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BAG, Urteil vom 13.05.2015, 10 AZR 191/14
Schlagworte: | Mindestlohn: Entgeltfortzahlung, Mindestlohn: Urlaubsabgeltung | |
Gericht: | Bundesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 10 AZR 191/14 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 13.05.2015 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Braunschweig, Urteil vom 17.4.2013 - 1 Ca 498/12 Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 20.11.2013 - 2 Sa 667/13 |
|
BUNDESARBEITSGERICHT
10 AZR 191/14
2 Sa 667/13
Landesarbeitsgericht
Niedersachsen
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
13. Mai 2015
URTEIL
Jatz, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In Sachen
Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin,
pp.
Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,
hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Linck, den Richter am Bundesarbeitsgericht Reinfelder, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Brune sowie die ehrenamtlichen Richter Guthier und Schumann für Recht erkannt:
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1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. November 2013 - 2 Sa 667/13 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen sowie Urlaubsabgeltung.
Die Klägerin war vom 9. Mai 2012 bis zum 13. Februar 2013 bei der Beklagten als pädagogische Mitarbeiterin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 29,25 Stunden beschäftigt. Das vertraglich vereinbarte Bruttomonatsgehalt betrug 1.350,00 Euro. Auf das Arbeitsverhältnis fanden weder kraft beiderseitiger Tarifbindung noch aufgrund vertraglicher Bezugnahme Tarifverträge Anwendung.
Die Beklagte erbringt in ihrem Betrieb in S Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch.
Mit der am 1. August 2012 in Kraft getretenen „Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch“ vom 17. Juli 2012 (MindestlohnVO) erklärte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemäß § 7 AEntG in der im Zeitraum vom 20. April 2009 bis zum 15. August 2014 gelten-den Fassung die Rechtsnormen des Tarifvertrags zur Regelung des Mindestlohns für pädagogisches Personal vom 15. November 2011 für allgemein anwendbar. In der MindestlohnVO heißt es auszugsweise:
„§ 1
Zwingende Arbeitsbedingungen
Die in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten Rechtsnormen des Tarifvertrags zur Regelung des Mindestlohns für pädagogisches Personal vom 15. November 2011 (...) finden auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Anwendung, wenn der Betrieb oder die selbständige Betriebsabteilung überwiegend Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch durchführt; ausgenommen sind Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation im Sinne des § 35 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch. Die Rechtsnormen des Tarifvertrags gelten auch für Arbeitsverhältnisse zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinen im Geltungsbereich der Verordnung beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen.“
Der TV Mindestlohn enthält ua. folgende Regelungen:
„§ 1
Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt
...
2. sachlich für Betriebe oder selbständige Betriebsabteilungen von Trägern der beruflichen Bildung, soweit diese Betriebe oder selbständigen Betriebsabteilungen überwiegend Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch des Sozialgesetzbuches erbringen. Ausgenommen sind die Träger der beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen;
...
§ 2
Regelungsgegenstände
1. Dieser Tarifvertrag regelt ausschließlich die Mindeststundenvergütung und den jährlichen Urlaubsanspruch. Für andere Regelungsgegenstände ist die Vereinbarung eines tariflichen Anspruchs aus diesem Tarifvertrag ausdrücklich nicht gewollt.
2. Für die Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer günstigere Regelungen bleiben unberührt.
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§ 3
Entgelt
1. Die Mindeststundenvergütung (brutto) beträgt - abhängig vom Einsatzort - mindestens 12,60 € (Berlin, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg, Bayern) 11,25 € (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen).
...
§ 4 Urlaub
Die Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer haben unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes Anspruch auf Jahresurlaub; Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Unter Zugrundelegung einer 5-Tage-Woche beträgt der Urlaubsanspruch 26 Arbeitstage; der volle Urlaubsanspruch entsteht erstmalig nach einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis von sechs Monaten.“
Die Beklagte nahm eine Nachberechnung des Entgelts der Klägerin für die Monate August 2012 bis Februar 2013 auf Basis der Mindeststundenvergütung von 12,60 Euro brutto vor und erbrachte Nachzahlungen für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden und Urlaubsstunden in Höhe von insgesamt 349,20 Euro brutto. Aufgrund von Arbeitsunfähigkeit oder von Feiertagen aus-gefallene Arbeitszeit berücksichtigte sie dabei nicht. Auch die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte Urlaubsabgeltung für zwei Urlaubstage berechnete die Beklagte auf Grundlage der vertraglich vereinbarten Vergütung.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, gemäß §§ 2, 3 EFZG stehe ihr die Mindeststundenvergütung nach § 3 TV Mindestlohn auch für Arbeits-stunden zu, die wegen Krankheit oder aufgrund von Feiertagen ausgefallen sind. Ebenso sei die Urlaubsabgeltung nach § 11 BUrlG auf dieser Grundlage zu berechnen. Ausgehend von einer Gesamtzahl von 826,17 Arbeits- oder Urlaubsstunden oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Feiertagen ausgefallener Stunden ergebe sich unter Berücksichtigung des Urlaubsabgeltungsanspruchs
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für den Zeitraum 1. August 2012 bis 13. Februar 2013 unter Anrechnung erhaltener Zahlungen ein Differenzanspruch in Höhe von 1.604,12 Euro brutto.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.604,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in gestaffelter Höhe zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Mindeststundenvergütung nach § 3 TV Mindestlohn sei nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden zu zahlen, nicht aber im Krankheitsfall oder an Feiertagen.
