der Pro­jekt­pla­nung und bei der In­be­trieb­set­zung bei Kun­den ein­ge­setzt und all­ge­mein für die Hard­ware zuständig.

In der Grup­pe Pro­duk­ti­on/Schalt­schränke/Pla­ti­nen wur­den Pla­ti­nen bestückt und Strom­laufpläne so­wie Schalt­schränke und sons­ti­ge Elek­tro­nik­kom­po­nen­ten ge­fer­tigt. In der Grup­pe EDV/Netz­werk/Ser­ver­sys­te­me war der Mit­ar­bei­ter S, zu­letzt mit et­wa 20 % sei­ner Ar­beits­zeit, beschäftigt. Ihm ob­lag die Netz­werk­be­treu­ung und die Da­ten­si­che­rung. Er wur­de vom Kläger ver­tre­ten.

Am 22. No­vem­ber 2005 schloss die ET mit der F GmbH (im Fol­gen­den: F-GmbH) und de­ren Mut­ter­ge­sell­schaft, der Sp, ei­nen als „As­set and Busi­ness Sa­le and Purcha­se Agree­ment“ be­zeich­ne­ten Ver­trag über die von der Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz­werk/IBS ent­wi­ckel­te Pro­dukt­li­nie „ET-De­cNT (ein­sch­ließlich ET-De­cNT light, ET-De­cNT Power­Melt)“ (di­gi­ta­le Elek­tro­den­re­ge­lung für Licht­bo­genöfen in der Stahl­in­dus­trie) und über die Tem­pe­ra­tur-Mess­sys­te­me „ET-Temp­Net“ (Gerät zur Mes­sung der Tem­pe­ra­tur in flüssi­gen Me­tall­schmel­zen), „ET-Oxy­Net“ (Gerät zur Tem­pe­ra­tur- und Sau­er­stoff­mes­sung in flüssi­gen Me­tall­schmel­zen) und „FT 7000“ (com­pu­ter­ba­sier­tes Mess­in­stru­ment, das ua. die Emis­si­ons­tem­pe­ra­tur, den Koh­len­stoff­ge­halt, den Alu­mi­ni­um­ge­halt etc. in flüssi­gen me­tall­hal­ti­gen Schmel­zen misst und be­rech­net). Bei den Tem­pe­ra­tur-Mess­sys­te­men han­delt es sich um von der ET für die F-GmbH ex­klu­siv ge­fer­tig­te Geräte. Auf­grund die­ses Ver­tra­ges er­warb die F-GmbH al­le Rech­te an der Soft­ware, den Pa­ten­ten, den Pa­tent­an­mel­dun­gen und den die frag­li­chen Pro­duk­te be­tref­fen­den Er­fin­dun­gen so­wie an den Pro­dukt­na­men und dem tech­ni­schen Know-how. Wei­ter er­warb die F-GmbH die Ent­wick­lungs­hard­ware, das Pro­dukt­ma­te­ri­al-In­ven­tar so­wie bzgl. der über­nom­me­nen Pro­dukt­li­ni­en ei­ne Kun­den- und ei­ne Lie­fe­ran­ten­lis­te. Zu den veräußer­ten Pro­duk­ten zähl­te auch das noch in der Wei­ter­ent­wick­lung be­find­li­che „ET-De­c­Net“. Zur F-GmbH wech­sel­ten der stell­ver­tre­ten­de Ab­tei­lungs­lei­ter N so­wie die In­ge­nieu­re H, Dr. T und P. Die F-GmbH über­nahm auch die vier PC-Ar­beitsplätze die­ser Mit­ar­bei­ter, das da­zu­gehöri­ge Be­triebs­sys­tem so­wie die ent­spre­chen­de Soft-

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wa­re. Die PC-Ar­beitsplätze der nicht über­nom­me­nen Mit­ar­bei­ter und die an­de­ren Be­triebs­mit­tel ver­blie­ben eben­so bei der ET wie die Pro­dukt­pa­let­te „ET-DEC921 PC“, „ET-DEC921 S5“ und „ET-DEC921 S7“. Bei dem Pro­dukt „ET-DEC921 PC“ han­delt es sich um das Vorgänger­mo­dell des „De­cNT“. „DEC921 S5“ und „DEC921 S7“ be­ru­hen auf ei­ner älte­ren Tech­no­lo­gie und wur­den ab 2001 von der ET nicht mehr ver­kauft. Von den in der vom Kläger ge­lei­te­ten Ab­tei­lung beschäftig­ten 13 Ar­beit­neh­mern (ein­sch­ließlich des Klägers) hat die F-GmbH ins­ge­samt nur vier über­nom­men.


Für die Durchführung von Kun­den­be­stel­lun­gen und die Fer­ti­gung und Mon­ta­ge, ins­be­son­de­re von Schalt­schränken und Pla­ti­nen, ge­nutz­te Be­triebs­mit­tel hat die F-GmbH eben­so we­nig über­nom­men wie Ge­genstände aus der Pro­duk­ti­on und die dort beschäftig­ten Elek­tri­ker.


Zwi­schen De­zem­ber 2004 und De­zem­ber 2005 fer­tig­te die ET 20 Elek­tro­den­re­ge­lun­gen des „De­cNT“ und nahm im sel­ben Zeit­raum 16 Elek­tro­den­re­ge­lun­gen die­ses Typs in Be­trieb. Im sel­ben Zeit­raum wur­de bei nur ei­nem Kun­den ei­ne Re­pa­ra­tur und In­be­trieb­set­zung ei­ner Elek­tro­den­re­ge­lung des Typs „DEC921 PC“ durch­geführt. Mit der Fer­ti­gung und In­be­trieb­nah­me von „De­cNT“ er­ziel­te die ET im Zeit­raum von De­zem­ber 2004 bis De­zem­ber 2005 ei­nen Ge­samt­um­satz von 1.347.660,00 Eu­ro net­to und für den Ver­kauf von Er­satz­tei­len von ca. 20.000,00 Eu­ro bis 30.000,00 Eu­ro. Der Ge­samt­um­satz hin­sicht­lich der an die Be­klag­te ver­kauf­ten Tem­pe­ra­tur-Mess­sys­te­me be­trug im sel­ben Zeit­raum 107.963,00 Eu­ro. Bezüglich der zur Zeit des Ab­schlus­ses des „As­set and Busi­ness Sa­le and Purcha­se Agree­ment“ vom 22. No­vem­ber 2005 die Pro­dukt­li­nie „De­cNT“ be­tref­fen­den lau­fen­den Kun­den­aufträge wur­de ver­ein­bart, dass ET die Leis­tun­gen der F-GmbH und der „über­tra­ge­nen“ An­ge­stell­ten zu marktübli­chen Prei­sen ein­setzt. ET sag­te zu, kei­ne wei­te­ren Kun­den­aufträge an­zu­neh­men. Auch ein Wett­be­werbs­ver­bot wur­de hin­sicht­lich der veräußer­ten Pro­duk­te ver­ein­bart. ET ver­pflich­te­te sich, al­le Kun­den, die ein freiblei­ben­des Kun­den­an­ge­bot er­hal­ten hat­ten, über den Ver­kauf der Pro­duk­te und Tech­no­lo­gi­en an die F-GmbH und de­ren Mut­ter­ge­sell­schaft zu un­ter­rich­ten und den Kun­den zu emp­feh­len, die Auf­träge für al­le die­se Pro­duk­te und Leis­tun­gen der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten zu er­tei­len.
 


