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Brückenteilzeit gemäß § 9a Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
22.10.2018. Der Bundestag hat am Donnerstag letzter Woche mit den Stimmen der CDU/CSU und der SPD das Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts - Einführung einer Brückenteilzeit - beschlossen.
Wesentlicher Inhalt der Neuregelung ist eine Ergänzung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), die Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in Betrieben ab 46 Mitarbeitern das Recht gibt, vom Arbeitgeber eine nur vorübergehende Verringerung ihrer Arbeitszeit zu verlangen. Außerdem wurden die Vorschriften über die Abrufarbeit geändert.
Wer sich für eine Teilzeit entscheidet, hat infolge dieser Neuregelung künftig die Möglichkeit, nach Ablauf der Teilzeitphase wieder zu seiner alten höheren Arbeitszeit zurückzukehren: Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts - Einführung einer Brückenteilzeit, Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 19.07.2018, BT Drucks. 19/3452.
- Wozu dient die Brückenteilzeit und wo ist sie geregelt?
- Wie sind kleine und mittlere Unternehmen vor einer Überforderung geschützt?
- Wer kann eine Brückenteilzeit verlangen?
- Welche weiteren Verbesserungen bringt die Reform des TzBfG für Teilzeitkräfte?
- Was ändert sich bei der Arbeit auf Abruf?
- Wann tritt die Neuregelung in Kraft?
- Fazit
Wozu dient die Brückenteilzeit und wo ist sie geregelt?
Der Anspruch auf Arbeitszeitverringerung gemäß § 8 Abs.1 TzBfG ist eine Einbahnstraße, denn es gibt bislang keinen Anspruch auf Rückkehr zur alten Arbeitszeit. Diese „Teilzeitfalle“ will die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD durch den Anspruch auf eine Brückenteilzeit beseitigen.
Künftig haben Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen das Recht, nur für eine bestimmte Zeit ihre Arbeitszeit zu verringern, nämlich für mindestens ein Jahr und für höchstens fünf Jahre.
Der Anspruch auf eine Brückenteilzeit ist in einem in das Gesetz eingefügten neuen § 9a TzBfG enthalten.
Die Formalitäten der Antragstellung durch den Arbeitnehmer und der Antragsbearbeitung durch den Arbeitgeber sind für beide Ansprüche in § 8 TzBfG geregelt.
Wie sind kleine und mittlere Unternehmen vor einer Überforderung geschützt?
Einen Anspruch auf Brückenteilzeit gibt es nur in Unternehmen mit mindestens 46 Arbeitnehmern (§ 9a Abs.1 Satz 3 TzBfG). Demgegenüber gilt für den allgemeinen Teilzeitanspruch eine Kleinunternehmensgrenze von 15 Arbeitnehmern.
Für den Schwellenwert von 46 Arbeitnehmern hat sich die CDU/CSU eingesetzt, während die SPD für eine Kleinunternehmensgrenze von 15 Arbeitnehmern war, sich damit aber nicht durchsetzen konnte.
Darüber hinaus gilt für Arbeitgeber mit einer Belegschaft zwischen 46 und 200 Arbeitnehmern ein weiterer Schutz vor Überforderung bzw. eine Zumutbarkeitsgrenze. Arbeitgeber dieser Größenordnung bzw. mit einer solchen Anzahl von Mitarbeitern müssen nämlich nur einem Arbeitnehmer pro 15 Arbeitnehmer eine Brückenteilzeit gewähren. Das bedeutet:
Haben bei einer Unternehmensgröße zwischen 46 und 60 Arbeitnehmern bereits vier (oder mehr) Arbeitnehmer eine Brückenteilzeit auf der Grundlage von § 9a TzBfG in Anspruch genommen, kann der Arbeitgeber weitere Anträge auf Brückenteilzeit ablehnen. Ein entsprechendes Ablehnungsrecht besteht bei einer Mitarbeiterzahl zwischen 61 und 75 Arbeitnehmern, wenn bereits fünf (oder mehr) Arbeitnehmer Brückenteilzeit machen usw.
