HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BAG, Ur­teil vom 13.05.2015, 10 AZR 191/14

   
Schlagworte: Mindestlohn: Entgeltfortzahlung, Mindestlohn: Urlaubsabgeltung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 10 AZR 191/14
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 13.05.2015
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Braunschweig, Urteil vom 17.4.2013 - 1 Ca 498/12
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 20.11.2013 - 2 Sa 667/13
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

10 AZR 191/14
2 Sa 667/13
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Nie­der­sach­sen

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

13. Mai 2015

UR­TEIL

Jatz, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläge­rin, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Zehn­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 13. Mai 2015 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Linck, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Rein­fel­der, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Bru­ne so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Gut­hier und Schu­mann für Recht er­kannt:


- 2 -

1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nie­der­sach­sen vom 20. No­vem­ber 2013 - 2 Sa 667/13 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Be­klag­te hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall und an Fei­er­ta­gen so­wie Ur­laubs­ab­gel­tung.

Die Kläge­rin war vom 9. Mai 2012 bis zum 13. Fe­bru­ar 2013 bei der Be­klag­ten als pädago­gi­sche Mit­ar­bei­te­rin mit ei­ner re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von 29,25 St­un­den beschäftigt. Das ver­trag­lich ver­ein­bar­te Brut­to­mo­nats­ge­halt be­trug 1.350,00 Eu­ro. Auf das Ar­beits­verhält­nis fan­den we­der kraft bei­der­sei­ti­ger Ta­rif­bin­dung noch auf­grund ver­trag­li­cher Be­zug­nah­me Ta­rif­verträge An­wen­dung.

Die Be­klag­te er­bringt in ih­rem Be­trieb in S Aus- und Wei­ter­bil­dungs­dienst­leis­tun­gen nach dem Zwei­ten und Drit­ten Buch So­zi­al­ge­setz­buch.

Mit der am 1. Au­gust 2012 in Kraft ge­tre­te­nen „Ver­ord­nung über zwin­gen­de Ar­beits­be­din­gun­gen für Aus- und Wei­ter­bil­dungs­dienst­leis­tun­gen nach dem Zwei­ten oder Drit­ten Buch So­zi­al­ge­setz­buch“ vom 17. Ju­li 2012 (Min­dest­lohn­VO) erklärte das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ar­beit und So­zia­les gemäß § 7 AEntG in der im Zeit­raum vom 20. April 2009 bis zum 15. Au­gust 2014 gel­ten-den Fas­sung die Rechts­nor­men des Ta­rif­ver­trags zur Re­ge­lung des Min­dest­lohns für pädago­gi­sches Per­so­nal vom 15. No­vem­ber 2011 für all­ge­mein an­wend­bar. In der Min­dest­lohn­VO heißt es aus­zugs­wei­se:


„§ 1
Zwin­gen­de Ar­beits­be­din­gun­gen


Die in der An­la­ge zu die­ser Ver­ord­nung auf­geführ­ten Rechts­nor­men des Ta­rif­ver­trags zur Re­ge­lung des Min­dest­lohns für pädago­gi­sches Per­so­nal vom 15. No­vem­ber 2011 (...) fin­den auf al­le un­ter sei­nen Gel­tungs­be­reich fal­len­den und nicht an ihn ge­bun­de­nen Ar­beit­ge­ber so­wie Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­neh­me­rin­nen An­wen­dung, wenn der Be­trieb oder die selbständi­ge Be­triebs­ab­tei­lung über­wie­gend Aus- und Wei­ter­bil­dungs­maßnah­men nach dem Zwei­ten und Drit­ten Buch So­zi­al­ge­setz­buch durchführt; aus­ge­nom­men sind Ein­rich­tun­gen der be­ruf­li­chen Re­ha­bi­li­ta­ti­on im Sin­ne des § 35 Ab­satz 1 Satz 1 des Neun­ten Bu­ches So­zi­al­ge­setz­buch. Die Rechts­nor­men des Ta­rif­ver­trags gel­ten auch für Ar­beits­verhält­nis­se zwi­schen ei­nem Ar­beit­ge­ber mit Sitz im Aus­land und sei­nen im Gel­tungs­be­reich der Ver­ord­nung beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­neh­me­rin­nen.“

Der TV Min­dest­lohn enthält ua. fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

„§ 1
Gel­tungs­be­reich

Die­ser Ta­rif­ver­trag gilt

...