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Be­reits vor Ab­schluss des Ver­tra­ges vom 22. No­vem­ber 2005 wur­den Mit­ar­bei­ter der Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz­werk/IBS nicht nur für Auf­ga­ben die­ser Ab­tei­lung ein­ge­setzt. So wur­den ein­zel­ne Ser­ver­schränke für ei­nen Großauf­trag in Sa von der Grup­pe Pro­duk­ti­on/Schalt­schränke/Pla­ti­nen ge­fer­tigt. Strei­tig ist zwi­schen den Par­tei­en, ob der Kläger für an­de­re Ab­tei­lun­gen tätig wur­de, ins­be­son­de­re Auf­ga­ben für das Großpro­jekt in Sa über­nom­men hat.

Mit Schrei­ben vom 15. De­zem­ber 2005 teil­te die F-GmbH ih­ren Kun­den und Geschäfts­part­nern mit, sie ha­be ab 9. De­zem­ber 2005 die Pro­dukt­li­nie me­tall­ur­gi­sche Mess­tech­nik/di­gi­ta­le Elek­tro­den­re­ge­lung von der ET über­nom­men. Die an der Pro­dukt­li­nie be­tei­lig­ten Ent­wick­lungs- und In­be­trieb­nah­me­in­ge­nieu­re sei­en eben­falls zu ihr ge­wech­selt, so dass dem Kun­den die bewähr­ten Pro­duk­te und Ser­vice­leis­tun­gen so­wie die ih­nen be­kann­ten An­sprech­part­ner wei­ter­hin zur Verfügung stünden.

Die vier über­nom­me­nen Mit­ar­bei­ter wur­den un­ter­schied­li­chen Ab­tei­lun­gen der F-GmbH zu­ge­ord­net. Drei von ih­nen teil­ten sich al­ler­dings bis Ju­ni 2006 ein Büro. Auf ih­rer Home­page im In­ter­net veröffent­lich­te die F-GmbH In­for­ma­tio­nen zu „De­cNT“ und nann­te da­bei un­ter ih­rer Fir­ma den Na­men des Mit­ar­bei­ters N.


Bei ei­nem Gespräch im Ja­nu­ar 2006 lehn­te der Geschäftsführer der F-GmbH ei­ne An­stel­lung des Klägers ab. Im März 2006 bat die­ser er­neut um sei­ne An­stel­lung. Dies wur­de wie­der­um ab­ge­lehnt.


Der Kläger meint, sein Ar­beits­verhält­nis sei im We­ge ei­nes Be­triebs­teilüber­gangs auf die F-GmbH über­ge­gan­gen. Mit Er­satz­tei­len für die von der F-GmbH nicht über­nom­me­nen Pro­duk­te, nämlich für „DEC921 PC“ ha­be die ET zwi­schen De­zem­ber 2004 und De­zem­ber 2005 nur ei­nen Um­satz von 2.734,77 Eu­ro er­zielt. Nach dem 9. De­zem­ber 2005 ha­be sie in der von ihm ge­lei­te­ten Ab­tei­lung kei­ne Umsätze mehr er­wirt­schaf­tet.


Mit am 9. Ju­ni 2006 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­ner Kla­ge hat der Kläger die Fest­stel­lung be­an­tragt, dass sein Ar­beits­verhält­nis bei der ET ab dem 9. De­zem­ber 2005 mit al­len Rech­ten und Pflich­ten auf die F-GmbH über­ge­gan­gen sei. In der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 13. Sep­tem­ber 2006 vor

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dem Ar­beits­ge­richt hat er dann den An­trag ge­stellt, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, ihn als Ab­tei­lungs­lei­ter zu den Be­din­gun­gen sei­nes un­ter dem 1. Ja­nu­ar 1989 mit der ET ge­schlos­se­nen An­stel­lungs­ver­tra­ges wei­ter­zu­beschäftig­ten.

Am 17. Ju­li 2006 wur­de über das Vermögen der ET das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net.

Die Be­klag­te be­strei­tet das Vor­lie­gen ei­nes Be­triebsüber­gangs. Sie ver­tritt die Auf­fas­sung, sie ha­be kei­nen Be­triebs­teil iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB er­wor­ben. Je­den­falls ha­be es sich um ei­nen be­triebs­mit­tel­ar­men Be­triebs­teil ge­han­delt, weil die Hard­ware und Soft­ware han­delsüblich und leicht er­setz­bar sei, während die Qua­li­fi­ka­ti­on der In­ge­nieu­re die Grup­pe F+E/ET-Sys­te­me ge­prägt ha­be. Auch sei der Kläger die­ser Grup­pe nicht zu­zu­ord­nen, da er Lei­ter der ge­sam­ten Ab­tei­lung ge­we­sen sei. Für die For­schung und Ent­wick­lung von ET-Sys­te­men ha­be er ma­xi­mal 15 bis 25 % sei­ner Ar­beits­zeit auf­ge­wen­det. Zu ei­nem we­sent­li­chen Teil ha­be er Hard­ware für Großan­la­gen, zB für das Pro­jekt in Sa, be­sorgt. Im Übri­gen hätte er ei­nen et­wai­gen An­spruch auf Über­nah­me ver­wirkt, weil er sich trotz Be­tei­li­gung an den Ver­trags­ver­hand­lun­gen und Kennt­nis al­ler re­le­van­ten Tat­sa­chen nicht auf ei­nen Be­triebsüber­gang be­ru­fen und sei­ne Rech­te erst gel­tend ge­macht ha­be, als sich die ET in ei­ner schwie­ri­gen fi­nan­zi­el­len La­ge be­fun­den ha­be. Im Zeit­raum von De­zem­ber 2004 bis De­zem­ber 2005 ha­be die ET mit War­tungs­ar­bei­ten und Er­satz­teil­lie­fe­run­gen hin­sicht­lich der nicht über­nom­me­nen Pro­duk­te we­sent­lich höhe­re Umsätze er­zielt, als der Kläger be­haup­tet. Auch nach dem 9. De­zem­ber 2005 ha­be die ET Re­pa­ra­tu­ren durch­geführt, War­tun­gen er­bracht und Auf­träge ab­ge­wi­ckelt und da­mit Umsätze er­wirt­schaf­tet.

