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Urlaubsanspruch bei Beschäftigungsverbot
22.03.2017. Wer während seines Urlaubs erkrankt, verbraucht keinen Urlaub, da die Tage der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet werden, § 9 Bundesurlaubsgesetz (BurlG).
Für das Zusammentreffen von Urlaub und einem Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) gilt eine ähnliche Regelung, nämlich § 17 Satz 2 MuSchG.
In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass diese Regelung auch dann zu Gunsten von schwangeren Arbeitnehmerinnen eingreift, wenn der Arbeitgeber den Urlaub bereits vor Beginn des Beschäftigungsverbots gewährt bzw. erteilt hat: BAG, Urteil vom 09.08.2016, 9 AZR 575/15.
- Wann hat eine schwangere Arbeitnehmerin ihren Urlaub vor Beginn eines Beschäftigungsverbots „erhalten“?
- Der Fall des BAG: Arbeitnehmerin einer Blutspende-Einrichtung möchte Abgeltung für 17 Urlaubstage, die in die Zeit eines Beschäftigungsverbots gemäß § 4 MuSchG fielen
- BAG: Fällt ein bereits gewährter Urlaub in die Zeit eines späteren Beschäftigungsverbots gemäß § 4 MuSchG, bleibt der Urlaubsanspruch der schwangeren Arbeitnehmerin erhalten
Wann hat eine schwangere Arbeitnehmerin ihren Urlaub vor Beginn eines Beschäftigungsverbots „erhalten“?
Gemäß § 7 Abs.3 BurlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden und wird nur ausnahmsweise bis zum 31. März des nächsten Jahres aufrechterhalten. Der häufigste Fall einer solchen Übertragung des Urlaubs über das Jahresende hinaus ist die Erkrankung des Arbeitnehmers gegen Ende des Urlaubsjahres. Wegen Krankheit nicht erhaltener Urlaub kann nach der Rechtsprechung sogar noch bis zum 31. März des übernächsten Jahres in Anspruch genommen werden.
Da eine Schwangerschaft keine Krankheit ist, gelten diese Regelungen des BurlG nicht für den Fall, dass eine schwangere Arbeitnehmerin aufgrund eines gesetzlichen Beschäftigungsverbotes nach dem MuSchG nicht arbeiten kann. Für solche Fälle gilt § 17 Satz 2 MuSchG. Diese Vorschrift lautet:
„Hat die Frau ihren Urlaub vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhalten, so kann sie nach Ablauf der Fristen den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.“
Fraglich ist, ob eine schwangere Arbeitnehmerin ihren Urlaub bereits dann im Sinne dieser Vorschrift „erhalten“ hat, wenn der Arbeitgeber ihr einen beantragten Urlaub gewährt hat und dieser dann später in die Zeit eines Beschäftigungsverbots gemäß § 4 MuSchG fällt. Dafür spricht, dass ein solches tätigkeitsbezogenes Beschäftigungsverbot der Vermeidung von Gefahren für die Schwangere und für das ungeborene Kind dient und demzufolge nicht voraussetzt, dass die Schwangere in ihrer Lebensführung eingeschränkt wäre und daher keinen Urlaub machen könnte. So gelten z.B. die Beschäftigungsverbote nach § 4 MuSchG allgemein für bestimmte Labor- und Heilberufe, weil Schwangere hier einer erhöhten Gefahr der Infektion ausgesetzt sind.
Vor diesem Hintergrund könnte man § 17 Satz 2 MuSchG so verstehen, dass der Arbeitgeber mit der Urlaubserteilung vor Beginn eines Beschäftigungsverbots gemäß § 4 MuSchG alles getan hat, was er zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs tun muss. Wird die zwecks Urlaubsgewährung erklärte Freistellung von der Arbeit dann später unmöglich, weil die Schwangere ohnehin infolge des Beschäftigungsverbots nicht arbeiten muss, würde das Zusammentreffen von gewährten Urlaubstagen und Beschäftigungsverbot zu ihren Lasten gehen. Denn durch das Beschäftigungsverbot würde eine Freistellung zwecks Urlaubs nachträglich unmöglich, was gemäß § 275 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Wegfall des Urlaubsanspruchs führen würde.