Das Landesarbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der wegen Arbeitsunfähigkeit oder aufgrund von Feiertagen ausgefallenen Arbeitsstunden und hinsichtlich der Urlaubsabgeltung in Höhe von insgesamt 1.028,90 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin eine vollständige Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf eine weitere Entgeltzahlung für die infolge Arbeitsunfähigkeit oder aufgrund von Feiertagen ausgefallenen Arbeitsstunden und auf eine höhere Urlaubsabgeltung in der vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Höhe.
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, verlangt sie im Weg der abschließenden Gesamtklage (vgl. zu den Anforderungen BAG 19. März 2014 - 7 AZR 480/12 - Rn. 11 f.) Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum 1. August 2012 bis 13. Februar 2013. Über den Umfang der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und die Höhe der hieraus für diesen Zeitraum resultierenden Vergütungsansprüche hat
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das Landesarbeitsgericht bereits rechtskräftig entschieden. Die Anzahl der im Streitzeitraum angefallenen vergütungspflichtigen Krankheits- und Feiertags-stunden sowie der Umfang der Urlaubsabgeltung sind ebenso wie die Höhe und Berechnung des monatlich gezahlten und anrechenbaren Entgelts festgestellt und stehen zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Entscheidung des Senats hängt damit allein von der Frage ab, ob diese wegen Arbeitsunfähigkeit oder Feiertagen ausgefallenen Arbeitsstunden und die abzugeltenden Urlaubstage in Höhe der Mindeststundenvergütung nach § 3 TV Mindestlohn zu vergüten sind oder ob die Beklagte nur die geringere vertraglich vereinbarte Vergütung zu zahlen hat. Mit der Entscheidung des Senats ist abschließend geklärt, welche Vergütung die Klägerin für den Zeitraum 1. August 2012 bis 13. Februar 2013 einschließlich der Urlaubsabgeltung noch zu beanspruchen hat.
II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gemäß § 2 Abs. 1 sowie § 3 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 EFZG auch für die wegen eines Feiertags und Arbeitsunfähigkeit ausgefallenen Arbeitsstunden Anspruch auf eine Vergütung in Höhe der in § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn bestimmten Mindeststundenvergütung. Gleiches gilt im Hinblick auf die Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 iVm. § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG.
1. Es besteht kein Anlass, den Rechtsstreit nach § 98 Abs. 6 ArbGG in der seit dem 16. August 2014 geltenden Fassung auszusetzen (vgl. zu den Voraussetzungen: BAG 7. Januar 2015 - 10 AZB 109/14 -; 10. September 2014 - 10 AZR 959/13 - Rn. 17 ff.). Vorliegend kommt es zwar entscheidungserheblich auf die Wirksamkeit der nach § 7 AentG aF ergangenen MindestlohnVO an, da sich ein Anspruch auf die Mindeststundenvergütung nach § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn mangels Tarifbindung der Parteien und fehlender arbeitsvertraglicher Grundlage nur aus § 1 MindestlohnVO ergeben kann und der Klageantrag unter diesen Voraussetzungen begründet ist (vgl. unten II. 3. und 4.). Doch haben weder die Parteien Sachvortrag gehalten, der ernsthafte Zweifel (vgl. zu diesem Maßstab BAG 7. Januar 2015 - 10 AZB 109/14 - Rn. 17 ff. mwN) an der Wirksamkeit der MindestlohnVO wecken könnte, noch sind dem Senat von Amts wegen solche Zweifel bekannt.