Ein Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses schei­te­re schließlich dar­an, dass die F-GmbH die über­nom­me­nen Vermögens­ge­genstände und Mit­ar­bei­ter funk­tio­nell in ihr Un­ter­neh­men ein­ge­glie­dert ha­be. Frühe­re Mit­ar­bei­ter der ET und über­nom­me­ne Be­triebs­mit­tel ha­be die­se we­der bei Kun­den­be­stel­lun­gen noch bei der Be­schaf­fung von Kom­po­nen­ten für Schalt­schränke und Pla­ti­nen ein­ge­setzt. Das­sel­be gel­te für die Ar­bei­ten in der Pro­duk­ti­ons­ab­tei­lung. Bei der Über­nah­me der vier In­ge­nieu­re der ET sei Hin­ter­grund le­dig­lich ge­we­sen, dass


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er­fah­re­ne In­ge­nieu­re nur schwer zu fin­den ge­we­sen sei­en. Die In­be­trieb­nah­men sei­en ent­we­der von den über­nom­me­nen Mit­ar­bei­tern oder In­ge­nieu­ren bzw. Tech­ni­kern aus ih­rem ei­ge­nen Mit­ar­bei­ter­stamm er­le­digt wor­den. Die Auf­ga­ben der über­nom­me­nen Mit­ar­bei­ter sei­en über­dies er­wei­tert wor­den. Dies er­ge­be sich aus neu­en Stel­len­be­schrei­bun­gen für die­se ab März 2006.

Nach­dem das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge auf Wei­ter­beschäfti­gung ab­ge­wie­sen hat­te, hat der Kläger im Be­ru­fungs­ver­fah­ren vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt be­an­tragt:


Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, den Kläger als Ab­tei­lungs­lei­ter zu den Be­din­gun­gen des un­ter dem 1. Ja­nu­ar 1989 mit der ET ge­schlos­se­nen An­stel­lungs­ver­tra­ges wei­ter­zu­beschäfti­gen,

hilfs­wei­se

fest­zu­stel­len, dass zwi­schen den Par­tei­en seit dem 9. De­zem­ber 2005 ein Ar­beits­verhält­nis be­steht.

Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt. 


Mit Be­schluss vom 10. Au­gust 2007 hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt dem Eu­ropäischen Ge­richts­hof die Fra­ge zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt, ob ein Über­gang ei­nes Un­ter­neh­mens- bzw. Be­triebs­teils auf ei­nen an­de­ren In­ha­ber iSv. Art. 1 Nr. 1a und b der Richt­li­nie 2001/23/EG des Ra­tes vom 12. März 2001 zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über die Wah­rung von Ansprüchen der Ar­beit­neh­mer beim Über­gang von Un­ter­neh­men, Be­trie­ben oder Un­ter­neh­mens- oder Be­triebs­tei­len (im Fol­gen­den: Richt­li­nie 2001/23/EG) nur vor­liegt, wenn der Un­ter­neh­mens- bzw. Be­triebs­teil bei dem neu­en In­ha­ber als or­ga­ni­sa­to­risch selbständi­ger Un­ter­neh­mens- bzw. Be­triebs­teil fort­geführt wird.

Mit Ur­teil vom 12. Fe­bru­ar 2009 (- C-466/07 - [Kla­ren­berg] Slg. 2009, I-803 = AP Richt­li­nie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2001/23 Nr. 2) hat der Ge­richts­hof (EuGH) ent­schie­den:

„Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richt­li­nie 2001/23/EG ... ist da­hin aus­zu­le­gen, dass die­se Vor­schrift auch dann an­ge­wandt wer­den kann, wenn der über­tra­ge­ne Un­ter­neh­mens- oder Be­triebs­teil sei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche Selbständig­keit nicht be­wahrt, so­fern die funk­tio­nel­le Ver­knüp-

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fung zwi­schen den über­tra­ge­nen Pro­duk­ti­ons­fak­to­ren bei­be­hal­ten wird und sie es dem Er­wer­ber er­laubt, die­se Fak­to­ren zu nut­zen, um der­sel­ben oder ei­ner gleich­ar­ti­gen wirt­schaft­li­chen Tätig­keit nach­zu­ge­hen; es ist Sa­che des vor­le­gen­den Ge­richts, das Vor­lie­gen die­ser Vor­aus­set­zun­gen zu prüfen.“


Zum 12. No­vem­ber 2009 ist die F-GmbH auf die Be­klag­te ver­schmol­zen wor­den.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge auf Fest­stel­lung, dass zwi­schen den Par­tei­en seit dem 9. De­zem­ber 2005 ein Ar­beits­verhält­nis be­steht, statt­ge­ge­ben und die Wei­ter­beschäfti­gungs­kla­ge ab­ge­wie­sen.

Mit der vom Se­nat zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Be­klag­te ih­ren Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag wei­ter, während der Kläger die Zurück­wei­sung der Re­vi­si­on be­an­tragt.


Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist be­gründet. Das Ar­beits­verhält­nis des Klägers ist nicht im We­ge ei­nes Be­triebs­teilüber­gangs auf die Be­klag­te nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über­ge­gan­gen.


I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat sei­ne Ent­schei­dung im We­sent­li­chen wie folgt be­gründet: Seit dem 9. De­zem­ber 2005 be­ste­he zwi­schen den Par­tei­en ein Ar­beits­verhält­nis, weil die Be­klag­te als Rechts­nach­fol­ge­rin der F-GmbH gemäß § 613a BGB in die Rech­te und Pflich­ten aus dem zwi­schen dem Kläger und der ET be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis ein­ge­tre­ten sei. Je­doch sei die Be­klag­te nicht ver­pflich­tet, den Kläger als Ab­tei­lungs­lei­ter zu beschäftig­ten. Die Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz­werk/IBS, de­ren Lei­ter der Kläger ge­we­sen sei, ha­be bei der ET ei­ne selbständi­ge, ab­trenn­ba­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit dar­ge­stellt. De­ren be­trieb­li­cher Teil­zweck sei die Ent­wick­lung, Pro­jek­tie­rung und Fer­ti­gung von Mess- und Re­gel­sys­te­men für Hütten­wer­ke ge­we­sen. Von der Ab­tei­lung aus sei auch die In­be­trieb­nah­me die­ser Sys­te­me bei Kun­den or­ga­ni-
 


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siert und ge­steu­ert wor­den. Al­le drei Grup­pen die­ser Ab­tei­lung sei­en Be­stand­tei­le des Be­triebs­teils ge­we­sen. Sie sei­en un­ter der Lei­tung des Klägers und sei­nes Stell­ver­tre­ters, N, zu­sam­men­ge­fasst ge­we­sen.