2. sach­lich für Be­trie­be oder selbständi­ge Be­triebs­ab­tei­lun­gen von Trägern der be­ruf­li­chen Bil­dung, so­weit die­se Be­trie­be oder selbständi­gen Be­triebs­ab­tei­lun­gen über­wie­gend Aus- und Wei­ter­bil­dungs­dienst­leis­tun­gen nach dem Zwei­ten oder Drit­ten Buch des So­zi­al­ge­setz­bu­ches er­brin­gen. Aus­ge­nom­men sind die Träger der be­ruf­li­chen Re­ha­bi­li­ta­ti­on be­hin­der­ter Men­schen;

...

§ 2
Re­ge­lungs­ge­genstände

1. Die­ser Ta­rif­ver­trag re­gelt aus­sch­ließlich die Min­dest­stun­den­vergütung und den jähr­li­chen Ur­laubs­an­spruch. Für an­de­re Re­ge­lungs­ge­genstände ist die Ver­ein­ba­rung ei­nes ta­rif­li­chen An­spruchs aus die­sem Ta­rif­ver­trag aus­drück­lich nicht ge­wollt.

2. Für die Ar­beit­neh­me­rin­nen/Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re Re­ge­lun­gen blei­ben un­berührt.
 

- 4 -

§ 3
Ent­gelt


1. Die Min­dest­stun­den­vergütung (brut­to) beträgt - abhängig vom Ein­satz­ort - min­des­tens 12,60 € (Ber­lin, Schles­wig-Hol­stein, Ham­burg, Bre­men, Nie­der­sach­sen, Nord­rhein-West­fa­len, Hes­sen, Rhein­land-Pfalz, Saar­land, Ba­den-Würt­tem­berg, Bay­ern) 11,25 € (Bran­den­burg, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Sach­sen-An­halt, Sach­sen, Thürin­gen).

...

§ 4 Ur­laub

Die Ar­beit­neh­me­rin­nen/Ar­beit­neh­mer ha­ben un­ter Fort­zah­lung des Ar­beits­ent­gel­tes An­spruch auf Jah­res­ur­laub; Ur­laubs­jahr ist das Ka­len­der­jahr. Un­ter Zu­grun­de­le­gung ei­ner 5-Ta­ge-Wo­che beträgt der Ur­laubs­an­spruch 26 Ar­beits­ta­ge; der vol­le Ur­laubs­an­spruch ent­steht erst­ma­lig nach ei­nem un­un­ter­bro­che­nen Ar­beits­verhält­nis von sechs Mo­na­ten.“

Die Be­klag­te nahm ei­ne Nach­be­rech­nung des Ent­gelts der Kläge­rin für die Mo­na­te Au­gust 2012 bis Fe­bru­ar 2013 auf Ba­sis der Min­dest­stun­den­vergütung von 12,60 Eu­ro brut­to vor und er­brach­te Nach­zah­lun­gen für tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beits­stun­den und Ur­laubs­stun­den in Höhe von ins­ge­samt 349,20 Eu­ro brut­to. Auf­grund von Ar­beits­unfähig­keit oder von Fei­er­ta­gen aus-ge­fal­le­ne Ar­beits­zeit berück­sich­tig­te sie da­bei nicht. Auch die bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­folg­te Ur­laubs­ab­gel­tung für zwei Ur­laubs­ta­ge be­rech­ne­te die Be­klag­te auf Grund­la­ge der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Vergütung.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, gemäß §§ 2, 3 EFZG ste­he ihr die Min­dest­stun­den­vergütung nach § 3 TV Min­dest­lohn auch für Ar­beits-stun­den zu, die we­gen Krank­heit oder auf­grund von Fei­er­ta­gen aus­ge­fal­len sind. Eben­so sei die Ur­laubs­ab­gel­tung nach § 11 BUrlG auf die­ser Grund­la­ge zu be­rech­nen. Aus­ge­hend von ei­ner Ge­samt­zahl von 826,17 Ar­beits- oder Ur­laubs­stun­den oder we­gen Ar­beits­unfähig­keit oder Fei­er­ta­gen aus­ge­fal­le­ner St­un­den er­ge­be sich un­ter Berück­sich­ti­gung des Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruchs


- 5 -

für den Zeit­raum 1. Au­gust 2012 bis 13. Fe­bru­ar 2013 un­ter An­rech­nung er­hal­te­ner Zah­lun­gen ein Dif­fe­renz­an­spruch in Höhe von 1.604,12 Eu­ro brut­to.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt, 