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2. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin für die aufgrund von Arbeitsunfähigkeit oder wegen Feiertagen ausgefallenen Arbeitsstunden ergibt sich nicht unmittelbar aus § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn iVm. § 1 MindestlohnVO, § 8 Abs. 1 AEntG aF.
a) Die Parteien unterfielen dem Geltungsbereich der MindestlohnVO und des TV Mindestlohn; dies steht zwischen ihnen nicht im Streit.
b) Aus § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn iVm. § 1 MindestlohnVO ergibt sich kein unmittelbarer tariflicher Mindestlohnanspruch für Arbeitszeit, die wegen eines Feiertags oder aufgrund von Arbeitsunfähigkeit ausgefallen ist. Hiervon geht das Landesarbeitsgericht zutreffend aus. Die Ansprüche der Klägerin auf Vergütung tatsächlich geleisteter Arbeitsstunden und für Zeiten des Urlaubs im Streitzeitraum hat die Beklagte nach Maßgabe des TV Mindestlohn erfüllt.
aa) § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn legt eine „Mindeststundenvergütung“ fest, § 4 die Höhe des Jahresurlaubsanspruchs „unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts“. Ausdrückliche Regelungen zur Entgeltfortzahlung an Feiertagen oder bei Arbeitsunfähigkeit enthält der TV Mindestlohn nicht. Zwar ließe sich unter den Begriff der „Mindeststundenvergütung“ auch die Vergütung solcher Stunden fassen, für die dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch besteht, unabhängig davon, ob die Vergütung eine Gegenleistung für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung ist oder ausnahmsweise aufgrund anderer Rechtsgrundlagen auch für Zeiten ohne Arbeitsleistung zu erbringen ist. Gegen eine solche Auslegung des TV Mindestlohn spricht jedoch der Umstand, dass nach § 2 Nr. 1 Satz 1 TV Mindestlohn tariflich „ausschließlich“ die Mindeststundenvergütung und der jährliche Urlaubsanspruch geregelt werden sollen und für andere Regelungsgegenstände nach § 2 Nr. 1 Satz 2 TV Mindestlohn die „Vereinbarung eines tariflichen Anspruchs“ von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich nicht gewollt ist. Dies schließt die Annahme eines Entgeltfortzahlungsanspruchs für Feiertage oder Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit auf Grundlage von § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn mangels Regelung der Anspruchsvoraussetzungen aus. Der TV Mindestlohn nimmt auch nicht im Sinne einer Rechtsgrundverweisung auf die Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes Bezug.
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bb) Dieses Verständnis wird bestätigt durch eine Betrachtung im Kontext der Normen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Die Vereinbarung des TV Mindestlohn erfolgte durch die Tarifvertragsparteien ersichtlich mit dem Ziel, diesen Tarifvertrag nach § 7 Abs. 1 AEntG aF durch Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland erstrecken zu lassen. Eine solche Erstreckung ist auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien erfolgt. Gegenstand einer er-streckungsfähigen tariflichen Regelung können nach § 5 Satz 1 Nr. 1 AEntG ua. Mindestentgeltsätze und nach § 5 Satz 1 Nr. 2 AEntG die Dauer des Erholungsurlaubs und das Urlaubsentgelt sein. Der Begriff der „Mindestentgeltsätze“ iSd. § 5 Satz 1 Nr. 1 und auch des § 2 Nr. 1 AEntG ist dabei einheitlich auszu¬egen, und zwar unabhängig davon, ob ein innerstaatlicher Sachverhalt oder ein Sachverhalt mit Auslandsbezug zu entscheiden ist (BAG 18. April 2012 - 4 AZR 168/10 (A) - Rn. 16, BAGE 141, 173). International zwingend sind im Rahmen von Bestimmungen über Branchenmindestlöhne aber zunächst nur Regelungen über die Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden (vgl. zu Art. 34 EGBGB BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 617/01 - zu VIII der Gründe, BAGE 113, 149). Nicht zu den international zwingenden Rechtsnormen iSv. Art. 34 EGBGB bzw. des hier anwendbaren Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO gehören demgegenüber § 2 EFZG und § 615 BGB (BAG 18. April 2012 - 10 AZR 200/11 - Rn. 13, BAGE 141, 129; 12. Januar 2005 - 5 AZR 279/01 - zu IX 1 der Gründe). § 3 EFZG ist nur dann eine Eingriffsnorm, wenn der Arbeitnehmer deutschem Sozialversicherungsrecht unterliegt (BAG 18. April 2012 - 10 AZR 200/11 - Rn. 18, aaO). Vor diesem Hintergrund hätte es deutlicher Anhaltspunkte im Tarifvertrag bedurft, um anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien weiter gehende Regelungen schaffen wollten, obwohl diese nur teilweise auf tarifliche Außenseiter und Arbeitgeber mit Sitz im Ausland hätten erstreckt werden können. Derartige Hinweise sind dem TV Mindestlohn jedoch nicht zu entnehmen.