Die­ser so zu­sam­men­ge­setz­te Be­triebs­teil sei am 9. De­zem­ber 2005 durch Rechts­geschäft auf die F-GmbH und de­ren Mut­ter­ge­sell­schaft über­tra­gen wor­den. In der vom Kläger ge­lei­te­ten Ab­tei­lung sei kei­ne be­triebs­mit­tel­ar­me Tätig­keit aus­geführt wor­den. Zwar sei das men­sch­li­che „Know-how“ für die Leis­tun­gen der Ab­tei­lun­gen we­sent­lich ge­we­sen, es sei­en aber auch die ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­triebs­mit­tel, ein­sch­ließlich der Kun­den­be­zie­hun­gen und des „good will“ für die Wertschöpfung von Be­deu­tung ge­we­sen. Der Be­triebs­teil sei da­her ei­nem „drit­ten Ty­pus“ zu­zu­ord­nen, bei dem den ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­triebs­mit­teln und der men­sch­li­chen Ar­beits­kraft ei­ne ent­schei­den­de Be­deu­tung für die Iden­tität der wirt­schaft­li­chen Ein­heit zu­kom­me. In ei­nem sol­chen Fal­le sei es für die Ge­samt­be­trach­tung, ob ein Be­triebs(teil)über­gang statt­ge­fun­den ha­be, nicht nötig, dass der Er­wer­ber ei­nen nach Zahl und Sach­kun­de we­sent­li­chen Teil der Be­leg­schaft über­nom­men hat. Im Streit­fal­le schei­de ein Be­triebs­teilüber­gang nicht des­halb aus, weil die F-GmbH von der Ge­samt­heit der in der Ab­tei­lung beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer nur vier In­ge­nieu­re über­nom­men ha­be. Ein Be­triebs­teilüber­gang ha­be statt­ge­fun­den, weil die F-GmbH mit den vier In­ge­nieu­ren ei­nen Teil der Know-how-Träger und die we­sent­li­chen ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­triebs­mit­tel der Ab­tei­lung über­nom­men ha­be. So sei­en die „Ent­wick­lungs-Hard­ware“, die Rech­te an der „Ei­gen­pro­dukt-Soft­ware“, das „tech­ni­sche Know-how“, die Pro­dukt­na­men, ei­ne Lie­fe­ran­ten- so­wie ei­ne Kun­den­da­tei veräußert wor­den, al­les be­zo­gen auf die Pro­dukt­li­nie „De­cNT“ ein­sch­ließlich „De­cNT light“ und „De­cNT Power­Melt“. Die F-GmbH ha­be des Wei­te­ren auch die Tem­pe­ra­tur-Mess­sys­te­me „Temp­Net“, „Oxy­Net“ und „FT 7000“ über­nom­men.


So­weit die F-GmbH Ma­te­ri­al für Schalt­schränke und wei­te­re in der Grup­pe Pro­duk­ti­on/Schalt­schränke/Pla­ti­nen ver­wen­de­te Tei­le eben­so we­nig über­nom­men ha­be wie die dort beschäftig­ten Elek­tri­ker, ste­he dies ei­nem Be­triebs­teilüber­gang nicht ent­ge­gen. Da es sich bei der vom Kläger ge­lei­te­ten Ab­tei­lung nicht um ei­nen be­triebs­mit­tel­ar­men Be­triebs­teil ge­han­delt ha­be, sei

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es auch nicht ent­schei­dend, dass nicht aus al­len Grup­pen Mit­ar­bei­ter über­nom­men wor­den, son­dern ein Teil der In­ge­nieu­re mit ih­ren PC-Ar­beitsplätzen bei der ET ge­blie­ben sei.


Unschädlich für die An­nah­me ei­nes Be­triebs­teilüber­gangs sei auch, dass die Pro­duk­te „DEC921 PC“, „DEC921 S5“ und „DEC921 S7“ bei der ET ver­blie­ben sei­en. Die­se hätten nämlich zum Zeit­punkt des Be­triebs­teilüber­gangs nur ei­ne mar­gi­na­le Rol­le für die Tätig­keit der Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz­werk/IBS und die von ihr er­wirt­schaf­te­ten Umsätze ge­spielt. Die veräußer­te Pro­dukt­li­nie „De­cNT“ ha­be mit ih­rer mo­der­nen Tech­nik den ei­gent­li­chen Kern des zur Wertschöpfung er­for­der­li­chen Funk­ti­ons­zu­sam­men­hangs aus­ge­macht.


Die Iden­tität der über­ge­gan­ge­nen wirt­schaft­li­chen Ein­heit sei bei der F-GmbH ge­wahrt ge­blie­ben. Die­se ha­be die funk­tio­nel­le Ver­knüpfung zwi­schen den über­nom­me­nen ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Be­triebs­mit­teln und den über­nom­me­nen In­ge­nieu­ren bei­be­hal­ten. Wie zu­vor die ET ha­be sie die Pro­dukt­li­nie „De­cNT“ und die Tem­pe­ra­tur-Mess­sys­te­me „Temp­Net“, „Oxy­Net“ und „FT 7000“ un­ter Ein­satz der von ihr er­wor­be­nen Hard- und Soft­ware so­wie wei­te­rer tech­ni­scher Be­triebs­mit­tel her­ge­stellt und ih­ren Kun­den an­ge­bo­ten. Da­bei set­ze die Bei­be­hal­tung des Funk­ti­ons- und Zweck­zu­sam­men­hangs nicht vor­aus, dass je­der über­nom­me­ne In­ge­nieur mit der­sel­ben Auf­ga­be wei­ter­beschäftigt wer­de, die er zu­vor bei der ET er­le­digt ha­be. Die fort­be­ste­hen­de Ver­knüpfung wer­de auch dar­an deut­lich, dass die F-GmbH ih­re Kun­den darüber in­for­miert ha­be, dass die Veräußerung der Pro­dukt­li­nie „De­cNT“ statt­ge­fun­den ha­be. Sie ha­be in die­sem Zu­sam­men­hang ver­laut­bart, dass die an der Pro­dukt­li­nie be­tei­lig­ten Ent­wick­lungs- und In­be­trieb­nah­me­in­ge­nieu­re gleich­falls zu ihr ge­wech­selt sei­en, so dass die bewähr­ten Pro­duk­te und Ser­vice­leis­tun­gen so­wie die be­kann­ten An­sprech­part­ner wei­ter­hin zur Verfügung stünden.