Außerdem können Arbeitgeber jeder Größe einen Antrag auf Brückenteilzeit ablehnen, wenn betriebliche Gründe der beantragten Brückenteilzeit entgegenstehen. Dabei gelten dieselben Maßstäbe bzw. Regeln wie bei Diskussionen über eine zeitlich unbeschränkte Teilzeit gemäß § 8 TzBfG (§ 9a Abs.2 Satz 1 in Verb. mit § 8 Abs.4 TzBfG).
Wer kann eine Brückenteilzeit verlangen?
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können eine Brückenteilzeit gemäß § 9a TzBfG verlangen können, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Das Arbeitsverhältnis hat bereits länger als sechs Monate bestanden.
- Der Arbeitgeber beschäftigt in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer (ohne Auszubildende).
- Der Antrag wird in Textform gestellt (Brief, Fax oder E-Mail), und zwar spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Brückenteilzeit.
- Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin befindet sich nicht bereits in einer Brückenteilzeit.
- Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin beachtet die gesetzlichen Wartezeiten nach einer berechtigten Ablehnung eines vorherigen Antrags gem. § 9a Abs.2 Satz 2 TzBfG.
- Der Arbeitgeber hat bei einer Beschäftigtenzahl zwischen 46 und 200 nicht bereits mehr als einem von 15 Arbeitnehmern eine Brückenteilzeit auf der Grundlage von § 9a TzBfG gewährt.
- Der Brückenteilzeit stehen keine betrieblichen Gründe entgegen.
Hier finden Sie eine Checkliste zum Thema Brückenteilzeit.
Welche weiteren Verbesserungen bringt die Reform des TzBfG für Teilzeitkräfte?
Neben der Einführung der Brückenteilzeit bringt die Reform des TzBfG auch einige weitere Verbesserungen für Teilzeitkräfte.
Künftig haben Arbeitnehmer das Recht, mit dem Arbeitgeber über einen Wunsch nach Arbeitszeitveränderung zu sprechen (§ 7 Abs.2 Satz 1 TzBfG neue Fassung). Die Pflicht des Arbeitgebers zur Erörterung solcher Arbeitszeitwünsche besteht auch in Kleinbetrieben und somit selbst dann, wenn der betroffene Arbeitnehmer infolge einer zu geringen Betriebsgröße weder eine dauerhafte Arbeitszeitverringerung noch eine Brückenteilzeit verlangen kann. Zu solchen Gesprächen können Arbeitnehmer einen Vertreter des Betriebs- oder Personalrats hinzuziehen (§ 7 Abs.2 Satz 3 TzBfG neue Fassung).
Auch das Recht von Teilzeitkräften, bei der Vergabe von freien Arbeitsplätzen mit einer erhöhten Stundenzahl gegenüber externen Bewerbern bevorzugt berücksichtigt zu werden, ist verbessert worden. Bisher mussten Teilzeitkräfte, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, im Streitfall nachweisen, dass es einen freien Arbeitsplatz gibt und dass sie für diesen gleich gut geeignet sind wie betriebsfremde Bewerber (§ 9 TzBfG alte Fassung). Künftig trägt der Arbeitgeber beim Streit über diese Fragen vor Gericht die Darlegungs- und Beweislast (§ 9 Satz 1 TzBfG neue Fassung).
Voraussetzung einer Arbeitszeitverlängerung gemäß § 9 TzBfG neue Fassung ist allerdings, dass der Arbeitgeber die Organisationsentscheidung getroffen hat, einen Arbeitsplatz zu schaffen oder einen unbesetzten Arbeitsplatz neu zu besetzen (§ 9 Satz 2 TzBfG neue Fassung). Außerdem müssen interessierte Teilzeitkräfte dem Arbeitgeber ihren Wunsch nach einer Arbeitszeiterhöhung in Textform anzeigen, also z.B. per Brief, E-Mail oder Fax.
Was ändert sich bei der Arbeit auf Abruf?
Schließlich wurde auch § 12 TzBfG, der die Arbeit auf Abruf regelt, zugunsten der Arbeitnehmer verbessert.
Wie bisher schreibt das Gesetz vor, dass der Arbeitsvertrag bei der Abrufarbeit eine bestimmte Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit festlegen muss, was in der Praxis aber oft nicht geschieht. In diesem Fall gilt nach bisherigem Recht eine wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart (§ 12 Abs.1 Satz 2 TzBfG alte Fassung).