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 1.604,12 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz in ge­staf­fel­ter Höhe zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Min­dest­stun­den­vergütung nach § 3 TV Min­dest­lohn sei nur für tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beits­stun­den zu zah­len, nicht aber im Krank­heits­fall oder an Fei­er­ta­gen.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge hin­sicht­lich der we­gen Ar­beits­unfähig­keit oder auf­grund von Fei­er­ta­gen aus­ge­fal­le­nen Ar­beits­stun­den und hin­sicht­lich der Ur­laubs­ab­gel­tung in Höhe von ins­ge­samt 1.028,90 Eu­ro brut­to statt­ge­ge­ben und sie im Übri­gen ab­ge­wie­sen. Mit der vom Se­nat zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on be­gehrt die Be­klag­te wei­ter­hin ei­ne vollständi­ge Kla­ge­ab­wei­sung.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Die Kläge­rin hat An­spruch auf ei­ne wei­te­re Ent­gelt­zah­lung für die in­fol­ge Ar­beits­unfähig­keit oder auf­grund von Fei­er­ta­gen aus­ge­fal­le­nen Ar­beits­stun­den und auf ei­ne höhe­re Ur­laubs­ab­gel­tung in der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­spro­che­nen Höhe.

I. Die Kla­ge ist zulässig. Ins­be­son­de­re ist sie hin­rei­chend be­stimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Wie die Kläge­rin in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat klar­ge­stellt hat, ver­langt sie im Weg der ab­sch­ließen­den Ge­samt­kla­ge (vgl. zu den An­for­de­run­gen BAG 19. März 2014 - 7 AZR 480/12 - Rn. 11 f.) Dif­fe­renz­vergütungs­ansprüche für den Zeit­raum 1. Au­gust 2012 bis 13. Fe­bru­ar 2013. Über den Um­fang der tatsächlich ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den und die Höhe der hier­aus für die­sen Zeit­raum re­sul­tie­ren­den Vergütungs­ansprüche hat
 

- 6 -

das Lan­des­ar­beits­ge­richt be­reits rechts­kräftig ent­schie­den. Die An­zahl der im Streit­zeit­raum an­ge­fal­le­nen vergütungs­pflich­ti­gen Krank­heits- und Fei­er­tags-stun­den so­wie der Um­fang der Ur­laubs­ab­gel­tung sind eben­so wie die Höhe und Be­rech­nung des mo­nat­lich ge­zahl­ten und an­re­chen­ba­ren Ent­gelts fest­ge­stellt und ste­hen zwi­schen den Par­tei­en nicht im Streit. Die Ent­schei­dung des Se­nats hängt da­mit al­lein von der Fra­ge ab, ob die­se we­gen Ar­beits­unfähig­keit oder Fei­er­ta­gen aus­ge­fal­le­nen Ar­beits­stun­den und die ab­zu­gel­ten­den Ur­laubs­ta­ge in Höhe der Min­dest­stun­den­vergütung nach § 3 TV Min­dest­lohn zu vergüten sind oder ob die Be­klag­te nur die ge­rin­ge­re ver­trag­lich ver­ein­bar­te Vergütung zu zah­len hat. Mit der Ent­schei­dung des Se­nats ist ab­sch­ließend geklärt, wel­che Vergütung die Kläge­rin für den Zeit­raum 1. Au­gust 2012 bis 13. Fe­bru­ar 2013 ein­sch­ließlich der Ur­laubs­ab­gel­tung noch zu be­an­spru­chen hat.

II. Die Kla­ge ist be­gründet. Die Kläge­rin hat gemäß § 2 Abs. 1 so­wie § 3 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 EFZG auch für die we­gen ei­nes Fei­er­tags und Ar­beits­unfähig­keit aus­ge­fal­le­nen Ar­beits­stun­den An­spruch auf ei­ne Vergütung in Höhe der in § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn be­stimm­ten Min­dest­stun­den­vergütung. Glei­ches gilt im Hin­blick auf die Ur­laubs­ab­gel­tung nach § 7 Abs. 4 iVm. § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG.