3. Der Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung an Feiertagen und bei Arbeitsunfähigkeit in Höhe der Mindeststundenvergütung des § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn ergibt sich aus § 2 Abs. 1 sowie § 3 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1
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EFZG und dem diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Entgeltausfallprinzip.
a) Die Klägerin hat dem Grunde nach gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung für 349,75 Arbeitsstunden, die durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit im Zeitraum 1. August 2012 bis 13. Februar 2013 ausgefallen sind. Gemäß § 2 Abs. 1 EFZG hat sie im selben Zeitraum dem Grunde nach Anspruch auf Entgeltfortzahlung für 44,5 Arbeitsstunden, die feiertagsbedingt ausgefallen sind. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
b) Die Höhe der Entgeltfortzahlungsansprüche ergibt sich für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit aus § 4 Abs. 1 EFZG und für Feiertage aus § 2 Abs. 1 EFZG. Das hiernach grundsätzlich maßgebliche Entgeltausfallprinzip verlangt, den Mindestlohn nach § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn als Geldfaktor in die Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs einzustellen (im Ergebnis ebenso zur PflegeArbbV vom 15. Juli 2010 BAG 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 15; vgl. auch zum MiLoG zuletzt zB Greiner/Strippelmann BB 2015, 949, 950 f.). Weder legt der TV Mindestlohn eine abweichende Bemessungsgrundlage iSv. § 4 Abs. 4 EFZG fest noch ist der Anwendungsbereich des Entgeltfortzahlungsgesetzes durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder unionsrechtliche Vorschriften eingeschränkt.
aa) Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (vgl. dazu zuletzt zB BAG 15. Mai 2013 - 5 AZR 139/12 -). Hiervon darf gemäß § 12 EFZG nicht zuungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden.
bb) Für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gilt nach § 4 Abs. 1 EFZG ein modifiziertes Entgeltausfallprinzip (BAG 16. Juli 2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 16). Der Arbeitnehmer soll grundsätzlich diejenige Vergütung erhalten, die er nach der für ihn maßgeblichen Arbeitszeit erzielt hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig krank geworden wäre, sondern gearbeitet hätte. § 4 Abs. 1a EFZG schränkt dies - hier nicht relevant - hinsichtlich des Entgelts für Überstunden
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und für Aufwendungsersatzleistungen ein. § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG erlaubt, durch Tarifvertrag eine von § 4 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 3 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festzulegen. Im Übrigen sind die auch die Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zwingend (§ 12 EFZG).
cc) Der TV Mindestlohn regelt keine von der gesetzlichen Regelung abweichende Bemessungsgrundlage für die Höhe des im Krankheitsfall fortzuzahlenden Arbeitsentgelts iSv. § 4 Abs. 4 EFZG. Vielmehr enthält der Tarifvertrag - wie oben dargelegt - weder dem Grunde noch der Höhe nach Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Aus der bloßen Nichtregelung kann auch nicht darauf geschlossen werden, dass die Tarifvertragsparteien eine abweichende Bemessungsgrundlage iSv. § 4 Abs. 4 EFZG schaffen wollten. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob eine Tarifregelung wirksam ist, die ausdrücklich bestimmt, dass der Tariflohn nicht für Ausfallzeiten nach § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 EFZG zu leisten ist.
dd) Ebenso wenig modifiziert das Arbeitnehmer-Entsendegesetz für seinen Anwendungsbereich die national und teilweise auch international zwingenden (vgl. dazu BAG 18. April 2012 - 10 AZR 200/11 - BAGE 141, 129) Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Ausdrückliche Regelungen fehlen und ein solcher Regelungswille lässt sich auch weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung entnehmen. Anhaltspunkte dafür benennt auch die Revision nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt sich der Senat damit nicht in Widerspruch zu den Entscheidungen des Fünften Senats vom 12. Januar 2005 (- 5 AZR 279/01 - zu IX der Gründe und - 5 AZR 617/01 - zu VIII und IX der Gründe, BAGE 113, 149). Beide haben sich - soweit hier von Interesse - ausschließlich mit der Frage befasst, welche Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber von der Bürgenhaftung nach § 1a AEntG aF (jetzt § 14 AEntG) erfasst werden. Für Ansprüche aus Annahmeverzug nach § 615 BGB und für Verzugszinsen wegen verspäteter Lohnzahlung durch den Arbeitgeber wurde eine solche Haftung verneint. Die Frage, in welcher Höhe der Arbeitgeber selbst Entgeltfortzahlung nach § 2 Abs. 1 und § 3
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Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 EFZG zu leisten hat, behandeln diese Entscheidungen nicht.
