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Anfechtung eines Aufhebungsvertrags wegen Drohung mit Strafanzeige
25.02.2014. Wer als Arbeitnehmer im Verdacht steht, einen erheblichen Pflichtverstoß begangen zu haben, wird oft vom Arbeitgeber dazu gedrängt, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen.
Um den Arbeitnehmer in einer solchen Situation zur Unterschrift zu bewegen, malen Arbeitgeber die Alternativen zu einem Aufhebungsvertrag in grellen Farben an die Wand: Sie reichen von einer fristlosen Kündigung bis hin zur Strafanzeige.
Arbeitnehmer, die diesem Druck nicht standhalten und unterschreiben, müssen sich später fragen, ob sie nicht vorschnell gehandelt haben. Dann steht die Frage im Raum, ob der Aufhebungsvertrag durch eine Anfechtung beseitigt werden kann.
Das ist meist nicht der Fall, auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber mit einer Strafanzeige gedroht hat. Eine solche Drohung kann sogar dann rechtens sein, wenn der (möglicherweise strafbare) Pflichtverstoß nicht zulasten des Arbeitgebers verübt worden sein soll: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 25.10.2013, 10 Sa 99/13.
- Wann kann man einen Aufhebungsvertrag anfechten, weil der Arbeitgeber mit einer Strafanzeige gedroht hat?
- Der Fall: Krankenschwester soll anstrengende Patienten ohne ärztliche Anordnung mit Tavor ruhiggestellt haben
- LAG Hamm: Die Drohung mit einer Strafanzeige kann auch dann rechtens sein, wenn die Anzeige eine (mögliche) Straftat zulasten Dritter betreffen würde
Wann kann man einen Aufhebungsvertrag anfechten, weil der Arbeitgeber mit einer Strafanzeige gedroht hat?
Wer bei der Arbeit strafbare Pflichtverletzungen begeht, riskiert eine außerordentliche Kündigung, die der Arbeitgeber meist als fristlose Kündigung aussprechen wird. Professionelle Arbeitgeber stützen die Kündigung dabei nicht nur auf die aus ihrer Sicht nachweisbaren Pflichtverstöße, sondern außerdem auf den dringenden Tatverdacht (Verdachtskündigung).
Dieses Vorgehen ist aus Arbeitgebersicht stressig: Die Vorwürfe müssen geklärt werden, d.h. mögliche Zeugen müssen gehört und ihre Aussagen sollten protokolliert werden, und dann ist zur Vorbereitung einer Verdachtskündigung auch der zu kündigende Arbeitnehmer anzuhören, je nach Lage des Falles auch mehrfach. Außerdem muss der Betriebsrat über die geplante(n) Kündigung(en) vorab haarklein informiert werden, und auch dabei können Fehler unterlaufen. Zum guten Schluss erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage und der Arbeitgeber muss vor Gericht alle Tatsachen beweisen, auf die er seine Kündigung(en) stützen möchte.
Schneller, weniger arbeitsaufwendig und billiger ist da ein Aufhebungsvertrag. Eine kleine Unterschrift des Arbeitnehmers, und alles ist geritzt. Dazu braucht der Arbeitgeber aber überzeugende Argumente. Oft drohen Arbeitgeber im Personalgespräch mit einer fristlosen Kündigung, mit einer Sperrzeit, mit Nachteilen im künftigen Berufsleben, mit horrenden Anwaltskosten und/oder mit einer Strafanzeige.
Solche Drohungen, z.B. mit einer Strafanzeige, sind legal und berechtigen den Arbeitnehmer daher nicht zur Anfechtung des Aufhebungsvertrags wegen „widerrechtlicher Drohung“ im Sinne von § 123 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn ein "vernünftiger" Arbeitgeber im konkreten Fall eine Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen würde. Dazu muss der Vorwurf erheblich sein und das Ziel des Arbeitgebers (= Aufhebungsvertrag) mit der anzuzeigenden Straftat "in einem inneren Zusammenhang" stehen.
Diese Voraussetzungen einer zulässigen Drohung mit einer Strafanzeige können auch dann vorliegen, wenn die Straftat, die der Arbeitnehmer verübt haben soll, nicht den Arbeitgeber, sondern dessen Kunden schädigen würde.
Der Fall: Krankenschwester soll anstrengende Patienten ohne ärztliche Anordnung mit Tavor ruhiggestellt haben
Im Streitfall wurde eine seit über 20 Jahren beschäftigte Krankenschwester von zwei Schwesternschülerinnen beschuldigt, den Versuch unternommen zu haben, einen oft nach den Schwestern klingelnden Patienten mit dem Beruhigungsmittel "Tavor" ruhigzustellen.
