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Aufhebungsvertrag mit Abfindung für Betriebsrat
06.04.2018. Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt gemäß § 37 Abs.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) unentgeltlich als Ehrenamt.
Daher erhalten sie für ihr Engagement im Betriebsrat keine besondere Bezahlung. Stattdessen muss der Arbeitgeber Betriebsräten die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung ohne Abstriche auch für die Zeiten gewähren, in denen sie aufgrund ihres Amtes nicht arbeiten können (§ 37 Abs.2, 3 und 4 BetrVG).
Dementsprechend dürfen Betriebsratsmitglieder gemäß § 78 Satz 2 BetrVG wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden dürfen.
In einem aktuellen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass eine attraktive Abfindung, die ein Betriebsratsmitglied in einem Aufhebungsvertrag zugestanden wird, im Allgemeinen noch keine verbotene Begünstigung im Sinne von § 78 Satz 2 BetrVG ist: BAG, Urteil vom einen 20.03.2018, 7 AZR 590/16 (Pressemitteilung des Gerichts).
- Sind Aufhebungsverträge mit hohen Abfindungen rechtlich angreifbar, wenn es um Betriebsratsmitglieder geht?
- Der Fall: 31 Jahre lang beschäftigter Betriebsratsvorsitzender mit einem Gehalt von knapp 5.000,00 EUR brutto vereinbart eine Abfindung von 120.000 Euro netto
- BAG: Greift der Arbeitgeber beim Aufhebungsvertrag mit einem Betriebsratsmitglied tiefer in die Tasche, stellt dies im Allgemeinen noch keine verbotene Begünstigung dar
Sind Aufhebungsverträge mit hohen Abfindungen rechtlich angreifbar, wenn es um Betriebsratsmitglieder geht?
Für Aufhebungsverträge gilt im Prinzip dieselbe Vertragsfreiheit wie für Arbeitsverträge, abgesehen davon, dass Aufhebungsverträge gemäß § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zwingend schriftlich vereinbart werden müssen, wohingegen Arbeitsverträge auch formfrei („ per Handschlag“) abgeschlossen werden können.
Mit einem Aufhebungsvertrag kann man daher auch lange bestehende Arbeitsverträge schnell und unbürokratisch beenden. Dabei ist es den Vertragsparteien aufgrund ihrer Vertragsfreiheit überlassen, ob und welche Vergünstigungen der Aufhebungsvertrag für den Arbeitnehmer vorsieht. Dementsprechend gibt es Aufhebungsverträge mit und ohne Abfindung, mit und ohne bezahlte Freistellung sowie mit und ohne die Zusicherung eines guten Zeugnisses.
Da für Aufhebungsverträge im Wesentlichen das allgemeine Vertragsrecht gilt, haben es Arbeitnehmer schwer, von ihnen per Anfechtung oder Widerruf loszukommen. Denn ein Widerrufsrecht besteht nach der Rechtsprechung nicht, und für die Anfechtung eines Aufhebungsvertrages müsste der Arbeitnehmer beweisen, dass er vom Arbeitgeber bei Vertragsschluss arglistig getäuscht oder in widerrechtlicher Weise bedroht worden ist (§ 123 Abs.1 BGB). Da ein solcher Nachweis praktisch nie gelingt, sind Arbeitnehmer an einen Aufhebungsvertrag gebunden, wenn sie ihn einmal unterschrieben haben.
Einen speziellen Angriffspunkt bietet aber möglicherweise § 78 Satz 2 BetrVG, wonach Betriebsratsmitglieder „wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden“ dürfen. Hier könnte man argumentieren, dass „extrem hohe“ Abfindungen, die der Arbeitgeber in einem Aufhebungsvertrag mit einem Betriebsratsmitglied zugesteht, eine gemäß § 78 Satz 2 BetrVG unzulässige Begünstigung des Betriebsratsmitglieds wegen seiner Tätigkeit darstellt. Ein solcher Gesetzesverstoß wiederum hätte zur Folge, dass der Aufhebungsvertrag nichtig ist (§ 134 BGB).
Der Fall: 31 Jahre lang beschäftigter Betriebsratsvorsitzender mit einem Gehalt von knapp 5.000,00 EUR brutto vereinbart eine Abfindung von 120.000 Euro netto
Der klagende Arbeitnehmer war seit 1983 bei der Beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Seit 2006 war er Vorsitzender des Betriebsrats.
Im Sommer 2013 erhob der Arbeitgeber gravierende Vorwürfe gegen den Betriebsratsvorsitzenden. Angeblich soll er weibliche Beschäftigte sexuell belästigt haben. Infolgedessen erteilte der Arbeitgeber den Betriebsratsvorsitzenden ein Haus- und Werksverbot.
Der Betriebsratsvorsitzende bestritt die Vorwürfe, und auch der Betriebsrat als Gremium stellte sich hinter seinen Vorsitzenden. Er verweigerte daher die vom Arbeitgeber erbetene, rechtlich erforderliche Zustimmung zu geplanten fristlosen Kündigung, so dass der Arbeitgeber im Juli 2013 ein arbeitsgerichtliches Verfahren auf Zustimmungsersetzung gemäß § 103 Abs.2 BetrVG einleitete.