Künftig hat eine arbeitsvertragliche Lücke beim Thema Wochenarbeitszeit zur Folge, dass 20 Stunden als vereinbart gelten (§ 12 Abs.1 Satz 2 TzBfG neue Fassung). Für Arbeitgeber, denen eine Mindeststundenzahl von 20 Wochenstunden zu viel ist, wird dadurch ein Anreiz gesetzt, dem Arbeitnehmer durch klare Vereinbarungen zur Wochenarbeitszeit mehr Planungssicherheit zuzugestehen.
Außerdem begrenzt die Neufassung von § 12 Abs.2 TzBfG neue Fassung im Anschluss an die Rechtsprechung die Abweichungen der vom Arbeitgeber abgerufenen Arbeit von der vertraglich festgelegten Wochenarbeitszeit. Ist die vertragliche Wochenarbeitszeit eine Untergrenze bzw. Mindestarbeitszeit, darf der Arbeitgeber nur bis zu maximal 25 Prozent mehr Arbeit abrufen. Ist die vertragliche Wochenarbeitszeit dagegen eine Obergrenze bzw. Höchstarbeitszeit, darf der Arbeitgeber nur bis zu maximal 20 Prozent weniger Arbeit abrufen.
Zudem ist die Berechnungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen nunmehr gesetzlich verbindlich festgelegt. Maßgeblich ist künftig die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor dem Arbeitsausfall (Referenzperiodenprinzip).
Wann tritt die Neuregelung in Kraft?
Gemäß Art.3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT Drucks. 19/3452) tritt das Gesetz am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.
Bei einer Verkündung im Laufe des Dezember 2018 werden die Neuregelungen zum 01.01.2019 in Kraft treten. Hier finden Sie im Wortlaut das im Bundesgesetzblatt (BGBl) veröffentlichte Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts - Einführung einer Brückenteilzeit, vom 11.12.2018 (BGBl I, S.2384).
Fazit
Die neue Brückenteilzeit dürfte für die meisten Arbeitgeber gut zu verkraften sein, da Arbeitgeber mit 45 oder weniger Arbeitnehmern von der Neuregelung ausgenommen sind und weil für Unternehmen mit einer Belegschaft von 46 bis 200 Mitarbeitern spezielle Überforderungsregelungen gelten.
Umgekehrt heißt das für die Arbeitnehmerseite, dass viele - vor allem weibliche - Beschäftigte von der Neuregelung ausgenommen sind. Hier sollte man aber berücksichtigen, dass rechtliche Möglichkeiten für eine Brückenteilzeit schon seit langem bestehen, nur eben nicht als allgemeiner Rechtsanspruch, sondern unter speziellen Voraussetzungen wie z.B. während einer Elternzeit als Teilzeit in der Elternzeit gemäß § 15 Abs.5 bis 7 BEEG.
Wer sich für eine vorübergehende Teilzeit interessiert, muss sich daher zunächst einmal zurechtfinden in dem Gewirr der verschiedenen Teilzeitansprüche, deren Voraussetzungen, Vorteile und Nachteile sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Im Zweifel sollte man sich rechtlich beraten lassen, um die individuell am besten passende Teilzeitform zu wählen. So ist z.B. eine vorübergehende Teilzeit auf der Grundlage von § 15 Abs.5 bis 7 BEEG oder von § 3 PflegeZG mit einem gesetzlichen Sonderkündigungsschutz verbunden, den die allgemeine Brückenteilzeit gemäß § 9a TzBfG nicht bietet.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts - Einführung einer Brückenteilzeit, vom 11.12.2018 (BGBl I, S.2384)
- Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts - Einführung einer Brückenteilzeit, Gesetzentwurf der Bundesregierung, vom 19.07.2018, BT Drucks. 19/3452
- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss), vom 17.10.2018, BT Drucks. 19/5097
- Dt. Bundestag, 19. Wahlperiode, Stenografischer Bericht der 58. Sitzung vom 18.10.2018, S.6405
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Letzte Überarbeitung: 2. August 2020
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