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Kein Urlaub vom unbezahlten Sonderurlaub
26.03.2019. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat seine Rechtsprechung zu der Frage geändert, ob Arbeitnehmer während eines unbezahlten Sonderurlaubs zusätzliche gesetzliche Urlaubsansprüche erwerben.
Bisher hatte das BAG den gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen pro Jahr in dieser Weise abgesichert, d.h. auch für die Dauer eines einvernehmliche ruhenden Arbeitsverhältnisses.
Mit seinem Grundsatzurteil vom Dienstag letzter Woche hat der Neunte BAG-Senat diese Rechtsprechung aufgegeben: BAG, Urteil vom 19.03.2019, 9 AZR 315/17.
- Gesetzliche Urlaubsansprüche auch für Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs?
- Der Fall des BAG: Tarifangestellte im öffentlichen Dienst wird zwei Jahre unbezahlt beurlaubt
- BAG: Bei der Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs bleiben Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt
Gesetzliche Urlaubsansprüche auch für Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs?
Im Jahre 2014 hatte der Neunte BAG-Senat zugunsten der Arbeitnehmerseite entschieden, dass die einvernehmliche Aufhebung der beiderseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis für eine bestimmte Zeit (Sabbatical, unbezahlter Sonderurlaub) im Allgemeinen nicht dazu führt, dass Arbeitnehmer keine Urlaubsansprüche erwerben würden (BAG, Urteil vom 06.05.2014, 9 AZR 678/12, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/167 Urlaubsabgeltung und ruhendes Arbeitsverhältnis).
Das heißt konkret: Wer sich z.B. bei einer Fünftagewoche vom Januar bis Dezember einvernehmlich ohne Bezahlung beurlauben lässt, hat bei seiner Rückkehr gemäß diesem BAG-Urteil einen zusätzlichen gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Urlaubstagen. Gleiches galt natürlich auch während einer kürzeren unbezahlte Freistellung. Denn obwohl ein unbezahlter Sonderurlaub zur Folge hat, dass der Arbeitnehmer sozialversicherungsrechtlich keiner Beschäftigung nachgeht und daher (vorübergehend) bei der Sozialversicherung abgemeldet werden muss, ändert nichts daran, dass das (ruhende) Arbeitsverhältnis weiter fortbesteht.
Für dieses BAG-Urteil sprechen folgende Argumente:
Aus § 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) folgt, dass der volle gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen immer zu Jahresanfang entsteht, vorausgesetzt, das Arbeitsverhältnis "besteht" länger als sechs Monate. Demzufolge scheint es nach dem Gesetz nur auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses anzukommen (und nicht auf sein Ruhen).
Und auch während einer Elternzeit entstehen fortlaufend Urlaubsansprüche, wie sich aus § 17 Abs.1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) ergibt. Denn nach dieser Vorschrift kann der Arbeitgeber den Urlaub für volle Elternzeitmonate um ein Zwölftel kürzen. Daraus folgt, dass Elternzeit-Arbeitnehmer ohne eine solche ausdrückliche Kürzungserklärung des Arbeitgebers (trotz vorübergehender Suspendierung der Arbeits- und der Lohnzahlungspflicht) Urlaubsansprüche erwerben.
Gegen das BAG-Urteil sprechen folgende Überlegungen:
Der Gesundheitsschutz, der mit dem vierwöchigen gesetzlichen Mindesturlaub gemäß § 1 und § 3 BUrlG sowie gemäß Art.7 der Arbeitszeit-Richtlinie (Richtlinie 2003/88) bezweckt ist, fordert keinen "Urlaub vom Urlaub".
Dementsprechend schwer zu verdauen ist es für Arbeitgeber, nach Beendigung des unbezahlten Sonderurlaubs einen weiteren - diesmal bezahlten - Urlaub gewähren zu müssen. Denn während man für eine längere Erkrankung nichts kann und es daher gerechtfertigt ist, den Urlaub für mindestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres rechtlich aufrechtzuerhalten (s. dazu Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub und Krankheit), lassen sich diese Überlegungen nicht auf einen freiwilligen Sonderurlaub übertragen.
Schließlich hat auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) deutlich gemacht, dass es mit Art.7 Arbeitszeit-Richtlinie vereinbar ist, wenn Arbeitnehmer für die Dauer einer "Kurzarbeit Null" keine Urlaubsansprüche erwerben. Denn ein solcher Fall entspricht einer Teilzeitquote von null Stunden (EuGH, Urteil vom 08.11.2012, C-229/11, C-230/11 - Heimann, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 12/353 Kein Urlaub bei Kurzarbeit Null). In dieselbe Richtung geht ein aktuelles Urteil des Gerichtshofs aus dem Jahre 2018, dem zufolge es zulässig ist, wenn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen während einer Elternzeit keine Urlaubsansprüche erwerben (EuGH, Urteil vom 04.10.2018, C-12/17 - Maria Dicu, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 18/246 EuGH erlaubt Urlaubskürzung bei Elternzeit).
Der Fall des BAG: Tarifangestellte im öffentlichen Dienst wird zwei Jahre unbezahlt beurlaubt
Im Streitfall ging es um die Folgen eines unbezahlten Sonderurlaubs, den ein öffentlicher Arbeitgeber einer Tarifangestellten vom 01.09.2013 bis zum 31.08.2015 gewährte. Nach ihrer Rückkehr aus dem Sabbatical verlangte die Arbeitnehmerin Urlaub, unter anderem für die Freistellungs-Zeiten.
