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Ablehnung eines Teilzeitantrags
05.10.2017. Manchmal lässt das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein Fax oder eine E-Mail für eine Erklärung genügen, die nach dem Gesetzeswortlaut eigentlich "schriftlich" erklärt und damit eigenhändig unterschrieben werden sollte, so z.B. bei der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats gegenüber einer personellen Einzelmaßnahme (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 09/130 Zustimmungsverweigerung bei personellen Einzelmaßnahmen: E-Mail genügt).
In anderen Fällen dagegen ist das BAG streng, und dann heißt "schriftlich", dass ein Schreiben ohne Unterschrift oder eine E-Mail unwirksam ist, so z.B. ein Antrag auf Elternzeit (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/157 Antrag auf Elternzeit nur mit Unterschrift).
In einem aktuellen Urteil hat das BAG eine gesetzliche Schriftformvorgabe wieder einmal strikt ausgelegt und entschieden, dass die Ablehnung eines Antrags auf Verringerung der Arbeitszeit nur wirksam ist, wenn der Arbeitgeber sie schriftlich erklärt: BAG, Urteil vom 27.06.2017, 9 AZR 368/16.
- Genügt für die Ablehnung eines Teilzeitantrags die Textform oder muss der Arbeitgeber Papier und Tinte verwenden?
- Im Streit: Lufthansa-Stewardess beantragt nach mehrjähriger Babypause eine geringfügige (weitere) Verringerung ihrer Jahresarbeitszeit auf 50 Prozent mit monatlichem Wechsel von Arbeit und Freizeit
- BAG: Die Mitteilung des Arbeitgebers, mit der ein Teilzeitantrag abgelehnt wird, muss schriftlich abgefasst werden und ist daher nur mit Unterschrift gültig
Genügt für die Ablehnung eines Teilzeitantrags die Textform oder muss der Arbeitgeber Papier und Tinte verwenden?
Ein Anspruch auf Arbeitszeitverringerung steht allen Arbeitnehmern zu, die länger als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als 15 Arbeitnehmern beschäftigt sind. Dazu schreibt § 8 Abs.2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) vor, dass ein solcher Teilzeitantrag spätestens drei Monate vor Beginn der gewünschten Arbeitszeitverringerung geltend gemacht werden muss, wobei die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit angeben werden "soll".
Für diesen Antrag sieht das Gesetz keine Schriftform vor, d.h. § 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gilt hier nicht. Nach dieser Vorschrift ist für eine "schriftliche" Erklärung erforderlich, dass sie auf einer Urkunde, d.h. einem Papier festgehalten wird, und dass dieses Papier vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet wird (§ 126 Abs.1 BGB).
Soviel Korrektheit ist wie gesagt für den Antrag des Arbeitnehmers auf Teilzeit nicht erforderlich. Anders sieht es dagegen für den Arbeitgeber aus, der einen Antrag auf Arbeitszeitverringerung zurückweisen möchte, weil aus seiner Sicht betriebliche Gründe entgegenstehen.
Dann muss der Arbeitgeber nämlich nach vorheriger (erfolgloser) Diskussion mit dem Arbeitnehmer (§ 8 Abs.3 TzBfG) spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der beantragten Arbeitszeitverringerung ein Ablehnungsschreiben verfassen, denn andernfalls verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang kraft Gesetzes (§ 8 Abs.5 Satz 2 TzBfG). Und für diese Ablehnung sieht § 8 Abs.5 Satz 2 TzBfG vor, dass sie "schriftlich" erklärt wird.
In den arbeitsgerichtlichen Kommentaren ist die Frage umstritten, ob diese Schriftform-Vorgabe im strengen Sinne zu verstehen ist, d.h. im Sinne von § 126 Abs.1 BGB, so dass Papier und Unterschrift nötig wären. Einige Autoren sind der Meinung, dass es ausreicht, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Ablehnung der gewünschten Teilzeit in Textform erklärt. Dann würde § 126b BGB gelten und es würde demzufolge eine E-Mail oder andere elektronische Benachrichtigung genügen, die den Arbeitgeber als Aussteller erkennen lässt, vom Arbeitnehmer gelesen werden kann (eine Sprachnachricht genügt nicht) und dauerhaft gespeichert werden kann, wie das bei E-Mails üblich ist.