1. Es be­steht kein An­lass, den Rechts­streit nach § 98 Abs. 6 ArbGG in der seit dem 16. Au­gust 2014 gel­ten­den Fas­sung aus­zu­set­zen (vgl. zu den Vor­aus­set­zun­gen: BAG 7. Ja­nu­ar 2015 - 10 AZB 109/14 -; 10. Sep­tem­ber 2014 - 10 AZR 959/13 - Rn. 17 ff.). Vor­lie­gend kommt es zwar ent­schei­dungs­er­heb­lich auf die Wirk­sam­keit der nach § 7 AentG aF er­gan­ge­nen Min­dest­lohn­VO an, da sich ein An­spruch auf die Min­dest­stun­den­vergütung nach § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn man­gels Ta­rif­bin­dung der Par­tei­en und feh­len­der ar­beits­ver­trag­li­cher Grund­la­ge nur aus § 1 Min­dest­lohn­VO er­ge­ben kann und der Kla­ge­an­trag un­ter die­sen Vor­aus­set­zun­gen be­gründet ist (vgl. un­ten II. 3. und 4.). Doch ha­ben we­der die Par­tei­en Sach­vor­trag ge­hal­ten, der ernst­haf­te Zwei­fel (vgl. zu die­sem Maßstab BAG 7. Ja­nu­ar 2015 - 10 AZB 109/14 - Rn. 17 ff. mwN) an der Wirk­sam­keit der Min­dest­lohn­VO we­cken könn­te, noch sind dem Se­nat von Amts we­gen sol­che Zwei­fel be­kannt.


- 7 -

2. Ein Ent­gelt­fort­zah­lungs­an­spruch der Kläge­rin für die auf­grund von Ar­beits­unfähig­keit oder we­gen Fei­er­ta­gen aus­ge­fal­le­nen Ar­beits­stun­den er­gibt sich nicht un­mit­tel­bar aus § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn iVm. § 1 Min­dest­lohn­VO, § 8 Abs. 1 AEntG aF.

a) Die Par­tei­en un­ter­fie­len dem Gel­tungs­be­reich der Min­dest­lohn­VO und des TV Min­dest­lohn; dies steht zwi­schen ih­nen nicht im Streit.

b) Aus § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn iVm. § 1 Min­dest­lohn­VO er­gibt sich kein un­mit­tel­ba­rer ta­rif­li­cher Min­dest­lohn­an­spruch für Ar­beits­zeit, die we­gen ei­nes Fei­er­tags oder auf­grund von Ar­beits­unfähig­keit aus­ge­fal­len ist. Hier­von geht das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend aus. Die Ansprüche der Kläge­rin auf Vergütung tatsächlich ge­leis­te­ter Ar­beits­stun­den und für Zei­ten des Ur­laubs im Streit­zeit­raum hat die Be­klag­te nach Maßga­be des TV Min­dest­lohn erfüllt.

aa) § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn legt ei­ne „Min­dest­stun­den­vergütung“ fest, § 4 die Höhe des Jah­res­ur­laubs­an­spruchs „un­ter Fort­zah­lung des Ar­beits­ent­gelts“. Aus­drück­li­che Re­ge­lun­gen zur Ent­gelt­fort­zah­lung an Fei­er­ta­gen oder bei Ar­beits­unfähig­keit enthält der TV Min­dest­lohn nicht. Zwar ließe sich un­ter den Be­griff der „Min­dest­stun­den­vergütung“ auch die Vergütung sol­cher St­un­den fas­sen, für die dem Grun­de nach ein Vergütungs­an­spruch be­steht, un­abhängig da­von, ob die Vergütung ei­ne Ge­gen­leis­tung für tatsächlich er­brach­te Ar­beits­leis­tung ist oder aus­nahms­wei­se auf­grund an­de­rer Rechts­grund­la­gen auch für Zei­ten oh­ne Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen ist. Ge­gen ei­ne sol­che Aus­le­gung des TV Min­dest­lohn spricht je­doch der Um­stand, dass nach § 2 Nr. 1 Satz 1 TV Min­dest­lohn ta­rif­lich „aus­sch­ließlich“ die Min­dest­stun­den­vergütung und der jähr­li­che Ur­laubs­an­spruch ge­re­gelt wer­den sol­len und für an­de­re Re­ge­lungs­ge­genstände nach § 2 Nr. 1 Satz 2 TV Min­dest­lohn die „Ver­ein­ba­rung ei­nes ta­rif­li­chen An­spruchs“ von den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en aus­drück­lich nicht ge­wollt ist. Dies schließt die An­nah­me ei­nes Ent­gelt­fort­zah­lungs­an­spruchs für Fei­er­ta­ge oder Zei­ten der Ar­beits­unfähig­keit we­gen Krank­heit auf Grund­la­ge von § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn man­gels Re­ge­lung der An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen aus. Der TV Min­dest­lohn nimmt auch nicht im Sin­ne ei­ner Rechts­grund­ver­wei­sung auf die Be­stim­mun­gen des Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­set­zes Be­zug.