ee) Eine andere Sichtweise ist auch unionsrechtlich nicht geboten. Die Bestimmungen der „Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen“ (Entsende-RL) dienen der Koordination der Gesetze der Mitgliedstaaten, um einen Kern zwingender Bestimmungen über ein Mindestmaß an Schutz festzulegen, das im Aufnahmemitgliedstaat von Arbeitgebern zu gewährleisten ist, die Arbeitnehmer dorthin entsenden. Die Richtlinie hat jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht den materiell-rechtlichen Inhalt dieser zwingenden Bestimmungen über ein Mindestmaß an Schutz harmonisiert. Ihr Inhalt kann daher von den Mitgliedstaaten unter Beachtung der Verträge und der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts frei bestimmt werden (EuGH 7. November 2013 - C-522/12 - [Isbir] Rn. 33 mwN). Damit scheidet die Annahme aus, dass durch die Entsende-RL außerhalb des Gegenstands der Richtlinie bestehende nationale Regelungen über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen harmonisiert oder begrenzt werden sollten. Selbst wenn daher nach zwingendem nationalem Recht in Teilbereichen der Entgeltfortzahlung eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitgebern mit Sitz im Inland gegenüber Arbeitgebern mit Sitz im Ausland bestehen sollte und dies - was im Hinblick auf die verschiedenen Entgeltfortzahlungssysteme in anderen Mitgliedsländern keineswegs zwingend ist - zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte, hätte dies nicht die Unanwendbarkeit der zwingenden Bestimmun-gen des Entgeltfortzahlungsgesetzes zur Folge.
c) Hätte die Klägerin in den noch streitgegenständlichen 349,75 Krankheits- und 44,5 Feiertagsstunden gearbeitet, wäre ihr nach § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn ein Stundensatz von 12,60 Euro brutto gezahlt worden. Dieser ist der Höhe nach dem Entgeltfortzahlungsanspruch zugrunde zu legen. Ein Rückgriff auf die niedrigere vertragliche Vergütung scheidet nach § 12 EFZG aus. Danach ergibt sich für den Zeitraum 1. August 2012 bis 13. Februar 2013
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nach den nicht angegriffenen Berechnungen des Landesarbeitsgerichts ein weiterer Vergütungsanspruch der Klägerin in unstreitiger Höhe von 1.007,46 Euro brutto.
4. Darüber hinaus hat die Klägerin einen Anspruch auf eine um 21,44 Euro brutto höhere Urlaubsabgeltung für zwei Urlaubstage.
a) Ob sich der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch bereits unmittelbar aus § 4 TV Mindestlohn iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG ergibt, bedarf hier keiner Entscheidung. Dafür spricht zwar, dass die Norm Anspruch auf einen Jahresurlaub bestimmter Dauer „unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts“ gewährt. Dessen Höhe bestimmt sich wiederum nach § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn. Dementsprechend hat die Beklagte gewährten Urlaub auf dieser Grundlage vergütet. Es ist nicht erkennbar, inwieweit für die Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG etwas anderes gelten sollte. Allerdings könnte § 2 Nr. 1 TV Mindestlohn auch so verstanden werden, dass lediglich die Dauer des bezahlten Jahresurlaubs festgelegt werden sollte, die Höhe des Urlaubsentgelts und einer eventuellen Urlaubsabgeltung sich aber nach dem Bundesurlaubsgesetz bestimmen sollte. Letztlich kann dies aber dahinstehen.
b) Gibt es keine vom Bundesurlaubsgesetz abweichenden wirksamen Regelungen zur Bemessung der Höhe des Anspruchs auf Urlaubsentgelt und Urlaubsabgeltung, ist diese nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG zu berechnen. Danach bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Im Fall der Urlaubsabgeltung sind dies die letzten dreizehn Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der TV Mindestlohn trifft dazu keine abweichende Bestimmung iSv. § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG. Weder durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz noch aufgrund unionsrechtlicher Vorschriften wird der Anwendungsbereich des Bundesurlaubsgesetzes eingeschränkt oder dessen Inhalt modifiziert. Dementsprechend ist der Berechnung der Urlaubsabgeltung die Mindeststundenvergütung von 12,60 Euro nach § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn zugrunde zu legen, da diese die Höhe des Verdienstes im Re-
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ferenzzeitraum bestimmt hat. Ein Rückgriff auf die niedrigere vertragliche Vergütung scheidet nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG aus. Danach ergibt sich ein Differenzanspruch in unstreitiger Höhe von 21,44 Euro brutto.
5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.
III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Linck
Brune
W. Reinfelder
D. Schumann
W. Guthier
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