Für die Iden­titäts­wah­rung des über­nom­me­nen Be­triebs­teils sei nicht ent­schei­dend, auf wel­che Wei­se nach dem Über­gang bei der F-GmbH die Kun­den­be­stel­lun­gen und die Pro­duk­ti­on ab­ge­wi­ckelt würden. Die F-GmbH ha­be nämlich kei­ne für die Durchführung von Kun­den­be­stel­lun­gen und die
 


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Fer­ti­gung und Mon­ta­ge ge­nutz­ten Be­triebs­mit­tel über­nom­men. Es sei zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig, dass die F-GmbH we­der Ge­genstände aus der Pro­duk­ti­on noch die dort beschäftig­ten Elek­tri­ker über­nom­men ha­be. Unschädlich für die An­nah­me der Be­wah­rung des Funk­ti­ons­zu­sam­men­hangs der über­nom­me­nen wirt­schaft­li­chen Ein­heit sei auch, dass Mit­ar­bei­ter der Stamm­be­leg­schaft der F-GmbH nach dem Über­gang der Ein­heit In­be­trieb­nah­men er­le­digt hätten und für die über­nom­me­nen In­ge­nieu­re am 21. März 2006 neue Stel­len­be­schrei­bun­gen ge­fer­tigt wor­den sei­en. Letz­te­res gel­te vor al­lem auch des­halb, weil die In­ge­nieu­re kei­ne Tätig­kei­ten aus­geführt hätten, die an­de­ren Teil­zwe­cken der F-GmbH ge­dient hätten. Sch­ließlich sei der Kläger auch dem veräußer­ten Be­triebs­teil zu­ge­ord­net ge­we­sen.

Er ha­be auch sein Recht, sich auf das Vor­lie­gen ei­nes Be­triebsüber­gangs zu be­ru­fen, nicht ver­wirkt. Es könne da­hin­ste­hen, ob das für die An­nah­me ei­ner Ver­wir­kung er­for­der­li­che Zeit­mo­ment erfüllt sei. Auf je­den Fall ha­be er durch das Ab­war­ten mit der ent­spre­chen­den Gel­tend­ma­chung kei­nen Ver­trau­en­stat­be­stand bei der Be­klag­ten da­hin ge­hend ge­schaf­fen, dass sie nicht mehr in An­spruch ge­nom­men wer­de.


II. Das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts hält ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Über­prüfung nicht stand. Die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt fest­ge­stell­ten Tat­sa­chen de­cken des­sen An­nah­me nicht, es ha­be ein Be­triebs­teilüber­gang von der ET auf die F-GmbH statt­ge­fun­den. Des­halb ist das Ar­beits­verhält­nis des Klägers nicht im We­ge ei­nes Be­triebs­teilüber­gangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) auf die Be­klag­te über­ge­gan­gen, so dass zwi­schen den Par­tei­en kein Ar­beits­verhält­nis be­steht.


1. Geht ein Be­trieb oder Be­triebs­teil durch Rechts­geschäft auf ei­nen an­de­ren In­ha­ber über, so tritt die­ser in die Rech­te und Pflich­ten aus den im Zeit­punkt des Über­gangs be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­sen ein, § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Die­se ge­setz­li­che Re­ge­lung stellt die Um­set­zung der Richt­li­nie 2001/23/EG dar. Die­se Richt­li­nie ko­di­fi­ziert ih­rer­seits die Richt­li­nie 77/187/EWG des Ra­tes vom 14. Fe­bru­ar 1977 zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über die Wah­rung von Ansprüchen der Ar­beit­neh­mer beim
 


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Über­gang von Un­ter­neh­men, Be­trie­ben oder Un­ter­neh­mens- oder Be­triebs­tei­len in der durch die Richt­li­nie 98/50/EG des Ra­tes vom 29. Ju­ni 1998 geänder­ten Fas­sung (vgl. EuGH 29. Ju­li 2010 - C-151/09 - [UGT-FSP] AP Richt­li­nie 2001/23/EG Nr. 5 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2001/23 Nr. 4).


Nach ständi­ger Recht­spre­chung des EuGH soll die Richt­li­nie 2001/23/EG die Kon­ti­nuität der im Rah­men ei­ner wirt­schaft­li­chen Ein­heit be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­se un­abhängig von ei­nem In­ha­ber­wech­sel gewähr­leis­ten. Ent­schei­dend für ei­nen Über­gang iSd. Richt­li­nie ist da­her, ob die frag­li­che Ein­heit ih­re Iden­tität be­wahrt, was na­ment­lich dann zu be­ja­hen ist, wenn der Be­trieb tatsächlich wei­ter­geführt oder wie­der auf­ge­nom­men wird (EuGH 29. Ju­li 2010 - C-151/09 - [UGT-FSP] AP Richt­li­nie 2001/23/EG Nr. 5 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2001/23 Nr. 4; 12. Fe­bru­ar 2009 - C-466/07 - [Kla­ren­berg] Slg. 2009, I-803 = AP Richt­li­nie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2001/23 Nr. 2).

Dar­aus folgt, dass ei­ne Über­nah­me nur dann un­ter die Richt­li­nie 2001/23/EG und da­mit un­ter § 613a BGB fällt, wenn ei­ne auf Dau­er an­ge­leg­te wirt­schaft­li­che Ein­heit über­nom­men wird, de­ren Tätig­keit nicht auf die Ausführung ei­nes be­stimm­ten Vor­ha­bens be­schränkt ist. Der Be­griff der wirt­schaft­li­chen Ein­heit be­zieht sich auf ei­ne or­ga­ni­sier­te Ge­samt­heit von Per­so­nen und Sa­chen zur Ausübung ei­ner wirt­schaft­li­chen Tätig­keit mit ei­ge­nem Zweck, die hin­rei­chend struk­tu­riert und selbständig ist. Ei­ne sol­che Ein­heit muss nicht un­be­dingt be­deut­sa­me ma­te­ri­el­le oder im­ma­te­ri­el­le Be­triebs­mit­tel um­fas­sen. In be­stimm­ten Wirt­schafts­zwei­gen lie­gen die­se Be­triebs­mit­tel nämlich oft nur in ih­rer ein­fachs­ten Form vor und es kommt dort im We­sent­li­chen auf die men­sch­li­che Ar­beits­kraft an. Da­her kann ei­ne or­ga­ni­sier­te Ge­samt­heit von Ar­beit­neh­mern, de­nen ei­gens und auf Dau­er ei­ne ge­mein­sa­me Auf­ga­be zu­ge­wie­sen ist, ei­ne wirt­schaft­li­che Ein­heit dar­stel­len, oh­ne dass wei­te­re Be­triebs­mit­tel vor­han­den sind (EuGH 13. Sep­tem­ber 2007 - C-458/05 - [Joui­ni ua.] Slg. 2007, I-7301 = AP Richt­li­nie 2001/23/EG Nr. 2 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2001/23 Nr. 1). In die­sem Zu­sam­men­hang ist für die Be­ur­tei­lung des Vor­lie­gens ei­ner wirt­schaft­li­chen Ein­heit iSv. Art. 1 Abs. 1 der Richt­li­nie 2001/23/EG auch zu prüfen, ob die vom Veräußerer über­tra­ge­nen Be­triebs­mit­tel bei ihm ei­ne ein-