- 8 -

bb) Die­ses Verständ­nis wird bestätigt durch ei­ne Be­trach­tung im Kon­text der Nor­men des Ar­beit­neh­mer-Ent­sen­de­ge­set­zes. Die Ver­ein­ba­rung des TV Min­dest­lohn er­folg­te durch die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en er­sicht­lich mit dem Ziel, die­sen Ta­rif­ver­trag nach § 7 Abs. 1 AEntG aF durch Ver­ord­nung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Ar­beit und So­zia­les auf nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beit­ge­ber mit Sitz im In- oder Aus­land er­stre­cken zu las­sen. Ei­ne sol­che Er­stre­ckung ist auf ge­mein­sa­men An­trag der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en er­folgt. Ge­gen­stand ei­ner er-stre­ckungsfähi­gen ta­rif­li­chen Re­ge­lung können nach § 5 Satz 1 Nr. 1 AEntG ua. Min­des­tent­geltsätze und nach § 5 Satz 1 Nr. 2 AEntG die Dau­er des Er­ho­lungs­ur­laubs und das Ur­laubs­ent­gelt sein. Der Be­griff der „Min­des­tent­geltsätze“ iSd. § 5 Satz 1 Nr. 1 und auch des § 2 Nr. 1 AEntG ist da­bei ein­heit­lich aus­zu¬egen, und zwar un­abhängig da­von, ob ein in­ner­staat­li­cher Sach­ver­halt oder ein Sach­ver­halt mit Aus­lands­be­zug zu ent­schei­den ist (BAG 18. April 2012 - 4 AZR 168/10 (A) - Rn. 16, BA­GE 141, 173). In­ter­na­tio­nal zwin­gend sind im Rah­men von Be­stim­mun­gen über Bran­chen­min­destlöhne aber zunächst nur Re­ge­lun­gen über die Vergütung für tatsächlich ge­leis­te­te Ar­beits­stun­den (vgl. zu Art. 34 EGBGB BAG 12. Ja­nu­ar 2005 - 5 AZR 617/01 - zu VIII der Gründe, BA­GE 113, 149). Nicht zu den in­ter­na­tio­nal zwin­gen­den Rechts­nor­men iSv. Art. 34 EGBGB bzw. des hier an­wend­ba­ren Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO gehören dem­ge­genüber § 2 EFZG und § 615 BGB (BAG 18. April 2012 - 10 AZR 200/11 - Rn. 13, BA­GE 141, 129; 12. Ja­nu­ar 2005 - 5 AZR 279/01 - zu IX 1 der Gründe). § 3 EFZG ist nur dann ei­ne Ein­griffs­norm, wenn der Ar­beit­neh­mer deut­schem So­zi­al­ver­si­che­rungs­recht un­ter­liegt (BAG 18. April 2012 - 10 AZR 200/11 - Rn. 18, aaO). Vor die­sem Hin­ter­grund hätte es deut­li­cher An­halts­punk­te im Ta­rif­ver­trag be­durft, um an­zu­neh­men, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en wei­ter ge­hen­de Re­ge­lun­gen schaf­fen woll­ten, ob­wohl die­se nur teil­wei­se auf ta­rif­li­che Außen­sei­ter und Ar­beit­ge­ber mit Sitz im Aus­land hätten er­streckt wer­den können. Der­ar­ti­ge Hin­wei­se sind dem TV Min­dest­lohn je­doch nicht zu ent­neh­men.

3. Der An­spruch der Kläge­rin auf Ent­gelt­fort­zah­lung an Fei­er­ta­gen und bei Ar­beits­unfähig­keit in Höhe der Min­dest­stun­den­vergütung des § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn er­gibt sich aus § 2 Abs. 1 so­wie § 3 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1


- 9 -

EFZG und dem die­sen Be­stim­mun­gen zu­grun­de lie­gen­den Ent­gel­t­aus­fall­prin­zip.

a) Die Kläge­rin hat dem Grun­de nach gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG An­spruch auf Ent­gelt­fort­zah­lung für 349,75 Ar­beits­stun­den, die durch Ar­beits­unfähig­keit in­fol­ge Krank­heit im Zeit­raum 1. Au­gust 2012 bis 13. Fe­bru­ar 2013 aus­ge­fal­len sind. Gemäß § 2 Abs. 1 EFZG hat sie im sel­ben Zeit­raum dem Grun­de nach An­spruch auf Ent­gelt­fort­zah­lung für 44,5 Ar­beits­stun­den, die fei­er­tags­be­dingt aus­ge­fal­len sind. Dies steht zwi­schen den Par­tei­en nicht im Streit.