Im Streit: Lufthansa-Stewardess beantragt nach mehrjähriger Babypause eine geringfügige (weitere) Verringerung ihrer Jahresarbeitszeit auf 50 Prozent mit monatlichem Wechsel von Arbeit und Freizeit
Im Streitfall ging es um eine Lufthansa-Stewardess, die eine mehr als fünfjährige Babypause (einschließlich Sonderurlaub) gemacht hatte und danach Mitte 2014 wieder anfangen wollte, allerdings im monatlichen Wechsel von Arbeit und Freizeit. Um das durchzusetzen, stellte sie einen etwas seltsamen Teilzeitantrag, der eine Verringerung ihrer bei 51,09 Prozent der Vollzeitarbeit liegenden Arbeitszeit um weitere 1,09 Prozent vorsah, d.h. auf genau 50 Prozent der Vollarbeitszeit.
Den Antrag auf Arbeitszeitverringerung (ab Anfang 2015) stellte sie im Juni 2014, indem sie das von der Lufthansa im Intranet bereitgestellte "Requestverfahren" zur Vergabe von Teilzeitmodellen nutzte. Grundlage dieses Verfahrens ist ein Manteltarifvertrag für das Kabinenpersonal der Lufthansa, der für die Lufthansaarbeitnehmer spezielle, auf den fliegerischen Dienst zugeschnittene Teilzeitmodelle vorsieht. Der Antrag der Stewardess sah (neben der Arbeitszeitverringerung um 1,09 Prozent) vor, dass die Freistellungsmonate im Februar, April, Juni usw. liegen sollten, und als "02. Priorität" wäre sie auch damit einverstanden gewesen, dass die Freistellung auf die Monate Januar, März, Mai usw. fallen würde.
Die Lufthansa lehnte den Antrag mit einem maschinell erstellten und nicht unterzeichneten Schreiben vom 01.08.2014 ab, woraufhin die Stewardess auf Beschäftigung entsprechend ihrem Teilzeitantrag klagte. Denn da die Lufthansa den Teilzeitantrag nicht schriftlich gemäß § 8 Abs.5 Satz 2 TzBfG erklärt hatte, war die beantragte Teilzeit kraft Gesetzes wirksam vereinbart worden, so die Stewardess. Die Lufthansa hielt dagegen, dass der Antrag im Request-Verfahren gar kein Teilzeitantrag im Sinne von § 8 TzBfG gewesen sei. Davon konnte sie das Arbeitsgericht Frankfurt überzeugen, das die Klage abwies (Urteil vom 26.05.2015, 24 Ca 8821/14).
Das für die Berufung zuständige Hessisches Landesarbeitsgericht (LAG) gab der Klage im Wesentlichen statt (Hessisches LAG, Urteil vom 11.04.2016, 17 Sa 814/15). Dabei mäkelte es allerdings an der Antragstellung herum und wies den Beschäftigungsantrag der Klägerin ab, stellte dafür allerdings fest, dass die strittige Arbeitszeitverkürzung gültig war. Aus Sicht des LAG war der Antrag vom Juni 2014 nämlich als echter Teilzeitantrag gemäß § 8 TzBfG auszulegen, denn eine gesetzliche Rechtsgrundlage muss ein Antrag auf Arbeitszeitverringerung nicht enthalten. Und da die Lufthansa den Antrag nicht schriftlich, sondern per nicht unterzeichneten Formschreiben abgelehnt hatte, war die von der Klägerin beantragte Teilzeit wirksam vereinbart, und zwar einschließlich der mit "01. Priorität" gewünschten Arbeitsmonate.
BAG: Die Mitteilung des Arbeitgebers, mit der ein Teilzeitantrag abgelehnt wird, muss schriftlich abgefasst werden und ist daher nur mit Unterschrift gültig
Das BAG wies die Revision der Lufthansa zurück und gab der Klägerin recht, und zwar in entsprechend dem Leistungsantrag der Stewardess. Die Lufthansa wurde dementsprechend zur Beschäftigung gemäß der beantragten Teilzeit verurteilt.