Dazu soll sie einer der beiden Schülerinnen eine Tablette Tavor gegeben haben mit der Bemerkung „Hier, gib ihm mal die Tablette, dann ist hier gleich Ruhe.". Dieses Medikation war ärztlich nicht angeordnet. Die dazu angestiftete Schülerin verabreichte dem Patienten die Tablette nicht, sondern wandte sich an ihre Vorgesetzten.
Außerdem soll die Krankenschwester, so die Aussage einer der zwei Schülerinnen, einen oft wegen Harndrangs klingelnden Patienten ohne ärztliche Anweisung katheterisiert haben.
Aus diesen Gründen kam es zu einem Personalgespräch mit dem Verwaltungsdirektor und zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Während des Gesprächs soll der Verwaltungsdirektor mit einer Strafanzeige gedroht haben für den Fall, dass die Krankenschwester dem Aufhebungsvertrag nicht zustimmen sollte.
Die Krankenschwester erklärte wenige Wochen später die Anfechtung des Aufhebungsvertrags gemäß § 123 Abs.1 BGB wegen widerrechtlicher Drohung mit einer Strafanzeige und mit anderen beruflichen Nachteilen. Das Arbeitsgericht wies ihre Klage, mit der sie den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt sehen wollte, ab (Arbeitsgericht Iserlohn, Urteil vom 11.12.2012, 4 Ca 1201/12).
LAG Hamm: Die Drohung mit einer Strafanzeige kann auch dann rechtens sein, wenn die Anzeige eine (mögliche) Straftat zulasten Dritter betreffen würde
Auch vor dem LAG Hamm hatte die Krankenschwester keinen Erfolg.
In den Urteilsgründen lässt das Gericht offen, ob der Verwaltungsdirektor mit einer Anzeige gedroht hatte. Aber selbst wenn er es getan hätte, wäre es rechtlich in Ordnung gewesen, denn die gegen die Krankenschwester erhobenen Vorwürfe waren gravierend und ihre Erklärungen nicht überzeugend, so das LAG. Vor diesem Hintergrund konnte ein "vernünftiger" Arbeitgeber eine Strafanzeige in Betracht ziehen.
Dabei spielte es keine Rolle, dass die von der Krankenschwester möglicherweise begangenen Körperverletzungen nicht den Arbeitgeber, sondern am Arbeitsverhältnis nicht beteiligte Dritte (die Patienten) schädigten. Denn diese (möglichen) Straftaten standen in engem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis.
Dass der Arbeitgeber hier im Streitfall die Vorwürfe nicht so genau geprüft hatte, wie er das zur Vorbereitung einer Verdachtskündigung hätte tun müssen, war aus Sicht des Gerichts in Ordnung, denn er hatte ja eben gerade keine Kündigung ausgesprochen, sondern einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen.
Und dass er nach Abschluss des Aufhebungsvertrags keine Anzeige erstattet hatte, machte seine Drohung nicht nachträglich missbräuchlich, denn der Arbeitgeber hatte den Arbeitskonflikt ja durch den Aufhebungsvertrag gelöst. Wer mit einer Anzeige droht (und drohen darf), muss sie nicht später auch erstatten, um glaubwürdig zu bleiben.
Fazit: Aufhebungsverträge sind keine Kündigungen und müssen daher nicht die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit von Kündigungen erfüllen. Arbeitnehmern ist zu raten, sich eine Bedenkzeit von mindestens einem oder zwei Tagen auszubedingen, um eine Überrumpelung zu vermeiden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 25.10.2013, 10 Sa 99/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Ausgleichsklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag und Anfechtung, Widerruf
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verdachtskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Sperrzeit, Sperrfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Zeugnis
- Arbeitsrecht aktuell: 18/086 Aufhebungsvertrag mit Abfindung für Betriebsrat
- Arbeitsrecht aktuell: 15/070 Aufhebungsvertrag mit Klageverzicht nach Drohung mit Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/048 Anfechtung eines Aufhebungsvertrags weil kein Anwalt anwesend war?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/214 Sperrzeit nach Aufhebungsvertrag wie nach verhaltensbedingter Kündigung: Bei Pflichtverletzungen droht immer eine Sperrzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 10/233 Drohung mit fristloser Kündigung macht Aufhebungsvertrag nur selten anfechtbar
- Arbeitsrecht aktuell: 10/138 Anfechtung eines Aufhebungsvertrags meist chancenlos
- Arbeitsrecht aktuell: 03/07 Kein Widerrufsrecht bei Aufhebungsverträgen
Letzte Überarbeitung: 11. April 2018
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