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Keine Beschränkung des gesetzlichen Teilzeitanspruchs durch freiwillige Betriebsvereinbarungen
16.07.2008. Der gesetzliche Anspruch von Arbeitnehmern auf Verringerung ihrer Arbeitszeit und auf eine ihren Wünschen entsprechende Verteilung der verringerten Arbeitszeit wird nur durch entgegenstehende betriebliche Gründe und durch die Arbeitszeitwünsche anderer Arbeitnehmer begrenzt.
Eine Abweichung vom Gesetz zulasten des Arbeitnehmers durch eine Betriebsvereinbarung ist daher nicht möglich (§ 22 Abs.1 Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG).
Daher kann der Arbeitgeber einen Teilzeitwunsches nicht mit der Begründung abweisen, dass der Wunsch nicht den in einer Betriebsvereinbarung genannten Teilzeitmodellen entspricht: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2008, 9 AZR 313/07.
- Müssen Arbeitnehmer, die Teilzeit verlangen, ihre Wünsche zur Arbeitszeitverteilung an bestehende Betriebsvereinbarungen anpassen?
- Der StreitfalL: Pilot verlangt von seinem Arbeitgeber Blockteilzeit, d.h. Verringerung der Arbeitszeit durch Freistellung von Mitte Dezember bis Mitte Januar
- BAG: Die gewünschte Arbeitszeitverteilung ist in Ordnung, da die bestehende Betriebsvereinbarung als solche keinen Ablehnungsgrund darstellt
Müssen Arbeitnehmer, die Teilzeit verlangen, ihre Wünsche zur Arbeitszeitverteilung an bestehende Betriebsvereinbarungen anpassen?
Gemäß § 8 Abs.1 und Abs.4 Satz 1 TzBfG haben Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als fünfzehn Arbeitnehmern nach einer Beschäftigungszeit von mehr als sechs Monaten Anspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit. Dabei können sie auch bestimmen, wie die verringerte Arbeitszeit verteilt werden soll.
Der Anspruch besteht nicht, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Als Beispiele für dartige Gründe nennt das Gesetz wesentliche Beeinträchtigungen der Betriebsorganisation, des Arbeitsablaufs oder der betrieblichen Sicherheit, daneben aber auch unverhältnismäßige Kosten, falls diese Nachteile durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Arbeitszeitverringerung eintreten würden (§ 8 Abs.4 Satz 2 TzBfG).
Das Gesetz lässt es im Rahmen einer Öffnungsklausel zu, dass die Ablehnungsgründe in Tarifverträgen festgelegt werden (§ 8 Abs.4 Satz 3 TzBfG). Für Betriebsvereinbarungen gilt diese Ermächtigung aber nicht.
Obwohl Betriebsvereinbarungen somit die möglichen, dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Ablehnungsgründe nicht festlegen können, haben sie oft mittelbar einen Einfluss auf die Entscheidung des Arbeitgebers über Arbeitszeitverringerungswünsche, da der Arbeitgeber z.B. durch eine Betriebsvereinbarung zur Lage und Dauer der Arbeitszeit gemäß § 87 Abs.1 Nr.2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beschränkt sein kann. Dann kann er einer gewünschten Arbeitszeitverringerung nur unter Verstoß gegen die Arbeitszeitbetriebsvereinbarung zustimmen.
Mit Blick auf solche Fälle hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass solche die Arbeitszeit betreffenden Betriebsvereinbarungen, die der Betriebsrat notfalls im Wege der Einigungsstelle erzwingen könnte, einen betrieblichen Grund für die Ablehnung des Teilzeitverlangens darstellen können (BAG, Urteil vom 18.02.2003, 9 AZR 164/02).
Fraglich ist, ob der Arbeitgeber auch eine nicht erzwingbare, d.h. freiwillige Betriebsvereinbarung dem Anspruch eines Arbeitnehmers nach Arbeitszeitverringerung entgegenhalten kann. Dagegen spricht § 22 Abs.1 TzBfG, wonach im Allgemeinen von den Vorschriften des TzBfG nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann.
In Bezug auf Tarifverträge hatte das BAG bereits klargestellt, dass der gesetzliche Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung gemäß § 22 Abs.1 TzBfG zwingend ist und daher auch die Tarifvertragsparteien bindet (BAG, Urteil vom 18.03.2003, 9 AZR 126/02). Für (freiwillige) Betriebsvereinbarungen stand eine solche Klarstellung bislang aus. Zu diesen Fragen hat das BAG mit Urteil vom 24.06.2008 (9 AZR 313/07) Stellung genommen.