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satz­be­rei­te Ge­samt­heit dar­ge­stellt ha­ben, die als sol­che da­zu aus­ge­reicht ha­ben, die für die wirt­schaft­li­che Tätig­keit des Un­ter­neh­mens cha­rak­te­ris­ti­schen (Dienst-)leis­tun­gen oh­ne In­an­spruch­nah­me an­de­rer wich­ti­ger Be­triebs­mit­tel oder an­de­rer Un­ter­neh­mens­tei­le er­brin­gen zu können (vgl. EuGH 13. Sep­tem­ber 2007 - C-458/05 - [Joui­ni ua.] aaO).

2. Nach der Recht­spre­chung des EuGH ist es Sa­che der na­tio­na­len Ge­rich­te, an­hand die­ser Aus­le­gungs­ge­sichts­punk­te fest­zu­stel­len, ob ein Be­triebs(teil)über­gang iSd. Richt­li­nie 2001/23/EG (und da­mit im Sin­ne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) vor­ge­le­gen hat, dh. ins­be­son­de­re auch fest­zu­stel­len, ob die Iden­tität der über­tra­ge­nen wirt­schaft­li­chen Ein­heit be­wahrt wor­den ist (vgl. EuGH 12. Fe­bru­ar 2009 - C-466/07 - [Kla­ren­berg] Slg. 2009, I-803 = AP Richt­li­nie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2001/23 Nr. 2).


3. Auf­grund die­ser Recht­spre­chung des EuGH geht der Se­nat da­von aus, dass die von ei­nem Er­wer­ber über­nom­me­ne or­ga­ni­sier­te Ge­samt­heit von Per­so­nen und/oder Sa­chen be­reits beim Veräußerer ei­ne wirt­schaft­li­che Ein­heit dar­ge­stellt und da­mit die Qua­lität ei­nes Be­triebs­teils ge­habt ha­ben muss, um die Vor­aus­set­zung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen zu können (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - mwN, NZA 2011, 1231; 27. Ja­nu­ar 2011 - 8 AZR 326/09 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 123; 16. Mai 2007 - 8 AZR 693/06 - AP Be­trVG 1972 § 111 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 70).

Des­halb muss be­reits beim bis­he­ri­gen Be­triebs(teil)in­ha­ber ei­ne selbständig ab­trenn­ba­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit vor­ge­le­gen ha­ben, mit wel­cher in­ner­halb des be­trieb­li­chen Ge­samt­zwecks ein Teil­zweck ver­folgt wor­den ist. Die Erfüllung ei­nes be­trieb­li­chen Teil­zwecks ist nur ei­ne der Vor­aus­set­zun­gen für die An­nah­me des Vor­lie­gens ei­nes Be­triebs­teils und ver­mag das Feh­len ei­ner ab­grenz­ba­ren or­ga­ni­sa­to­ri­schen Ein­heit nicht zu er­set­zen. Hier­bei darf die im Be­triebs­teil lie­gen­de Ein­heit nicht als bloße Tätig­keit ver­stan­den wer­den. Die Iden­tität der Ein­heit er­gibt sich auch aus an­de­ren Merk­ma­len, wie ih­rem Per­so­nal, ih­ren Führungs­kräften, ih­rer Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on, ih­ren Be­triebs­me­tho­den und ggf. den ihr zur Verfügung ste­hen­den Be­triebs­mit­teln. Al­ler­dings genügt ei­ne beim Be­triebs(teil)veräußerer be­ste­hen­de funk­tio­nel­le Ver­knüpfung nicht,
 


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um ei­nen schon beim Veräußerer be­ste­hen­den Be­triebs­teil mit or­ga­ni­sa­to­ri­scher Selbständig­keit an­zu­neh­men, der im Sin­ne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über­tra­gen wer­den könn­te. Durch die Recht­spre­chung des EuGH ist geklärt, dass schon beim Be­triebs(teil)veräußerer ei­ne ab­grenz­ba­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche wirt­schaft­li­che Ein­heit vor­ge­le­gen ha­ben muss, um ei­nen Be­triebs­teilüber­gang an­neh­men zu können. De­ren or­ga­ni­sa­to­ri­sche Selbständig­keit muss al­ler­dings nach der Recht­spre­chung des EuGH (12. Fe­bru­ar 2009 - C-466/07 - [Kla­ren­berg] Slg. 2009, I-803 = AP Richt­li­nie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2001/23 Nr. 2) beim Be­triebs­er­wer­ber nicht mehr vollständig er­hal­ten blei­ben (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - NZA 2011, 1231). Auf­grund die­ser ein­deu­ti­gen Recht­spre­chung des EuGH war der Se­nat nicht ver­pflich­tet, ein Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren gemäß Art. 267 AEUV ein­zu­lei­ten.