Da der Arbeitgeber diesen Urlaub nicht gewährte, stritten die Parteien vor dem Arbeitsgericht Cottbus, das die Klage auf Urlaubsgewährung abwies (Urteil vom 26.10.2016, 2 Ca 1516/15).
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg gab der Klage dagegen teilweise statt. Es sprach der Klägerin nämlich 20 Urlaubstage für das Jahr 2014 zu (Urteil vom 20.06.2017, 11 Sa 2068/16). Zur Begründung berief sich das LAG unter anderem auf das o.g. BAG-Urteil vom 06.05.2014 (9 AZR 678/12).
BAG: Bei der Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs bleiben Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt
Das BAG hob das LAG-Urteil auf und wies die Klage in vollem Umfang ab. Zur Begründung heißt es in der BAG-Pressemeldung:
Nach § 3 Abs.1 BUrlG haben Arbeitnehmer bei einer Sechstagewoche, d.h. bei einer Arbeitspflicht an den sechs Werktagen von Montag bis Samstag, einen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen. Dies entspricht einem Urlaub von 20 Tagen bei einer Fünftagewoche. Ist die Arbeitszeit auf weniger Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, muss die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, so das BAG. Andernfalls ist eine gleichwertige Urlaubsdauer für alle Arbeitnehmer nicht zu gewährleisten.
Diese gängige Umrechnung möchte der Neunte BAG-Senat offenbar auf die vollständige Aufhebung der Arbeitspflicht während eines Sonderurlaubs übertragen, was er in seinem Urteil vom 06.05.2014 (9 AZR 678/12) noch ausdrücklich abgelehnt hatte. An diesem Urteil, so die BAG-Pressemeldung, hält das BAG aber künftig nicht mehr fest, d.h. der Neunte Senat ändert seine Rechtsprechung.
Nimmt der Arbeitnehmer unbezahlten Sonderurlaub, ist laut BAG bei der Berechnung der Urlaubsdauer künftig zu berücksichtigen, dass die Hauptleistungspflichten gemäß einer Vereinbarung vorübergehend ausgesetzt werden. Dies führt dazu, so das BAG,
"dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht."
Fazit: Mit seiner Rechtsprechungs-Änderung folgt das BAG dem EuGH bzw. dessen Auslegung von Art.7 Arbeitszeit-Richtlinie. Das ist zwar europarechtlich nicht zwingend, denn das deutsche Arbeitsrecht kann für Arbeitnehmer günstigere Regelungen enthalten als das EU-Recht. Immerhin ist es europarechtlich sinnvoll, Art.7 Arbeitszeit-Richtlinie und das BUrlG an dieser Stelle weiter anzunähern.
Anders als in Fällen längerer Erkrankung ist es auch für Arbeitnehmer zumutbar, infolge einer freiwilligen Vereinbarung über einen unbezahlten Sonderurlaub während der Freistellungphase keine Urlaubstage zu erwerben.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2019, 9 AZR 315/17
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.05.2014, 9 AZR 678/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.08.2012, 9 AZR 353/10
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 04.10.2018, C-12/17 (Maria Dicu)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 08.11.2012, C-229/11 und C-230/11 (Heimann und Toltschin gg. Kaiser)
- Handbuch Arbeitsrecht: Beschäftigung, Beschäftigungsverhältnis
- Handbuch Arbeitsrecht: Elternzeit, Elterngeld
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- Handbuch Arbeitsrecht: Sonderurlaub aus persönlichen Gründen
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialversicherungsmeldungen
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub und Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Arbeitsrecht aktuell: 20/073 Freistellung unter Anrechnung von Urlaub
- Arbeitsrecht aktuell: 20/058 Kein Urlaub für Freistellungsphase einer Alterszteilzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 19/186 Anspruch auf halbe Urlaubstage?
- Arbeitsrecht aktuell: 19/073 Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit zulässig
- Arbeitsrecht aktuell: 18/306 Tägliche Urlaubsvergütung gemäß BRTV Bau darf bei Kurzarbeit nicht gemindert werden
- Arbeitsrecht aktuell: 18/276 Ausschlussfristen gelten nicht für Ersatzurlaub
- Arbeitsrecht aktuell: 18/246 EuGH erlaubt Urlaubskürzung bei Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 17/196 Keine Urlaubsabgeltung im bestehenden Arbeitsverhältnis
- Arbeitsrecht aktuell: 17/084 Urlaubsanspruch bei Beschäftigungsverbot
- Arbeitsrecht aktuell: 15/193 Teilzeitmodelle für Führungskräfte
- Arbeitsrecht aktuell: 15/133 Urlaubsanspruch und Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 14/375 Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 14/167 Urlaubsabgeltung und ruhendes Arbeitsverhältnis
- Arbeitsrecht aktuell: 12/353 Kein Urlaub bei Kurzarbeit Null
- Arbeitsrecht aktuell: 12/350 Höhe des Urlaubsanspruchs beim Wechsel von Voll- in Teilzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 12/274 Urlaub bei Dauerkrankheit verfällt nach 15 Monaten
Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
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