Vor dem Hintergrund dieses Verfahrens vereinbarten die Parteien am 22.07.2013 einen außergerichtlichen Aufhebungsvertrag. Dieser regelte u.a. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach langer Auslauffrist zum 31.12.2015, die bezahlte Freistellung bis dahin sowie eine (noch während des Arbeitsverhältnisses auszuzahlende) Abfindung von 120.000,00 EUR netto. Außerdem verpflichtete sich der Kläger, umgehend von seinem Betriebsratsamt zurückzutreten.
Noch während der Abwicklung des Restarbeitsverhältnisses bzw. des Aufhebungsvertrages (aber nach Erhalt der Abfindung) wollte der Ex-Betriebsrat die getroffenen Vereinbarungen nicht mehr gelten lassen und klagte daher im Sommer 2014 auf die gerichtliche Feststellung, dass der Aufhebungsvertrag nichtig sei. Sein Argument: Der Aufhebungsvertrag begünstige ihn als Betriebsratsmitglied in unzulässiger Weise, d.h. entgegen § 78 Satz 2 BetrVG, und sei daher gemäß § 134 BGB nichtig.
Mit dieser Klage hatte er weder vor dem Arbeitsgericht Saarbrücken (Urteil vom 13.03.2015, 3 Ca 845/14) noch in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Saarland Erfolg (LAG Saarland, Urteil vom 22.06.2016, 1 Sa 63/15).
BAG: Greift der Arbeitgeber beim Aufhebungsvertrag mit einem Betriebsratsmitglied tiefer in die Tasche, stellt dies im Allgemeinen noch keine verbotene Begünstigung dar
Auch in Erfurt vor dem BAG zog der Ex-Betriebsrat den Kürzeren. Wie bereits die beiden Vorinstanzen meinten auch die Erfurter Richter, dass der Aufhebungsvertrag rechtens war. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Will der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einem Betriebsratsmitglied verhaltensbedingt und daher außerordentlich kündigen und hat er dafür bereits ein arbeitsgerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet, stellt ein parallel dazu vereinbarter Aufhebungsvertrag mit großzügiger Abfindung im Allgemeinen keine unzulässige Begünstigung im Sinne von § 78 Satz 2 BetrVG dar.
Denn durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages werden Betriebsratsmitglieder im Allgemeinen nicht unzulässig begünstigt, so die Erfurter Richter. Das gilt auch dann, wenn die Verhandlungsposition des Betriebsrats günstiger als die eines vergleichbaren Arbeitnehmers ohne Betriebsratsamt ist.
Denn eine solche finanzielle Besserstellung beruht auf dem gesetzlichen Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit von Betriebsratsmitgliedern gemäß § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und der ergänzenden Regelung in § 103 BetrVG, wonach auch eine außerordentliche und fristlose Kündigung gegenüber Betriebsratsmitgliedern nur möglich ist, wenn der Betriebsrat (als Gremium) zuvor zugestimmt hat.
Der Entscheidung des BAG ist zuzustimmen, denn mit Abfindungszahlungen kauft sich der Arbeitgeber im Allgemeinen von dem Risiko los, infolge einer unwirksamen Kündigung für längere Zeit mit ungewollten Lohnkosten belastet zu sein. Für eine geplante verhaltensbedingte Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ergibt sich dieses finanzielle Risiko aus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, der zufolge der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, einem Betriebsratsmitglied während der Dauer des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens die Vergütung zu bezahlen.
Im vorliegenden Fall wäre der Arbeitgeber daher mit voraussichtlichen künftigen Lohnkosten für ein bis zwei Jahre belastet gewesen (denn diese Zeit ist für ein Zustimmungsersetzungsverfahren über zwei Instanzen einzuplanen), wobei der Ausgang des Zustimmungsersetzungsverfahrens im Sommer 2013 noch völlig offen war. Wäre das Verfahren am Ende dieses Zeitraums zugunsten des Betriebsrats ausgegangen, wäre der Arbeitgeber mit weiteren Lohnkosten belastet gewesen. Hinzu käme dann auch der öffentliche Gesichtsverlust, den der Arbeitgeber bei einem solchen Verfahrensausgang erleiden würde.
Vor diesem Hintergrund bleibt die hier vereinbarte Netto-Abfindung von 120.000 EUR netto, die etwa 200.000 EUR brutto entspricht, angesichts des Monatslohns von knapp 5.000 EUR und einer Beschäftigungszeit von 31 Jahren im Rahmen, denn sie entspricht (als Brutto-Abfindung) einem Faktor von 1,3 Gehältern pro Beschäftigungsjahr. Solche Abfindungen können Arbeitnehmer, wenn sie geschickt verhandeln, durchaus auch ohne Betriebsratsamt erzielen.
Fazit: Für Aufhebungsverträge gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit, so dass Abfindungen nach oben hin im Allgemeinen keine Grenzen gesetzt sind. Das gilt auch für Aufhebungs- und Abfindungsvereinbarungen mit Betriebsratsmitgliedern.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom einen 20.03.2018, 7 AZR 590/16 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom einen 20.03.2018, 7 AZR 590/16
- Landesarbeitsgericht Saarland, Urteil vom 22.06.2016, 1 Sa 63/15
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 1. Juli 2019
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