Denn, so das BAG: Die Ablehnung eines Teilzeitantrags gemäß § 8 Abs.5 Satz 2 TzBfG ist eine Willenserklärung, d.h. kein bloßes Informationsschreiben. Und da das Gesetz für diese Willenserklärung nun einmal die Schriftform vorschreibt, gilt hier § 126 Abs.1 BGB. Die Lufthansa hätte als ihr Ablehnungsschreiben vom 01.08.2014 durch einen dazu bevollmächtigten Personalverantwortlichen unterzeichnen lassen müssen. Ohne formvollendete und fristgerechte Ablehnung des Teilzeitantrags ging dieser durch, d.h. ab Anfang 2015 galt für die Stewardess kraft Gesetzes das von ihr beantragte Teilzeitmodell.
Wie das LAG war auch das BAG der Meinung, dass der Antrag nicht nur auf das tariflich begründete Request-Verfahren bezogen war, sondern (zugleich auch) ein normaler Teilzeitantrag gemäß § 8 TzBfG.
Schließlich war die beantragte Verringerung der Arbeitszeit mit nur 1,09 Prozent zwar extrem gering, so dass hier der Verdacht nahelag, dass es der Stewardess in Wahrheit nur um eine andere Verteilung ihrer Arbeitszeit auf bestimmte Kalendermonate ging. Ob der Teilzeitantrag daher missbräuchlich im Sinne der dazu ergangenen Rechtsprechung war, konnte hier aber offenbleiben, denn dem Arbeitgeber steht es rechtlich frei, auch einem missbräuchlichen Teilzeitantrag zuzustimmen. Und dabei macht es keinen Unterschied, wenn sich der Arbeitgeber, statt ausdrücklich zuzustimmen, in Schweigen hüllt und damit die gesetzliche Fiktionswirkung des § 8 Abs.5 Satz 2 TzBfG auslöst.
Fazit: Arbeitgeber, die einen Teilzeitantrag gemäß § 8 TzBfG ablehnen möchten, sollten das schriftlich und mit konkreter Begründung tun, d.h. unter Hinweis auf ein bestimmtes Organisationskonzept, das mit der gewünschten Arbeitszeitverringerung und/oder mit der gewünschten Arbeitszeitverteilung nicht vereinbar ist. Einen entsprechenden Mustertext finden Sie hier.
HINWEIS: Mit Wirkung zum 01.01.2020 ist § 8 Abs.5 TzBfG geändert worden. Seitdem können Arbeitgeber Anträge auf Arbeitszeitverringerung in Textform ablehnen. Daher ist die hier besprochene BAG-Entscheidung seit dem 01.01.2020 gegenstandslos.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.06.2017, 9 AZR 368/16
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 11.04.2016, 17 Sa 814/15
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeitverringerung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Brückenteilzeit
- Handbuch Arbeitsrecht: Elternzeit, Elterngeld
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Teilzeitbeschäftigung (Teilzeitarbeit, Teilzeit)
- Musterschreiben: Ablehnung eines Teilzeitantrags gemäß § 8 TzBfG
- Musterschreiben: Antrag auf Teilzeit
- Musterschreiben: Antrag auf Teilzeit in der Elternzeit
- Tipps und Tricks: Brückenteilzeit - Checkliste
- Arbeitsrecht aktuell: 19/107 Ablehnung einer Elternteilzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 18/257 Brückenteilzeit gemäß § 9a Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
- Arbeitsrecht aktuell: 18/104 Anspruch auf Brückenteilzeit
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- Arbeitsrecht aktuell: 15/193 Teilzeitmodelle für Führungskräfte
- Arbeitsrecht aktuell: 13/246 Teilzeit als Sabbatical
- Arbeitsrecht aktuell: 13/197 Anspruch auf Teilzeit
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- Arbeitsrecht aktuell: 09/130 Zustimmungsverweigerung bei personellen Einzelmaßnahmen: E-Mail genügt
- Arbeitsrecht aktuell: 09/097 Verweigerung der Zustimmung zu personellen Maßnahmen ohne Unterschrift
- Arbeitsrecht aktuell: 08/076 Keine Beschränkung des gesetzlichen Teilzeitanspruchs durch freiwillige Betriebsvereinbarungen
Letzte Überarbeitung: 2. August 2020
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