b) Die Höhe der Ent­gelt­fort­zah­lungs­ansprüche er­gibt sich für Zei­ten der Ar­beits­unfähig­keit in­fol­ge Krank­heit aus § 4 Abs. 1 EFZG und für Fei­er­ta­ge aus § 2 Abs. 1 EFZG. Das hier­nach grundsätz­lich maßgeb­li­che Ent­gel­t­aus­fall­prin­zip ver­langt, den Min­dest­lohn nach § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn als Geld­fak­tor in die Be­rech­nung des Ent­gelt­fort­zah­lungs­an­spruchs ein­zu­stel­len (im Er­geb­nis eben­so zur Pfle­ge­ArbbV vom 15. Ju­li 2010 BAG 19. No­vem­ber 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 15; vgl. auch zum Mi­LoG zu­letzt zB Grei­ner/Strip­pel­mann BB 2015, 949, 950 f.). We­der legt der TV Min­dest­lohn ei­ne ab­wei­chen­de Be­mes­sungs­grund­la­ge iSv. § 4 Abs. 4 EFZG fest noch ist der An­wen­dungs­be­reich des Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­set­zes durch das Ar­beit­neh­mer-Ent­sen­de­ge­setz oder uni­ons­recht­li­che Vor­schrif­ten ein­ge­schränkt.

aa) Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer für die Ar­beits­zeit, die in­fol­ge ei­nes ge­setz­li­chen Fei­er­tags ausfällt, das Ar­beits­ent­gelt zu zah­len, das er oh­ne den Ar­beits­aus­fall er­hal­ten hätte (vgl. da­zu zu­letzt zB BAG 15. Mai 2013 - 5 AZR 139/12 -). Hier­von darf gemäß § 12 EFZG nicht zu­un­guns­ten der Ar­beit­neh­mer ab­ge­wi­chen wer­den.

bb) Für die Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall gilt nach § 4 Abs. 1 EFZG ein mo­di­fi­zier­tes Ent­gel­t­aus­fall­prin­zip (BAG 16. Ju­li 2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 16). Der Ar­beit­neh­mer soll grundsätz­lich die­je­ni­ge Vergütung er­hal­ten, die er nach der für ihn maßgeb­li­chen Ar­beits­zeit er­zielt hätte, wenn er nicht ar­beits­unfähig krank ge­wor­den wäre, son­dern ge­ar­bei­tet hätte. § 4 Abs. 1a EFZG schränkt dies - hier nicht re­le­vant - hin­sicht­lich des Ent­gelts für Über­stun­den


- 10 -

und für Auf­wen­dungs­er­satz­leis­tun­gen ein. § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG er­laubt, durch Ta­rif­ver­trag ei­ne von § 4 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 3 EFZG ab­wei­chen­de Be­mes­sungs­grund­la­ge des fort­zu­zah­len­den Ar­beits­ent­gelts fest­zu­le­gen. Im Übri­gen sind die auch die Be­stim­mun­gen des Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­set­zes zur Be­rech­nung der Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall zwin­gend (§ 12 EFZG).

cc) Der TV Min­dest­lohn re­gelt kei­ne von der ge­setz­li­chen Re­ge­lung ab­wei­chen­de Be­mes­sungs­grund­la­ge für die Höhe des im Krank­heits­fall fort­zu­zah­len­den Ar­beits­ent­gelts iSv. § 4 Abs. 4 EFZG. Viel­mehr enthält der Ta­rif­ver­trag - wie oben dar­ge­legt - we­der dem Grun­de noch der Höhe nach Be­stim­mun­gen zur Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall. Aus der bloßen Nicht­re­ge­lung kann auch nicht dar­auf ge­schlos­sen wer­den, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ei­ne ab­wei­chen­de Be­mes­sungs­grund­la­ge iSv. § 4 Abs. 4 EFZG schaf­fen woll­ten. Es be­darf des­halb kei­ner Ent­schei­dung, ob ei­ne Ta­rif­re­ge­lung wirk­sam ist, die aus­drück­lich be­stimmt, dass der Ta­rif­lohn nicht für Aus­fall­zei­ten nach § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 EFZG zu leis­ten ist.

