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Nachtzuschläge und Mindestlohn
21.09.2017. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits vor längerer Zeit klargestellt, dass die Vergütung für Urlaubs- und für Krankheitstage nicht unter dem einschlägigen Mindestlohn liegen darf (BAG, Urteil vom 13.05.2015, 10 AZR 191/14, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 15/123 Mindestlohn und Entgeltfortzahlung).
Geklärt ist auch, dass es bei Lohnzuschlägen sowie bei Einmalzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) darauf ankommt, ob damit die Arbeitsleistung bezahlt wird oder nicht. Daher sind auch Sonderzahlungen sind auf den Mindestlohn anzurechnen, d.h. nicht zusätzlich zu beanspruchen, wenn sie die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vergüten sollen (BAG, Urteil vom 25.05.2016, 5 AZR 135/16, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/175 BAG entscheidet zu Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und Mindestlohn).
Gestern hat das BAG seine Mindestlohn-Rechtsprechung weiter ausgebaut und entschieden, dass tarifvertragliche Nacharbeitszuschläge und Zusatzgelder für Urlaubszeiten und Feiertage nicht auf den Mindestlohn anzurechnen sind, sondern auf dessen Grundlage zu berechnen und daher "on top" zu zahlen sind: BAG, Urteil vom 20.09.2017, 10 AZR 171/16 (BAG-Pressemeldung).
- Sind tarifvertragliche Zuschläge für Nachtarbeit und für Urlaubs- und Feiertage auf Mindestlohnansprüche anzurechnen?
- Der Fall des BAG: Sächsische Produktionshelferin möchte ab Einführung des Mindestlohns im Januar 2015 auch tarifliche Zuschläge auf Mindestlohnbasis
- BAG: Tarifvertragliche Nacharbeitszuschläge und Tarifzuschläge für Urlaubs- und Feiertage sind mindestens auf der Grundlage des Mindestlohns zu berechnen
Sind tarifvertragliche Zuschläge für Nachtarbeit und für Urlaubs- und Feiertage auf Mindestlohnansprüche anzurechnen?
Der derzeit geltende Mindestlohn von 8,84 EUR brutto pro Stunde ist nicht gerade üppig. Trotzdem wird immer wieder darum gestritten, ob bestimmte Zusatzzahlungen, die Arbeitnehmer aufgrund ihres Arbeitsvertrags oder auf tariflicher Grundlage beanspruchen können, auf der Grundlage des Mindeststundenlohns zu berechnen sind oder nicht. Diese Fragen sind durch die Rechtsprechung und juristische Diskussion mittlerweile in zwei Hinsichten beantwortet:
Erstens: Der gesetzliche Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns von derzeit 8,84 EUR brutto pro Stunde ist von anderen (arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen) Lohnansprüchen juristisch unabhängig, d.h. es handelt sich um einen eigenständigen Lohnanspruch. Allerdings müssen Arbeitgeber für gewöhnliche Arbeitsleistungen nicht 8,84 EUR pro Stunde drauflegen, d.h. doppelt zahlen. Vielmehr erfüllen sie, indem sie die arbeits- oder tarifvertraglichen Lohnansprüche ihrer Arbeitnehmer erfüllen, in der Regel zugleich auch den gesetzlichen Mindestlohnanspruch.
Zweitens: Ob Lohnansprüche auf den Mindestlohn anzurechnen oder gesondert zu begleichen sind, hängt davon ab, welchen Zweck sie verfolgen. Haben Ansprüche auf Zuschläge, Prämien oder Einmalzahlungen den Zweck, die Arbeitsleistung zu vergüten, erfüllt der Arbeitgeber mit ihrer Zahlung zugleich den gesetzlichen Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers. Werden Zuschläge, Prämien usw. aber unabhängig von der Arbeitsleistung bezahlt oder aufgrund einer besonderen (gesetzlichen) Zweckbestimmung (wie z.B. ein gesetzlicher Nachtarbeitszuschlag gemäß § 6 Abs.5 Arbeitszeitgesetz - ArbZG), dann sind sie zusätzlich zum Mindestlohn zu zahlen, da der Arbeitgeber mit solchen Zahlungen den Mindestlohnanspruch nicht erfüllt. Denn andernfalls würde der Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung einen Stundenlohn erhalten, der unterhalb des gesetzlichen Mindeststundenlohns von derzeit 8,84 EUR liegt.
Fraglich ist, wie es mit tarifvertraglichen Nacharbeitszuschlägen steht und mit tarifvertraglichen Aufgeldern für Feiertage und Urlaubszeiten.
Der Fall des BAG: Sächsische Produktionshelferin möchte ab Einführung des Mindestlohns im Januar 2015 auch tarifliche Zuschläge auf Mindestlohnbasis
Im Streitfall hatte eine gewerbliche Arbeitnehmerin geklagt. Sie war als Montagekraft beschäftigt und konnte Bezahlung entsprechend dem Manteltarifvertrag (MTV) für die gewerblichen Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie (2004) verlangen. Der MTV sieht Nachtarbeitszuschläge von 25 Prozent des tatsächlichen Stundenlohns vor und außerdem ein Urlaubsentgelt, das 50 Prozent über dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst liegt.