4. Legt man die­se Kri­te­ri­en zu­grun­de, so hat die F-GmbH, die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten, im Jah­re 2005 kei­nen Be­triebs­teil von der ET er­wor­ben.


a) Wie sich aus dem Or­ga­ni­gramm der ET und den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts er­gibt, be­stand bei der ET die Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz­werk/IBS, de­ren Lei­tung der Kläger in­ne­hat­te. Ar­beits­schwer-punkt die­ser Ab­tei­lung war die Mess- und Re­gel­tech­nik. Un­ter­glie­dert war sie in drei Grup­pen, nämlich die Grup­pe „F+E/ET-Sys­te­me“, die Grup­pe „EDV/Netz­werk/Ser­ver­sys­te­me/Da­ten­si­che­rung“ und die Grup­pe „Pro­duk­ti­on/Schalt­schränke/Pla­ti­nen“. In die­sen Grup­pen er­folg­te für die von der ET ver­trie­be­nen Mess- und Re­gel­sys­te­me die Ent­wick­lung, Pro­jekt­pla­nung, In­be­trieb­set­zung und Do­ku­men­ta­ti­on. Außer­dem wur­den die benötig­ten Pla­ti­nen bestückt so­wie Strom­laufpläne und Schalt­schränke nebst sons­ti­ger Elek­tro­nik­kom­po­nen­ten ge­fer­tigt. Dass es sich bei die­ser Ab­tei­lung um ei­ne selbständi­ge ab­trenn­ba­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit ge­han­delt hat, mit der in­ner­halb des be­trieb­li­chen Ge­samt­zwecks der ET ein Teil­zweck ver­folgt wor­den ist, er­gibt sich so­wohl aus dem von der Be­klag­ten vor­ge­leg­ten Or­ga­ni­gramm als auch
 


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auf­grund der Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts und ist im Übri­gen zwi­schen den Par­tei­en auch nicht wei­ter strei­tig.

b) Die F-GmbH bzw. de­ren Mut­ter­ge­sell­schaft ha­ben nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts von der ET auf­grund der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung vom 22. No­vem­ber 2005 je­doch nicht die ge­sam­te vom Kläger ge­lei­te­te Ab­tei­lung über­nom­men, son­dern nur fol­gen­de Tei­le der­sel­ben:


„- Die von der Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz-werk/IBS ent­wi­ckel­te Pro­dukt­li­nie ‚ET-De­cNT (ein­sch­ließlich ET-De­cNT light und ET-De­cNT Power-Melt)‘,

- die Tem­pe­ra­tur-Mess­sys­te­me ‚ET-Temp­Net‘, ‚ET-Oxy­Net‘ und ‚FT 7000‘, bei de­nen es sich um von der ET für die F-GmbH ex­klu­siv ge­fer­tig­te Geräte ge­han­delt hat,


- die Rech­te an der Soft­ware, den Pa­ten­ten, Pa­tent­an­mel­dun­gen und Er­fin­dun­gen, so­weit sie die frag­li­chen Pro­duk­te be­tra­fen,

- die Rech­te an den Pro­dukt­na­men und dem tech­ni­schen Know-how für die­se Pro­duk­te,

- die Ent­wick­lungs­hard­ware, das Pro­dukt­ma­te­ri­al-In­ven­tar und

- ei­ne Lie­fe­ran­ten- und ei­ne Kun­den­lis­te.“

Außer­dem wech­sel­ten zur F-GmbH der stell­ver­tre­ten­de Ab­tei­lungs­lei­ter N so­wie die In­ge­nieu­re H, Dr. T und P. Die F-GmbH über­nahm auch de­ren PC-Ar­beitsplätze ein­sch­ließlich des da­zu gehöri­gen Be­triebs­sys­tems so­wie der da­zu gehören­den Soft­ware. Die übri­gen neun Mit­ar­bei­ter der Ab­tei­lung, dar­un­ter der Kläger wur­den nicht über­nom­men.

c) Die F-GmbH hat we­der das gan­ze Per­so­nal noch die im­ma­te­ri­el­len und/oder ma­te­ri­el­len Wirt­schaftsgüter der ge­sam­ten vom Kläger ge­lei­te­ten Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz­werk/IBS noch ei­ne der drei Grup­pen der Ab­tei­lung vollständig über­nom­men. Des­halb könn­te die „Über­nah­me“ von Tei­len der­sel­ben nur dann nach den oben dar­ge­stell­ten Grundsätzen ei­nen Be­triebs­teilüber­gang iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB dar­stel­len, wenn die auf die F-GmbH bzw. auf de­ren Mut­ter­ge­sell­schaft über­ge­gan­ge­nen Ge­genstände
 


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zu­sam­men mit dem über­nom­me­nen Per­so­nal be­reits bei der ET bzw. zu­min­dest in­ner­halb der Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz­werk/IBS ei­nen Be­triebs­teil iSd. Recht­spre­chung, al­so ei­ne selbständig ab­trenn­ba­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit dar­ge­stellt hätten, mit wel­cher in­ner­halb des be­trieb­li­chen Ge­samt-zwecks ein Teil­zweck ver­folgt wor­den wäre. Dies war nicht der Fall.

Ei­ne sol­che or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit, die ei­nem be­trieb­li­chen Teil­zweck ge­dient hat, liegt be­reits des­halb nicht vor, weil das über­nom­me­ne Per­so­nal und die über­ge­gan­ge­nen Rech­te und Sa­chen nicht nur ei­ner der drei Grup­pen der Ab­tei­lung zu­ge­ord­net wer­den können. So wa­ren die vier über­nom­me­nen Mit­ar­bei­ter mit der Ent­wick­lung, Pro­jekt­pla­nung, In­be­trieb­set­zung und Do­ku­men­ta­ti­on der ge­sam­ten von der Ab­tei­lung ent­wi­ckel­ten und ver­trie­be­nen Mess- und Re­gel­sys­te­me be­traut und ha­ben Ser­vice­auf­ga­ben er­le­digt.


Auch wur­de bei­spiels­wei­se nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts Herr Dr. T in ers­ter Li­nie im Be­reich For­schung und Ent­wick­lung ein­ge­setzt, während Herr N im Be­reich ET-Sys­te­me, Pro­jekt­pla­nung und In­be­trieb­set­zung bei Kun­den tätig war. Ei­ne Be­schränkung die­ser Tätig­kei­ten auf die von der F-GmbH über­nom­me­ne Pro­dukt­pa­let­te (ein­sch­ließlich der da­zu gehören­den Rech­te) lag nicht vor. Die­se Ar­beit­neh­mer ar­bei­te­ten zu­sam­men mit den nicht über­nom­me­nen Mit­ar­bei­tern der ET auch mit und an den nicht auf die F-GmbH über­tra­ge­nen Pro­duk­ten. Die­se „überg­rei­fen­de“ Tätig­keit der über­nom­me­nen Mit­ar­bei­ter spricht ge­gen die An­nah­me, die­se hätten zu­sam­men mit den wei­te­ren über­nom­me­nen Be­triebs­mit­teln be­reits bei der ET ei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit in Ge­stalt ei­nes Be­triebs­teils ge­bil­det.