dd) Eben­so we­nig mo­di­fi­ziert das Ar­beit­neh­mer-Ent­sen­de­ge­setz für sei­nen An­wen­dungs­be­reich die na­tio­nal und teil­wei­se auch in­ter­na­tio­nal zwin­gen­den (vgl. da­zu BAG 18. April 2012 - 10 AZR 200/11 - BA­GE 141, 129) Be­stim­mun­gen des Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­set­zes. Aus­drück­li­che Re­ge­lun­gen feh­len und ein sol­cher Re­ge­lungs­wil­le lässt sich auch we­der dem Ge­set­zes­wort­laut noch der Ge­set­zes­be­gründung ent­neh­men. An­halts­punk­te dafür be­nennt auch die Re­vi­si­on nicht. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten setzt sich der Se­nat da­mit nicht in Wi­der­spruch zu den Ent­schei­dun­gen des Fünf­ten Se­nats vom 12. Ja­nu­ar 2005 (- 5 AZR 279/01 - zu IX der Gründe und - 5 AZR 617/01 - zu VIII und IX der Gründe, BA­GE 113, 149). Bei­de ha­ben sich - so­weit hier von In­ter­es­se - aus­sch­ließlich mit der Fra­ge be­fasst, wel­che Ansprüche des Ar­beit­neh­mers ge­gen den Ar­beit­ge­ber von der Bürgen­haf­tung nach § 1a AEntG aF (jetzt § 14 AEntG) er­fasst wer­den. Für Ansprüche aus An­nah­me­ver­zug nach § 615 BGB und für Ver­zugs­zin­sen we­gen ver­späte­ter Lohn­zah­lung durch den Ar­beit­ge­ber wur­de ei­ne sol­che Haf­tung ver­neint. Die Fra­ge, in wel­cher Höhe der Ar­beit­ge­ber selbst Ent­gelt­fort­zah­lung nach § 2 Abs. 1 und § 3


- 11 -

Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 EFZG zu leis­ten hat, be­han­deln die­se Ent­schei­dun­gen nicht.

ee) Ei­ne an­de­re Sicht­wei­se ist auch uni­ons­recht­lich nicht ge­bo­ten. Die Be­stim­mun­gen der „Richt­li­nie 96/71/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 16. De­zem­ber 1996 über die Ent­sen­dung von Ar­beit­neh­mern im Rah­men der Er­brin­gung von Dienst­leis­tun­gen“ (Ent­sen­de-RL) die­nen der Ko­or­di­na­ti­on der Ge­set­ze der Mit­glied­staa­ten, um ei­nen Kern zwin­gen­der Be­stim­mun­gen über ein Min­dest­maß an Schutz fest­zu­le­gen, das im Auf­nahm­e­mit­glied­staat von Ar­beit­ge­bern zu gewähr­leis­ten ist, die Ar­beit­neh­mer dort­hin ent­sen­den. Die Richt­li­nie hat je­doch nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on nicht den ma­te­ri­ell-recht­li­chen In­halt die­ser zwin­gen­den Be­stim­mun­gen über ein Min­dest­maß an Schutz har­mo­ni­siert. Ihr In­halt kann da­her von den Mit­glied­staa­ten un­ter Be­ach­tung der Verträge und der all­ge­mei­nen Grundsätze des Uni­ons­rechts frei be­stimmt wer­den (EuGH 7. No­vem­ber 2013 - C-522/12 - [Is­bir] Rn. 33 mwN). Da­mit schei­det die An­nah­me aus, dass durch die Ent­sen­de-RL außer­halb des Ge­gen­stands der Richt­li­nie be­ste­hen­de na­tio­na­le Re­ge­lun­gen über die Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall und an Fei­er­ta­gen har­mo­ni­siert oder be­grenzt wer­den soll­ten. Selbst wenn da­her nach zwin­gen­dem na­tio­na­lem Recht in Teil­be­rei­chen der Ent­gelt­fort­zah­lung ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von Ar­beit­ge­bern mit Sitz im In­land ge­genüber Ar­beit­ge­bern mit Sitz im Aus­land be­ste­hen soll­te und dies - was im Hin­blick auf die ver­schie­de­nen Ent­gelt­fort­zah­lungs­sys­te­me in an­de­ren Mit­gliedsländern kei­nes­wegs zwin­gend ist - zu Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen führen könn­te, hätte dies nicht die Un­an­wend­bar­keit der zwin­gen­den Be­stim­mun-gen des Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­set­zes zur Fol­ge.