Der StreitfalL: Pilot verlangt von seinem Arbeitgeber Blockteilzeit, d.h. Verringerung der Arbeitszeit durch Freistellung von Mitte Dezember bis Mitte Januar
Der Kläger ist als angestellter Flugkapitän bei der beklagten Arbeitgeberin, einem Luftfahrtunternehmen, beschäftigt. Die Beklagte und die bei ihr bestehende Gesamtvertretung des fliegenden Personals schlossen Ende 2005 eine gemäß § 117 Abs.2 BetrVG freiwillige Betriebsvereinbarung über die Teilzeitbeschäftigung für Flugzeugführer, die „BV Teilzeit“. Die BV Teilzeit sah ein Modell monatsreduzierter Teilzeit und ein Blockteilzeitmodell mit mindestens 30 zusammenhängenden freien Tagen vor, die jeweils aber nur auf ein Kalenderjahr befristet angeboten wurden.
Der aus der BV Teilzeit folgende Anspruch auf Arbeitszeitverringerung war daher in Abweichung von § 8 TzBfG zeitlich befristet bzw. auf jeweils ein Jahr beschränkt.
Ebenfalls Ende 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine unbefristete bzw. dauerhafte Arbeitszeitverringerung. Er wollte ab 2006 seine jährliche Arbeitszeit im Umfang von 30 Tagen dauerhaft verringern. Die freie Zeit sollte dabei nach seiner Vorstellung in der Zeit vom 01.01. bis zum 15.01. und in der Zeit vom 17.12. bis 31.12. gewährt werden. Die Beklagte lehnte diesen Wunsch nach Arbeitszeitverringerung unter Hinweis auf die BV Teilzeit ab, die eine solche Form der Blockteilzeit nicht vorsah. Eine Erörterung des Verringerungswunsches fand nicht statt.
Der Kläger zog daraufhin vor das Arbeitsgericht und klagte auf Zustimmung zu Arbeitszeitverringerung und Arbeitszeitverteilung. Er obsiegte in erster Instanz vor dem ArbG Frankfurt (Urteil vom 05.04.2006, 20 Ca 9352/05) und auch in der Berufungsinstanz vor dem Hessischen LAG (Urteil vom 05.02.2007, 17 Sa 1224/06).
BAG: Die gewünschte Arbeitszeitverteilung ist in Ordnung, da die bestehende Betriebsvereinbarung als solche keinen Ablehnungsgrund darstellt
Das BAG hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen, d.h. wie die Vorinstanzen zugunsten des klagenden Flugkapitäns entschieden. Dabei kommt das BAG zu dem Ergebnis, dass dem Begehren des Klägers keine betrieblichen Gründe entgegen stünden.
Soweit aus der bisher allein vorliegenden Pressemitteilung ersichtlich, schließt sich das BAG auch in der Begründung den Vorinstanzen an. Diese hatten die Regelungen der BV Teilzeit nicht als eine rechtlich beachtliche, dem Teilzeitverlangen entgegenstehende betriebliche Gründe im Sinne von § 8 Abs.4 TzBfG anerkannt. Dabei stützt sich das BAG auf folgende einfache Überlegung:
Von dem gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit und auf eine bestimmte Verteilung der verringerten Arbeitszeit gemäß § 8 Abs.1 und 4 S.1 TzBfG kann nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Dies ergibt sich zwingend aus § 22 Abs.1 TzBfG.
Möglich sind damit zwar Regelungen in Betriebsvereinbarungen, die neben dem gesetzlichen Anspruch einen zusätzlichen Anspruch auf Arbeitszeitverringerung gewähren. Dieser darf dann auch befristet sein. Anstelle des gesetzlichen Anspruches, d.h. als dessen Ersatz, sind solche Regelungen jedoch ebensowenig möglich wie ein kompletter Ausschluss des gesetzlichen Anspruchs.
Demzufolge hätte sich die beklagte Fluggesellschaft hier nur auf die gesetzlichen Ablehnungsgründe stützen können. Sie hätte also z.B. argumentieren können, dass die von dem Piloten gewünschte Freistellung von Mitte Dezember bis Mitte Januar die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Das hatte die Fluggesellschaft nicht getan.
Fazit: Da das Gesetz nicht verlangt, sich bei der Arbeitszeitreduzierung auf eine bestimmte wöchentliche Verteilung der verringerten Arbeitszeit zu beschränken, können Arbeitnehmer im Prinzip auch jede Form der Blockteilzeit verlangen. Wenn der Arbeitgeber das nicht möchte, muss er konkret entgegenstehende Gründe nennen können.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Arbeitsrecht aktuell: 11/240 Anspruch auf Teilzeitarbeit beinhaltet freien Monat
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2008, 9 AZR 313/07
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 05.02.2007, 17 Sa 1224/06
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeitverringerung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Teilzeitbeschäftigung (Teilzeitarbeit, Teilzeit)
- Arbeitsrecht aktuell: 17/255 Ablehnung eines Teilzeitantrags
- Arbeitsrecht aktuell: 13/246 Teilzeit als Sabbatical
- Arbeitsrecht aktuell: 10/040 Verteilung der Arbeitszeit bei Teilzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 09/112 Mitbestimmung des Betriebsrates bei Arbeitszeitverteilungswünschen
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 20. Dezember 2017
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