Des Wei­te­ren schei­det die An­nah­me ei­nes schon bei der ET vor­han­de­nen Be­triebs­teils iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB dar­an, dass die Tätig­keit der vier über­nom­me­nen Ar­beit­neh­mer nicht los­gelöst von der Tätig­keit der nicht über­nom­me­nen übri­gen neun Beschäftig­ten als or­ga­ni­sa­to­risch ab­trenn­ba­re Tätig­keit be­trach­tet wer­den kann. Dies zeigt sich be­reits dar­an, dass die Tätig­keit al­ler in der Ab­tei­lung Beschäftig­ten un­mit­tel­bar und un­trenn­bar mit der des nicht über­nom­me­nen Klägers ver­bun­den war. Die­ser war nämlich als Ab­tei­lungs­lei­ter ihr Vor­ge­setz­ter. Auch ha­ben die von der F-GmbH über­nom­me­nen

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vier In­ge­nieu­re die von der ET veräußer­ten Pro­dukt­li­ni­en nicht al­lein ent­wi­ckelt, her­ge­stellt und/oder ver­trie­ben. Die­se Tätig­kei­ten konn­ten sie nur im Zu­sam­men­wir­ken mit den übri­gen, von der F-GmbH nicht über­nom­me­nen Mit­ar­bei­tern er­le­di­gen. Die über­nom­me­nen Ar­beit­neh­mer wa­ren da­her bei der ET nicht für ei­ne be­stimm­te or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit „iden­titätsprägend“. Sie konn­ten oh­ne In­an­spruch­nah­me an­de­rer wich­ti­ger Be­triebs­mit­tel und Mit­ar­bei­ter der ET die für die Ab­tei­lung F+E/ET-Sys­te­me/Netz­werk/IBS oder ei­ne der drei Ab­tei­lungs­grup­pen cha­rak­te­ris­ti­schen Leis­tun­gen nicht er­brin­gen. Sol­che für die Durchführung von Kun­den­be­stel­lun­gen und die Fer­ti­gung und Mon­ta­ge, ins­be­son­de­re von Schalt­schränken und Pla­ti­nen, ge­nutz­ten Be­triebs­mit­tel hat die F-GmbH eben­so we­nig über­nom­men wie Ge­genstände aus der Pro­duk­ti­on und die dort beschäftig­ten Elek­tri­ker.

Aber auch oh­ne Mit­ein­be­zie­hung der in der Ab­tei­lung F+E/ET- Sys­te­me/Netz­werk/IBS beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter stell­ten die von der F-GmbH über­nom­me­nen Ge­genstände (Sa­chen und Rech­te) für sich be­trach­tet bei der ET kei­nen Be­triebs­teil dar. Al­lein von ei­nem Be­trieb zum Zwe­cke des Ver­kaufs pro­du­zier­te Ge­genstände (ein­sch­ließlich der dies­bezügli­chen Pa­ten­te, Pro­dukt­na­men, Lie­fe­ran­ten- und Kun­den­kar­tei­en) - hier die von der F-GmbH über­nom­me­nen Pro­dukt­li­ni­en - stel­len grundsätz­lich kei­nen Be­triebs­teil iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Die Pro­duk­te ei­nes Be­triebs „die­nen“ schon be­griff­lich kei­nem Be­triebs­zweck, son­dern der Be­triebs­zweck „dient“ de­ren Ent­wick­lung, Her­stel­lung und Ver­trieb. Letzt­lich sind die über­nom­me­nen Pro­dukt­li­ni­en ein­sch­ließlich al­ler da­zu nöti­gen Kom­po­nen­ten (zB: Be­triebs­sys­te­me, Pa­ten­te, Know-how) von der Ab­tei­lung „pro­du­ziert“ wor­den, um mit de­ren Ver­kauf Um­satz und Ge­winn als ei­gent­li­chen Be­triebs­zweck zu er­zie­len. Letzt­lich hat die F-GmbH be­stimm­tes tech­ni­sches „Know-how“ und vier Mit­ar­bei­ter der ET über­nom­men. Die­ses über­nom­me­ne Wis­sen stell­te aber zu­sam­men mit den Ar­beit­neh­mern bei der ET kei­nen Be­triebs­teil in Form ei­ner or­ga­ni­sier­ten Ge­samt­heit von Per­so­nen und Sa­chen und da­mit kei­ne wirt­schaft­li­che Ein­heit dar. Pa­ten­te und „Know-how“ sind für sich be­trach­tet nämlich kei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­schen Ge­samt­hei­ten, wel­che ei­nen Be­triebs­teil bei der ET hätten bil­den können. Wenn die über­nom­me­nen vier Mit­ar­bei­ter der ET und die er­wor­be­nen

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Pro­dukt­li­ni­en we­der je­weils ge­son­dert noch in der Ge­samt­schau be­trach­tet ei­nen Be­triebs­teil bei der ET ge­bil­det ha­ben, kommt den PC-Ar­beitsplätzen ein­sch­ließlich der Soft­ware, mit de­nen die vier über­nom­me­nen Ar­beit­neh­mer ge­ar­bei­tet ha­ben, kei­ne be­son­de­re Be­deu­tung bei der Be­ur­tei­lung zu, ob bei der ET ein Be­triebs­teil vor­ge­le­gen hat.


Dass die bei der ET ver­blie­be­nen neun Mit­ar­bei­ter und die von ih­nen be­treu­ten Pro­duk­te nach dem Weg­gang der vier über­nom­me­nen Ar­beit­neh­mer und der Über­nah­me der frag­li­chen Pro­dukt­li­ni­en durch die F-GmbH nur noch in ge­rin­gem Um­fang Umsätze für die ET er­wirt­schaf­tet ha­ben, kann al­lein nicht da­zu führen, an­zu­neh­men, dass die von der F-GmbH über­nom­me­nen Mit­ar­bei­ter und er­wor­be­nen Ge­genstände bei der ET ei­ne selbständi­ge or­ga­ni­sa­to­ri­sche wirt­schaft­li­che Ein­heit ge­bil­det hat­ten.


5. Da so­mit die von der F-GmbH über­nom­me­nen Mit­ar­bei­ter zu­sam­men mit den über­ge­gan­ge­nen Ge­genständen kei­nen Be­triebs­teil bei der ET dar­ge­stellt ha­ben, schei­det ein Be­triebs­teilüber­gang nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten, die F-GmbH, aus. Da­her ist das Ar­beits­verhält­nis des Klägers nicht auf die Be­klag­te über­ge­gan­gen und sei­ne Kla­ge auf Fest­stel­lung des Be­ste­hens ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses mit die­ser un­be­gründet.

III. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.


Hauck 

Böck 

Brein­lin­ger

Warn­ke 

Döring

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