Der Fall des BAG: Arbeitnehmerin einer Blutspende-Einrichtung möchte Abgeltung für 17 Urlaubstage, die in die Zeit eines Beschäftigungsverbots gemäß § 4 MuSchG fielen
Zu Beginn des Jahres 2013 hatte die Angestellte einer Erfurter Blutspende-Einrichtung 17 Urlaubstage für die zweite Jahreshälfte beantragt, die ihr Ende Februar 2013 auch gewährt wurden. Zu ihren Aufgaben gehörte die Entnahme von menschlichem Blut und Blutbestandteilen von Spendern.
Anfang Juni 2013 informierte die Angestellte ihren Arbeitgeber über eine bestehende Schwangerschaft sowie über den Entbindungstermin, der für Ende Dezember 2013 berechnet worden war.
Daraufhin erteilte der Arbeitgeber unter Verweis auf § 4 MuSchG und auf § 4 Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) ein Beschäftigungsverbot bis zum Beginn der sechswöchigen vorgeburtlichen Mutterschutzfrist (§ 3 Abs.2 MuSchG). Zur Begründung berief er sich darauf, dass die Arbeitnehmerin mit potentiell infektiösem Material zu arbeiten hatte, nämlich mit Blut und Plasma, und dass weder eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes noch ein Arbeitsplatzwechsel möglich waren.
Da der Arbeitgeber die 17 bereits bewilligten Urlaubstage auf das Beschäftigungsverbot anrechnen wollte, klagte die Arbeitnehmerin auf die Feststellung, dass ihr die 17 Urlaubstage auch noch im Jahre 2014 zustünden. Damit hatte sie vor dem Arbeitsgericht Erfurt Erfolg (Urteil vom 05.03.2014, 4 Ca 1834/13).
Nachdem der Arbeitgeber Berufung zum Thüringer Landesarbeitsgericht (LAG) eingelegt hatte und das Arbeitsverhältnis im Laufe des Berufungsverfahrens beendet worden war, stellte die Arbeitnehmerin ihre Klage um und verlangte nunmehr Zahlung von 1.400,80 EUR brutto Urlaubsabgeltung, die ihr das LAG zusprach (Thüringer LAG, Urteil vom 25.03.2015, 4 Sa 91/14). Obwohl das LAG die Revision zum BAG nicht zulassen hatte, landete der Fall trotzdem dort, nachdem das BAG der Nichtzulassungsbeschwerde des Arbeitgebers stattgegeben hatte.
BAG: Fällt ein bereits gewährter Urlaub in die Zeit eines späteren Beschäftigungsverbots gemäß § 4 MuSchG, bleibt der Urlaubsanspruch der schwangeren Arbeitnehmerin erhalten
In der Sache entschied das BAG zu Gunsten der Arbeitnehmerin, die damit den Prozess in allen drei Instanzen gewinnen konnte. Zur Begründung heißt es:
Eine Arbeitnehmerin „erhält“ ihren Urlaub nicht bereits dann im Sinne von § 17 Satz 2 MuSchG, wenn der Arbeitgeber den Urlaub vor Beginn eines Beschäftigungsverbote gemäß § 4 MuSchG erteilt, sondern erst dann, wenn auch „die mit der Festlegung des Urlaubszeitraums bezweckte Erfüllungswirkung eintritt“ (Urteil, S.6).
Um den Urlaubsanspruch durch Erfüllung erlöschen zu lassen (§ 362 Abs.1 BGB), muss die Freistellungserklärung des Arbeitgebers zur Folge haben, dass die ansonsten bestehende Arbeitspflicht aufgehoben wird. Eine solche Befreiung von der Arbeitspflicht durch die Urlaubsgewährung konnte hier nicht eintreten, so das BAG, weil die Arbeitspflicht der Klägerin ohnehin bereits durch das Beschäftigungsverbot bzw. aufgrund gesetzlicher Regelung (§ 4 MuSchG) während der 17 „Urlaubstage“ aufgehoben war (Urteil, S.4 - 5).
Fazit: Eine schwangere Arbeitnehmerin hat ihren Urlaub vor Beginn eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots auch dann „nicht oder nicht vollständig erhalten“, wenn der Arbeitgeber den Urlaub zwar gewährt, der gewährte Urlaub aber in die Zeit des Beschäftigungsverbots fällt. In diesem Fall kann die Arbeitnehmerin ihren Urlaub gemäß § 17 Satz 2 MuSchG noch nach Ablauf der Fristen im laufenden oder nächsten Urlaubsjahr nehmen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.08.2016, 9 AZR 575/15
- Thüringer Landesarbeitsgericht, Urteil vom 25.03.2015, 4 Sa 91/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Elternzeit, Elterngeld
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Letzte Überarbeitung: 10. Juni 2020
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