c) Hätte die Kläge­rin in den noch streit­ge­genständ­li­chen 349,75 Krank­heits- und 44,5 Fei­er­tags­stun­den ge­ar­bei­tet, wäre ihr nach § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn ein St­un­den­satz von 12,60 Eu­ro brut­to ge­zahlt wor­den. Die­ser ist der Höhe nach dem Ent­gelt­fort­zah­lungs­an­spruch zu­grun­de zu le­gen. Ein Rück­griff auf die nied­ri­ge­re ver­trag­li­che Vergütung schei­det nach § 12 EFZG aus. Da­nach er­gibt sich für den Zeit­raum 1. Au­gust 2012 bis 13. Fe­bru­ar 2013


- 12 -

nach den nicht an­ge­grif­fe­nen Be­rech­nun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts ein wei­te­rer Vergütungs­an­spruch der Kläge­rin in un­strei­ti­ger Höhe von 1.007,46 Eu­ro brut­to.

4. Darüber hin­aus hat die Kläge­rin ei­nen An­spruch auf ei­ne um 21,44 Eu­ro brut­to höhe­re Ur­laubs­ab­gel­tung für zwei Ur­laubs­ta­ge.

a) Ob sich der gel­tend ge­mach­te Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch be­reits un­mit­tel­bar aus § 4 TV Min­dest­lohn iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG er­gibt, be­darf hier kei­ner Ent­schei­dung. Dafür spricht zwar, dass die Norm An­spruch auf ei­nen Jah­res­ur­laub be­stimm­ter Dau­er „un­ter Fort­zah­lung des Ar­beits­ent­gelts“ gewährt. Des­sen Höhe be­stimmt sich wie­der­um nach § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn. Dem­ent­spre­chend hat die Be­klag­te gewähr­ten Ur­laub auf die­ser Grund­la­ge vergütet. Es ist nicht er­kenn­bar, in­wie­weit für die Ur­laubs­ab­gel­tung nach § 7 Abs. 4 BUrlG et­was an­de­res gel­ten soll­te. Al­ler­dings könn­te § 2 Nr. 1 TV Min­dest­lohn auch so ver­stan­den wer­den, dass le­dig­lich die Dau­er des be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs fest­ge­legt wer­den soll­te, die Höhe des Ur­laubs­ent­gelts und ei­ner even­tu­el­len Ur­laubs­ab­gel­tung sich aber nach dem Bun­des­ur­laubs­ge­setz be­stim­men soll­te. Letzt­lich kann dies aber da­hin­ste­hen.

b) Gibt es kei­ne vom Bun­des­ur­laubs­ge­setz ab­wei­chen­den wirk­sa­men Re­ge­lun­gen zur Be­mes­sung der Höhe des An­spruchs auf Ur­laubs­ent­gelt und Ur­laubs­ab­gel­tung, ist die­se nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG zu be­rech­nen. Da­nach be­misst sich das Ur­laubs­ent­gelt nach dem durch­schnitt­li­chen Ar­beits­ver­dienst, den der Ar­beit­neh­mer in den letz­ten drei­zehn Wo­chen vor dem Be­ginn des Ur­laubs er­hal­ten hat, mit Aus­nah­me des zusätz­lich für Über­stun­den ge­zahl­ten Ar­beits­ver­diens­tes. Im Fall der Ur­laubs­ab­gel­tung sind dies die letz­ten drei­zehn Wo­chen vor Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Der TV Min­dest­lohn trifft da­zu kei­ne ab­wei­chen­de Be­stim­mung iSv. § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG. We­der durch das Ar­beit­neh­mer-Ent­sen­de­ge­setz noch auf­grund uni­ons­recht­li­cher Vor­schrif­ten wird der An­wen­dungs­be­reich des Bun­des­ur­laubs­ge­set­zes ein­ge­schränkt oder des­sen In­halt mo­di­fi­ziert. Dem­ent­spre­chend ist der Be­rech­nung der Ur­laubs­ab­gel­tung die Min­dest­stun­den­vergütung von 12,60 Eu­ro nach § 3 Nr. 1 TV Min­dest­lohn zu­grun­de zu le­gen, da die­se die Höhe des Ver­diens­tes im Re-
 

- 13 -

fe­renz­zeit­raum be­stimmt hat. Ein Rück­griff auf die nied­ri­ge­re ver­trag­li­che Vergütung schei­det nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG aus. Da­nach er­gibt sich ein Dif­fe­renz­an­spruch in un­strei­ti­ger Höhe von 21,44 Eu­ro brut­to.

5. Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB. 

III. Die Be­klag­te hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.


Linck 

Bru­ne 

W. Rein­fel­der

D. Schu­mann 

W. Gut­hier

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 10 AZR 191/14