Als der allgemeine Mindestlohn zum Januar 2015 erstmals durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) deutschlandweit eingeführt worden war, betrug er zunächst 8,50 EUR brutto pro Stunde. Die Montagehelferin bekam damals (im Januar 2015) einen Stundenlohn, der zwischen 7,00 und 7,15 EUR brutto lag. Diesen Stundenlohn besserte der Arbeitgeber ab Januar 2015 um eine „Zulage nach MiLoG“ auf, um auf einen Stundenlohn von 8,50 zu kommen.
Allerdings berechnete er die Bezahlung für einen Feiertag und einen Urlaubstag im Januar 2015 nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von damals 8,50 EUR, sondern nach dem geringeren vertraglichen Stundenlohn. So berechnete er auch den 25-prozentigen Nachtarbeitszuschlag.
Die Arbeitnehmerin hielt diese Berechnungsweise für falsch und verlangte vom Arbeitgeber, die Nachtarbeitsstunden, die Urlaubstage und die Feiertagsstunden auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen bzw. zu zahlen. Das Arbeitsgericht Bautzen (Urteil vom 25.06.2015, 1 Ca 1094/15) und das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) gaben der Klägerin recht (Sächsisches LAG, Urteil vom 27.01.2016, 2 Sa 375/15).
BAG: Tarifvertragliche Nacharbeitszuschläge und Tarifzuschläge für Urlaubs- und Feiertage sind mindestens auf der Grundlage des Mindestlohns zu berechnen
Auch das BAG urteilte zugunsten der Arbeitnehmerin, die ihre Klage damit in allen drei Instanzen gewinnen konnte. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Das MiLoG gibt dem Arbeitnehmer zwar nur einen Mindestlohnanspruch für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden, d.h. einen eigenen Anspruch auf Lohnersatzleistungen sieht das MiLoG nicht vor. Allerdings müssen Arbeitgeber gemäß § 2 Abs.1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) für Arbeitszeiten, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfallen, den Lohn bezahlen, den Arbeitnehmer ohne den Feiertag bzw. ohne den Arbeitsausfall bekommen hätten.
Dieses Entgeltausfallprinzip gilt auch für Mindestlohnansprüche nach dem MiLoG, denn das MiLoG enthält keine Regelungen, die vom Entgeltausfallprinzip abweichen, so die Erfurter Richter. Dementsprechend konnte der Arbeitgeber die Vergütung für Urlaubs- bzw. Feiertage nicht auf der Grundlage eines Stundenlohns berechnen, der unterhalb des Mindestlohns lag.
Auch der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und der tarifliche Zuschlag zum Urlaubsentgelt waren (mindestens) auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns von (damals) 8,50 EUR zu berechnen, so das BAG. Denn der gesetzliche Mindestlohn war Teil des „tatsächlichen Stundenverdienstes“ im Sinne des MTV. Eine Anrechnung der tariflichen Zuschläge auf den Mindestlohn konnte hier nicht vorgenommen werden, da der MTV auf diese Zahlungen "einen eigenständigen Anspruch gibt und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handelt", so das BAG.
Fazit: Nachtarbeitszuschläge und ein zusätzliches Urlaubsgeld vergüten nicht die Arbeitsleistung, sondern werden aufgrund gesetzlicher Vorgaben (§ 6 Abs.5 ArbZG) für besondere Erschwernisse gezahlt (Nachtarbeit) oder dienen dem Zweck, einen besonderen finanziellen Bedarf zu decken (Urlaubsgeld). Sie müssen mindestens auf der Grundlage des jeweilig gültigen gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden. Sie können nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden, sondern sind zusätzlich zu zahlen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.09.2017, 10 AZR 171/16 (Pressemeldung des BAG)
- Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2016, 2 Sa 375/15
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2016, 5 AZR 135/16
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Entsendung ausländischer Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Gratifikation
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Weihnachtsgeld
- Arbeitsrecht aktuell: 18/160 Mindestlohn steigt in zwei Schritten auf 9,35 EUR
- Arbeitsrecht aktuell: 18/152 Mindestlohn im Krankheitsfall und tarifliche Ausschlussfrist
- Arbeitsrecht aktuell: 18/021 Mindestlohn und Arbeitsvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 17/283 Mindestlohn und Leistungszulage
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- Arbeitsrecht aktuell: 17/003 Anwesenheitsprämien sind auf den Mindestlohn anzurechnen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/271 Ausschlussfristen und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 16/205 Mindestlohngesetz gilt auch für Bereitschaftsdienste
- Arbeitsrecht aktuell: 16/175 BAG entscheidet zu Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 15/123 Mindestlohn und Entgeltfortzahlung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/107 Mindestlohn gefordert - Kündigung erhalten
- Arbeitsrecht aktuell: 15/091 Mindestlohn: Anrechnung von Lohnbestandteilen
- Arbeitsrecht aktuell: 14/271 Ausnahmen vom Mindestlohngesetz
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 23. November 2020
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